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Zurzeit sind Wikinger im Trend. Und Mittelalter im Allgemeinen. Und Ritter. Seit Jahren steigende Besucherzahlen auf Mittelaltermärkten unterstreichen diese Entwicklung. Allerdings sind auf diesen Märkten die Klischee-Wikinger, die Met trinkend, Hörnerhelm tragend und grölend mit der Axt durch die Lande ziehen, recht verpönt. Man versucht, mit Klischees aufzuräumen und darzustellen, wie nach archäologischen Funden Wikinger wirklich aussahen. Vor diesem Hintergrund muss man sagen, dass die meisten Filme wirklich gar nichts für Leute sind, die eine halbwegs realistische Darstellung suchen. Das ist aber auch mehr als okay, wenn es sich um reines Popcorn-Kino handelt. Also stellen wir uns den Popcorn-Eimer vorsichtshalber bereit und beginnen unsere Reise.

Story

Wir schreiben das Jahr 873 nach Christus. Ein einsames Drachenboot kämpft sich durch einen Sturm. Riesige Wellen überspülen das Deck, zerreißen die Takelage, lassen das Segel auf das schwankende Deck stürzen. Und gerade als man denkt, es könne nicht schlimmer kommen, türmt sich die Mutter aller Wellen vor dem Bug auf, um dann über dem Schiff zusammenzubrechen.

Was wie das Ende eines Abenteuers klingt, ist jedoch erst der Anfang eines solchen. Die langhaarigen, bärtigen Gestalten, die hier dem Wetter trotzend auf dem Drachenboot und der Leinwand erscheinen, zeigen durch die Wahl ihres Fahrzeuges, wer die Protagonisten sind — Klischee-Wikinger.

Nach dem Untergang ihres Schiffes findet sich eine kleine Gruppe, gestrandet an einer unbekannten Küste, wieder. Ihrer Vorräte und der meisten Waffen beraubt, bleibt nicht viel Zeit, die Toten zu betrauern, sondern man flieht vor der steigenden Flut die felsige Steilküste hinauf. Kaum oben angekommen, haben die Überlebenden keine Gelegenheit zum Ausruhen. Ein Trupp Bewaffneter, der einen verschlossenen Wagen begleitet, sichtet die tropfnasse Schar. Beide Seiten scheinen sich zu kennen, denn ohne sich mit überflüssigem Gerede aufzuhalten, stürzen sie sich sofort in die Schlacht. Zwar sind die Nordmänner zum größten Teil unbewaffnet, aber aufgestachelt von den Worten ihres Anführers Asbjörn, „Nehmt, was ihr kriegen könnt!“, wird mit Stock und Stein bewaffnet trotzdem angegriffen. Nach einigen schön choreographierten Handgemengen, von Hand umgeworfenen Pferden und Pfeilakrobatik, die Legolas zur Ehre gereicht hätte, kommt es, wie es kommen muss: Die Wikinger siegen, und nur ein einziger Reiter vermag zu entkommen. In dem Wagen, den die dahingeschiedenen Einheimischen zurückgelassen haben, finden die Nordmänner eine elegant gekleidete, junge Frau, Lady Inghean. Da sie Schottisch spricht, weiß man jetzt sogar, wo man ist. Von nun an betreten wir den Bereich des Films, in dem sich ein Déjà-vu an das nächste reiht. Wirklich jede einzelne Facette, die uns begegnet, ist bereits vielfach erzählt worden. Gerade Fans des Genres werden jetzt schon halbwegs wissen, wohin ab hier die Reise der mit grob genähter Lederkleidung, Lederrüstungen und mit Runenanhängern behängten Schar hingeht. Sie werden nicht enttäuscht.

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Die Lady ist die Tochter des hiesigen Königs Dunchaid, der gerade im Begriff war, sie gegen ihren Willen mit einem alten, hässlichen Clan-Lord zu verheiraten. Ungehalten über die Entführung seiner Tochter, schickt der König seine besten Männer, um seine Tochter tot oder lebendig zurückzuholen. Ja, genau. Auch ihr Tod ist eine Option, wenn dadurch verhindert werden kann, als erpressbar dazustehen. Die von Hjor, ihrem Anführer befehligten „Wölfe“, Söldner aus den Karpaten, machen sich also auf die Jagd nach den Northmen. Diese haben sich, unter Mitnahme der Prinzessin, die inzwischen Nordmännisch spricht und durch die Zurschaustellung ihrer seherischen Gaben für einen Hauch Mystik sorgt, auf die Suche nach einem Heiler begeben, um einen im Kampf verwundeten Gefährten versorgen zu lassen. In einem Waldstück begegnen sie einer in Lederfetzen gehüllten, mit einem Kampfstab ausgerüsteten Person, die von den Wikingern als Mönch erkannt wird. Nachdem der heilige Mann sich den Verletzten angesehen hat, kommt es zu einem Zwischenfall mit einer Räuberbande. Nachdem alle Räuber (bis auf den einen, der immer entkommen kann) dem Stab des Mönchs Conall zum Opfer fielen, folgen die Wikinger ihm zu einem einsam irgendwo im Nirgendwo stehenden Turm.

Der überlebende Räuber wird von den Wölfen gefunden, befragt und umgebracht. Anschließend führt eine Falle, die die Nordmänner etwaigen Verfolgern stellten, diese auf die richtige Spur. Nach einer kurzen, feurigen Belagerung des einzeln stehenden Turms, den der Mönch als sein Domizil erwählt hat, fliehen die überlebenden Wikinger, geführt von Conall, durch ein unterirdisches Höhlensystem. Nach dem Fund von steinzeitlichen Bildern der Pikten, wissen sie nun auch endlich, wohin sie fliehen können: Über den sogenannten „Weg der Schlange“ nach „Danelag“, einer Siedlung der Wikinger.

Was sich anschließt, ist eine Hetzjagd, die alle Klischees bedient, die bisher noch in diesem Film fehlten: Ein einzelner Bogenschütze, der das Nachrücken der ganzen Söldnerschar verhindert; ein mit Fallen gespicktes Waldstück, das jedem Vietkonghinterhalt zur Ehre gereichen würde; und der Kampf auf und um eine Hängebrücke, die man so in Schottland gar nicht erwartet hätte. Und schließlich die spektakuläre  Rettung vor des Königs Armee. An diesem Punkt sind das Ende des Films und der Boden des vorher sicherheitshalber bereitgestellten Popcorn-Eimers erreicht. Zurück zur Tagesordnung. Bleibende Eindrücke vermag der Film leider nicht zu hinterlassen.

Darsteller

„Northmen, A Viking Saga“ wurde 2013 in Südafrika gedreht, vor der Kulisse der unberührten Natur dieses Landstriches entstand der vorliegende Film. Regie führte Claudio Fäh („Sniper: Reloaded“, „Hollow Man 2“), der für diese Action-Saga eine hochkarätige Besetzung gewinnen konnte: Neben Tom Hopper („Black Sails“, „Merlin – Die neuen Abenteuer“), Ryan Kwanten („True Blood“, „The Right King of Wrong“) und Ed Skrein („Game of Thrones“, „Ill Manors“), spielen Charlie Murphy („Philomena“, „The Village“), James Norton („Rush – Alles für den Sieg“, „An Education“), Ken Duken („Das Adlon“, „Inglourious Basterds“) und Anatole Taubman („James Bond 007 – Ein Quantum Trost“, „Die Tudors“). Heavy-Metal-Fans wird es freuen, dass Johan Hegg, der Frontmann der erfolgreichen Band Amon Amarth, die Rolle des Wikingerkriegers Valli übernommen hat.

Man merkt den Darstellern durchweg ihren Spaß und ihre Professionalität an. Die Dialoge beschränken sich auf einfache Sätze mit einigen wirklich zündenden Pointen. Es sind Männergespräche ohne großartige Gefühlsduselei. Vor der Gesamtkulisse des Films wirken die Charaktere so absolut glaubwürdig.

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Inszenierung

Die Macher dieses Films haben in der Ausstattung in dieselbe Kiste mit Klischees gegriffen wie auch schon die Drehbuchautoren. Kostüme, Waffen und Rüstungen bewegen sich auf mittelmäßigem Fantasy-Niveau, ohne wirklich überzeugen zu können. Fernab von allem geschichtlich Korrekten konnten die Ausstatter und Kostümschneider das kreieren, was landläufig als Wikinger erwartet wird. Lederrüstungen mit sporadisch hier und da aufgenähten Metallringen, Schulterpanzer aus Leder, Lederhosen, Armschienen aus Leder, zur Auflockerung etwas Fell und hier und da mal ein schüchtern unter all den Kürschnerei-Erzeugnissen hervorlugendes Kettenhemd.
Hörnerhelme sucht man allerdings vergebens. Hier wurde dann lieber gleich komplett auf alles, was Helm oder Kopfbedeckung sein könnte, generell verzichtet, um der wehenden Haar- und Bartpracht der Darsteller keine Fesseln anzulegen. Die Waffen sind ein fröhliches Altmetall-Sammelsurium von der Tischleraxt, über römische, wikingische und frühmittelalterliche Schwerter, einige Saxe und Dolche, Bögen und Armbrüste.

Die Haupt-Widersacher der Nordmänner sind die vom König ausgeschickten Wölfe, eine Söldnertruppe aus den Karpaten. Hier herrscht natürlich ein fröhliches Schwarz als Grundfarbe vor, nebst innovativen Panzerungs-Chimären zwischen römischen und hochmittelalterlichen Stilrichtungen. Lederrüstungen geben sich ein fröhliches Stelldichein mit Brigantinen und Plattenpanzern. Sehr kreativ, und als einziges echtes Novum zu werten, ist an der Helm-Rückseite jedes einzelnen Söldners ein Totenschädel befestigt. Die beiden Anführer der Wölfe verzichten allerdings auf diesen Kopfschmuck und begnügen sich mit allzeit böse heruntergezogenen Mundwinkeln als Erkennungszeichen. Was allerdings ihre böse Gesinnung und die Grundfarbe ihrer Kleidung dekorativ unterstreicht.

Auf weitere kostenintensive Ausstattung wie Burgen, Schlösser, Befestigungen, Dörfer oder Hütten wurde vollständig verzichtet. Außer einer Nachtaufnahme im offenen Innenhof des Königs-Palastes bekommt der Zuschauer nur einige Mauerreste und einen verfallenen Turm zu sehen. Ansonsten bewegt man sich in der Landschaft Südafrikas, bar jeder Straße oder Weges. Keine Felder oder bebaute Flächen, geschweige denn Einwohner, stören in der Betrachtung der Natur. Man fragt sich unwillkürlich, von was dieser König da die Regentschaft übernommen hat. Es gibt nichts in diesem Land, außer seinen eigenen Truppen, einigen Räubern und einem einsamen Mönch. Das dürfte der Hauptgrund für die immer etwas verdrossenen Gesichter dieses Regenten und seiner Söldner sein.

Aufwändige Special Effects sucht man vergebens, als Highlight kann da nur die recht kurze aber brandheiße Belagerung des Turms, in dem der Mönch Conall sein Zuhause fand, genannt werden. Jedoch entschädigen fantasievolle und zahlreiche Kämpfe und sorgen durch den unermüdlichen Einsatz der Stuntmen und Schauspieler dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Der Film ist alles in allem recht kurzweilig, die Schlachten sind schön choreographiert, hier und da lädt ein Dialog zum Schmunzeln ein. Die Geschichte ist leicht verdauliche Kost, in der Männer noch Männer und Frauen … oh, Verzeihung, die eine einzige Frau noch Frau sein darf. Ein Film, den man sich mal anschauen kann, wenn einem langweilig ist.

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Erzählstil

Die Geschichte die sich vor unseren Augen entfaltet ist geradlinig, ohne komplizierte Schnörkel erzählt. Als Beobachter haben wir jederzeit den Überblick über die Aktionen der Gejagten als auch die Reaktionen der Jäger. Auf der einen Seite ist es so sehr leicht der Geschichte zu folgen, andererseits wird so einige Male eine Gelegenheit, für überraschende Wendungen zu sorgen, verschenkt. Aber die einfache Art der Erzählung passt sehr gut zu den einfachen, unkomplizierten Männern von denen sie handelt. Insofern eine passende Symbiose, die das Schauen angenehm und unkompliziert macht. Wie schon erwähnt: Popcorn-Kino vom Feinsten.

Preis-/Leistungsverhältnis

Beim Preisvergleich mit anderen Veröffentlichungen liegt dieser Film im normalen Preissegment bei aktuellen Neuerscheinungen. In Anbetracht des mit kurzweiligen Kampfszenen ausgestatteten Films, und der Möglichkeit noch das eine oder andere Musikstück zu seiner Metal-Sammlung hinzu zu fügen erscheint der Preis wirklich akzeptabel.

Trailer

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Erscheinungsbild / Umfang

cover_northmen_dvdDie DVD, die mir vorliegt, kam in einer handelsüblichen Hülle mit Wendecover. Dieses verspricht auf der Rückseite „Monumentales Zusatzmaterial“. Bei der Betrachtung musste ich für mich persönlich dann das Wort „Monument“ neu definieren. Es ist ein relativ kleines Monument geworden. Außer einigen Trailern beinhaltet der Silberling nur noch ein als „Making Of“ angepriesenes Interview mit verschiedenen Darstellern, die sich über die epische Erfahrung, diesen Film zu drehen, auslassen. Als letzten Punkt findet man einen Ordner mit einem Musikvideo von Amon Armath und einem Beitrag der „Wacken-Foundation“ sowie einen Link zu Online-Clips, der bei mir jedoch nicht funktionierte, sondern mich in die monumentalen Tiefen der nicht zu erreichenden Internetseiten brachte.

Die harten Fakten:

  • Genre: Action/Abenteuer
  • Laufzeit: 98 Minuten PAL Color
  • Regie: Claudio Fäh
  • Darsteller: Ryan Kwanten, James Norton, Charlie Murphy, Ed Skrein, Tom Hopper
  • Produktion: 2013 – Schweiz/Deutschland/Südafrika
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: 39:1 / 16:9 – 1080 / 24 HD
  • Altersfreigabe: 16 Jahre
  • Bestellnummern: Kauf: 59 8 0438 Verleih: R59 8 0438
  • Preis: DVD: 14,99 EUR/ Blu-Ray: 16,99 EUR
  • BezugsquelleAmazon

 

Fazit

Der Film „Northmen, a Viking Saga“ ist leichte Kost, die jedoch zu unterhalten weiß, bekömmlich zubereitet und ohne größere Magenverstimmungen zu verdauen ist. Schön choreographierte Kämpfe helfen über die reichlich dummen Aktionen der Darsteller hinweg, die zu diesen führen. Die Geschichte hat wenig Tiefgang, eine Zusammenfassung fände ohne größere Mühe auf einem Bierdeckel Platz. Dieser Film will ausschließlich unterhalten, auf Authentizität wurde größtenteils verzichtet. Man sollte daher die Jahreszahl 873 als wahllos aus dem Kalender gepickt betrachten, nicht als Versuch der Datierung der zur Schau getragenen Kleidung oder Waffen.

Es ist ein Fantasy Film, bei dem „Wikinger“ genau so gut durch ein landläufiges „Barbaren“ ersetzbar gewesen wäre. Nur das am Anfang gezeigte Drachenboot, diverse Runenanhänger und die eine oder andere Bemerkung über „Walhalla“ geben die Richtung vor, aus der die Protagonisten dieses Films anreisten: Thule und Umgebung. Ein netter Film für verregnete Nachmittage im Wohnzimmer, an denen sonst nichts zu tun ist. Mehr kann dieser, sich selbst im „Making of“ als Buddy-Movie bezeichnender Streifen, nicht sein. Eben nur extrem männliche Wikinger-Männer allein im Wald.

Daumen3maennlich

Artikelbilder: Ascot Elite Entertainment

 

2 Kommentare

    • Danke, Stefanie.
      Aber die Geschmäcker sind verschieden.
      Lass mich doch wissen was Du von dem Film denkst nachdem Du ihn selber gesehen hast.
      Grüße;
      Michael

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