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Würfel sind eine der einfachsten Möglichkeiten, ein Zufallselement in ein Spiel zu integrieren. Und aus den meisten Tischrollenspielsystemen sind sie aus genau diesem Grund kaum wegzudenken. Zufall sorgt für einen ungewissen Ausgang und damit für Spannung und Spaß. Ob Würfel dabei tatsächlich geometrische Würfel sind oder andere, meist platonische, Formen haben, spielt dabei genauso wenig eine Rolle, wie die Frage, ob die Würfel addiert werden, Erfolge gezählt, oder aus M Würfeln die besten N gewertet werden. Würfelsysteme gibt es unzählige.

Aber je komplexer die Systeme und Charaktere werden, desto mehr neigt das Würfeln auch dazu, das Spiel zu verlangsamen. Und damit meine ich an dieser Stelle nicht die bereits vor einigen Wochen von Dirk behandelte Frage, wann Würfelwürfe überhaupt sinnvoll eingesetzt werden sollten, sondern den Vorgang des Würfelns an sich.

Grundgedanken

Generell gilt: Je mehr Würfel an einem Wurf beteiligt sind, desto mehr Zeit erfordert der Wurf. Nehmen wir beispielsweise einen Schadenswurf. Wenn der Schaden 1W8+3 ist, ist der Wurf schnell erledigt und das Ergebnis liegt vor. Aber wenn der Schaden 10W6 beträgt, dauert allein das Würfeln und Zusammenrechnen bereits eine gewisse Zeit.

Aber viel mehr noch als das können abhängige Würfe das Spiel verzögern. Erst kommt ein Angriffswurf, dann, falls getroffen wurde, evtl. ein Paradewurf und dann am Ende noch der Schadenswurf. Drei Würfe für eine Aktion.

Wenn dann auch noch mehrere Aktionen gleichzeitig anstehen, werden aus den paar Sekunden, die jeder Wurf braucht, schnell Minuten, in denen der Rest der Spielrunde relativ passiv am Tisch sitzt.

Aber das muss nicht so lange dauern, denn bereits mit ein paar einfachen Tricks lässt sich der Vorgang erheblich beschleunigen:

Würfel gleichzeitig werfen

Wer sagt denn eigentlich, dass abhängige Würfe wirklich nacheinander durchgeführt werden müssen? Wenn man nicht getroffen hat, braucht man auch keinen Schadenswurf, das ist klar. Aber stört es wirklich, diesen einfach mitzuwürfeln und zu ignorieren, sollte der Schlag ins Leere gehen?

Und wenn man mehrere Attacken hat, oder wie bei DSA mehrere W20-Würfe für eine Talentprobe benötigt, warum kann man die nicht auch gleichzeitig würfeln?

Klar, das erfordert verschiedenfarbige Würfel und man muss vorher festlegen, in welcher Reihenfolge sie gewertet werden, aber das spielt sich schnell ein und schon hat man viele Würfe auf einen einzigen reduziert und das Spiel damit ungemein beschleunigt. Und natürlich kann man auch beide Varianten kombinieren und bei zwei Attacken gleich zwei Angriffs- und zwei Schadenswürfel in passenden Farben in den Becher packen und dann alles auf einmal werfen.

Bei Systemen mit einem Gegenwurf wie der Parade des Gegners kann man sogar noch einen Schritt weitergehen, so denn die andere beteiligte Seite nichts dagegen hat: Auch diesen Gegenwurf kann man theoretisch in den eigenen Würfelbecher packen und mitwürfeln. Aber das ist dann vielleicht doch nicht jedermanns Sache, da die Hoheit über die eigenen Würfe damit ein Stück weit abgegeben wird.

Technische Hilfsmittel verwenden

Die obigen Tipps helfen bei einer kleinen bis mittleren Anzahl an relativ einfachen Würfen. Aber das Problem des langwierigen Auswertens einzelner komplexer Würfe lösen sie nicht. Und nur mit normalen Würfeln ist dem auch kaum beizukommen. Als Beispiel sei hier ein Schurke aus Pathfinder genannt, der einen Gegner flankiert und mit zwei Waffen angreift. Auf einer entsprechenden Stufe können da schnell vier bis sechs Angriffe draus werden, von denen jeder einen Schaden von 1W4+6W6+X oder mehr macht. So viele verschiedenfarbige Würfelsets hat nicht jeder Rollenspieler. Und selbst wenn, ist auch der größte Würfelbecher irgendwann voll oder die Fläche zum Würfeln von 30 – 40 Würfeln einfach zu klein. Und danach müsste man die auch noch alle nach Farben sortieren und braucht damit auch wieder viel zu viel Zeit.

Also muss, wenn es schneller gehen soll, etwas anderes her. Und da heute viele Spieler ohnehin bereits ein Tablet am Spieltisch haben, auf dem Bücher und/oder Charakterdaten zu finden sind, bietet es sich an, es auch direkt beim Würfeln helfen zu lassen.

Allen hier vorgestellten Lösungen ist gemein, dass sie effizient sind, nicht unbedingt schön. Hübsche Würfelanimationen kosten Zeit und sind somit für unseren Zweck kontraproduktiv. Sounds nerven spätestens nach dem zehnten Wurf und werden daher dann sowieso abgeschaltet.

Für alle Geräte mit Internet: Rolz

Unabhängig vom verwendeten Betriebssystem gibt es die sehr praktische Seite Rolz. Leider komplett auf Englisch, aber dafür ungemein flexibel und mächtig. Man muss sich ein wenig in die Syntax einlesen, aber wenn man es einmal verstanden hat, kann man nahezu alle gängigen Systeme modellieren.

Die beiden größten Schwachstellen des Systems: Man muss online sein, damit es funktioniert und es gibt keine Möglichkeit, Würfelkombinationen abzuspeichern. Aber zumindest sieht man die zuletzt verwendeten Würfe und kann sie mit einem Klick oder Tap schnell wieder aufrufen.

Für Android: Quick Dice Roller

Wie schon beim soeben beschriebene Rolz muss man sich auch in Quick Dice Roller einarbeiten. Das Programm hat eine umfangreiche eigene Notation für nahezu alle nur erdenklichen möglichen Würfe. Und im Gegensatz zu Rolz kann man diese Würfe abspeichern und sogar verschiedene „Würfelbeutel“ für unterschiedliche Charaktere oder Systeme anlegen und so immer nur die gerade relevanten Würfel angezeigt bekommen.

Wenn man von rechts ins Bild wischt, kann man sogar eigene Variablen definieren und in den Formeln verwenden Dort kann man dann Buffs, Debuffs (also verstärkende und schwächende Effekte), situationsbedingte Modifikatoren und ähnliches eintragen, und diese werden direkt in den Wurf eingerechnet.

Leider scheint es aktuell nicht möglich zu sein, mehrere Würfe mit nur einem Tap durchzuführen, aber abgesehen davon kann die App eigentlich alles, was das Herz begehrt.

Für iOS: RPG Roller

Die App RPG Roller ist zwar schon etwas älter und wird offenbar nicht mehr weiterentwickelt, aber das macht sie keineswegs schlecht. Auch hier lassen sich komplexe Würfe anlegen und abspeichern, mit verschiedenfarbigen Namen versehen und sind dann mit einem einzelnen Tap benutzbar. Und wie alle anderen vorgestellten Apps ist auch diese absolut kostenlos und werbefrei.

Für Windows 8 (RT): Simple Dice Roller

Auch im sonst eher mäßig gefüllten Windows Store gibt es eine durchaus brauchbare kostenlose Würfel-App: Simple Dice Roller. So wie RPG Roller ist sie schon etwas betagter und wird seit 2013 nicht mehr weiterentwickelt. Aber der letzte Entwicklungsstand bietet bereits eine ganze Menge sinnvolle Funktionen. Einfache Formeln lassen sich erstellen und abspeichern und auch mehrere Würfe auf einmal stellen kein Problem dar. Die Anzahl der Funktionen ist aber leider weit geringer als bei Quick Dice Roller oder Rolz.

Fazit

Würfeln gehört zum Rollenspiel einfach dazu, manchmal kann es aber auch zur Last werden, da es einfach zu viel Zeit kosten kann. Aber schon mit einfachen Tricks wie dem gleichzeitigen Würfeln kann man das Problem stark reduzieren.

Sollte man damit immer noch nicht schnell genug sein, oder einfach zu viele Würfel beteiligt sein, so bleibt zur Beschleunigung nur noch die Nutzung von Technik. Aber glücklicherweise gibt es für jedes moderne Smartphone und Tablet entsprechende kostenlose Apps, die das Leben erleichtern. Sie fühlen sich vielleicht nicht so toll an wie echte Würfel und ihnen fehlt sicherlich auch die Mystik, mit der viele Spieler ihre Würfel betrachten, aber bei großen und würfellastigen Runden können sie helfen, das Spiel enorm zu beschleunigen. Vielleicht ist es also einfach an der Zeit, nicht nur die Bücher ein Stück weit zu digitalisieren, sondern auch das Würfeln. Die Mitspieler werden es euch danken.

Artikelbild: thegnome54 auf freeimages.com

 

Logo_RSPKarneval_500pxDie­ser Arti­kel ent­stand im Rah­men des Kar­ne­vals der Rol­len­spiel­blogs und –web­sites „Auf’s Auge“, der von Athair orga­ni­siert wird.  Die Koor­di­na­tion fin­det aus dem RSP-Blogs-Forum her­aus statt.

 

4 Kommentare

  1. Schöne Übersicht. Bei der Vorstellung der Tools hätte ich mir allerdings Screenshots gewünscht, ohne ist so etwas immer schwer einzuschätzen.

    Bzgl. Hamete sehe ich das weniger positiv. Es ist recht umständlich wieder in sein Log zu kommen und wenn man mal nen Weilchen nicht drauf guckt, ist das Log schnell gelöscht. Das wiegt die Log-Funktion nur schwerlich auf, auch wenn die gut ist.

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