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Ursprünglich wurde die Software Trello als Projektmanagement-Tool entwickelt. Grundsätzlich kann man in Trello unterschiedliche Ansichten, sogenannte Boards erstellen. Diese Boards dienen als Träger für eine beliebige Anzahl Listen, welche ihrerseits Karten enthalten. Diese Karten sind die kleinste Einheit in Trello und stellen einzelne Aufgaben für ein Projektteam dar.

Hat man also einen einfachen Arbeitsablauf, sagen wir mit den Listen „Offen“, „In Arbeit“ und „Geschlossen“, so kann man eine Karte aus der „Offen“-Liste auf die „In Arbeit“-Liste ziehen um den Fortschritt zu kennzeichnen und so den Arbeitsablauf optisch darzustellen. Findige Nutzer haben aber noch viele weitere Möglichkeiten für das flexible Konzept gefunden. Es gibt mittlerweile Trello-Boards für den eigenen Trainingsplan, für die Renovierung, als Rezeptbuch oder auch für Autoren. Und spätestens hier sind wir in einem Bereich, der der Kampagnenorganisation eines Rollenspiels sehr nahe kommt.

In diesem Artikel beschäftigen wir uns also mit der Frage: Was kann Trello und vor allem: Wie können wir dieses Werkzeug in unserer Spielgruppe einsetzen?

Was kann Trello?

Trello glänzt darin, Informationen übersichtlich darzustellen. Durch das Konzept der Karten kann schnell ein neuer Charakter oder Schauplatz oder einfach nur eine Plotidee angelegt werden. Es werden alle Informationen an einem zentralen Ort gehalten und es geht nichts verloren. Die Software verfügt über eine sehr flexible Struktur, eine Anpassung auf die eigenen Bedürfnisse ist daher ohne Probleme möglich.

Steigen wir zunächst in die allgemeine Trello-Verwaltung ein. Im zweiten Teil dieses Artikels sehen wir uns dann an, wie uns die gebotenen Möglichkeiten im Rollenspiel-Umfeld weiterhelfen.

Beispielhafter Aufbau eines Trello-Boards zur Verwaltung einer Kampagne
Beispielhafter Aufbau eines Trello-Boards zur Verwaltung einer Kampagne

Bretter, Listen und Karten

Die grundlegende Struktur der Software ist in drei Hierarchie-Ebenen aufgebaut. Die oberste Ebene ist das Board oder Brett. Man kann sich dieses Board sinnbildlich als Pinnwand vorstellen, auf der die einzelnen Listen ihren Platz finden. Eine Liste stellt eine thematische Zusammenfassung der darauf enthaltenen Karten dar. Die Karte selbst ist, wie oben beschrieben, die kleinste Informationseinheit. Auf einer Karte kann man zum Beispiel Charaktere, Schauplätze oder Ideen hinterlegen, auf die man später wieder zurückgreifen möchte.

Eine Karte ist eine einfache Einheit. Vorgegebene Felder sind die Überschrift, eine Beschreibung und ein Fälligkeitsdatum. Als dynamische Elemente können Benutzer zugeordnet und Anhänge gepflegt werden. Als zusätzliche Möglichkeit können freie Checklisten angelegt werden. Jede Karte enthält zudem einen eigenen Änderungsverlauf, in dem Benutzer auch Kommentare hinterlassen können.

Als Anhänge hochgeladene Grafiken werden automatisch auf der Pinnwand angezeigt und helfen dabei, das Board übersichtlich zu gestalten. Praktisch: Karten und Checklisten können kopiert werden. Auf diese Weise kann sich der Anwender Vorlagen erstellen und Inhaltstypen wie zum Beispiel Charaktere oder Schauplätze schaffen.

Informationen zu Artefakten lassen sich leicht hinterlegen
Informationen zu Artefakten lassen sich leicht hinterlegen

Inhalte kategorisieren

Je nach Verwendungsgebiet gibt es unterschiedliche Unterscheidungsmerkmale. Als rollenspiel-spezifische Inhaltstypen sind zum Beispiel Spielercharaktere, Spielleitercharaktere, Orte, magische Gegenstände, Ideen, Hausregeln und vielleicht noch eine Art Sitzungsprotokoll vorstellbar. All diese Inhaltselemente können über jeweils eigene Listen abgebildet werden.

Eine weitere Möglichkeit ist die Verschlagwortung der Inhalte. Vielleicht möchte man mehrere Spielleitercharaktere einer Fraktion zuordnen. In diesem Fall kann man ein farbiges Label den jeweiligen Charakteren zuweisen und erhält einen Überblick über die Verteilung der Fraktionen. Die Schlagworte stellen auch eine Filtermöglichkeit für die Karten dar. Aber auch andere Merkmale sind über Schlagworte abbildbar. Zum Beispiel, ob eine Information den Spielern bekannt ist oder ob eine Figur für den nächsten Spieltermin eine Rolle spielt. Auf diese Art kann sich der Spielleiter nur noch die für die laufende Sitzung relevanten Informationen anzeigen lassen.

Ebenso leicht ist es mit Örtlichkeiten - diese kann man u.a. auch verschlagworten
Ebenso leicht ist es mit Örtlichkeiten – diese kann man u.a. auch verschlagworten

Multimedial unterwegs

Trello ist eine browserbasierte Anwendung und damit vom verwendeten Betriebssystem unabhängig. Darüber hinaus verfügt das System über Apps im iOS bzw. Android Umfeld. Die Darstellung auf dem Smartphone und dem Tablet ist übersichtlich und skaliert mit der vorhandenen Bildschirmfläche. Der Funktionsumfang ist nahezu vollständig, allerdings sind die Anhänge auf Dropbox und Handyfotos eingeschränkt. Davon abgesehen verfügt die App über den wesentlichen Funktionsumfang für Spieltisch und unterwegs.

Was kann Trello nicht?

Die Anwendung verfügt nur über ein rudimentäres Rechtesystem. Die Zuordnung von Benutzern funktioniert nur auf der Board-Ebene. Das bedeutet, dass ein Benutzer, der für ein Board berechtigt ist, dort alle Aktionen durchführen darf – Karten löschen eingeschlossen. Da Rollenspiele in der Regel im Freundeskreis stattfinden ist das kein gravierendes Problem. Leider beinhalten die umfassenden Rechte aber auch, dass keinerlei Leseeinschränkung erfolgt.

Teilen sich Spieler und Spielleiter ein Board, dürfen auf diesem also nur die den Spielern bekannten Informationen aufgeführt werden. Ein reines Spielleiterboard ist daher empfehlenswert. Das Arbeiten mit mehreren Boards gestaltet sich aber noch etwas umständlich. Es ist beispielsweise nicht möglich, eine Karte auf mehreren Boards gleichzeitig darzustellen, sondern man muss diese entweder duplizieren oder zwischen den Boards hin- und herschieben. Möchte man also Spieler- von Spielleiterinformationen trennen, bleibt nur die Möglichkeit, zwei Karten unabhängig voneinander zu pflegen.

Die Verknüpfung mehrerer Karten ist zwar möglich, wird aber durch Links realisiert. Als Workaround ist das in Ordnung, wirklich komfortabel ist das aber nicht.

Trello Gold

Für 5 USD im Monat oder 45 USD im Jahr bietet Trello einen Gold-Status an. Die Vorteile dafür sind aber überschaubar: 250 MB Speicher für Anhänge je Karte, eine größere Auswahl an Stickern und Board-Hintergründen. In der Basis Version dürfen die Anhänge dagegen nur maximal 10 MB groß sein, die Boards haben nur einfache Farben als Hintergrund und die Auswahl an Stickern ist begrenzt.

Kurz gesagt: Der Gold-Status ist für das Arbeiten mit Trello nicht notwendig. Hält man seine anzuhängenden Inhalte in der Cloud (Dropbox, Google Drive, OneDrive, etc.), kann man diese komfortabel verlinken und verbraucht keinerlei Speicherplatz auf der einzelnen Karte – und für das angehängte Bild reichen die 10 MB Standardvolumen vollkommen aus. Sticker sind übrigens kleine Icons, die man auf eine Karte pappen kann. Von Haus aus hat man hier zum Beispiel einen Daumen hoch oder runter, oder ein glückliches oder trauriges Gesicht. Mit Trello Gold erhält man noch einige weitere Sticker, die keine weiterführenden Funktionen besitzen.

Wenn man den Gold-Status einmal ausprobieren möchte reicht es, den Empfehlungslink, den man zur Verfügung gestellt bekommt, einem Bekannten zu geben. Meldet dieser sich an, kann man für einen Monat den Status freischalten und ausgiebig testen.

Trello im Rollenspiel

Für Spielleiter ist Trello unheimlich praktisch. Ideen können per App auf Knopfdruck abgelegt werden und sind bis zur nächsten Vorbereitung sicher verwahrt. Führt man dann vor dem eigentlichen Spielabend ein kurzes Review durch, erhält man alle Informationen nach Listen geordnet in einem übersichtlichen Interface präsentiert. Ein sinnvolles Schlagwort-Konzept sollte aber bereits von Beginn an durchdacht werden. Gerade große Kampagnen können ansonsten schnell unübersichtlich werden.

Eine alternative Möglichkeit ist die Anwendung als Storyboard. Vom Brainstorming über die geplanten Nichtspielercharaktere hin zum eigentlichen Plot findet auf der Pinnwand alles seinen Platz und kann über einen einfachen Workflow auch zwischen „To-Do“ und „Done“ differenziert werden.

Für die gesamte Rollenspielrunde bietet sich Trello zum Beispiel als Dokumentationstool an. Die Spieler selbst können Geschehnisse, Charaktere und Gegenstände dokumentieren und haben später die Möglichkeit, die Inhalte entsprechend zu kommentieren. Durch die genannten Limitierungen können allerdings keine geheimen Informationen hinterlegt werden, was für manche Rollenspiele problematisch ist. Nützlicher ist Trello bei Systemen, für die solche Geheimnisse keine Rolle spielen (z.B. FATE), denn dort können praktisch alle Informationen offen gelegt werden.

So könnte ein SC mit Trello dargestellt werden
So könnte ein SC mit Trello dargestellt werden

Fazit

Für minimalistisch veranlagte Gruppen ist Trello einen Blick wert. Es ist auf vielen Plattformen lauffähig und bietet durch sein einfaches und aufgeräumtes Interface die Möglichkeit, seine Gedanken sofort niederzuschreiben. Durch den Einsatz von Bildern kann die Darstellung der einzelnen Karten sehr übersichtlich und optisch ansprechend gestaltet werden.

Es kann seine Herkunft als Workflow-Tool nicht verleugnen, daher ist der Funktionsumfang in diese Richtung optimiert. Viele tolle Features, wie die Bearbeitung einer Karte durch mehrere Personen, sind für die klassische Rollenspielrunde schlicht nicht interessant. Auf der anderen Seite fehlen wesentliche Funktionen wie ein einfaches Rechtemanagement um Spieler- und Spielleiterinformationen sinnvoll voneinander zu trennen.

Für kreative und digital interessierte Spielleiter ist Trello sicherlich eine Option für Vorbereitungen unterwegs. Auch für Spielgruppen, die mobile Endgeräte am Spieltisch zulassen, kann der Einsatz der Anwendung nutzbringend sein. Für Gruppen, die neuen Technologien eher skeptisch gegenüberstehen oder deren Spielleiter alles Wissen gesammelt in einem System hinterlegen möchten, sind andere Alternativen wie zum Beispiel roll20 oder Obsidian Portal zu empfehlen.

Ich bin auf eure Meinung gespannt! Kommt Trello für eure Spielergruppe in Frage, oder ist euch das Tool doch zu rudimentär? Seht ihr vielleicht andere Anwendungsgebiete? Ich freue mich darauf, mit euch in den Kommentaren zu diskutieren.

Artikelbilder: Trello, Fog Creek Software LLC

 

3 Kommentare

  1. ich selbst nutze trello schon sehr lange – vor allem für die Arbeit. Ob für die Team Organisation oder die eigene ist es gerade in verteilten Teams auch durch die Updates fast in Echtzeit einfach super.

    Derzeit wird es bei uns zum
    Einkaufen ausprobiert. Das bedeutet es gibt Listen die gebräuchlichste Gegenstände aus einem Laden enthalten. Wird das letzte aufgebraucht muss es in der Liste nur als ‚offen‘ markiert werden und wenn man in dem Laden ist geht man durch die Liste und kann alles im Wagen abhaken.

    Auf die Weise kann auch noch beim einkaufen etwas von anderen hinzugefügt werden. Man muss nur die Disziplin aufbringen es zu pflegen.

    • achja – als Tipp für Rolenspiel runden. Evernote Notizbücher. Hier kann auch besser mit unterschiedlichen rechten gearbeitet werden, dafür ist dem Spielleiter aber möglich ein unter Notizbuch für die Spieler freizugeben

  2. wir benutzen pbworks.com (ein Wiki) – ist recht einfach zu handhaben. Ebenen wie mans schon von Windows kennt und bietet in der kostenlosen Version genügend Speicherplatz (Ich meine 2GB??).

    Dafür ist die grafische Darstellung eher auf 2000er Jahre Niveau.

    Benutzerrechte kann man in 5 Stufen einstellen (Leser, Autor etc bis Admin). Den Zugang zum Wiki kann man für alle offen oder nur nach Benutzerfreigabe einstellen.

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