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Es ist Trend, das Finale einer Trilogie in zwei Teile zu spalten. So auch beim dritten Teil der Dystopie Die Tribute von Panem.

Der zugrunde liegende Stoff ist so komplex und vielseitig, dass er in nur einem Film nie ausreichend gewürdigt werden könnte. Dennoch wurden Teile der Geschichte aus der Romanvorlage geändert, Rollen durch bekannte Gesichter ersetzt und Episoden gestrichen.

Die bisherigen Verfilmungen der Roman-Trilogie waren weltweit erfolgreich und so schien auch der nächste Streich zum Erfolg verdammt. Tragischerweise verstarb während der Dreharbeiten auch noch der bekannte Schauspieler Philip Seymour Hoffman, was schlussendlich zu Änderungen am Drehbuch führte. Ihm ist in den Extras ein langer Tribut gewidmet, bei dem nahezu alle Beteiligten zu Wort kommen. Ein emotionales Highlight.

Das Team um Regisseur Francis Lawrence stellte sich allen Herausforderungen, löste sich vom bekannten Schema der Vorgänger und präsentiert nun den letzten Zwischenschritt zum Finale der Die Tribute von Panem–Saga.

Story

Katniss Everdeen konnte von den Rebellen aus der Arena gerettet und in dem zerstört geglaubten Distrikt 13 in Sicherheit gebracht werden. Für die unterdrückte Gesellschaft wird sie zur ikonischen Symbolfigur des Aufstandes gegen das Kapitol. Als das Kapitol Tod und Verwüstung über die Distrikte bringt, muss Katniss sich entscheiden: Kann sie den Rebellen rund um Präsidentin Coin trauen? Und was kann sie tun, um Peeta aus den Fängen des Kapitols zu retten und Panem in eine bessere Zukunft zu führen?

Die Handlung des ersten Mockingjay–Teiles führt die Geschehnisse des Vorgängers nahtlos weiter. Standen im ersten und zweiten Teil noch die Hungerspiele im Vordergrund, verknüpfen sich nun die Ereignisse zu einer düsteren Zukunft. Aufstand, Rebellion und die Opfer des Krieges beherrschen die Thematik und verschärfen die Handlung deutlich. Nicht nur Katniss, sondern der gesamten Nation steht eine grausame Zeit des Umbruchs bevor.

Die Dynamik der Geschichte konzentriert sich hierbei auf den Nährboden revolutionären Treibens: dem Aufruf zum Aufstand. Medienwirksam schüren alle Seiten einen ausufernden Propagandakrieg. Katniss, aber auch viele andere Figuren, können sich der Sogwirkung des Konfliktes nicht entziehen.

Distrikt 13 weiß sich zu schützen.
Distrikt 13 weiß sich zu schützen.

Damit ergibt sich ein brodelnder Kessel aus ganz persönlichen Motiven wie Angst, Gier und Rache bis hin zur Frage nach dem großen Ganzen. Opfer scheinen auf diesem Weg unausweichlich.

Ein Highlight dabei ist die Produktion von Propos, Propaganda-Filme für die Rebellen. Zuerst sollen diese inszeniert sein, doch dann werden die Helden der Geschichte mit dem vollen Grauen der Unterdrückung des Kapitols konfrontiert. Erst diese „echten“ (und aufgezeichneten) Momente geben dem Film, verbunden mit der Erkenntnis, dass Feuer mit Feuer bekämpft wird, eine bedrückende und gewalttätige Note. Dazu passt auch zu gut, dass Katniss, die in einem Moment der Ruhe gebeten wird, zu singen, dieses Lied zur Hymne des Widerstands macht.

Die Handlung hat keine Längen und ist durch die Bank spannend. Und der gemeine Cliffhanger am Ende macht die Wartezeit zum zweiten Teil nahezu unerträglich.

Darsteller

Der Mehrteiler verfügt über eine ansehnliche Darstellerriege. Die meisten Figuren wurden bereits in den Vorgängerteilen eingeführt. So gelingt der Fokus auf die Hauptfigur Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence), die sich zur Heldin wider Willen aufschwingt und sich ihrem entscheidenden Kampf im zweiten Teil des Finales stellen wird. Durch die Erlebnisse psychisch aufgewühlt und von Albträumen geplagt, wandelt sich die Figur im Verlauf der Handlung zum medialen Gesicht der Revolution.

Dramatisch werden hier die vielschichtigen Konflikte der Figur präsentiert. Insbesondere als Katniss für Distrikt 13 auf der einen und Peeta für das Kapitol auf der anderen Seite zu Marionetten der Propaganda-Kampagnen werden, wird es emotional. Oscar-Preisträgerin Jennifer Lawrence meistert diese Herausforderung von der ersten Minute an und verdeutlicht dem Zuschauer, unter welch immensem Druck die Hauptfigur steht.

Zwar liegt der Fokus klar auf ihr, aber ein paar erwähnenswerte Auftritte gibt es trotzdem. Während das mediale Wirken um Katniss veranschaulicht wird, darf ihr Gegenpart Peeta Mellark (Josh Hutcherson) lediglich über propagandistische TV-Auftritte schauspielerisch wirken. Sein fortschreitender psychischer und physischer Verfall ist jedoch beeindruckend inszeniert und kulminiert am Ende in einer nicht ganz unerwarteten, aber dennoch schockierenden, Szene.

Der eigentliche Gegenspieler Präsident Snow (Donald Sutherland) agiert derweil im Hintergrund, scheint aber sichtlich Spaß am grausamen Machtspiel mit Katniss und den Rebellen zu haben. Erbarmungslos treibt er die Ereignisse voran und wirkt gewillt, jeden Widerstand mit aller Härte niederzuschlagen. Hier ist jedoch eine Logiklücke im Film zu finden. Wenn das Kapitol abhängig ist von den Distrikten und deren Produktion von Gütern – ist dann das erbarmungslose Bombardieren nicht kontraproduktiv?

Ihm gegenüber steht die zunächst zurückhaltende Rebellen-Anführerin Alma Coin (Julianne Moore). Ihr Wandel gewinnt an Tempo, als sie die mediale Kraft von Katniss ausnutzen kann. Anfänglich zögernd, sind ihre Reden am Ende kraftvoll und verdeutlichen einen gefährlichen Machtanspruch, den man zuvor nur bei ihrem Widersacher Snow erlebte. Wieder findet sich hier ein Indiz, dass die beiden verfeindeten Fraktionen doch nur zwei Seiten der gleichen Medaille sind?

Strippenzieher im Hintergrund ist hierbei Plutarch Heavensbee (Philip Seymour Hoffman), strategisch plant er Katniss als seine Schachfigur in Form des Spotttölpels ein. Das Symbol des fiktiven Vogels wird zum Erkennungsmerkmal der Widerstandsbewegung. Hoffmann, dem der Film gewidmet wurde, darf mit seiner Figur zwar die Geschehnisse vorantreiben, hält sich jedoch ansonsten zurück. In diesem Zusammenhang fehlen zwei gewichtige Szenen der Figur, die aufgrund des tragischen Todes des Darstellers auf andere Charaktere umgeschrieben werden mussten.

Katniss und Gale sehen sich prompt auf Seiten des Widerstands.
Katniss und Gale sehen sich prompt auf Seiten des Widerstands.

Inszenierung

Wie macht man aus der so gut wie actionfreien Vorlage der ersten Romanhälfte eine mitreißende Brücke zum eigentlichen Finale 2015? Regisseur Francis Lawrence nahm sich der Aufgabe an und entwirft dabei einen düsteren Anti-Kriegsfilm ohne echte Helden. Trotz brachialer Action im späteren Verlauf konzentriert sich das Drehbuch auf die inneren Konflikte seiner Hauptfigur.

Der Aufstand in den Distrikten wird ebenfalls dramatisch in Szene gesetzt. Geschickt verknüpfen die Macher hierbei in wenigen Einstellungen relevante Ereignisse der brodelnden Rebellion. Hier wird auch ein Großteil der soliden Actionszenen eingebaut, spektakuläre Bilder gibt es jedoch kaum. Klar wird, dass hier große Teile des Romans zusammengefasst werden. Selbst ohne diesen gelesen zu haben, erhält man ein gutes Gefühl für das, was hinter den Kulissen vor sich geht.

Die Inszenierung der inneren Widerstände sowie des psychologischen Schlagabtausches der Charaktere gehört zu den Stärken des Filmes. Politisch ist die Romanvorlage ohnehin interessant und trifft zwischen den Zeilen durchaus den Zeitgeist. Erschreckend real visualisiert Regisseur Francis Lawrence die mediale Propaganda-Kampagne und die pragmatischen Handlungsweisen einer herrschenden Gesellschaft.

Erzählstil

Die Handlung spitzt sich linear zu. Die Hauptfigur Katniss Everdeen ist in fast jeder Szene dabei. Ängste und Verzweiflung der unfreiwilligen Heldin finden sich in Albträumen visualisiert wieder.

Variantenreich ist hingegen der Wechsel zu den unterschiedlichen Schauplätzen der Rebellion. Hier wird auch nicht mit emotionalen Momenten gespart.

Preis-/Leistungsverhältnis

Die Fan-Edition der DVD zu Mockingjay 1 ist für rund 15 EUR im Fachhandel zu bekommen. Dafür erhält man den Film in guter und hochauflösender Qualität, mit ansprechendem Sound und einigen Stunden an Extras. Hier gibt es nichts zu bemängeln.

Erscheinungsbild/Umfang

Mockingjay Fan EditionUns wurden Presse-DVDs zur Verfügung gestellt. Die im Handel erhältliche Fan-Edition beinhaltet ein 16-seitiges Booklet, ein doppelseitiges Filmposter und einiges mehr.

Die harten Fakten:

  • Regie: Francis Lawrence
  • Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Donald Sutherland et al
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch, Extras englisch mit deutschen Untertiteln
  • Format: DVD
  • Preis: ~15 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Die Extras sind beeindruckend. Beginnend vom obligatorischen Making-of, dem Tribut an Philipp Seymour Hoffman, bis hin zu den Featurettes sind alle sehenswert.

Merkmale wie Inszenierung der Kostüme, Komposition der Filmmusik und Make-up werden hier behandelt. Letzteres wird sogar kurz im Film selbst thematisiert: „Schminkt sie ab, sie soll nicht wie eine Dreißigjährige aussehen!“

Ich für meinen Teil sehe Extras selten mit großem Interesse – hier ist es anders. Sie sind charmant und vermitteln einen guten Eindruck, wie sehr die Crew im Laufe der Filmarbeiten zusammengeschweißt wurde.

Trailer

YouTube

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Fazit

Das Finale ist nah, fast zumindest. Mit Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 gibt es ein letztes packendes Zwischenspiel. Der Schritt, das Material des letzten Romanes in zwei Teile aufzuspalten, bleibt eine zweischneidige Angelegenheit, scheint aber gelungen zu sein.

Geprägt vom zusätzlichen Verlust seines Darstellers Philip Seymour Hoffman, sah sich Regisseur Francis Lawrence mit großen Herausforderungen konfrontiert. Glücklicherweise wird seine, aus Blockbuster-Sicht ungewohnte, Herangehensweise belohnt. Der erste Streich von Mockingjay verzichtet fast auf ein visuelles Effektgewitter und zieht seine Stärke aus einem guten Drehbuch und einer perfekten Hauptdarstellerin.

Jennifer Lawrence verkörpert packend Katniss Everdeen, welche nicht ganz freiwillig in Form des Spotttölpels zum Symbol des dramatischen Aufstandes gegen das Kapitol wird. Momente wie ihr Gesang oder ihr Zusammentreffen mit Peeta brennen sich ins Gehirn ein. Die deutlich düsterere Grundnote als in den vorherigen Filmen tut dem Gesamtwerk mehr als gut.

Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 reift somit zum bisher besten Teil der Roman-Verfilmung. Er hat mich mitgerissen und blieb bis zur letzten Minute spannend. Besonders die Extras lohnen einen konzentrierten Blick.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Studiocanal

1 Kommentar

  1. Also ich mss leider sagen das ichihn nicht so gut fand wie die ersten beiden Teile. Die Hauptfigur kam in den Drama-Szenen nicht wirklich autehentisch herüber. Auf Deutsch war es sogar noch erträglich aber in English hat Jennifer doch einige Schwächen gezeigt wenn es darum ging sich auszuweinen. Es past einfach nicht zu der Figur von Katniss dieumsorgte Freundin darzustellen. Mir hätte da ein tieferes Eingehen auf die Dreiecksbeziehung besser defallen als das dauernde : Wo ist Peeta?
    Auch hatte der Film durch die Teilung teils unnözige Szenen. Da hätte man den Platz besser nutzen können als Lichtspiele mit einer katze zu veranstallten.
    Im Großen und Ganzen ist er aber unter den erschwerten Bedingungen ganz gut gelungen. Es komt schon deutlich herüber, dass Katniss eigentlich gar keine Heldin sein will und es genau deshalb ist.

    Mein Fazit ist das er als alleinger Film nicht so gut ist aber in dem Zusammenhang der 4 Filme Triologie seine Berechtigung hat.

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