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Während meiner ganzen SL-Existenz bin ich eigentlich ohne Spielleiterschirm ausgekommen. Das mag zahlreiche Gründe haben – wie zum Beispiel den Fakt, dass ich nicht gerne verdeckt würfele. Aber so ein Schirm hat ja mehr als einen Zweck, und als ich den für D&D5 geschenkt bekommen habe, setzte ich ihn einfach mal am Spieltisch ein und habe hier ein paar Eindrücke gesammelt.

Inhalt

Zunächst wäre da mal die reine Optik. Den Schirm ziert ein typisches Fantasymotiv, der Kampf mit einem roten Drachen und ein paar seiner Schergen. Heroische Posen, fieses Monster – da hat die Kreativabteilung sich nicht gerade weit aus dem Fenster gelehnt. Hinter dem Schirm verziert Artwork aus den bereits erschienenen Büchern die dargebotenen Tabellen. Ob frustrierte Dungeon Master beim Anblick der übermächtigen Tarraske manchmal an das Ableben der eigenen Heldentruppe denken, sei mal dahingestellt.

Vom Material her ist das Ganze von ähnlicher Machart wie die Deckel der Hardcover bei ungefähr halber Dicke. Der Schirm verteilt sich hierbei auf vier Teile mit insgesamt drei Falzen, jedes Teil hat dabei die Größe einer US-Letter-Seite im Querformat, genau dieselbe Druckgröße also wie die Regelbücher.

Das reicht, damit man hinter dem Schirm bequem eines der Regelbücher aufschlagen kann, um darin verdeckt etwas vorzuhalten, typischerweise eine der Kreaturen aus dem Monster Manual. Hier fallen bereits mehrere Mankos auf: Zum einen ist der Platz für Notizen hinter dem Schirm gegenüber anderen Modellen sehr begrenzt. Hat man bereits ein Regelbuch dort aufgeschlagen, wird es eindeutig unhandlich. Soweit zumindest das Ergebnis des Tests mit einer meiner D&D5-Runden, wo ich Probleme damit bekam, abwechselnd zwei Spielbücher zu benutzen und meine Notizen irgendwohin zu packen. Zum anderen eignet er sich kaum als Sichtschutz. In einer Runde am vollbesetzten Tisch erschwert man nur dem Gegenüber den Blick. Wer aber nur halbwegs nah am SL sitzt fällt beim Herüberlinsen nicht mal auf. Schirme im Hochformat würden das eher gewährleisten.

Auf dem Schirm

Der Schirm als Referenz für den Dungeon Master beginnt mit den NSC-Tabellen aus dem Dungeon Master’s Guide. Wer schnell ein Gegenüber für die Spieler generieren muss, wird hier bedient: eine Charaktereigenschaft zum Ausspielen, ein Ideal, ein wichtiger Bezug zu anderen Figuren, ein Makel – all das ist jeweils nur einen Würfelwurf entfernt. Der dreispaltige Namensgenerator wirkt da eher wie Füllmaterial.

Völlig verdient nimmt hingegen der Anhang A des Player’s Handbook den Mittelteil ein. Hierbei handelt es sich um die Beschreibungen der Conditions, die sich Spieler und Monster einfangen können, also welche Auswirkungen Erblinden oder eine Bewusstlosigkeit haben. Die Conditions sind zentraler Teil des Spiels, und ich habe aus dem Grundregelwerk tatsächlich diesen Teil am meisten während laufender Runden nachgeschlagen. Ebenso nützlich ist die Tabelle zum Thema Deckung, die mir irgendwie nie einfallen will, wenn ein Spieler mal nicht ungedeckt ins Verderben läuft.

Danach geht es dann deutlich weniger hilfreich weiter: Sichtbehinderung sowie Brenndauer und Sichtweite von Lichtquellen. Sollte Letzteres wirklich am Spieltisch zur Diskussion kommen, hätte man es auch locker nachschlagen können. Auch der Zusammenhang zwischen Skills und ihren Attributen ist auf den vorhandenen Charakterbögen so gut gelöst, dass die Frage am Spieltisch noch nicht aufgekommen ist. Aber für das schnelle Spicken auf die Gesamtliste an Skills taugt es dann ja doch.

Für Überlandreisen wichtig sind die Reisegeschwindigkeit und die Encounter-Distance-Tabelle. Damit kann man schnell Begegnungen generieren und das passt auch gut auf so einen Schirm. Die Skalierung des Schadens hilft beim Generieren von Fallen.

Die letzten beiden Tabellen sind dann eher Banane: „Something Happens!“ und „Quick Finds“. Die erste Tabelle generiert so tolle Events wie „Jemand muss aufs Klo.“ oder „Es liegt ein übler Gestank in der Luft.“ Wie sich solche weltbewegenden Ereignisse in derselben Kategorie wie „Es erscheint ein merkwürdiger Stern am Himmel.“ einreihen konnten, bleibt mir schleierhaft. In der anderen Tabelle befinden sich wiederum Einträge, die deutlicher Ausarbeitung bedürfen: Wer spontan einen Brief, ein Siegel, ein Wappen oder eine Geheimnachricht findet, wird sicher auch gleich nach Details fragen.

Es fällt mir abschließend auf, dass Platz für mindestens drei weitere Tabellen an das Artwork verschenkt wurde. Seitenzahlen aus den drei Grundregelwerken sucht man vergebens, ein paar zentrale Querverweise hätten da bestimmt nicht geschadet, besonders weil halt alles nur im Druck vorliegt.

Preis-/Leistungsverhältnis

D&D5 Screen CoverAnscheinend kann man für vier Seiten Pappe 14,95 USD verlangen. Das ist stattlich, vor allem bei eher begrenztem Nutzwert. Ich denke mal, so ein Kapital ist vielleicht in einem universell einsetzbaren und verschieden bestückbaren Schirm besser angelegt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Wizards of the Coast
  • Autor(en): Jeremy Crawford, Mike Mearls, u.a.
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Englisch
  • Format: Print
  • Seitenanzahl: 4
  • ISBN: 978-0-7869-6563-2
  • Preis: 14,95 USD
  • Bezugsquelle: Amazon | Sphärenmeister

 

Fazit

Um es gleich zu sagen: Nicht alles auf dem Schirm wirkt richtig nützlich, aber der Mittelteil wird mir trotzdem Einiges an Nachschlagen ersparen, aber das ist nichts, was ein Kopiergerät nicht auch geleistet hätte. Als Sichtschutz taugt der Schirm kaum aufgrund seines Formats. Hätte das Produkt Einschübe für eigene Begegnungstabellen oder Notizen, wäre es deutlich nützlicher.

Was ist dieser Schirm also? Ein Accessoire, ein Gimmick, etwas, das vielleicht zum Kauf verlockt. Dem begrenzten Nutzen steht das schicke Design gegenüber, und bei Letzterem punktet der Schirm eindeutig. Er wirkt hochwertig und stabil. Er verhindert außerdem, dass einem nicht gleich der ganze Tisch auf das Artwork der gerade aufgeschlagenen Kreatur glotzt. Kampagnennotizen sind hinter anderen Schirmen deutlich besser aufgehoben.

Mein persönlicher Gesamteindruck: Kann man kaufen, muss man nicht haben.

Daumen2maennlich

Artikelbilder: Wizards of the Coast

 

4 Kommentare

  1. Welche Würfelgröße nutzt Du denn, das der Schirm nicht als Sichtschutz taugt ;)

    Aber im Ernst, ich halte es mit SL-Schirmen ähnlich wie Du, aber wenn, finde ich das Querformat wesentlich angenehmer.

    • Kleines Mißverständnis – ich würfele nicht hinter dem Schirm. Mir geht es eher um die Unterlagen.

      Format ist natürlich Geschmackssache. :) Ich finde die Höhe im Querformat auch angenehmer, weil sie nicht so abgrenzend wirkt. Hätte das Ding Einschübe, wäre das für mich optimal. Universalschirme im Querformat gibt es ja auch, und dahin würde ich persönlich auch tendieren.

  2. Gut, dachte ich mir schon. ;) Ich hab meist handschriftliche Notizen, da bin ich froh, die selbst entziffern zu können (geschweige denn kopfüber aus der Entfernung), oder in nem Buch mit Spickzettel, was ich dann ja ggf. aufschlage. Einen Universalschirm hab ich aber tatsächlich auch …

    War nur verwundert über das Abwerten für die Höhe / Größe, oder ist das noch kleiner als etwa A4 quer?

    (Genial übrigens der CD-Schirm für DS …)

  3. Hmmm … als jemand, der den Schirm nicht besitzt (weil sich 5E für mich als nicht tauglich erwiesen hat), werde ich nicht so recht schlau aus der Rezension. Ich kommentiere einfach mal, was mir aufgefallen ist, vielleicht wird mir dann klarer, was an dem Text nicht stimmt:

    >>[…] zum Bei­spiel den Fakt, dass ich nicht gerne ver­deckt wür­fele<<
    Das gilt für mich auch. Und trotzdem benutze ich fast immer Spielleiterschirme. Soll heißen: Für mich ist die Funktion des Schirms überhaupt nicht, dass er mir ermöglicht geheime Würfe zu machen. (Dafür würde auch ein Würfelbecher reichen.)

    @ Bauart: Der Schirm besteht also aus dünnem Hardcover-Karton? Ist also von der selben Art, wie der Einband der bei der Neuauflage von "Death Frost Doom" verwendet wurde? (Ich nenn das mal "gut durchbiegbares Hardcover".)

    @ Höhe: Das mit dem "Herüberlinsen" verstehe ich nicht. Ein Schirm von ca. A5-Höhe baut genügend Sichtschutz auf, dass Spieler nicht aus Versehen Dinge sehen, die sie nicht sehen sollen. Aktives Herüberlinsen ist ein Spielerverhalten, das für mich in etwa dem Querlesen des gespielten Abenteuers gleichkommt. Find ich blöd, aber letztendlich sind die Spieler selber groß und müssen wissen, wie sehr sie sich das Abenteuer spoilern wollen. Als Fehler eines Schirms sehe ich das nicht. Eher als Fehler eines Spielers.

    @ Platz hinter dem Schirm: MMn ist der für Notizen, Bilder, … generell Kram der (noch) nicht für die Augen der Spieler bestimmt ist, reserviert. Wozu brauchst du Ablageplatz für Bücher mit dem Zweck des Nachschlagens? Durch das Cover eines Regel- oder Quellenbuchs kann ja – wenn nur nachgeschlagen wird – kein Spieler durchschauen. Wenn es schon Probleme gibt, auch nur ein Abenteuer-Buch hinter dem Schirm unterzukriegen, könnte ich den Kritikpunkt verstehen. So ist das für mich unverständlich. Ich tue mich schwer den Platz, der tatsächlich vorhanden ist anhand der Rezi einzuschätzen.

    @ Innenleben: NSC-Generatoren sind immer nützlich. Über Namen gehen die Meinungen dagegen weit auseinander. Ich bastel mir lieber ein eigenes Dokument, das ich dann ausgedruckt mit an den Spieltisch nehme. Insofern ist das auch für mich verschwendeter Platz. Andere aber mögen diese Tabellen. Kurz: Namenslisten machen einen Schirm nicht grundsätzlich schlechter, aber für mich weniger brauchbar.
    Tabellen für Sicht/Lichtquellen finde ich durchaus wichtig und deswegen würde ich sagen: Die haben sich ihren Platz redlich verdient. Nur, weil du die Regeln dazu im Spiel nicht verwendest, heißt das nicht, dass sie nicht wichtig wären. Wären die Designer der selben Meinung gewesen, dann wäre der Bereich komplett den Einschätzungen des SL überlassen worden und eben nicht in Regeln gegossen worden.
    Skills & Attribute: Würde ich genauso sehen.

    Im Mittelteil scheint der Schirm alles richtig zu machen. Dass die Conditions einen wichtigen Platz einnehmen, kann ich genauso nachvollziehen, wie das Hurra des hiesigen Autoren.

    „Some­thing Hap­pens!“ und „Quick Finds“: Wenn die Einträge bei der ersten Tabelle alle so sind, wie beschrieben, dann hätte man sich die sparen können. Die zweite klingt OK. Nichts, was es unbedingt braucht, aber durchaus recht nützlich. Eine spontane Ausarbeitung kann mMn dem SL zugemutet werden.

    Das mit dem verschenkten Platz zugunsten "größerer" Illustrationen finde ich ärgerlich.

    … Ok. Jetzt, nachdem ich die Rezension Schritt für Schritt durchgegangen bin, erschließt sich mir das Meiste.

    Verwirrend finde ich, dass persönliche Befindlichkeiten anstelle der inhärenten Zielsetzungen des Produkts selbst, als Bewertungsmaßstab herhalten müssen. Da merkt man leider doch, dass der Rezensent eher wenig Verständnis für den Sinn von SL-Schirmen hat. Und das wirkt sich auch auf's Fazit aus.
    Abgesehen davon schafft es der obige Text aber dennoch eine Übersicht darüber zu geben, was man mit dem Schirm bekommt und was nicht.

    Mein Urteil über den Schirm anhand der obenstehenden Rezension wäre: "Gelb-Grün".
    Wer SL-Schirme mag, der wird von dem für 5E nicht enttäuscht, auch wenn er nicht alles richtig macht.
    Mit dem Kauf kann man nicht so wahnsinnig viel falsch machen. Wirklich gut oder nötig ist der Schirm fürs Spiel aber nicht.

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