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Fangen wir doch gleich mit dem Offensichtlichsten an: Krosmaster Arena bietet niedliche Figuren im Anime-Stil, welche das Kindchenschema bedienen. Laut Wikipedia bezeichnet das Kindchenschema „[…] die bei Menschen und bei vielen höheren Tierarten vorkommenden kindlichen Proportionen, die als Schlüsselreiz wirken und Fürsorgeverhalten und Kümmerungsverhalten auslösen […]“ und genau so sehen die Figuren aus: große, runde, kindliche Köpfe mit Stupsnasen und Kulleraugen.

Zweifelsohne ist dies ein Grund, warum Krosmaster Arena im Verhältnis zu anderen Tabletops einen eklatant höheren Anteil an Spielerinnen hat. So ein kleines Miezekätzchen oder Pandabärchen ist einfach wesentlich ansprechender als ein fauliger Zombie oder ein blutender Ork.

Unabhängig von diesen äußerlichen Merkmalen verfügt Krosmaster Arena aber auch über innere Werte: Es ist überraschend taktisch, gut ausbalanciert und bietet die Möglichkeit, sich sowohl online als auch offline mit Gegnern zu messen.

Spielablauf

Wie bei anderen Tabletops auch, beginnt ein Spiel mit der Wahl der eigenen Spielfiguren. Insgesamt 12 Punkte stark darf eine Truppe sein. Dabei hat man die Wahl, ob man beispielsweise zwei starke 6er Figuren auswählt oder lieber vier durchschnittliche 3er. Natürlich kann man aber auch mixen und beispielsweise einen 1er, zwei 2er, einen 3er und einen 4er aufs Feld stellen. Figuren mit goldenem Namen dürfen einmal, mit weißem Namen zweimal und mit schwarzen Namen dreimal aufgestellt werden.

Die beiden Spieler stellen ihre Figuren auf die Startfelder des schachbrettartigen, da in 12 x 12 Felder unterteilten, quadratischen Spielfeldes. Es beginnt dann der Spieler, dessen Truppe insgesamt den höheren Initiativwert aufweist. Dieser wird anhand der einzelnen Werte der Figuren zusammengerechnet.

Der Intitiativwert der einzelnen Figuren gibt auch an, in welcher Reihenfolge sie aktiviert werden dürfen: Angefangen mit der Figur mit dem höchsten Wert, geht es in absteigender Reihenfolge. Ist eine Figur aktiviert, darf sie eine der folgenden beiden Aktionen ausführen:

  • Aktion/Angriff: Jede Figur hat einen bestimmten Wert an Aktionspunkten. Diese dürfen beliebig verwendet werden. Einfache Aktionen, beispielsweise einen Kama-Punkt aufheben, kosten nur einen Punkt. Andere, wie komplexe Zauber oder Angriffe, kosten meist zwischen 3 und 5 Punkten. Dabei darf man normalerweise so viele Aktionen durchführen, bis die Aktionspunkte verbraucht sind. Lediglich besonders starke Zauber mancher Figuren dürfen nur einmal je Runde oder gar nur einmal im gesamten Spiel durchgeführt werden.

  • Bewegung: Die Figur darf sich so viele Felder weit bewegen (nur gerade, nie diagonal) wie der jeweilige Charakter an Bewegungspunkten hat. In welcher Reihenfolge man dabei beide Aktionen verwendet, ist egal: Man kann sowohl erst die volle Bewegung nutzen und dann Aktionen durchführen, wie auch umgekehrt. Oder man bewegt sich ein Feld, führt eine Aktion aus und bewegt sich dann noch zwei Felder.

Wie viele Punkte eine Spielfigur hat und welche Aktionen sie jeweils ausführen darf, stehen auf der jeweiligen Einheitenkarte. Diese liegt jeder einzelnen Figur bei und stellt auf der Vorderseite alle notwendigen Informationen übersichtlich dar (z.B. Lebenspunkte, Zauber, Initiativwert, usw.). Die Rückseite bietet ein großflächiges und im niedlichen Anime-Stil gezeichnetes Artwork der Figur.

Jeder Spieler startet mit sechs sogenannten Gewinngroschen. Diese dem Gegner zu stehlen, ist das Ziel des Spiels. Entweder kann man diese für je 10 Kama-Punkte kaufen, oder man erhält sie durch das Besiegen gegnerischer Figuren. So hoch wie der Punktwert einer Figur ist, so viele Gewinngroschen erhält man. Damit man das Spiel nun nicht gleich durch den Verlust einer 6er Figur verliert, gibt es zudem einen am Anfang neutralen Gewinngroschen. Besiegt man also beispielsweise die erste gegnerische 3-Punkte-Figur, bekommt man den neutralen Gewinngroschen sowie zwei Groschen des Gegners. Es gibt noch eine weitere, risikoreiche Möglichkeit, gegnerische Gewinngroschen zu reduzieren: Vor jeder Spielrunde wirft der aktive Spieler zwei Würfel. Wenn er einen Pasch erwürfelt, müssen beide Spieler einen Gewinngroschen aus dem Spiel nehmen. Da man in gewissem Rahmen das Resultat der sechsseitigen, mit Symbolen bedruckten Würfel beeinflussen kann (bei manchen Symbolen darf man sich ein Ergebnis aussuchen), ist das Pasch-werfen eine beliebte Taktik von Spielern, die mehr Gewinngroschen als der Gegenspieler haben.

Die oben bereits angesprochenen Kama-Punkte, welche auf dem Spielfeld verteilt liegen und erst aufgesammelt werden müssen, sind die Währung des Spiels. Damit kann man entweder Gewinngroschen kaufen oder aber sogenannte dämonische Belohnungen. Diese bringen einmalige oder dauerhafte Vorteile, beispielsweise Resistenzen gegen bestimmte Schadensarten, Teleportationen, zusätzliche Lebens- und Aktionspunkte oder auch mal bessere Waffen. Je nach Qualität kosten diese drei, sechs oder gar zwölf Kama-Punkte. Gerade die teureren Vorteile können meiner Erfahrung nach oft spielentscheidend sein.

Noch spielentscheidender ist natürlich die richtige Taktik. Bei der mittlerweile sehr großen und sich ständig erweiternden Zahl der Spielfiguren kommt es auf die richtige Auswahl des Teams, sowie die kluge Nutzung der Fähigkeiten und der Umgebung an. Beispielsweise blockieren Figuren und Bäume die Sichtlinie der meisten Zauber und auf Kisten bekommen die meisten Fernzauber einen Reichweitenbonus. Manche Figuren haben zudem passive Eigenschaften, wie bessere Rüstung oder besonders gutes Blocken der Gegner, oder sie erhöhen die Spielwerte verbündeter Figuren. Die entsprechenden Figuren vorausgesetzt, kann man dann seine ganz eigene Spielphilosophie entwickeln. Eine auf wenige Armeelisten begrenzte Meta gibt es nicht, hier herrscht im privaten Spiel wie auch auf Turnieren eine große Vielfalt.

Das Brettspiel

Krosmaster Arena kommt in einer großen, stabilen und vor allem bunten Pappbox. Diese enthält ein doppelseitig bedrucktes Spielfeld, alles Benötigte an Pappmarkern und Pappgelände und acht 6-seitige Würfel, welche mit speziellen Spielsymbolen bedruckt sind. Und natürlich auch Spielfiguren, acht Stück an der Zahl. Diese sind bereits zusammengebaut, mal mehr, mal weniger gut bemalt und wirken – Anime-Stil hin oder her – teilweise eher grob modelliert und recht detailarm. Hinzu kommt bei den hinzukaufbaren Erweiterungsfiguren, dass einige Figuren nahezu identisch aussehen, da lediglich das Farbschema und marginale Details geändert wurden.

Außerdem enthalten ist ein vollfarbiges Regelwerk. Dies ist in zwei Teile aufgeteilt: Der hintere Abschnitt entspricht dem „klassischen“ Regelteil, wie man ihn von vielen anderen Brettspielen kennt. Der vordere Teil entspricht einem durchgehenden, mehrstufigen Tutorial, wie beispielsweise in Videospielen. Hier lernt man Schritt für Schritt in immer neuen Missionen die verschiedenen Aspekte des Spiels. Ein dickes Lob für diese tolle Einführung!

Da ich dieses Spiel erst als Zweit-Rezensent bekam, möchte ich kurz Tim zu Wort kommen lassen. Dieser hatte die Ehre, das Spiel auszupacken, zu öffnen und die vielen Kleinteile aus dem Karton zu stanzen.

„Nach dem Öffnen der zugegeben prallgefüllten Box strömte ein bestialischer und wirklich atmenberaubender Gestank aus. Es liegt nahe, dass beim Druck recht agressive Farben verwendet wurden. Die Miniaturen sind zwar auch knallbunt, aber riechen eben nicht.
Nach 24 Stunden offen-stehen-lassen hatte sich der Geruch zwar glücklicherweise verzogen, aber gesund sein kann das kaum.

Die Stanzung der Karton-Tokens ist leidlich schlecht ausgeführt. Selbst, wenn man vorsichtig ist, was angesichts der schieren Masse an 243 Kleinst-Tokens kaum möglich ist, reißt oftmals die obere Papierschicht vom Karton ab oder ein. Das sieht nicht wirklich gut aus und macht vor allem teilweise die Pappmarker erkennbar, auch wenn diese umgedreht ? weil verdeckt ? vorm Mitspieler liegen.

Beigefügt sind verschiedene Bäume und Kisten, die man zusammenstecken soll. Während das bei den Bäumen wunderbar funktioniert, ist das Stecksystem der Kisten vollkommen unbrauchbar. Die Phasen und Nuten passen einfach nicht zusammen. Mit Gewalt oder Cutter kann man sie zusammenbringen und dann mit Kleber fixieren. Dabei beschädigt man aber selbstverständlich die Kanten. Es liegt der Verdacht nahe, dass hier die Plastikkisten, die man als Zubehör kaufen kann, gepusht werden sollen.“

Ein weiterer Krosmaster-spielender Teilzeitheld, Michael, ergänzt hierzu:

„Die fehlerhaften Ausstanzungen der Grundbox-Tokens sind nur in der ersten Pegasus-Auflage. Pegasus tauscht die Spiele kostenfrei gegen neue Auflagen ein, bei denen die Ausstanzungen und Abmessungen zum Stecken richtig sind.“

Online-Spiel

Über die offizielle Webseite Krosmaster.de kann man Krosmaster Arena auch über den Browser kostenlos gegen Spieler in der ganzen Welt spielen. Dabei handelt es sich hier um eine bis ins letzte Detail originalgetreue Umsetzung. Der einzige Unterschied zum Offline-Spiel besteht in der je nach Spielmodus mal mehr, mal weniger restriktiven Zeitbegrenzung. Allerdings dauert durch eben diese ein komplettes Spiel meist nur um die 15, selten auch mal 30 Minuten, während man im Offline-Spiel auch gelegentlich bis zu einer ganzen Stunde Spielzeit kommt.

Neben Freundschaftsmatches kann man täglich an Turnieren teilnehmen oder ein Ranglistenspiel durchführen, um so jeweils Erfolge und die Online-Währung Kroz zu erlangen. Mit dieser kann man dann im Online-Shop neue Spielfiguren kaufen, denn mit den Startfiguren geht man selbst als erfahrener Spieler gnadenlos unter. Alternativ kann man sich neue, virtuelle Figuren auch über die Codes besorgen, welche den Offline-Spielfiguren beiliegen. So hat man die Möglichkeit, online schon Listen auszutesten welche man dann „in der realen Welt“ nutzten möchte.

Preis-/Leistungsverhältnis

Krosmaster Arena Box Pegasus SpieleDie unverbindliche Preisempfehlung für das Grundspiel beträgt knappe 50 EUR. Das ist, selbst wenn man bedenkt, dass man dafür eine gut gefüllte Box bekommt, schon ganz schön happig. Weitere Figuren gibt es entweder in speziellen Themenpaketen (z.B. Duell-Box mit 2 Superhelden für ca. 15 EUR oder die Multiman für knappe 30 EUR) oder in den Blindboxen für rund 6 EUR. Letztere funktionieren wie bei Sammelkartenspielen: Man zieht blind eine Box und hofft, dass eine gute Figur drin steckt. Pech gehabt, wenn man den gleichen Schwächlingskämpfer zum dritten Mal in Folge zieht. Neben der Figur enthalten ist noch ein kleiner Spielplan samt Minispiel sowie ein Online-Code.

Diesen Online-Code braucht man auch dringend, denn zwar ist das Online-Spiel kostenfrei, aber mit den dortigen Startfiguren ist es nahezu unmöglich, sich genügend Kroz zu erspielen um auch nur eine einzige neue Figur zu kaufen.

Sieht man sich das Brettspiel und die Erweiterungen als solche an, ist das Preis-/Leistungsverhältnis eher durchwachsen. Mitsamt der Möglichkeit, diese Figuren auch im Online-Spiel zu nutzen, würde ich dann aber zu einem durchaus angemessenen Preis-/Leistungsverhältnis tendieren.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: deutsch
  • Preis: 49,95 EUR
  • BezugsquelleAmazon.de

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Webseite des Pegasus Verlages kann man sich die Spielanleitung zu Krosmaster herunterladen.  

Auf der Webseite des Online-Spiels gibt es ein interaktives Tutorial.

Fazit

Krosmaster Arena funktioniert von der Spielmechanik her sehr gut: Das Spielprinzip ist durchdacht und taktisch, dabei aber relativ einfach und leicht zu erlernen. Die Kindchenschema-Anime-Optik der Figuren und der Spielwelt mag Geschmackssache sein, wirkt aber stimmig und atmosphärisch. Und auch wenn es niedlich aussieht und es durch die Würfel einen Zufallsfaktor gibt, entscheidet letztendlich die richtige Taktik über Sieg oder Niederlage. Die Partien gehen dabei mit ca. 30+ Minuten angenehm schnell und bieten dank zahlreicher Figuren und verschiedener Spielfelder ordentlich Abwechslung. Mag man auch über den Preis streiten, überzeugt Krosmaster Arena also bereits als Brettspiel an sich und bekommt von mir daher wirklich überzeugende 4 von 5 Punkten.

In Verbindung mit der eng verzahnten und sehr gut umgesetzten Online-Option gäbe es ja eigentlich noch einen Bonuspunkt oben drauf – aber die oben angesprochenen Abstriche in der Figurenqualität und das nicht optimale Preis-/Leistungsverhältnis verhindern die Bestnote.

Daumen4Maennlich

 

Artikelbilder: Pegasus Spiele

 

13 Kommentare

  1. […] Neben der Ausleihe, an welcher es bei einer Tombola auch Spiele zu gewinnen gab, konnten Spiele erworben werden. Am kleinen Verkaufsstand gab es allerdings nur eine Auswahl von Pegasus-Spielen, was jedoch nicht verwundern dürfte. Zu üblichen Messepreisen mit 20 – 25 % Rabatt zum Listenpreis konnte man dennoch einiges finden. Als Gratisgeschenk gab es zudem für alle Besucher mit einem Coupon aus dem Programmheft einen Figurenbooster von Krosmaster Arena. […]

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