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Wir befinden uns auf der Burg Bilstein auf dem Mittelpunkt 2014. Der Mittelpunkt ist Deutschlands jährlich stattfindende LARP-Konferenz. Auf ihm treffen sich alle Interessierten LARPer, die sich miteinander verknüpfen, über vergangene und zukünftige Projekte austauschen, einfach mit alten Freunden ein wenig feiern oder über den eigenen Tellerrand gucken wollen. Vor einem solchen Publikum steht Jens Scholz, seines Zeichens Social-Media-Berater, und präsentiert seine Erkenntnisse über die Außenkommunikation von deutschem LARP. Seine Ergebnisse sind für die meisten Anwesenden überraschend. Deutsches LARP kommuniziert nicht mit der Außenwelt. Natürlich, LARPer kommunizieren untereinander, auch im Internet. Jens bringt uns auch bei, dass man sehr wohl im Ausland über deutsches LARP redet.

Nur: deutsches LARP redet nicht mit. Deutsches LARP verkriecht sich und zieht sich zurück hinter einen Deckmantel des „freakig“-seins, des Nischendaseins, dass es scheinbar zugleich wie einen Schild vor Sich trägt und dennoch fürchtet. Und das, was man im Internet auf die Schnelle über deutsches LARP findet, ist dann auch nicht wirklich ansprechend. Die meisten Seiten sind auf einem technischen Stand von vor etwa zehn Jahren und von den Inhalten werden viele Unwissende erst einmal abgeschreckt. Den meisten Leuten muss man leider immer noch erklären, was LARP eigentlich ist. Das alles führt dazu, dass LARPer zwar gut miteinander vernetzt sind, was von außerhalb aber niemand mitkriegt. Es geht ein Raunen durch die Menge, als Jens Scholz seinen Vortrag schließt. Er hat einen unnötig vorhandenen Mangel aufgezeigt am Hobby LARP aufgezeigt. Er hat verschenktes Potential aufgezeigt. Die Anwesenden, wollen dies ändern. Für den Anfang gründen sie eine offene Facebook-Gruppe „LARP Social Media Vernetzung“, um ihr weiteres Vorgehen zu planen. Mitglied werden kann jeder, der sich für das Thema interessiert und es konstruktiv voranbringen möchte.

Ein Name, drei Ziele…

Szenenwechsel: Köln, Ende März diesen Jahres. Aus dem Haufen interessierter LARPer ist eine Arbeitsgruppe geworden, die sich gerade zum zweiten Mal trifft und über Projekte redet die man strukturiert. Eingeladen ist immer noch jeder, der sich engagieren möchte, doch sonst hat sich so einiges getan. Zuerst einmal hat man nun einen Namen: „Taskforce: LARP und Öffentlichkeitsarbeit“. Das Ziel ist gleich geblieben: LARP in der Öffentlichkeit bekannter und akzeptierter zu machen. Hierbei ist es der Initiative wichtig, dass es ein vielfältiges und positives Bild ist, welches nach Außen getragen wird. LARPer sollten und dürfen stolz auf ihr Hobby sein. Schon längst sind die Zeiten der „Satans-Rituale“-Berichterstattungen vorbei. Immer mehr gute Berichte und Dokumentationen rücken LARP in ein immer positiveres Licht. Nicht zuletzt beim deutschen „Projekt Exodus berichteten nationale und internationale Medien über das LARP auf einem stillgelegten Zerstörer.

Doch auch ein zweites Ziel hat sich herauskristallisiert. Denn tatsächlich, auch wenn viel innerhalb der Szene kommuniziert wird, wird oftmals nicht viel zusammengearbeitet, vor allem auf Orga-Seite. Dabei möchte man noch nicht einmal böse Absichten unterstellen, sondern schlicht Unwissenheit. Man muss als Orga nicht das Rad neu erfinden, sondern kann sich ruhig die Erkenntnisse anderer Orgas zu Nutze machen. Wieviel Klopapier benötige ich auf einer Con mit 200 Spielern? Es gibt dafür sogar ein Tool um das auszurechnen. Wusstet ihr nicht? Siehste! Also ist ein zweites Ziel, den verschieden Orgas mehr Möglichkeiten zu bieten, Synergien zu nutzen und professioneller zu arbeiten. Aller guten Dinge sind drei, und so haben ein paar Mitglieder der Taskforce sich außerdem die Mühe gemacht, den technischen Fortschritt im deutschen Internet-LARP voranzutreiben.

… viele mögliche Wege…

Alle Wege führen nach Rom und so ist es auch hier. Es gibt unglaublich viele Ansatzpunkte um die einzelnen Ziele umzusetzen. So muss man einerseits die Informationslage im Internet bezüglich LARP massiv verbessern, damit auch Außenstehende und Interessierte ein leicht zu findendes, positiv konnotiertes und zeitgleich möglichst umfangreiches aber einfaches Bild bekommen, was LARP eigentlich ist. Hierbei muss man natürlich auf die verschiedenen Gruppen an Personen achten, die sich für das Thema LARP interessieren könnten. Eltern, Jugendliche, Arbeitgeber, Geländebesitzer usw. sind nur einige, auf die man eingehen muss. Hierfür wird gerade ein Konzept einer Webseite entwickelt, die diese Aufgabe übernehmen kann.

Außerdem muss das Thema #Larppride weiter vorangetrieben werden, damit die LARPer selbstbewusster und offener anfangen mit der Öffentlichkeit (und sei es nur ihre unmittelbare Umgebung) zu kommunizieren. Denn so sehr die Mitglieder der Taskforce auch engagiert sind, wenn ihre Arbeit nicht von der Masse an LARPern mitgetragen wird, wird sich nichts wirklich ändern. Die LARPer müssen verstehen, dass LARP nicht nur cool für Nerds ist, sondern auch von anderen cool gefunden werden kann. Als offizielles Sprachrohr hat sich die Taskforce daher die Facebook-Page „LARP“ entwickelt, über die sie über ihre Arbeit und über das Hobby im Allgemeinen berichtet. Momentan gibt es außerdem Pläne, die Inhalte auch nicht-Facebook-usern zugänglich zu machen.

Eine weitere Webseite ist in Planung, die dazu dienen soll, Orgas die Möglichkeiten zu bieten von dem Wissen anderer Orgas zu profitieren. Eine Sammlung von Anleitungen, Tools, Formularen, Baukästen und noch vielem mehr soll jenen zur Verfügung gestellt werden, die sich für Ihre eigenen Veranstaltungen nicht alles selbst erarbeiten müssen. So wird nach und nach, und im Idealfall dank der Mitarbeit der verschiedensten Orgas, eine große Wissensdatenbank entstehen, von der alle, und damit auch das Deutsche LARP an sich, profitieren werden.

… und eine Arbeit die nie aufhört

Alle paar Monate treffen sich die Mitglieder der Taskforce in einem Versammlungsraum im Sankt Georg Gästehaus in Köln. Dort berichten Sie über den aktuellen Stand ihrer Projekte und beratschlagen, wie man weiter vorgehen wird. Für Leute, denen die Anreise zu weit ist, wird eine Google-Hangout-Sitzung eingerichtet, über die sie live an dem Termin teilnehmen können. Der letzte Termin wurde außerdem im Nachhinein als YouTube-Videos hochgeladen, so dass jeder der aus zeitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte, sich die Sitzung später zu Gemüte führen kann. Diskussionen laufen dann und kontinuierlich über die Facebook-Gruppe.

Den Mitgliedern ist bewusst, dass sie eine Mammutaufgabe vor sich haben. Doch, wenn keiner anfangen würde, würde sich nie etwas ändern. Im gesamten ist das Thema LARP so komplex, dass man eigentlich einen eigenen PR-Referenten anstellen könnte, der sich tagtäglich hauptberuflich damit beschäftigen könnte, das Thema in den Medien, in Schulen und Unternehmen, bei Geländebesitzern usw. voranzubringen. Doch uns allen ist auch klar, dass uns eigentlich eine größere Wohnung, ein tolleres Auto oder zumindest ein größeres Zelt und eine neue Gewandung zustehen würde. Allein es ist derselbe Grund, warum nichts davon möglich ist: das Geld. Zwar wird die Taskforce vom DLRV (Deutscher Live-Rollenspiel-Verband) unterstützt (wohlgemerkt ohne, dass sie selbst Teil des DLRVs ist), allerdings bleibt ein solcher Posten erst einmal illusorisch. Doch wer weiß…

Arbeit ist jedenfalls erst einmal genug da für die Taskforce. Hilfe und Interesse wird im Übrigen immer gern gesehen. Schnuppert also doch einfach mal rein, und schaut, was die Taskforce so alles tut, um LARP in Deutschland zu fördern. Oder geht selbst ein wenig raus und redet mit euren Kollegen über euer Hobby. Macht LARP bekannter und seid stolz auf euer Hobby, ihr dürft es sein.

Artikelbild: Nabil Hanano; Drachenfest 2014, Diemelstadt
Logo: Jens Scholz

 

2 Kommentare

  1. Eine lobenswerte Idee, aber leider furchtbar out-dated und überflüssig.
    Die meisten Menschen wissen zumindest im Ansatz was larp ist und das Bild des Hobbys hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Den Beigeschmack eines „seltsamen Hobbys“ wird auch eine Taskforce nicht beseitigen können, sondern nur die Zeit.
    Und auch die anderen Ansätze scheinen aus einer anderen Zeit zu stammen.
    Heutzutage sind Orgas miteinander hoch vernetzt und LARP wird wohl von keinem LARPer mehr als „Nerdhobby“ betrachtet. Nicht seit Veranstaltungen wie dem Conquest zeigen das LARPer ein massiver Querschnitt durch die Gesellschaft sind; vom Arzt über den Selbstständigen zum Fließbandarbeiter.
    Tut mir leid Leute, ihr seid 10-15 Jahre zu spät um uns zu „retten“ das haben wir schon ohne euch geschafft.

    Darius der Rote

    • Hallo Darius,

      Danke für deinen Kommentar. :)
      Wir wollen uns nicht „retten“, das ist partout nicht nötig.
      Uns ist durchaus bewusst, das LARP keine Nische mehr ist. Das haben wir nie bestritten. Aber entgegen deiner Ausage glauben mehr als genug LARPer noch, Ihr Hobby sei eben nicht anerkannt und gesellschaftsfähig. Ich kenne Leute, die stolz darauf sind, verrückt zu sein, sie seien ja LARPer. Ich kenne auch Leute, die sich nicht trauen, ihr Hobby beim Arbeitgeber anzugeben bei der Jobsuche, aus Angst, er könne sich negativ auswirken auf ihre Chancen. Das alleine sind für mich persönlich genug Gründe, sich zu engagieren, dass sich das ändert.

      Ja, die Kommunikation intern und extern ist besser als vor 10 oder 15 Jahren, aber das heißt nicht, dass es nicht noch viel zu tun gibt. Ich kenne viele Orgas und arbeite in mehreren, auch größeren Orgas mit. Du glaubst gar nicht, wie viel Unprofessionalität mir da entgegenschlägt teilweise. Und wieviel schlichtes Unwissen. Das kann man ändern… Das muss man ändern meiner Meinung nach.

      Zeitgleich gibt es ein paar sehr coole Projekte, die erst durch diese Kommunikation mit der Öffentlichkeit möglich wurden. Als bestes Beispiel möchte ich hier das „Projekt Exodus“ anführen. Ein vom deutschen Staat gefördertes Battlestar Galactica LARP auf einem stillgelegten Zerstörer das nur dank der Förderung stattfinden konnte. Solchen genialen Kram will ich mehr sehen. Die Chancen dafür steigen aber nur, wenn wir eben daran arbeiten, bessere Informationsmöglichkeiten zu liefern und LARP in seiner Breite vorzustellen. Denn LARP ist mehr als das Conquest of Mythodea. LARP kann bilden, LARP kann Charakter bilden, LARP kann einfach so viel mehr… Und ja, es braucht Zeit. Doch Zeit allein reicht nicht, wenn die Botschaft nicht ausreichend genug rüberkommt.

      Die Taskforce versteht sich nicht als „Retter“ der Larpszene oder als den einzig wahren Weg zum Licht. Es ist viel mehr nur ein Zusammenschluss von engagierten Menschen, der daran arbeiten will, mehr Möglichkeiten dafür zu schaffen, das Potential, das LARP bietet, voll auszunutzen. Und daran kann sich doch eigtl kein LARPer stören, oder?

      Was mich grade noch beschäftigt sind die angesprochenen falschen Methoden. Ich möchte dir anbieten, dass du, wie jeder andere auch, dich in der Facebook-Gruppe, die im Artikel verlinkt ist, melden und zielführend an der Initiative mitarbeiten kannst. Dort kannst du gerne auch geeignetere Methoden anführen. Wir freuen uns darauf. :)

      Gruß, Alex

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