Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten
Hinweise: Ich werde versuchen, diesen Artikel weitgehend frei von Spoilern zu halten. Alles, was nach den ersten 20 Minuten des Films passiert, wird allenfalls angedeutet werden oder entsprechend als Spoiler markiert sein. Da ich den Film im englischen Originalton gesehen habe, kann es sein, dass einige Aussagen auf die deutsche Version nicht unbedingt zutreffen.

Phase Zwei des Marvel Cinematic Universe (MCU) ist fast am Ende angelangt. Lediglich Ant-Man im Juli wird noch auf das zweite Abenteuer der Avengers folgen, aber in wie weit der Film in die größere Story einsortiert wird, ist noch völlig unklar. Und so ist es in den Köpfen vieler Fans wohl eher so, dass Avengers: Age of Ultron der wichtigste Film dieser Phase ist. Denn bei diesem Team liefen schon in Phase Eins die Handlungsstränge zusammen und die übergeordnete Story nahm zum ersten Mal so richtig Fahrt auf. Die Hoffnung, dass dies wieder der Fall sein würde, war also nicht unbegründet.

Marvel's Avengers: Age Of Ultron  L to R: Hulk (Mark Ruffalo), Captain America (Chris Evans), Thor (Chris Hemsworth), Iron Man (Robert Downey Jr.), Black Widow (Scarlett Johansson), and Hawkeye (Jeremy Renner)  Ph: Film Frame  ©Marvel 2015
Marvel’s Avengers: Age Of Ultron – L nach  R: Hulk (Mark Ruffalo), Captain America (Chris Evans), Thor (Chris Hemsworth), Iron Man (Robert Downey Jr.), Black Widow (Scarlett Johansson), und Hawkeye (Jeremy Renner); ©Marvel 2015

 

Story

Die Story beginnt eigentlich ohne wirkliche Einleitung. Die Charaktere sind alle bereits bekannt, das Team existiert. Oder eigentlich eher „existierte“, denn sie waren am Ende des ersten Teils auseinandergegangen, und die Erklärung, seit wann sie wieder zusammen arbeiten, fehlt komplett.

Auf jeden Fall ist das Team wieder in voller Stärke angetreten und arbeitet perfekt zusammen wie nie. Die Helden sind gerade dabei, in Sokovia (einem fiktiven osteuropäischen Land) die Basis von Baron Strucker anzugreifen, in der sie Lokis Zepter vermuten. Der Angriff gelingt, das Zepter kann geborgen werden. Und auch der Baron ergibt sich überraschend schnell. Zuvor jedoch erklärt er einem seiner Leute, dass er das tut, damit die Avengers den größeren Plan, den er hier verfolgte, nicht herausfinden können.

Alles scheint perfekt zu laufen und eine große Siegesfeier wird auch noch anberaumt. Stark und Banner erhalten sogar noch drei Tage lang Gelegenheit, das Zepter zu untersuchen, bevor Thor es nach Asgard bringen will. Und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Denn in dem Zepter entdeckt Stark eine fortgeschrittene KI, die er verwenden will, um Ultron zu erschaffen. Einen Roboter, der für den Frieden auf Erden sorgen und die Avengers damit überflüssig machen soll. Nach ersten Fehlversuchen gelingt dies auch, nur meint Ultron bald, dass der einzige Weg auf Frieden die Vernichtung der Menschheit sei. Er greift die laufende Party an, sorgt für einiges Chaos, entkommt dabei mit Lokis Zepter, und macht sich fortan daran, eine Armee aus Robotern zu erschaffen und einen Plan zu schmieden, wie er die Welt zerstören kann.

Marvel's Avengers: Age Of Ultron  L to R: Ultron and Ulysses Klaue (Andy Serkis)  Ph: Film Frame  ©Marvel 2015
Marvel’s Avengers: Age Of Ultron – L nach R: Ultron and Ulysses Klaue (Andy Serkis); ©Marvel 2015

 

Darsteller

Zu den bekannten Gesichtern muss man eigentlich nicht mehr viel sagen. Robert Downey Jr. ist Tony Stark, so perfekt ist die Darstellung. Chris Hemsworth glänzt vor allem durch seine Physis und nicht durch brilliantes Schauspiel. Chris Evans hat merklich an Muskeln zugelegt und kommt damit der Comicversion von Captain America deutlich näher. Mark Ruffalo schafft es, sowohl die brutale als auch die verletzliche Seite von Banner/Hulk glaubhaft darzustellen und auch die einzigen normalen Menschen des Teams werden wieder gekonnt von Jeremy Renner und Scarlett Johansson gespielt.

Interessanter ist da schon die Betrachtung der neuen Figuren: James Spader leiht Ultron seine Stimme und Mimik. Und wer Boston Legal oder The Blacklist kennt, weiß, zu was der Mann in der Lage ist. Ultron gewinnt durch ihn einen gewissen Charm und gerade die Rededuelle mit Tony Stark sind ein echtes Highlight des Films. Und dann wären da noch Elizabeth Olson als Wanda Maximoff und Aaron Taylor-Johnson als ihr Bruder Pietro. Diese beiden können zwar nicht mit der Brillianz von Spader oder Downey mithalten, schaffen es aber dennoch, in diesem doch recht illustren Ensemble nicht einfach unterzugehen. Solide Leistung durch und durch also.

Spoiler

Der erst spät in der Story auftauchende Vision, dargestellt von Paul Bettany, fällt hierbei leider etwas aus dem Rahmen. Da ist man von Bettany bessere Leistungen gewohnt, aber wirklich schlecht ist die Leistung hier auch nicht.

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Marvel's Avengers: Age Of Ultron  Steve Rogers/Captain America (Chris Evans)  Ph: Film Frame  ©Marvel 2015
Marvel’s Avengers: Age Of Ultron – Steve Rogers/Captain America (Chris Evans); ©Marvel 2015

 

Inszenierung

66531_Avengers_2_HP_03SIndustrial Light & Magic ist einmal mehr für fantastische Effekte verantwortlich. Gut, 3D ist, wie eigentlich immer, ziemlich überflüssig und dient nur zur Steigerung der Einspielergebnisse, aber leider führt wohl kein Weg mehr daran vorbei.

Die neu eingeführten Charaktere haben durchaus interessante Kräfte, die auch gut in Szene gesetzt wurden. Die Szenen von Pietro Maximoff erreichen dabei nicht ganz die Klasse der „Küchenszene“ aus X-Men: Days of Future Past (im übrigen der gleiche Charakter in einer anderen Umsetzung), dafür sind sie erheblich zahlreicher. Ein echtes Highlight ist Ultron selbst, dessen Gestik und Mimik hervorragend gelungen sind und perfekt dazu beitragen, diesen Gegner mit Leben zu erfüllen – soweit man das bei einem Roboter überhaupt so sagen kann.

Etwas ungewöhnlich ist, dass ein paar wenige Szenen koreanische Sprache enthalten, aber nicht untertitelt sind. Und auch, dass die von den Avengers eingesetzten Roboter, die einige Leute in Sicherheit bringen sollen, nur englische Verlautbarungen erklingen lassen, obwohl wohl kaum davon auszugehen ist, dass die Menschen in einem osteuropäischen Dorf alle Englisch verstehen. Aber beides ist für den Film an sich relativ unwichtig, so dass es auch nicht wirklich stört. Was vielleicht schon eher stört ist, wie viele Lacher in den Film eingebaut wurden. Ein paar witzige Szenen zum Auflockern der Spannung („Puny God“ / „Mickriger Gott“ aus Avengers 1 zum Beispiel) sind eine gute Sache, aber zeitweilig hatte man in Age of Ultron das Gefühl, dass zu sehr nach solchen Lachern gesucht wurde. Das macht zwar Spaß, aber nimmt den bedrohlichen Situationen dann doch einiges an Biss.

Marvel's Avengers: Age Of Ultron  Hulkbuster  Ph: Film Frame  ©Marvel 2015
Marvel’s Avengers: Age Of Ultron – Hulkbuster; ©Marvel 2015

 

Erzählstil

Nach mittlerweile etwa einem dutzend Filmen und zwei Fernsehserien gibt es eine ganze Menge Vorgeschichte, Nebencharaktere und ähnliches im MCU. Konsequenterweise kann man also nicht alles davon für neue Zuschauer einbauen, sondern nur die für diese Story wirklich wichtigen Elemente. Dummerweise führt das dazu, dass der ein oder andere Punkt, der Erwähnung findet, so deutlich hervorsticht, dass man als erfahrener Kinogänger in dem Moment schon weiß, dass er später von Bedeutung sein wird. Auch versucht der Film, einigen der Charaktere mehr Hintergrundgeschichte zu verpassen. Das ist zwar an sich interessant, hätte aber vielleicht nicht in diesen Ensemble-Film, sondern besser in einen eigenständigen gehört.

Spoiler

Unglücklich war ich auch über den Einsatz von Visionen und Gedankenmanipulation. Dies sind sehr billige Mittel, um Szenen zu erzeugen, die hervorragend geeignet sind, um im Trailer Dinge zu zeigen, die eigentlich total falsch sind. Wie zum Beispiel den zerbrochenen Schild von Captain America oder den Kampf zwischen Iron Man und Hulk. Dieser war zwar im Film auch real, aber die Motivation dahinter eine völlig andere, als die Trailer vermuten ließen. Und generell ist Gedankenmanipulation immer ein schlechtes Mittel, um Bedrohung aufzubauen. Gegner, die man hassen kann, sind viel besser als solche, die eigentlich gar keine sind.

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Preis-/Leistungsverhältnis

3D und Überlängenzuschlag. D-Box, also Motion Seats, gibt es für den Film auch. Viel teurer geht Kino nicht. Aber der Film schafft es über weite Strecken zu unterhalten und ohne die unsinnige und popcornverkaufsfördernde Pause wäre die Zeit auch wie im Fluge vergangen. Ich bin nicht traurig, das Geld in diese Zeit investiert zu haben.

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Fazit

Avengers: Age of Ultron ist ein kurzweiliger Actionfilm mit vielen ordentlichen Lachern. Vielleicht sogar ein wenig zu vielen. Die Darstellung der Charaktere lässt kaum Wünsche übrig und auch die Effekte können auf ganzer Linie überzeugen. Bei beiden sticht der titelgebende Ultron besonders hervor. Auch die Dialoge können auf ganzer Linie überzeugen.

Leider gilt das nicht so ganz für die eigentliche Geschichte. Im ersten Teil war die Bedrohung der Welt sehr viel realer und spürbarer. New York lag am Ende in Schutt und Asche, eine außerirdische Invasion war zurückgeschlagen worden. In Age of Ultron hingegen dürften die meisten Menschen in der Welt kaum mitbekommen haben, was da eigentlich so vor sich ging.

Spoiler

Abgesehen vom Amoklauf des Hulk, den aber kaum jemand in den richtigen Zusammenhang wird bringen können.

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Am Ende ist der Feind besiegt, alles wieder gut, aber so richtig viel getan hat sich eigentlich nicht. Zu in sich abgeschlossen ist die gesamt Handlung und verschenkt damit viel Potential des Marvel Cinematic Universe. Ab und zu werden mal wieder kommende Filme angedeutet (Wakanda wird erwähnt, die Infinity Stones spielen natürlich wieder eine Rolle), aber viel mehr als Andeutungen von Kommendem und Fan-Service ist das nicht.

Insgesamt ein kurzweiliger Zeitvertreib, aber leider nicht ganz das, was ich mir von dem Film erhofft hatte.

Spoiler

Und auch der Titel wirkt etwas komisch – Age of Ultron. Das Zeitalter des Ultron. Welches Zeitalter hält denn nur ein paar Tage oder vielleicht Wochen an?

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Übrigens gibt es dieses Mal nur eine Szene im Abspann, und diese recht frühzeitig. Man kann also getrost das Kino nach dieser verlassen und verpasst lediglich hunderte von Namen, die sowieso niemand liest.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Disney / Marvel Studios

 

5 Kommentare

  1. Ich habe ihn gestern gesehen und für wirklich gut befunden.
    Über 2 Stunden wiirklich kurzweilige Unterhaltung mit viel Action, gewürzt mit Humor und einer kleinen Anspielung auf Star Wars.
    Mir gefiel das Wiedersehen mit den Superhelden, streckenweise hatte ich das Gefühl, mit guten alten Bekannten in einem Diner am Tisch zu sitzen. Ebenso genoß ich die Weiterentwicklung der einzelnen Charaktere; eine Sache, die ich auch am Rollenspieltisch schätze.

    • Mich haben die schnellen Schnitte, verbunden mit der wechselnden Tiefenunschärfe in den ersten zehn Minuten so sehr raus gehauen, dass ich den Film erst wieder im letzten Drittel genießen konnte. Emotional erreicht hat er mich gar nicht erreicht. Daher von mir privat leider nur 3/5. Das ändert sich vielleicht, wenn ich ihn nochmal gesehen haben. Denn eigentlich WILL ich ihn mögen.

    • Stimme Roger zu. Gerade gesehen. Kurzweilig und unbedeutend. Als Fans der Comics gute Unterhaltung. Hab schon für Dümmeres 7 Euro ausgegeben.

  2. […] Der Film ist düster, sehr düster. Das passt sehr gut zu Batman und gibt Superman mal ein anderes Flair. Untermalt durch einen sehr passenden Soundtrack, entsteht eine durchaus beklemmende Stimmung, die einen manchmal zu erdrücken droht. Die Einführung von Batman und Superman kann man als gelungen bezeichnen, wenngleich bei Wonder Woman tatsächlich geschlampt wurde. Anders kann man es nicht nennen und das wird der Figur auch nicht gerecht. Die Actionsequenzen sind handwerklich gut gemacht und machen Spaß anzuschauen. Einzig der letzte große Kampf wirkt überladen und hektisch, man hat etwas Mühe zu folgen. Das ist aber verschmerzbar, da die restliche Darstellung stimmig ist. Damit wird auch die Überlänge absolut erträglich und kurzweiliger als Avengers: Age of Ultron. […]

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