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Die Motivation LARP zu betreiben, ist sicher so vielfältig wie das Hobby selbst. Der eine stellt die Kreativität in den Vordergrund, der andere liebt es, sich in wilde Schlachten zu werfen, während sich der nächste, in seiner Rolle als Gastgeber einer Hofhaltung, voll entfalten kann. So unterschiedlich diese Motivationen sein mögen, gibt es aber auch einiges, was sie eint: Sie haben sich bewusst für ein Hobby entschieden, dass sie mit ungewöhnlichen und unerwarteten Situationen konfrontiert und genauso bewusst für ein Setting, fernab der heutigen Zeit und zweifelsohne, in der Regel, vom europäischen Mittelalter inspiriert. Denjenigen, die sich an dieser Stelle bereits bei Captain Obvious bedanken möchten, rufe ich aber zu: Warum macht ihr dann nicht mehr draus?

Nicht erst seit gestern werden mit LARP pädagogische Ansätze verfolgt. In Skandinavien schon seit Jahren Usus, hat uns erst kürzlich das Projekt Exodus eindrucksvoll bewiesen, dass so ein Ansatz auch in Deutschland möglich ist. Allein das Medienecho war für die Verhältnisse unseres Hobbies überwältigend. Jetzt muss es nicht gleich eine besondere Veranstaltung sein und auch nicht der Kern unseres Hobbies, aber warum nehmen wir nicht mehr aus diesem mit? Da wird bei der Gewandung stellenweise auf historische Belegbarkeit geachtet, bei Hofhaltungen eine Etikette praktiziert, die unsere Ur-Großeltern zu Tränen gerührt hätte und ein paar historische Fechttechniken sollten bitte sein.

Wenn es jedoch darum geht, dem Dieb die Hand abzuschlagen oder den Verräter an den Galgen zu bringen, da schreit das LARPer-Herz auf. Nicht immer, aber oft, zu oft, behaupte ich. Das liegt, bei all der der mittlerweile so häufig beschworenen Immersion, vor allem daran, dass es uns selten gelingt, heutige Wertevorstellungen und das damit zusammenhängende Rechtsempfinden genauso leicht abzuschalten wie den gesunden Menschenverstand – wenn wir mal wieder zu dritt auf einen Dämon losstürmen. Besonders deutlich kommt dieses Unvermögen bei Gerichtsverhandlungen zum Vorschein, die nicht selten plötzlich wie eine Folge aus JAG – Im Auftrag der Ehre wirken. In meiner Zeit als LARPer habe ich schon mehr als einen Prozess erlebt oder war direkt beteiligt. Exemplarisch möchte ich einen als Beispiel anführen, der den Kern der Problematik gut darstellt.

Einspruch, euer Ehren!

Das Setting ist ein wohlbekannter Kontinent, auf welchem Elemente mit ihren Getreuen gegen Verfemte kämpfen. Auf einer kleinen Con dieser Kampagne, gab es einen wunderbaren und bodenständigen Kriminalplot; ein Mord war zu lösen! Das Motiv war, ganz klassisch, Liebe, der Täter mehr oder minder rasch gefunden. Es folgte die Gerichtsverhandlung vor dem Ritter, der auf der Expedition das Kommando hatte.

Ein Ankläger wurde bestellt, nämlich jener, der den Täter überführt hatte. Soweit so gut. Als der Prozess beginnen sollte, kam der Richter zur plötzlichen Erkenntnis, der Angeklagte brauche einen Verteidiger. Eine Reisende, nicht mit der örtlichen Rechtsprechung vertraut, wurde bestimmt, nachdem sie den Angeklagten übel zugerichtet hatte. Die Anklage wurde verlesen, der Angeklagte sowie Zeugen verhört, soweit alles unspektakulär. Bis bei einer Frage die Verteidigerin Einspruch einlegte. Ab dann folgte ein Einspruch dem anderen, es wurde abgewiesen und stattgegeben. Suggestivfragen wurden unterstellt, ebenso wie „Hörensagen“. Während des Prozesses hatten Anklage und Verteidigung, wie aus dem Nichts, Side-Kicks, mit denen sie sich immer wieder kurz berieten. Zum Schluss zog die Verteidigung ihr letztes Ass und ließ einen Schamanen als Gutachter auftauchen, um magische Beeinflussung auszuschließen.

Kurzum, irgendwann kam ich mir vor wie in einer modernen Gerichtssendung. Das ist witzig, ja. Man kann das durchaus auch so machen, ja. Immerhin spielen wir ja Fantasy und es steht auch Fantasy in der Artikel-Überschrift. Aber nutzen wir doch diese einmalige Gelegenheit, auch eine Gesellschaftsform hautnah zu erleben, wie wir sie heute in westlichen Staaten zum Glück nicht mehr haben. Nutzen wir die Gelegenheit, einen risikolosen Blick in ein stellenweise absurdes System zu werfen. Und nutzen wir doch die Gelegenheit zu erkennen, dass wir heute ein Rechtssystem haben, um das uns Menschen in anderen Regionen der Welt beneiden – Stichwort: Saudi-Arabien, 25 Hinrichtungen in den ersten 41 Tagen des Jahres).

In dubio pro reo

Das europäisch-mittelalterliche Rechtssystem bietet spannende Ansätze fürs LARP, die gleichermaßen historische Interessen bedienen, wie auch die Chance, mit unerwarteten und ungewöhnlichen Situationen konfrontiert zu werden und ein bisschen was für und über sich zu lernen. Ganz zu schweigen davon, dass es dem gesamten Setting zuträglich ist, weil wir eben nicht plötzlich Statisten bei Barbara Salesch sind.

Als Anregung seien hier, sicherlich unvollständige, Grundzüge skizziert. Als erstes sollten wir uns von dem beliebten Begriff „in dubio pro reo“, „im Zweifel für den Angeklagten“, verabschieden. Und ehe jetzt ein großer Aufschrei durch die Juristen unter uns eilt, ja, dieser Begriff war Bestandteil des römischen Rechts, auf dem fast alle Rechtscodizes bis in 19. Jahrhundert basierten und somit auch jene im Mittelalter. Aber er steht uns nicht nur unnötig im Weg, sondern wurde erst unter Friedrich Spee von Langenfeld, Anfang des 17. Jahrhunderts, bedeutsam, der diesen Begriff als einer der bekanntesten Kritiker der Hexenprozesse in seine Schriften aufnahm. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Spee Jesuit war und offen gegen die Kirchenpraxis sprach.

Haben wir dieses Prinzip für den Moment aus unserem Rechtsbewusstsein verdrängt, ergibt sich die Frage nach der Prozessform. Als bedeutsam im mittelalterlichen Europa sind hier der Akkusationsprozess und der Inquisitionsprozess zu nennen, die sich in Intention und Ablauf deutlich unterscheiden, jedoch im Wesentlichen auf dem römischen Recht der Antike basieren.

Der Akkusationsprozess

Der Akkusationsprozess war vom Frühmittelalter bis zum Spätmittelalter die vorherrschende Verfahrensform und wurde erst nach und nach durch das Inquisitionsverfahren abgelöst. Eine Untersuchung der Tat oder gar das Eröffnen eines Verfahrens durch Unbeteiligte, sprich die Landeshoheit und ihrer Vertreter, waren ausdrücklich nicht vorgesehen. Um ein richterliches Urteil zu erlangen, war es also nötig, dass der Geschädigte selbst Anklage erhob. Wir kennen das noch heute aus der Zivilgerichtsbarkeit, in der immer zwei natürliche oder juristische Personen (Kläger und Beklagter) eine richterliche Entscheidung um einen Sachverhalt fordern. Dies musste öffentlich geschehen, gegenüber dem Beklagten, und es durfte durch den Kläger sogar Gewalt angewendet werden, um den Beklagten zu Gericht zu bringen, sollte der sich weigern. Der Richter war in aller Regel keine feste Institution, sondern der jeweilige Landesherr oder einer seiner Beamten, oftmals der Schultheis des Dorfes oder der Bürgermeister. Dieser berief wiederum Geschworene (Schöffen) ein, die, anders als heute, auf Lebzeit ernannt wurden. Dem Richter oblag nur die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens. Das Urteil wurde durch die Schöffen gefällt.

Diese Gerichtsform glich in einigen Zügen tatsächlich auch mehr einem Theaterstück. Sorgfältig ausgewählt war der Gerichtsort, gerne unter einer Linde. Der Richter, wie man auf zeitgenössischen Werken sehen kann, hatte zwei richterliche Insignien zu tragen: das Schwert als Symbol der Macht des Gerichtes und einen Holzstock, auf dessen dramaturgische Bedeutung wir später zurückkommen. Des Verfahren selbst war durch komplizierte Formeln geprägt, deren falsches Aufsagen sofort zu einem Schuldspruch gegen die entsprechende Partei führte. Daher durften beide Parteien aus dem Kreise der Schöffen Fürsprecher wählen, die jedoch nichts mit dem heutigen Anwalt gemein haben, sondern lediglich sicherstellten, dass keine Partei durch falsches Aufsagen der Formel einen Nachteil hatte.

Durch das sogenannte Beschreien wurde der angebliche Täter nun vor Gericht angeklagt. Wenn vorhanden, wurden dem Gericht Indizienbeweise vorgelegt, wobei es sich zum Beispiel um Diebesgut oder die Mordwaffe handelte. Gab es Zeugen für die Tat, konnten auch diese sprechen.

Anschließend war der Beklagte an der Reihe. Er durfte seine Unschuld ausschließlich durch einen Reinigungseid beteuern, Alibi oder Gegenbeweise gab es keine. Der Reinigungseid war ein Schwur, vor Gott, die Tat nicht begangen zu haben. Dieser allein reichte jedoch nicht, sondern musste durch Eideshelfer und auch Leumundszeugen unterstützt werden. Diese hatten keine andere Aufgabe, als den guten Leumund des Angeklagten zu bestätigen. Inhaltlich durften und hatten sie zum Prozess nichts beizutragen. Abhängig von Anzahl und Leumund der Eideshelfer, gelang der Reinigungseid und der Angeklagten wurde freigesprochen. Etwaige Schäden des Angeklagten hatte der Kläger zu begleichen, schon früh wurde daher das System der Kaution eingeführt. Am Ende des Prozesses brach der Richter den Holzstab, um das Ende des Prozesses zu verkünden. Brach er den Stab über dem Angeklagten, war dies im Übrigen gleichzeitig ein Todesurteil.

Aus heutiger Sicht sicher ein vollkommen absurdes Verfahren, diente es nicht ernsthaft der Wahrheitsfindung, sondern war einzig und allein davon abhängig, ob der Angeklagte genug Eideshelfer fand oder nicht. Aus damaliger Sichtweise war es jedoch ein logisches System, eine genaue Erläuterung würde allerdings zu tief führen. Daher empfehle ich die Lektüre des Buches Folter, Pranger, Scheiterhaufen: Rechtsprechung im Mittelalter von Wolfgang Schild. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich damit so ziemlich jeder freisprechen konnte, der genügend gute Bekannte und Freunde hatte, und nur Personen, die an sich schon fragwürdig waren, tatsächlich verurteilt wurden.

Für das LARP ist dieses Verfahren jedoch hervorragend geeignet, der Prozess an sich ist kurz und langweilt die Unbeteiligten nicht zu schnell. Durch den Bedarf an Eideshelfern entsteht automatisch Spiel und es werden mehr Teilnehmer in den Prozess einbezogen, der sonst kaum Spiel generieren würde.

Der Inquisitionsprozess

Der Inquisitionsprozess ist sicherlich die bekanntere Prozessform. Sie unterscheidet sich in einem ganz wesentlichen Gesichtspunkt vom Akkusationsverfahren: Eine Ermittlung und ein Prozess werden von Amts wegen eingeleitet, ohne dass ein Bürger Anklage erheben muss. Somit kann es mit Fug und Recht als Schritt zum heutigen Strafrechtssystem gesehen werden, wobei das Prinzip schon im sechsten Jahrhundert von Kaiser Justinian I. eingeführt wurde.

Das Inquisitionsverfahren diente zunächst ausschließlich der Kirche für interne Ermittlungen und Verfahren gegen Mitglieder des Klerus. In diesem Zusammenhang fand es jedoch rasch auf Ketzer der Katharer-Bewegung Anwendung und damit auch auf Menschen außerhalb der Kirche als Institution. Der Schritt zur Anwendung in Hexenprozessen war hier nur ein kleiner, denn die um 1215 in der Kirche etablierte Verfahrensform war so weit entwickelt, dass sie leicht auf Hexen und Häretiker anzuwenden war. In das weltliche Recht hielt sie jedoch erst durch die Hochzeit der Hexenverfolgung mit den darauffolgenden Hexenprozessen Einzug. Dies mag besonders daran gelegen haben, dass ein Hexenprozess immer unter Einbeziehung der weltlichen Autorität stattfand, das Urteil wurde im Inquisitionsprozess festgestellt, zur Straffindung wurde der Angeklagte jedoch an weltliche Institutionen gereicht. In der Praxis führte das dazu, dass bei Inquisitionsprozessen immer ein Vertreter der weltlichen Macht anwesend war, um das Strafmaß gleich festzulegen.

Diese umständliche Teilung hatte politische aber auch religiöse Gründe. So war es einem Mitglied des Klerus doch nicht gestattet Blut zu vergießen. Ausgenommen waren hiervon natürlich Mitglieder von Ritterorden, die eigens dafür einen Dispens, eine amtliche Befreiung, hatten. Ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Übernahme des Inquisitionsverfahrens in weltliche Rechtsprechung war auch die Verbreitung des Hexenhammers von Heinrich Kramer. Dieser war nicht nur unter fragwürdigen Umständen entstanden, sondern stieß auch im Klerus größtenteils auf Ablehnung. Bei weltlichen Rechtsgelehrten fand er jedoch umso stärkeren Anklang.

Der Ablauf eines Inquisitionsprozesses konnte je nach Ortschaft leicht variieren. In aller Regel sah er aber Richter und Ankläger in einer Person vor, den Inquisitor, der meist auch die Voruntersuchung leitete. Inquisitoren waren übrigens nicht nur eigens dafür berufene, päpstliche Legaten mit Sonderrechten, sondern oftmals die lokalen Bischöfe. Diese waren allerdings selten so eifrig, wie ihre eigens dafür bestellten Kollegen. In der Praxis ergab sich auch häufig die Konstellation, dass der Magistrat einer Stadt die Richter stellte und der Inquisitor eher gleich einem Staatsanwalt auftrat. Auch hier war für den Angeklagten kein Verteidiger vorgesehen und er konnte sich lediglich durch Leumundszeugen helfen. Hingegen sahen Inquisitionsrichtlinien explizit Indizienbeweise vor sowie umfangreiche Zeugenaussagen. Dabei musste es mindestens zwei Zeugen geben, die gegen den Angeklagten aussagten. So sollte vermieden werden, dass Nachbarschaftsstreitigkeiten die Inquisitionsgerichte überlasteten.

Dass das in der Prozessrealität trotzdem der häufigste Grund für einen Prozess war, muss wohl kaum erwähnt werden. Es fanden sich immer zwei, die mit dem Angeklagten ein Hühnchen zu rupfen hatten, nicht zuletzt wegen des ausgeprägten Aberglaubens. Sollte jedoch einer der Zeugen selbst der Lüge überführt werden, so musste er mit der gleichen Strafe rechnen wie der Angeklagte bei einer Verurteilung. Interessant, weil dieses Rechtsprinzip auch, natürlich abgemildert, heute noch gilt. Eine Falschaussage ist strafbar. Üblich war zudem, vom Angeklagten einen Gotteseid zu verlangen, so wurden zum einen katherische Häretiker aufgespürt, denen Eidleisten aus religiösen Gründen untersagt war. Zum anderen konnte, wer unter Glaubenseid log oder sich auch nach einem Verfahren als Lügner herausstellte, sofort ohne weiteren Prozess als Erzhäretiker (immerhin log er vor Gott oder wurde seiner Häresie rückfällig) hingerichtet werden.

War die Schuld nun durch Zeugenaussagen und Indizien nachgewiesen, erforderte es dennoch ein Geständnis des Angeklagten. In aller Regel bediente man sich hier der Folter. Wobei das Geständnis unter Folter nicht ausreichte, sondern der Angeklagte nach der Folter noch einmal vor Gericht gestehen musste. Um weiterer Tortur zu entgehen, gestanden die meisten spätestens an dieser Stelle. Nach dem Geständnis erfolgte der Urteilsspruch sowie eine Straffestlegung durch weltliche Institutionen. Obwohl dies sicher ein Pfeiler unseres modernen Rechtsystems ist, wohnte dieser Verfahrensform viel Ungerechtigkeit inne, aber durch die Nähe zu heutigen Verfahren dürfte es im LARP am leichtesten umzusetzen sein.

Es muss nicht immer Todesstrafe sein

Hinrichtungen sind selten ein spielförderndes Element und der historische Strafkatalog sah wesentlich mehr Möglichkeiten vor, als den Scheiterhaufen. Geld spielte schon immer eine große Rolle in der Gesellschaft und so ist es nicht verwunderlich, dass gerade bei kleineren Vergehen lieber Geld- als körperliche Strafen verhängt wurden. Gerade die Inquisition hatte enorme Kosten zu tragen, also verzichteten Inquisitoren nicht selten zu Gunsten erheblicher Strafzahlungen auf Todesurteile.

Nebst Geldstrafen kamen aber noch Ehrenstrafen in Frage: Entzug von Zunft- oder Gildenmitgliedschaft, Entzug der Eidesfähigkeit oder Exkommunikation mit allen damit verbundenen Gefahren für das Seelenheil. Auch Exkommunikation auf Zeit war durchaus üblich. Beliebt waren auch der Arbeits- oder Galeerendienst, körperliche Strafen wie Stockhiebe, Stäuben, Ohrenschlitzen oder auch das Abtrennen von Körperteilen. Wobei Letzteres im LARP wohl überlegt sein will, nimmt es doch erheblichen Einfluss auf den Charakter des Angeklagten und ist unter Umständen auch nur schwer darstellbar. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig und ergeben mehr als nur eine Möglichkeit, selbst größere Verbrechen ohne Charaktertod zu überstehen.

Das Gottesurteil

Abschließend sei noch in aller Kürze eine besondere Verfahrensform erwähnt, die jedoch mit dem Siegeszug des Inquisitionsprozesses nahezu vollständig verschwand: das Gottesurteil. Der Beklagte konnte sich, um einem Verfahren zu entgehen, auch einem Gottesurteil stellen. Die häufigste Variante war dabei ein Zweikampf der beiden Prozessparteien auf Leben und Tod. Allerdings durften hier auch Stellvertreter gewählt werden. Es gibt sogar Überlieferungen, dass auch Frauen gegen Männer antraten, wobei den Männern ein Malus zugeteilt wurde. Entweder wurde eine Hand auf den Rücken gebunden oder der Mann bis zur Hüfte eingegraben. Auch in Frage kam die Feuerprobe, wo glühende Kohlen über eine bestimmte Strecke getragen werden mussten. Gab es keine Wunden oder heilten diese nach wenigen Tagen bereits wieder ab, galt dies als Unschuldsbeweis. Seltener angewendet wurde hingegen die Wasserprobe.

Zum Abschluss

LARP kann so viel mehr sein, wenn wir es zulassen, unsere Moral- und Rechtsvorstellungen für ein Wochenende zur Seite zu schieben und uns für eine Welt öffnen, die wahrlich weit weg von der unsrigen ist. Lernen wir etwas über unsere Geschichte und viel wichtiger, lernen wir etwas über uns!

Artikelbild: The Hanging, Jacques Callot, CC-Linzenz, Wikipedia

 

 

6 Kommentare

  1. Schöner Artikel. Moral- und Wertevorstellungen aus dem westlichen Kulturkreis sind in meinen Augen leider auch zu sehr im Live-Rollenspiel verhaftet. Hier mangelt es nicht nur Spielern, sondern gerade auch Spielleitungen an Konsequenz. Wird doch der vermeintliche Gruppenfrieden der Glaubwürdigkeit geopfert. Aber auch Spieler und Spielleiter glauben zu schnell, dass ein Charakter durch eine Strafe unspielbar wird.

  2. Jep, volle Zustimmung. Etwas das mich schon immer geärgert hat.
    Wenn oben steht hier rmangelt es an Spielleitungen mit Konsequenz und ja auch das ist wahr.
    Aber es ist schwer den Spieler in diese Richtung zu schieben. Auf unseren Hinter den Fronten Cons (30j Krieg) haben wir es versucht als Orga und SL und es ist wenigstens streckenweise so gelungen das wir manchmal wirklcih schlucken mussten. Das mag sich jetzt wie Eigenwerbung anhören, aber wir als Orga gehen diesen Weg in allen unseren Cons, wie erfolgreich hängt auch von der Bereitschaft der Spielerschaft ab. WIr werden sehen wie die Gerichtsverhandlung auf unserem nächsten Tham Rakkat angenommen wird, denn die wird keinesfalls „MODERN“ sein.
    Und wir sind auch der Meinung das ein Charakter durch eine Strafe nicht unbespielbar wird, sondern an Tiefe und glaubwürdigkeit gewinnen kann und das eigene Spiel damti sogar wächst, ebens wie die Immersion.
    Dabei ist es wichtig das Handlungen substanzielle Konsequenzen haben. In die eine wie die andere Richtung.
    Das geht eben auch im Fantasy Larp.

    • Meine Erfahrungen gehen dahin, dass Spieler schnell die Moral fallen lassen, wenn die Spielleitungen sich aus den Entscheidungsprozessen heraus nehmen und das auch konsequent leben. Vorher ihnen noch ein paar richtig hässliche Handlungsbeispiele geben und dann einfach laufen lassen. Wer Macht erst einmal missbraucht hat, der findet schnell Gefallen daran. ;)

    • Das verstehe ich jetzt nicht, Jenny. Zuerst klagst Du an, das wir viel zu sehr den heutigen Moralvorstellungen verhaftet sind und dann in Antwort hierauf klagst Du den Verfall der Moral an und das sich die Leute viel zu schnell der Gewalt hingeben.

      Aber genau das ist ja faktum der mittelalterlichen Rechtsprechung. Es hatte wenig bis gar nichts mit „Recht“ zu tun, aber dafür sehr viel mit Willkür, Machtausübung, Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft.

  3. Absolute Zustimmung.
    Ich habe mich oft auf sog. Gerichtsverfahren im LARP gelangweilt. Statt pepp und mittelalterlichen Rechts ein Mootcourt nach dem anderen. Die ganz schlimmen wenn gar kein Jurist dabei war.
    Das ist dann, wie Du sagtest, eine Barbara salesch Folge für Arme.
    Nicht selten dann auch der Ruf nach der schlechten Kindheit. Und überhaupt, wir sind doch alle gleich mit gleichen Rechten.

    Nein. Sind wir nicht. Hängt den Mörder und hackt dem Dieb die Hand ab. Brennt dem Schänder die Eier aus. Gottesurteil! Mehr Gottesurteile!

  4. @Weriand: Genau was Du schreibst habe ich gemeint Weriand. Ich finde es klasse, wenn Spieler anfangen mit ihren Charakteren Macht zu missbrauchen. Sie brauchen nur manchmal Beispiele und die Freiheiten zu so einem Missbrauch und wenn sie ihn erst einmal genossen haben, sind sie viel schneller dabei es immer wieder zu tun. Macht macht süchtig. :)

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