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Endzeit ist ganz groß im Kommen und findet in Bild und Wort stete Weiterverbreitung. Ganz so neu ist der Trend jedoch nicht. Bereits 2007 veröffentlichte Dmitry Glukhovsky seinen dystopischen Erstling, der das Leben nach einem Nuklearkrieg in der Moskauer U-Bahn beschreibt.

Wer nun brachiale Action und Mad Max-typische Einlagen erwartet, kann falscher nicht liegen. Glukhovsky betont die leisen Momente und nimmt sich viel Zeit für die Entwicklung des Protagonisten. Geradezu philosophisch muten die Stellen an, in welchen der junge Russe Artjom seine Erlebnisse innerlich reflektiert.

Story & Autor

Wie viel Zeit nach dem großen Krieg, der die Erde verwüstete, vergangen ist, ist nicht klar. Einige sagen Jahrzehnte, andere Jahrhunderte. Und nach und nach wird deutlich, dass der Krieg schon lange her sein muss, gemessen an der Stärke der Mutationen diverser Kreaturen der Metro.

Und vielleicht ist da auch mehr als nur der Krieg gewesen. Wieso sonst wird immer wieder über Geister, Dämonen und merkwürdige humanoide aggressive Wesen, die man nur „die Schwarzen“ nennt, getuschelt?

Artjom kennt die Gefahren aus erster Hand, wurde er doch als kleines Kind von einer Station gerettet, die von tausenden Riesenratten überschwemmt wurde. Artjom lebt auf der WDNCh, einer Station, die immer wieder von den Schwarzen attackiert wird. Bald tritt eine Schlüsselperson in sein Leben, der Soldat mit dem Callsign Hunter. Hunter geht auf eine gefährliche Mission an die nahezu unbelebbare Oberwelt und trägt Artjom auf, auf die andere Seite des U-Bahnnetzes zu reisen und Informationen zu überbringen, falls er nicht zurückkehrt.

So kommt es dann auch und hier beginnt die eigentliche Geschichte. Metro 2033 ist ein Roadmovie, der unter der Erde stattfindet. Artjom reist von Station zu Station und trifft dabei verschiedenste Ideologien, von Faschisten zu Marxisten zu Nihilisten. Er trifft auf selbsternannte Magier, auf unheimliche Begegnungen und Orte – und er trifft auf sich selbst, gedanklich gesprochen.

Artjom wächst innerlich, formt seinen Verstand und öffnet sich den Mysterien der U-Bahn. Von diesen gibt es wahrlich viele und so nimmt man als Leser schnell an, dass mehr passiert ist, als nur ein Atomkrieg. Die roten Sterne des Kreml zum Beispiel ziehen Beobachter an und locken sie. Und an anderer Stelle heißt es, dass einst Dämonenfürsten in die Sterne gesperrt wurden, um die Macht der Sowjetunion festzuzementieren. Was davon ist Wahrheit, was Fiktion? Klar wird es bis zum Ende nicht.

Erst im letzten Drittel des Hörbuchs bekommt die Handlung ein Ziel und führt nicht nur die gesamte (kleine) Welt ein. Nur so viel sei angedeutet – die Schwarzen sind mehr als das Faksimile von Zombies.

Glukhovsky versteht es hier, eine Geschichte an den Leser zu bringen, die sich angenehm über den Rest des Endzeitgenres erhebt. An Action mangelt es nicht, aber das ist nur Beiwerk für die Handlung. Viel eher steht über allem stets die Frage „Was ist menschlich?“ Gleichzeitig bleibt die Handlung aber abseits dieser philosophischen Fragestellung stets spannend und weiß den Hörer mitzureissen.

Dmitri Alexejewitsch Gluchowski ist ein russischer Science-Fiction-Autor der Gegenwart. Bekannt geworden ist er durch seinen Erstlingsroman Metro 2033, der in der Moskauer Metro spielt. Zu diesem Roman erschien auch eine gleichnamige Computerspiel-Umsetzung sowie die Fortsetzung Metro: Last Light. Gluchowski hat in Jerusalem internationale Beziehungen und Journalismus studiert. Er arbeitete als Journalist für Russia Today und die Deutsche Welle.

Quelle: Wikipedia

Sprecher

Als ich Oliver Brods Stimme zuerst hörte und nicht wusste, was Metro 2033 für mich bereithalten würde, war ich von der Sanftheit der Stimme überrascht. Ich hatte viel Wucht und Dramatik erwartet. Stattdessen habe ich eine mir zuvor unbekannte Stimme hören dürfen, die die sanften vergeistigten Töne des Romans sehr gut umzusetzen weiß.

Immer dann, wenn Artjom in sich gekehrt das Geschehene reflektiert, wird die Stimme gerade zu einlullend und verlockt den Hörer dazu, sich die Fragen des Protagonisten eben auch selbst zu stellen.

Brod erledigt die ihm gestellte Aufgabe bei dieser schweren Thematik des Romans sehr gut. Er vermag es, den Hörer einzufangen und mit Spannung an den Stoff zu binden.

Preis-/Leistungsverhältnis

Der Preis von 29,95 EUR mag im ersten Moment hoch erscheinen, passt aber gut zur Gesamtspielzeit von 22h und 22m. Zudem ist die Materie so komplex, dass Wiederhörwert gegeben ist, wenn auch vermutlich mit entsprechend verstrichener Zeit.

Zu bedenken ist, dass man das Hörbuch aufgrund des DRM-Schutzes nur auf den Audible–Apps hören kann, welche es für alle gängigen Plattformen gibt. Man kann die Dateien zwar auf Audio-CDs brennen, das ist jedoch fehleranfällig und daher nicht anzuraten. Ich habe das Buch unter Android auf einem Nexus 4 gehört.

Bonus/Downloadcontent

Es existiert kein weiterer Inhalt zum Download.

Erscheinungsbild Cover/Verpackung

Metro 2033 Audio HörbuchBeim Kauf als Download entfällt natürlich die Verpackung, das Cover wird aber als kleine eingeblendete Grafik in der App mitgeliefert. Das Cover zeigt den Schriftzug vor einem stilisierten Ausfluss der Kanalisation.

Klanglich lässt sich nichts beanstanden, die Aufnahme ist jedoch etwas leise geraten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Random House Audio Deutschland
  • Autor(en): Dmitry Glukhovsky
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Audible-Audio
  • ISBN/EAN/ASIN: B00MGVT0JI
  • Preis: 29,95 EUR oder Abo
  • Bezugsquelle: Amazon, Audible

 

Fazit

Mit Metro 2033 habe ich anderes erwartet. Ich dachte an Mutanten, Zombies, Rohstoffknappheit, Schmutz, Rost und lebensgefährliche Expeditionen. All das enthält der Roman, aber auf eine andere Art transportiert, als ich erwartet hatte. Irritierte mich zuerst die sanfte Stimme von Oliver Brod, begriff ich bald, dass seine Art, den ungekürzten Roman zu lesen, genau die richtige für den Stoff ist.

Der Hörer begleitet den Protagonisten Artjom durch die gefährliche Metro und wächst dabei mit ihm. Artjom öffnet sich den schrecklichen Wundern der postnukleraren U-Bahn. Wohl aber wurde ich zwischenzeitlich der Reisedokumentation, die stilistisch einem Road Movie nicht unähnlich ist, etwas überdrüssig und fragte mich, wann es denn endlich losgeht. Dennoch hielten mich die philosophischen Grundgedanken, nach dem, was den Menschen ausmacht und was menschlich ist, immer bei der Stange.

Es gibt einen Höhepunkt auf den die ganze Geschichte zuläuft. Eine schreckliche Erkenntnis, die am Ende steht und die den Leser deutlich überraschen dürfte. Und mit dieser Erkenntnis wird der Hörer alleine gelassen, denn die Antwort soll er selbst finden.

Als ich die zentrale Botschaft des Romans verstanden hatte, erschien er in einem ganz anderen Licht. Jetzt machten viele Fragestellungen, die sich Artjom stellte, erst Sinn. Jetzt verstand ich, wie filigran die ganze Spannungskurve aufgebaut war und wie viel Vorarbeit sich Glukhovsky gemacht haben muss. Und ich war begeistert. Das Gefühl, dass sich einstellte, war wie einen steilen Berg erklommen zu haben und endlich die atemberaubende Aussicht genießen zu dürfen.

Von mir gibt es eine uneingeschränkte Hörempfehlung für den Hörer, der sich nicht zu schade ist, nicht nur zu konsumieren, sondern auch während des Hörens Gedankenleistung zu bringen.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Random House Audio

 

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