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Bereits 1992 dachte sich der Autor Peter David den Spider-Man aus der Zukunft aus. Miguel O’Hara, so dessen Name, war ein Genetiker, der für den Megakonzern Alchemax arbeitete. Nach einer Genveränderung war er mit Krallen und scharfen Giftzähnen ausgestattet. Zudem verfügte er zudem über einen futuristischen Hightech-Anzug. Seine holografische Assistentin Lyla war immer dabei und half ihm bei seinen Herausforderungen.

Miguel darf nun wieder in der Gegenwart seine Netze spinnen und plötzlich gibt es also zwei Spinnen auf Erde-616. Natürlich ist der künftige Spidey auch schon mit dem aktuellen Spider-Man, da noch von Doctor Octopus verkörpert, zusammengerasselt.

Handlung

Alles beginnt eigentlich ganz ruhig, fast schon gewöhnlich. Miguel besichtigt eine Wohnung und trifft dabei eine junge Frau wieder, die er vor ein paar Schlägern gerettet hat. Zu diesem Zeitpunkt wirkte sie fast so, als wäre sie darüber erzürnt gewesen. Es wird aber schon früh klar, dass Tempest, so ihr Name, eine Rolle spielen wird. Weswegen sonst sollte sie direkt einen (Nach/Spitz)Namen haben, der eines Superhelden würdig wäre?

Miguel ist eigentlich nur in die Vergangenheit zurückgekehrt, weil er seinen Vater, den Chef von Alchemax, vor einer Bedrohung retten will. Die Bedrohung beginnt aber bereits bei seinem Großvater, dem aktuellen Chef des Konzerns in der Gegenwart. Wie zu erwarten war, spielen auch immer Frauen eine besondere Rolle in allen Geschichten der Spinne. Dieses Mal ist es Liz Allan und sie arbeitet natürlich auch für Alchemax. Aus dem Geflecht Miguel-Großvater-Liz ergeben sich einige interessante Verwicklungen, die einen weiteren klassischen Aspekt von Geschichten rund um den Netzschwinger betonen: Die Menschlichkeit. Miguel ist allerdings ein paar Ecken cooler als Peter, wenn auch nicht so kaltblütig wie Doc Oc.

Zeitreise-Geschichten sind immer etwas Besonderes bei Marvel gewesen, wenn auch zunehmend inflationär benutzt. Auch hier greift plötzlich eine Partei aus der Zukunft ein, die O’Hara für seine Zeitreise bestrafen will: Ein Korrektor von T.O.T.E.M. (Temporal Oversight Team Eliminating Mistakes). Der will natürlich erst einmal besiegt werden.

Actionreich und schwarzhumorig geht es weiter. Miguel vertieft seine Kontakte zu Liz und Tempest und kommt letztendlich dem Grund der Bedrohung seiner Familie auf die Spur. Alchemax hat in dieser Version der Geschichte die Spider-Slayer-Bots einst gebaut und verkauft diese nun an Trans-Sabal, einem Land unter Diktatorenherrschaft. Hulk hatte bereits erste Erfahrungen mit dem Land.

Als der Deal kurz vor Abschluss steht, taucht ein alter Bekannter der hiesigen Spinne auf: Scorpion, hier Mac Gargan. Dieser kurze Abriss ist natürlich nur ein Kratzen an der Oberfläche, ich empfehle die Lektüre von Herzen!

Beinhaltet sind die US-Originale Spider-Man 2099 (2014) 1-4, Amazing Spider-Man Annual (2014) 1 (II, III).

Charaktere

Miguel O’Hara muss in dieser neuen Serie erst einmal eingeführt werden. „Wie grenzt er sich ab vom bekannten Peter Parker und zugleich Doc Oc/Spidey?“ ist die große Frage und zugleich Herausforderung, der sich der Autor stellen musste. Miguel ist die Mitte zwischen beiden, würde ich sagen. Er hadert genau so mit Frauen wie Peter, ist aber auf der anderen Seite ähnlich direkt, dabei aber nicht so krass wie Doctor Octavius.

Für diese Szenen, in denen er Entscheidungen treffen muss, wo zugleich Kalkül, Fingerspitzengefühl und Gefühl gefragt ist, nimmt sich der Comic die nötige Zeit. Dabei gleitet er aber nicht in belangloses Geplätscher und vor allem nicht Gejammer, wie Parker in zum Beispiel Spiderman Blue ab.

Miguel hat eine böse Zunge, schärfer als Peters, das ist ein weiteres Abgrenzungsmerkmal. Eine kleine Szene, die erst später als Wunschvorstellung klar wird und sich um Liz dreht, macht dies unter anderem klar. Spider-Man 2099 ist eine Inkarnation der Spinne, mit der ich mich gut anfreunden kann.

Zeichenstil

Antonio Fabela zeigt sich neben Rico Renzi verantwortlich für die Zeichnungen wie auch die Tusche. Viele der Zeichnungen sind durch die Farbgebung oft Ton in Ton, dabei aber dennoch kontrastreich genug, um störungsfrei betrachtet zu werden. Viel eher unterstützt der scharfe und harte Strich diese Wahrnehmung und grenzt ähnliche Farben stark genug voneinander ab.

Gut gefallen die minimalen Weichzeichner-Effekte in schnellen und aktionsreichen Szenen. Diese stützen die Dynamik des Geschehens. Viel Platz für Schnick-Schnack abseits des Geschehens ist aber nicht und so finden sich kaum Details.

Preis-/Leistungsverhältnis

12,99 EUR scheint im ersten Augenblick ein etwas hoher Preis für einen 100-seitigen Sammelband zu sein, vor allem, da trotz alles innewohnenden Witzes ein Fünftel des Bandes aus Zusatzgeschichten besteht. Letztendlich ist es aber doch in Linie mit anderen Veröffentlichungen von Panini, wenn es da auch Unterschiede geben mag. So ist Star-Lord #01 auch 100 Seiten dick, kostet aber nur 9,99 EUR.

Geht es um den Spaß beim Lesen, ist der Preis angemessen.

Erscheinungsbild

Spiderman 2099 #1 Marvel Panini  CoverjpgDer Spider-Man aus der Zukunft springt den Leser frontal an, im Hintergrund zeigt sich eine kristalline Struktur. Papier und Haptik des Bandes entsprechen dem üblichen Panini-Standard.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor(en): Peter David, Will Sliney
  • Zeichner(in): Antonio Farbela et al
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 100
  • Preis: 12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auch hier geht Panini nach dem bekannten Habitus vor und liefert die originalen, wie auch Variant-Cover der US-Ausgaben. Des Weiteren bringen kleine Infokästen am Anfang und am Ende wertvolle Randinformationen.

Ist die Geschichte bereits so schon spritzig, amüsant und wendungsreich, sind die Zugaben am Ende des Comics ein echtes Fest. Zum einen ist da eine Doppelseite mit den Abenteuern der „A-May-Zing Spider-Aunt“, gezeichnet von Cale Atkinson. Sein unnachahmlicher Stil sorgt für viele Schmunzler.

Danach gibt es eine kleine Geschichte rund um Parker-Spinne, der Dr. Bong der Beyond Corporation bekämpft. Ich weiß nicht einmal, ob die Geschichte echt aus den 70ern ist oder dem Zeichenstil und der, ich will sagen … simplen … Storyführung von damals nachempfunden ist. Sie ist auf jeden Fall wunderbar hirnrissig.

Fazit

In den 90er Jahren habe ich Spider-Man 2099 verpasst. Umso mehr mag ich den neuen Miguel O’Hara mit seiner Kaltschnäuzigkeit, seinem schwarzen Humor und seiner Pragmatik bei der Problemlösung. Ich habe jedoch einen Moment gebraucht, um die Zusammenhänge zwischen dem Konzern Alchemax, Miguel, Liz Allan und seinem Großvater Tiberius Stone zu verstehen. Die Auftaktgeschichte rund um den zeitreisenden Agenten, der Miguel „korrigieren“ möchte, dient nur als Türöffner und als Einführung für die neue Spinne.

Die Geschichte danach gefiel mir gut, bietet Alchemax als Konzern doch mehr als genug Stoff, zu einem ordentlichen Kontrahenten zu werden. Der Fokus von Peter Parker der Selbstfindung, der Liebe zu Frauen, die er nicht lieben kann und darf und dem ständigen Kampf um Geld und gegen die Armut ist hier zum Glück nicht zu finden. Ich mag mich damit bei Peter-Fans unbeliebt machen, aber ich mochte immer die Spider-Man-Varianten mehr, die etwas mehr Schmiss hatten.

Interessant finde ich hier eine halb angedeutete Wendung zum Ende der Hauptgeschichte, die ein wenig damit zusammenhängt, mit wem Miguel wie und wann zusammenarbeiten wird. Der klare und manchmal etwas zu dunkle Farbgebungs- und Zeichenstil wusste auf Anhieb zu gefallen, war aber nicht unbedingt etwas für das Lesen im Bett beim lauschigen Licht einer Nachttischlampe.

In Summe: Mehr davon, bitte!

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Panini Comics

 

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