Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Das Pathfinder Abenteuerkartenspiel (kurz PAKS) möchte das Erlebnis der Kampagnen, in Pathfinder „Pfade“ genannt, auf eine andere Spielweise nachempfindbar machen. Dabei bedient es sich zwar auch Charakteren und Würfelproben, verschiebt aber den Rest der Spielwelt weg von Beschreibungen und Battlemaps, hin zu Spielkarten mit Ausrüstung, Monstern und anderen Herausforderungen.

Die Regeln sind umfangreich, aber nicht komplex. Charaktere sind zwar vorgefertigt, können sich aber entwickeln. Klingt nach großem Spaß.

Oder?

Spielablauf

Was ist zu tun?

Grundsätzlich geht es bei PAKS darum, in einem Szenario einen Bösewicht zu finden und diesen zu vernichten. So einfach ist das jedoch nicht. Aber beginnen wir von vorne.

Ein Abenteuerpfad ist die Sammlung verschiedener Abenteuer. Ein Abenteuer besteht aus mehreren Szenarien. Ein Szenario besteht aus mehreren Orten. Die Anzahl der Orte je Szenario hängt von der Anzahl der Spieler ab. Mehr Spieler müssen mehr Orte sichern.

Ein Beispiel: Der Abenteuerpfad Das Erwachen der Runenherrscher hat als erstes Abenteuer Das Brandopfer. Das erste Szenario dieses Abenteuers ist Angriff auf Sandspitze. Hier gibt es nun verschiedene Orte, darunter der Marktplatz, das Stadttor und eine Holzbrücke.

Jedem Ort ist ein Deck zugeordnet. Dieses Deck besteht aus verschiedenen Kartentypen. Kartentypen sind zum Beispiel Waffen, Rüstungen, Monster, Zauber und anderes. Auf jeder Ortskarte steht, wie viele Karten welcher Art in das Ortsdeck gehören.

Auch Charaktere haben Decks. Hier sind maximale Anzahlen je Kartentyp auf dem Charakterblatt notiert. Die genaue Komposition je Kartentyp kann man sich selbst aussuchen, man ist aber auf Karten mit dem Stichwort „Standard“ beschränkt. Oder man bedient sich der vorgeschlagenen Deckzusammenstellung aus dem Regelwerk. Das haben wir für unsere Spiele getan und sind damit gut gefahren.

Ein vergessenes Übel erwacht in den uralten Landen Varisias. Finstere Magie vibriert inmitten bröckelnder Ruinen, Riesen versammeln sich zu gewaltigen Armeen, Kultanhänger morden im Namen verdorbener Götter und wahnsinnige Goblins planen ein feuriges Ende für das friedliche Städtchen Sandspitze.

Wie kann man das erreichen?

Es gibt folgende Kartentypen:

  • Monster – Bestien, die angreifen und besiegt werden müssen

  • Schergen – die Diener des Bösewichts

  • Bösewichte – die großen bösen Jungs, deren Besiegen das Gewinnen der Spielrunde darstellt. Fast jedes Szenario hat einen Bösewicht

  • Segen – Sind genau das, wonach sie klingen. Sie verstärken Würfelwürfe, dienen aber auch als Counter, um das Spielende zu ermitteln

  • Hindernisse – Fallgruben, Angriffe aus dem Hinterhalt. Diese findet man in Ortsdecks und sie müssen überwunden werden

  • Waffe – Mehr Rumms für die Helden

  • Rüstung – schützt vor Angriffen

  • Zauber – angefangen von Heilung über das Stärken Anderer oder feister Angriffszauber findet sich hier alles

  • Gegenstand – Heiltränke, Diebeswerkzeug und anderes hilfreiches

  • Verbündete – Einbrecher, Weise, Soldaten, Hunde und vieles mehr

Jede Karte beschreibt, wie sie erlangt oder besiegt werden kann durch Nennung eines Zielwertes für eine Probe auf einen bestimmten Wert des Charakterblatts.

Charaktere wiederum haben die Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Weisheit und Charisma. Jedem dieser Werte ist ein Würfel zugeordnet, der vom W4 bis hin zum W12 gehen kann. Jedes Attribut kann Spezialisierungen haben, diese geben dann Boni auf das Ergebnis des Würfelwurfes.

Jeder Charakter hat ein eigenes Handkartenlimit, mehr Karten darf er nicht auf der Hand haben. Alle Charaktere haben auch besondere Fähigkeiten, derer sie sich bedienen dürfen. So zum Beispiel darf sich Amiri, die Barbarin, am Ende eines Kampfes an einen anderen Ort bewegen. Schön ist, dass die ikonischen Charaktere aus Pathfinder hier nun als SC agieren. Wir haben uns für Seoni, Lem, Merisiel und Seelah entschieden.

Im Regelwerk wird anschaulich demonstriert, wie die Karten am Besten liegen
Im Regelwerk wird anschaulich demonstriert, wie die Karten am Besten liegen

 

Den Sieg erlangen?

Ist ein Szenario gewonnen, steigen Charaktere auf. Dann können Sie vielleicht eine Karte aus der Box ziehen, die sie in ihr Deck integrieren dürfen oder sie werten ein Attribut oder andere Spielmechaniken vom Charakterblatt auf. Wichtig ist aber, dass die Decks nahezu immer gleich groß bleiben. Nur wenn eine Steigerung der Kartenanzahlen als Belohnung aus einem Szenario kommt, darf von einem Kartentyp eine Karte mehr genommen werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das Ende einer Spielrunde immer dadurch bestimmt wird, dass die Spieler ihre im Laufe der Spielrunde erlangten Karten sichten. Dann wird abgewägt, was im Deck bleibt und was aussortiert wird. Aussortierte Karten werden den anderen Spielern zur Verfügung gestellt, diese können sich daran bedienen und sie in ihre eigenen Decks einbauen.

Und wie wird nun eine Partie des Spiels gewonnen? Während die Spieler die Orte (also deren Decks) erkunden und neue Ausrüstung bekommen, Monster besiegen und sich weiter stärken, werden sie auch Schergen begegnen. Schergen sind die Diener des Bösewichts und natürlich kann man auch dem Oberboss begegnen. Hat man den Bösewicht an einem Ort besiegt, wird er an einen anderen Ort zu fliehen versuchen. Damit die Spielrunde also nicht im wilden Hin- und Herspringen des Bosses endet, gibt es den Mechanismus des „Ort Schließens“. Einen Ort zu schließen bedeutet, eine bestimmte Bedingung erfüllen zu können. Das kann sein, eine Würfelprobe zu schaffen oder auch etwas ganz anderes. An einen geschlossenen Ort kann der Bösewicht nicht fliehen. Ergo muss der Boss in die Ecke gedrängt und dann besiegt werden.

Das Spiel läuft unter einem harten Zeitlimit ab. Dazu werden 30 Segen abgezählt und bei Beginn jeder Runde eines Spielers wird ein Segen aufgedeckt. Auf dessen Spezialkräfte kann man nur beschränkt zugreifen und er dient vornehmlich als Zählmarke.

Schaden an Charakteren wird durch Abwurf von Handkarten bestimmt. Ist ein Charakter/Spieler zu einer Zeit nicht fähig, aus seinem Deck nachzuziehen, weil dieses leer ist, stirbt der Charakter. Das geschah uns kein einziges Mal in den vielen Spielrunden, es war aber einige Male äußerst knapp und konnte nur durch geschicktes Taktieren umgangen werden.

Apropos Taktieren: Charaktere können sich gegenseitig helfen, indem sie Karten mit in eine Auseinandersetzung spielen. Das hat jedoch gewisse Rahmenbedingungen und ist auch nicht die Lösung für alles.

Das ist natürlich nur ein sehr grober Überblick über den Spielablauf, ein Downloadlink zu den Regeln findet sich im Abschnitt Bonus/Downloadcontent.

Eine abflachende Spaßkurve

Waren die ersten Spiele noch von starker Begeisterung geprägt, senkte sich diese Freude im Laufe des weiteren Erkundens. Hier waren spielmechanische Begriffe auf Karten erwähnt, die es nicht im Regelwerk gab, dort war die deutsche Übersetzung im Vergleich zum englischen Original regelrecht sinnentfremdet. Das hat vor allem dazu geführt, dass wir die ersten drei Spiele in Teilen schlichtweg falsch gespielt haben. Erst das Studium des englischen Regelwerks hat uns geholfen. Hier hat aber Ulisses Spiele bereits Abhilfe geschaffen, wird doch zumindest die PDF-Version des Regelwerks regelmäßig aktualisiert.

Eine weitere Schmälerung der Spielfreude war der sehr wiederholbare und austauschbare Ablauf des Spiels. Im Grund genommen ist es immer das Gleiche und irgendwann kennt man auch alle Karten. Nachdem wir das aus drei Szenarien bestehende Einsteigerabenteuer Gefahren der verlorenen Küste durchgespielt hatten, nahmen wir die Karten aus dem ersten Teil des namensgebenden Abenteuerpfades hinzu. Dann erst kam wieder Spannung auf.

Viel des Spielspaßes, den wir für uns selbst generiert haben, entstammt dem sehr seichten Rollenspiel, was wir während der Spielrunden zwischen den Charakteren haben stattfinden lassen. Hier wurde ein Fund dokumentiert, dort um Hilfe gerufen und an anderer Stelle der Verbündete „Hund“ mit einen Leckerli gelockt.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für 40 EUR erhält man rund 500 Karten im Basisset, darin enthalten sind 110 Karten aus dem ersten Abenteuerset. Trotz obiger Kritik der teils stumpfen Wiederholung macht das Spiel dennoch viel Spaß, was gehörigen Wiederspielanreiz schafft. Wer einmal durch die Kampagne durch ist, kann sie noch mal mit einem anderen Charakter spielen. Da sich das Spielgefühl damit deutlich ändert, ist das anzuraten.

Ausstattung

PAKS CoverGeliefert wird das Spiel in einer stabilen Box mit Plastik-Inlay. Dieses ist in einzelne Fächer unterteilt. Das ist auch so dringend nötig, denn anders wäre es schwer, der verschiedenen Kartentypen Herr zu werden. Der Druck der Karten hat einen guten Kontrast, die Elemente sind sauber angeordnet und auch so macht die Pappe der Karten einen guten Eindruck. Trotz vieler Testspiele sind noch keine Eselsohren oder aufgelösten Klebungen zu erkennen. Die beigelegten Würfel sind blau mit weißer Schrift und somit recht schmucklos, dafür gut ablesbar.

Enthalten ist das eigentliche Basisspiel und der erste Teil der Kampagne Das Erwachen der Runenherrscher.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autor(en): Mike Selinker
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Box
  • ISBN/EAN: 3868893199
  • Preis: 44,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Ulisses-Download-Seite findet sich das Regelheft in der immer aktuellen Variante. Das ist auch dringend nötig, da sich in der vorliegenden Version einige unklare Übersetzungen eingeschlichen haben. Zusätzlich finden sich dort auch die Charakterblätter, auf welchen man notieren kann, welche Karten zum eigenen Deck gehören und welche Abenteuer man bestanden hat.

Fazit

Sicher, es ist immer wieder das Gleiche. Szenario wählen, Ortsdecks bauen, Ort erforschen, Schergen verprügeln, Bösewicht in die Ecke drängen und diesen besiegen. Viel Varianz gibt es erst durch neue Abenteuersets. Irgendwann kennt man alle Karten und wird nur noch selten überrascht. Der repetitive Aufbau kann schon ermüdend sein.

Und dennoch hat das Pathfinder Abenteuerkartenspiel das gewisse Etwas. Es macht schlicht Spaß, kooperativ mit Freunden und „Rollenspiel ultralight“ die Herausforderungen zu bestehen. Hier braucht der Schurke die magische Wurfaxt, aber der Paladin kann sie nur aufnehmen. Schafft er den Wurf, die so dringend benötigte Waffe zu erlangen?

Gemeinsam durchlebt man Freud und Leid und jede Runde wird dankbar sein um einen Heiler, der Karten vom Ablagestapel wieder in das Deck mischen lassen kann. Denn das Zeitlimit kann stellenweise wirklich knapp werden. In Ruhe durch die Orte stöbern und alles mitnehmen, was geht, wird meist nicht passen.

Mir gefällt das Spiel gut, auch wenn ich offenkundige Schwächen im Ablauf sehe. Dass es Übersetzungsprobleme gibt, ist mehr als ärgerlich, aber es ist für Juli 2015 eine neue erratierte Ausgabe geplant. Wie wir erfahren konnten, sind die Anpassungen umfangreich.

Daumen3maennlich

Mit Tendenz nach oben

Die zweite Meinung

Von Holger Christiansen

Ich bin zu der Runde erst zu Beginn des eigentlichen Abenteuerpfades hinzugestoßen und habe mir das Spiel von den anderen erklären lassen. Dabei fielen mir direkt einige Dinge auf, die sonderbar klangen, und so nutzte ich den Spielabend, wie auch den Tag danach, dazu, mir die Regeln erst im Regelheft und dann im Internet genauer anzusehen. Und siehe da, die meisten Punkte, die ich komisch fand, waren nur falsch verstanden worden. Das ist zwar ärgerlich, aber angesichts des Regelwerks leider auch nur zu verständlich.

Schon das englische Regelwerk ist nicht gerade gut sortiert oder verständlich geschrieben. Aber bei der Übersetzung kamen dann noch ein paar Fehler hinzu. Meiner Meinung nach absolut inakzeptabel! Manch eine Übersetzung verdreht den Sinn von Sätzen komplett. Und auch die Tatsache, dass spielmechanische Worte auf unterschiedlichen Karten unterschiedlich übersetzt sind, ist einfach peinlich. So, wie die Kartentexte sind, sind manche Karten absolut wertlos, da die Prüfungen, auf die sie Boni geben, nicht existieren.

Insgesamt vermute ich, dass es vielen Runden so geht, wie der von Roger: Am Anfang wird man eine Menge falsch machen und erst irgendwann per Zufall herausfinden, wie es gedacht war.

Wenn man die Regeln allerdings einmal verstanden hat, ist das PAKS ein durchaus interessantes, taktisch-kooperatives Kartenspiel. Für ein kooperatives Spiel erschien mir die Schwierigkeit jedoch ziemlich niedrig, was aber vermutlich im weiteren Verlauf des Abenteuerpfades anders werden wird. Zusammen mit der von Roger bereits bemängelten starken Wiederholung zwischen den einzelnen Szenarien wird das Spiel dadurch schnell recht langweilig, wenn man nicht selbst noch spaßige Elemente wie das „Rollenspiel“ hineinbringt. Aber wenn das die Quelle des Spaßes ist, warum dann nicht direkt das Rollenspiel selbst spielen?

DaDaumen3maennlichzu kommt, dass mir das System insgesamt zu viele Zufallselemente hat: Die Decks der Orte sind nahezu komplett zufällig (nur die Arten der Karten stehen fest, nicht aber, welche es sind). Und was man selbst auf der Hand hat, kann man auch nur sehr bedingt beeinflussen. Damit aber nicht genug, nein, es muss auch noch für jede relevante Aktion gewürfelt werden.

Und Dinge, die die Würfe beeinflussen, müssen vor dem Wurf gespielt werden, sodass man allenfalls seine Chancen verbessern kann. Die eigene Strategie und Taktik hat zwar ganz klar auch Auswirkungen auf die Erfolgschancen, aber der Zufall ist ein stetiger und sehr, sehr wichtiger und mächtiger Mitspieler. Zu wichtig für meinen Geschmack.

Artikelbilder: Ulisses Spiele

 

5 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein