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Ant-Man ist der mittlerweile zwölfte Film, der zum Marvel Cinematic Universe (kurz: MCU) gehört. Neben Guardians of the Galaxy ist es der einzige Film in Phase 2, der keine Fortsetzung bereits bekannter Franchises ist. Und wie schon bei den Guardians war auch bei diesem Film die Skepsis hoch. Zuerst war da die, für Fans überraschende, Wahl des zweiten Ant-Man aus den Comics an Stelle des Originals Hank Pym. Aber Pym war in den Comics eines der Gründungsmitglieder der Avengers und Erfinder von Ultron, passte also nicht wirklich in die Geschichte des MCU.

Dann gab es auch noch „kreative Differenzen“ mit dem Drehbuchautor und eigentlich als Regisseur vorgesehenen Edgar Wright. Statt diesem übernahm dann der in Geek-Kreisen wesentlich unbekanntere Peyton Reed die Regie. Nicht die besten Vorzeichen für den Film.

Marvel's Ant-Man Darren Cross (Corey Stoll)  Photo Credit: Zade Rosenthal © Marvel 2014
Darren Cross (Corey Stoll)

 

Story

Scott Lang (Paul Rudd) ist ein verurteilter Einbrecher und wird zu Beginn des Films gerade aus dem Gefängnis entlassen. Mehr schlecht als recht versucht er, über die Runden zu kommen. Gemeinsam mit drei anderen zwielichtigen aber freundlichen Gesellen wohnt er in einem heruntergekommenen Hotel und versucht, einen Job zu finden. Die sind aber für Ex-Knackis nicht gerade leicht zu finden und somit gerät er bald in Geldsorgen. Und noch dazu hat er aktuell nicht einmal Besuchsrecht bei seiner geliebten Tochter Cassie, deren Mutter mit einem Polizisten liiert ist, was die Situation nicht gerade vereinfacht.

Außerdem gibt es da noch den genialen Erfinder Hank Pym (Michael Douglas), der Ende der 80er Jahre seinen Hut bei SHIELD nahm, damit der Organisation nicht sein Schrumpfserum in die Hände fiel. Damals, im kalten Krieg, war er als Ant-Man im Einsatz gegen die Soviets. Seine ehemalige Firma wird heute von seinem ehemaligen Protegé Darren Cross (Corey Stoll) geleitet. Dieser präsentiert gerade seinen Werbespot für den „Yellowjacket“. Ein Kampfanzug – er nennt es Vehikel, wohl um sich von Iron Man abzugrenzen – der seinen Träger enorm schrumpfen lassen kann und damit zur perfekten Waffe wird. In dem Werbespot wird aber auch schnell klar, dass es hier nicht um konventionellen Krieg geht, sondern um Sabotage und (politische) Morde. Genau das ist es aber, was Hank Pym damals mit seinem Rückzug aus SHIELD verhindern wollte, und daher entschließt er sich, etwas dagegen zu unternehmen.

Marvel's Ant-Man L to R: Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd) and Hank Pym/Ant-Man (Michael Douglas) Photo Credit: Zade Rosenthal © Marvel 2014
Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd) und Hank Pym/Ant-Man (Michael Douglas)

Über einen überaus komplizierten und verschachtelten Plan sichert er sich schließlich die Hilfe von Scott Lang zu, der sein Nachfolger als Ant-Man werden soll. Und gemeinsam mit Pyms Tochter Hope van Dyne (gespielt von Evangeline Lilly – den Nachnamen hat sie von ihrer verstorbenen Mutter Janet van Dyne, die in den Comics als Wasp ebenfalls Grümdungsmitglied der Avengers war) sowie einer Horde an Insekten schicken sie sich an, den Plan von Cross zu durchkreuzen.

Da es sich hier um eine Superheldengeschichte handelt, muss man das ein oder andere Mal damit vorlieb nehmen, dass die Naturgesetze nicht wirklich gelten. Und auch so einige Logiklücken sind in Filmen dieses Genres eher die Norm als die Ausnahme. Etwas problematisch wird es aber leider dadurch, dass die Kräfte von Ant-Man nicht immer gleich zu funktionieren scheinen. An sich heißt es, dass er in seiner kleinen Form über (mindestens) die gleiche Kraft verfügt wie in seiner normalen Gestalt. Soweit, so gut. Das ein oder andere Mal schlägt oder tritt er auch mit entsprechenden Auswirkungen um sich. Aber warum kann er, wenn seine Tritte diese Kraft haben, dann über Waffen etc. laufen, ohne dass den Leuten diese aus den Händen fliegen? In meinen Augen folgen die anderen Superhelden immerhin einer in sich konsistenten Logik, was ihre Kräfte angeht.

Die Story an sich ist relativ geradlinig und hat kaum überraschende Wendungen. Auch die ein oder andere Tatsache, die durchaus als Überraschung gedacht war, ist für Filmfreunde zu offensichtlich und hat eher ein „ich wusste es“ als eine Überraschung zur Folge. Schade.

Fokus dieses Films ist aber auch viel weniger die eigentliche Geschichte, sondern vielmehr die Charaktere und die Verbindungen zwischen Ihnen (Tochter, ehemaliger Protegé, nochmals Tochter).

Marvel's Ant-Man Ant-Man/Scott Lang (Paul Rudd)  Photo Credit: Film Frame © Marvel 2015
Ant-Man/Scott Lang (Paul Rudd)

 

Darsteller

Paul Rudd verleiht seiner Rolle ein gehöriges Maß an Charisma. Scott Lang ist zwar auch ein technisch begabter Kerl, der mittels eines Anzugs zum Superhelden wird und stets einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten mit Tony Stark. Letzteren hätte man vielleicht gerne als Bekannten, aber Lang wäre ein guter bester Freund. Und dieser Umstand liegt nicht zuletzt an der guten Darstellung durch Paul Rudd.

Michael Douglas macht ebenfalls eine gute Rolle als Hank Pym, auch wenn einige der gesprochenen Passagen irgendwie seltsam intoniert und flach wirken. Da hätte die Synchronregie besser aufpassen sollen. Die weiteren großen Rollen sind alle gut besetzt und verkörpern die jeweiligen Charaktere glaubhaft. Ein Highlight ist dabei der von Michael Peña gespielte Luis. Der ehemalige Zellengenosse von Scott Lang ist immer für einen guten Spruch zu haben und besticht durch überaus interessante Erzählungen der Umstände, wie er an bestimmte Informationen gekommen ist.

Aber auch wenn die Darstellung der einzelnen Charaktere durchaus gut ist, so fehlt es doch ein wenig an Chemie zwischen ihnen.

Spoiler

So kommt der Kuss am Ende des Films nicht nur für Hank Pym etwas überraschend, sondern auch für die Zuschauer.

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Marvel's Ant-Man L to R: Darren Cross (Corey Stoll) and Hope Van Dyne (Evangeline Lilly) Photo Credit: Zade Rosenthal © Marvel 2014
Marvel’s Ant-Man –  Darren Cross (Corey Stoll) und Hope Van Dyne (Evangeline Lilly)

 

Inszenierung

Action gibt es erstaunlich wenig in diesem Streifen. Lediglich im finalen Akt kommt es endlich zur lange erhofften Konfrontation. Diese besticht dann aber auch durch einige sehr interessante Einfälle und einen wirklich guten Kampf zwischen Yellowjacket und Ant-Man. Leider wird eine der besten Szenen dieses Kampfes schon durch den Trailer vorweggenommen, so dass sie weniger Effekt hat, als sie haben könnte.

Wie bei nahezu allen MCU-Filmen ist auch hier 3D natürlich obligatorisch. Aber noch viel mehr als bei den anderen Filmen ist es hier ziemlich überflüssig. Zu wenige Actionszenen gibt es, um den 3D-Effekt überhaupt sinnvoll zu nutzen. Aber es erhöht eben den Preis der Kinokarten und damit das Einspielergebnis, so dass kein Weg daran vorbei führt.

Erzählstil

Bis auf wenige Szenen ist der Film komplett aus der Sicht von Scott Lang erzählt und spielt, bis auf zwei kurze Passagen, komplett in der Gegenwart.

Preis-/Leistungsverhältnis

Dank 3D liegt der Preis für eine Kinokarte irgendwo zwischen 10 und 15 EUR. Dafür erhält man knapp zwei Stunden Unterhaltung. Die Unterhaltung ist zwar nicht immer perfekt, aber insgesamt auch keine Geldverschwendung.

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Fazit

69389_AntMan_HP_FSC_A4_rz-2_72Kleinerer Held, kleinere Geschichte. Der Fokus liegt ganz klar nicht auf einer gigantischen Bedrohung, sondern auf den Charakteren. Und diese sind durchweg recht sympathisch und gut dargestellt.

Dummerweise dauert es ziemlich lange, bis der Film in Fahrt kommt, und nach etwa einer Stunde war ich im Kino tatsächlich versucht, mein Handy herauszuholen und zu schauen, ob ich neue Nachrichten hatte. Das ist mir schon sehr lange nicht mehr passiert.

Erst gegen Ende kommt dann tatsächlich ein wenig gute Action und auch die Dichte der guten One-Liner und Sprüche wird höher. Wäre der gesamte Film auf dem Niveau gewesen, hätte ich ihn richtig gut gefunden.

Was die Einordnung ins restliche MCU betrifft, so besteht es bis auf eine Szene eigentlich hauptsächlich aus Anspielungen. Howard Stark, Hydra, die Avengers, Spiderman. All diese werden in der ein oder anderen Art und Weise genannt oder tauchen kurz auf. Einzig wichtig dabei wird aber vermutlich eine Szene sein, die zu den wenigen wirklichen Highlights des Films gehört und am Ende des Films (und nach den Credits) noch einmal aufgegriffen wird.

Insgesamt ein Film, der nicht so recht weiß, wo er hingehört. Action und Comedy kommen vor, aber zu wenig, um Mittelpunkt des Films zu sein. Elemente eines Heist-Movie hat er auch, aber auch davon nicht genug, um einer zu sein.

Daumen3maennlich

Die zweite Meinung

von Michael Engelhardt

Kleiner Held, großes Kino. Auch wenn kein Weltuntergang bevorsteht, steht Ant-Man den anderen Filmen in Nichts nach. Vielleicht ist es auch gerade erfrischend, dass die Welt nicht droht unterzugehen oder eine Bedrohung gigantischen Ausmaßes zu bekämpfen ist. Nein, hier wird ein Mann von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt und muss gegen sie ankämpfen. Die Parallelen zu Iron Man sind nicht zu leugnen und auch gewollt. Sowohl der brillante Wissenschaftler Hank Pym als moralisch integeres Gegenmodell zu den beiden Starks, als auch Scott Lang mit einer ähnlich jovialen, aber viel sympathischeren Art als Tony Stark, machen Ant-Man zu einer interessanten Alternative.

Natürlich kommt auch Ant-Man nicht ohne kleine Liebelei aus, die aber im Vergleich zu den anderen Filmen des MCU weniger schmalzig und aufdringlich und daher viel plausibler daherkommt.

Dank des späten Erscheinens innerhalb der Reihe, kann Ant-Man auf eine ganze Reihe Verweise zum restlichen MCU aufweisen. Diese werden teils an kleine Andeutung und teils in umfangreichen Szenen im Film eingebaut und verordnen Ant-Man daher sehr schön im MCU. Es ist fast schon ein Fanal an Verweisen und Auftritten bekannter Gesichter aus Filmen und Serien.

Daumen4MaennlichDer Film lässt sich etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen, erlaubt sich daher aber dem Zuschauer sich mit den, für viele unbekannten, Charakteren vertraut zu machen. Für einen Marvel-Film kommt er daher recht entschleunigt daher, gibt seinen Charakteren mehr Raum Beziehungen untereinander aufzubauen.

Ant-Man ist ein klassischer Film des MCU, mit Charme, Witz, reichlich Action und wohl einem der ungewöhnlichsten Helden, den Marvel aufzubieten hat. Gerade der Perspektivwechsel, das Eintauchen in eine uns fremde Welt, macht reichlich der Faszination des Filmes aus und ist filmisch sehr schön umgesetzt. Ant-Man erinnert dabei ein wenig an „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“, nur eben mit den heutigen technischen Möglichkeiten.

Der kleine Mann bot reichlich Potenzial, schief zu gehen. Dem Team um Peyton Reed ist aber gelungen, das MCU um einen sehenswerten Teil zu bereichern und man darf sich auf mehr freuen!

Artikelbilder: Zade Rosenthal, © Marvel 2014

 

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