Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Vor Kurzem hat Redakteur Patrick bereits einen Blick auf das neue DSA5-Grundregelwerk geworfen, nun präsentiere ich zusätzlich meine Sicht der Dinge.

Als DSA-Spieler mit mehr als zwanzig Jahren Erfahrung komme ich nicht umhin, auch einen Blick in das neue Grundregelwerk zu werfen und meinen Selemer Senf dazuzugeben. In der Kürze liegt aber bekanntlich die Würze und so möchte ich nur ein paar kurze Kommentare zum vorliegenden Werk einbringen.

Inhalt

Die ersten Kapitel, die sich mit dem Rollenspiel im Allgemeinen, den Grundregeln und der Heldenerschaffung befassen, können sich ebenso sehen lassen, wie der Rest des Werkes. Die neuen Schicksalspunkte, die das Spiel nachhaltig verändern und beeinflussen können, sind nach der Beta nun gut ausgewogen und bereichern das Spiel, wenngleich sie keine Neuerfindung des Rades sind. In anderen Rollenspielen gibt es ähnliche Mechanismen, wenn ich beispielsweise an Edge in Shadowrun oder Splitterpunkte in Splittermond denke.

Besonders der Satz „Spezialregeln schlagen immer allgemeine Regeln“ fällt beim Lesen ins Auge und dürfte künftigen Meistern das Spielleiten erleichtern. Regeldiskussionen wird aber generell ein Riegel vorgeschoben, indem Neueinsteigern eine Art „Spielvertrag“ ans Herz gelegt wird, in dem die Spieler den Umgang miteinander regeln sollen. Wer so etwas wirklich braucht, sollte meiner Meinung nach die Zusammensetzung seiner Gruppe noch einmal überdenken, aber es mag dem einen oder anderen nützlich sein – wer weiß.

So sieht also der typische DSA-Tisch aus
So sieht also der typische DSA-Tisch aus

Das neue Talentsystem mit Qualitätsstufen wirkt auf den ersten Blick komplizierter als vorherige Versionen, ist wahrscheinlich aber nur für den Spielleiter arbeitsintensiver. Auch die Anzahl der verschiedenen Zustände scheint etwas hoch oder einfach nur gewöhnungsbedürftig, aber das ist bei allen neuen Dingen so.

Die Heldenerschaffung kann mit einem einfachen 15-Schritte-System punkten und bietet viele Beispiele und eine gut ausgewogene Anzahl von Archetypen. Lediglich die Summe an Dukaten, mit der ein Held neuerdings ins Abenteuer startet, erstaunt ein wenig – aber warum soll nicht auch in Aventurien die Inflation zuschlagen?

Die Kapitel vier bis sechs befassen sich mit der Vorstellung verschiedener Spezies, Kulturen und Professionen. Auch hier sind ein gut strukturierter Aufbau der Kapitel und schöne Texte zu finden. Eine große Auswahl an Kulturen und Professionen tröstet über das Fehlen von Exoten wie Orks oder Achaz hinweg.

Die Vor- und Nachteile wirken gut ausgewählt und es fällt auf, dass viele mittlerweile ein Stufensystem haben. Eine sinnvolle Idee, die auch für die Sprachen und Schriften (in Form von Sonderfertigkeiten) umgesetzt wurde.

Das Talentsystem hat sich in der Durchführung grundlegend nicht verändert, wurde aber beispielsweise durch Talentgruppenproben und Routineproben ergänzt. Die oben bereits erwähnten Qualitätsstufen bringen ebenfalls einen neuen Aspekt ins Spiel. Zudem wurden die Sonderfertigkeiten überarbeitet und warten mit Neuerungen wie zum Beispiel dem Anführer auf.

Auch im Kampfsystem hat sich einiges getan. Nicht nur, dass die Kämpfe wieder schnell und spannend geführt werden können, ein gut ausgeklügeltes Patzersystem und ausgewogene Kampfregeln und Kampfsonderfertigkeiten sind der Schlüssel für actionreiche Kampfszenen.

Aufs ins Abenteuer!
Aufs ins Abenteuer!

Magie und karmales Wirken finden ebenfalls ihren Platz im neuen Regelwerk und wurden, wie schon angekündigt, aneinander angeglichen. In Zukunft werden Geweihte also nicht nur einen ähnlich großen Vorrat an Karmaenergie, wie Magier, an astraler Kraft haben, sondern diese auch ebenso schnell regenerieren. Eine In-Game-Erklärung hierzu ist allerdings noch nicht gegeben. Eine Auswahl an Zaubersprüchen, Ritualen und Liturgien rundet die Kapitel der übernatürlichen Kräfte ab.

Das zwölfte Kapitel gibt einen guten Einblick in verschiedene Detailregeln, vom sozialen Status, über Heilung und Regeneration bis hin zu Schadensquellen und dem Umgang mit Erfahrungspunkten. Das nachfolgende Bestiarium ist etwas enttäuschend, wird aber vermutlich mit einer anderen Publikation ergänzt. Generell fällt beim Lesen des Regelwerkes auf, dass Ulisses häufig auf andere Publikationen verweist, beispielsweise den neuen Almanach oder die Schicksalspunkte-Schips. Ja, die Schreibweise ist richtig: Schips. Vermutlich wird hier zwischen Chips und Schips unterschieden, damit der Durchschnittsrollenspieler nicht aus Versehen auf den falschen (S)Chips herumkaut.

Die Ausrüstungspakete und Einkaufslisten im anschließenden Kapitel 14 geben eine Erklärung für die hohen Startgeldsummen. Der Gedanke der Inflation scheint nicht weit hergeholt, kostete ein Bier für damalige Generationen noch acht, so löhnt man für den Krug heute schon 16 Kreuzer in einer herkömmlichen Taverne. Man könnte meinen, in Aventurien wurde der Euro eingeführt.

Wichtige Checklisten, Tabellen und ein übersichtlicher Heldenbogen runden das Regelwerk ab.

Preis-/Leistungsverhältnis

Über den Preis lässt sich zum Glück nicht streiten, da Ulisses vorgesorgt hat und mit verschiedenen Versionen aufwartet. Wer etwas mehr zahlt, der bekommt ein farbiges Druckexemplar, wer lieber die Geldkatze schonen möchte, kann sich ein Softcoverexemplar in Schwarz-Weiß kaufen.

Erscheinungsbild

Bedrohliche Orte überall auf der Welt
Bedrohliche Orte überall auf der Welt

Wenngleich sich die Texte größtenteils flüssig lesen lassen und phantasievoll geschrieben sind, fällt doch auf, dass es keine einheitliche Regelung für die Bezeichnung des Spielleiters gibt – mal heißt es SL, dann wieder Spielleiter oder Meister. Der Gesamteindruck des Werkes ist jedoch gut. Die Schrift lässt sich durchweg gut lesen und auch die Illustrationen überzeugen, wenngleich viele aus früheren Publikationen stammen. DSA scheint dafür aber den Sprung in die Welt der Vollfarbe gemeistert zu haben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele GmbH
  • Autor(en): Axel Spohr, Jens Ullrich
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: DIN A4
  • Seitenanzahl: 416
  • ISBN: 978–3-95752–103-3
  • Preis: 49,95 EUR (Hardcover); 19,95 EUR (Softcover), 9,99 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Amazon, Sphärenmeister, Ulisses Ebooks

 

Bonus/Downloadcontent

Bonus oder Downloadcontent ist nicht vorhanden.

Fazit

Das DSA5-Regelwerk überzeugt nicht nur mit einem farbenprächtigen Layout in Farbe, sondern ist auch perfekt auf die Bedürfnisse von Neueinsteigern abgestimmt. Der Kapitelaufbau ist verständlich gehalten und mit Zitaten und phantasievollen Beispieltexten geschmückt. Wichtige und interessante Textstellen sind graphisch hervorgehoben und passen sich dem gelungenen Gesamtbild an. Für einen hohen Unterhaltungs- und Wiedererkennungswert sorgen die ausgewählten NSC, welche die Beispiele mit Leben füllen.

Alten Hasen … äh … Helden oder besser Spielern früherer Versionen fällt es sicherlich nicht schwer, sich die neuen Regeln anzueignen. Einzig die Umstellung der Vorzeichen bei Probenerschwernissen und –erleichterungen mag etwas verwirren.

Das Regelsystem hat einige Veränderungen erfahren wie etwa die Zustände oder das Wegfallen der Ausdauer, dies ist jedoch eher ein Vorteil im Vergleich zur Vorgängerversion. Das Regelsystem wirkt nun überschaubarer, ausgeglichener und lässt sich mit Hilfe der übersichtlich gestalteten, optionalen Regeln auf einfachste Art und Weise an die eigenen Vorstellungen anpassen. Ein solides Einsteigerregelwerk mit leichten Verbesserungsmöglichkeiten.

Daumen4Maennlich

Arti­kel­bil­der: Ulis­ses Spiele

DAS SCHWARZE AUGE, AVEN­TU­RIEN, DERE, MYRA­NOR, THA­RUN, UTHU­RIA und RIES­LAND sind ein­ge­tra­gene Mar­ken der Signi­fi­cant Fan­tasy Medi­en­rechte GbR. Ohne vor­he­rige schrift­li­che Geneh­mi­gung der Ulis­ses Medien und Spiel Dis­tri­bu­tion GmbH ist eine Ver­wen­dung der genann­ten Mar­ken­zei­chen nicht gestattet.

 

3 Kommentare

  1. in vielen Punkten kann ich zustimmen, in einigen nicht. Bei einer Passage wollte ich aber mal nachhaken:

    „Regel­dis­kus­sio­nen wird aber gene­rell ein Rie­gel vor­ge­scho­ben, indem Neu­ein­stei­gern eine Art „Spiel­ver­trag“ ans Herz gelegt wird, in dem die Spie­ler den Umgang mit­ein­an­der regeln sol­len. Wer so etwas wirk­lich braucht, sollte mei­ner Mei­nung nach die Zusam­men­set­zung sei­ner Gruppe noch ein­mal über­den­ken, aber es mag dem einen oder ande­ren nütz­lich sein – wer weiß.“

    In unseren Runden ist es Gang und Gebe, dass mich sich vorher einmal zusammensetzt und über Sachen spricht wie „Was erwarte ich? Was würde ich gerne spielen? Was geht gar nicht? (z.B. kein Ausspielen von Sexszenen etc.)“. Ich finde das schon wichtig, dass man da vorher den gemeinsamen Nenner findet. Wir reden hier ja nicht von allgemeingültiger Etikette (Bitte, Danke, andere Ausreden lassen etc.), von der man ausgehen kann, dass sie jeder kennt. Die Dinge im Gruppenvertrag sind ja individuelle Dinge, die festgesetzt werden. Warum also so eine negative Meinung von Dir?

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein