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Jenseits des Randes ist der erste eigenständige Abenteuerband zu Star Wars: Am Rande des Imperiums in deutscher Sprache. Auf der Rückseite des Hardcover-Bands wird erwähnt, dass dieses Abenteuer ideal gerade für frisch erschaffene Charaktere sei. Wo Spieler und Spielleiter in den kleineren mitgelieferten Abenteuern der Einsteigerbox und des Spielleitersets noch deutlich an die Hand genommen wurden, findet sich hier nun ein knapp 100 Seiten langes Abenteuer für längere Spielsitzungen.

Inhalt

Am Ende der Klonkriege, des „falschen Krieges“, wie Imperator Palpatine ihn in seinen eigenen Notizen nennt, wurde der offizielle Feind der Galaktischen Republik, die Konföderation Unabhängiger Systeme, die umgangssprachlich als Separatisten bezeichnet wurden, vollkommen zerschlagen. An diesen Tagen, kurz nach der Umwandlung der Galaktischen Republik in das erste Galaktische Imperium, entstand der Mythos um ein Separatistenschiff. Dieses Schiff, so erzählte man sich in Schmugglerkreisen, wurde von seinem Captain bis zum Bersten mit Schätzen gefüllt ehe es floh. Das Imperium jedoch schaffte es mehrfach, dieses Schiff mit dem Namen Sa Nalaor während seiner Sprünge durch die Hyperraumrouten zu stellen und schwer zu beschädigen. Geschnappt und aufgerieben wurde es jedoch nie. Stattdessen verschwand die Sa Nalaor am Ende und ward nie wieder gesehen.

Diese Geschichte führte viele Schmuggler und andere Glücksritter auf verwegene Erkundungsabenteuer. Sie alle hofften, die Sa Nalaor zu finden und ihre Schätze bergen zu können. Viele dieser Schmuggler kehrten mit leeren Händen zurück. Andere wurden ihrerseits, wie die Sa Nalaor selbst, nie wieder gesehen. So wurde das Schiff zu einem Mythos. Ein Mythos, der vor kurzem neu entflammt wurde: Ein Luxusliner rammt bei seinem Anflug auf eine Raumstation, die „Das Rad“ genannt wird, eine etwa 20 Standardjahre alte Kommunikationskapsel. Eine Kapsel, deren Ursprung jenes mythische Schiff war und die ohne Treibstoff Jahre im All trudelte, ehe sie einem windigen Twi’lek auf dem „Rad“ in die Hände fiel. Derselbe Twi’lek mit Namen Reom fungiert als Geschäftsführer eines Hightech-Unternehmens mit tiefen Wurzeln im Schwarzmarkt und sucht nun eine Crew, die für ihn auf die Suche nach der Sa Nalaor geht und sich an den Rand des Wilden Raums begibt.

Den Spielercharakteren bietet sich an dieser Stelle auf vielerlei Weisen ein zu ihren Konzepten passender Einstieg. Hier kommt das System der Verpflichtungen und Motivationen zum Tragen, die Anhaltspunkte für Charaktereinbindungen in die Geschichte bieten können. Es wird sogar empfohlen, selbiges zu nutzen, um so den Spielercharakteren die Chance zu bieten, am Ende des Abenteuers Verpflichtungspunkte herabzusenken. So wäre es denkbar, dass die Spielercharaktere entweder bei Reom selbst oder bei einem Partner Reoms in der Pflicht stehen. Ebenso könnten die neu entflammten Gerüchte auf der Raumstation „Das Rad“ sie anlocken. Eigenmotivation der Charaktere mag so ebenfalls als Einstieg dienen.

Das Abenteuer selbst erstreckt sich über drei Episoden, in denen die Spielercharaktere mehrmals die Möglichkeit haben, ihrem eigenen Hintergrund entsprechend alternativ zu agieren. Nebenhandlungen werden dem Spielleiter sehr offen im Rahmen jeder Episode vorgeschlagen. Er selbst entscheidet anhand der Verpflichtungen und Motivationen der Spielercharaktere, sowie anhand des Handlungsablaufs, wie und ob er Nebenhandlungen einbaut. Somit sind viele Optionen offen gehalten, um das Abenteuer nicht nur anzupassen, sondern mit optionalen Inhalten die ebenfalls frei interpretiert eingebracht werden können, zu würzen. Eigenleistung des Spielleiters ist somit möglich, aber nicht zwingend nötig. Erfahrene Spielleiter können das Abenteuer auf vielfache Weise individuell für ihre Gruppe anpassen. Noch bisher Unerfahrene können es hingegen als ersten Schritt jenseits des Abenteuers aus der Einsteigerbox nutzen um beim Leiten Erfahrungen zu sammeln.

Den Spielern wird eine Geschichte um dreckige Schmuggler und zwielichtige Gesellen auf der Raumstation geboten, ehe sie sich auf eine abenteuerliche Suche begeben, die zuerst an klassische Schatzsuche im Star Wars-Kontext erinnert und in waghalsigen Konflikten und Verfolgungsjagden endet.

Obschon sich dieses Abenteuer als Einstiegsabenteuer für neu erschaffene Charaktere eignet, ist es nicht auf diese begrenzt. Die Werte vorhandener Charaktere lassen sich notfalls schnell anpassen, eignen sich aber auch ohne Nachbesserungen für schon etablierte Charaktere, solange diese nicht bereits am epischen Niveau kratzen.

Im Band selbst sind viele Hintergrundinformationen enthalten. So wird nicht nur der Hintergrund der Haupthandlung selbst detailliert dargelegt, sondern auch für Standorte, Personen, ganze Planeten und Hyperraumrouten. Der Truppe Immersionsspieler sollte es an dieser Stelle an nichts mangeln.

Am Ende des Abenteuers werden dem Spielleiter Möglichkeiten dargelegt, wie er dieses Abenteuer für den Auftakt nachfolgender Einzelabenteuer oder gar einer ganzen Kampagne nutzen könnte.

Preis-/Leistungsverhältnis

Am Preis-/Leistungsverhältnis gibt es nichts zu meckern. Je nachdem, mit welcher Gruppenerfahrung man an dieses Abenteuer herangeht, kann man das Abenteuer von drei bis über geschätzte ein Dutzend Spielsitzungen auskleiden. Auch bietet es Einführungen an Orte, die die Spielercharaktere erneut besuchen könnten und führt Charaktere ein, die ihnen ebenfalls wieder begegnen mögen.

Erscheinungsbild

Star Wars Jenseits des RandesWer das Grundregelwerk zu Star Wars: Am Rande des Imperiums in den Händen hielt, der weiß, was ihn erwarten wird. Hardcover, Hochglanzseiten, liebevolle Zeichnungen, die um die Texte herum arrangiert wurden. Insgesamt 96 Seiten wurden gut leserlich und von den erwähnten Zeichnungen unterbrochen gefüllt.

Am Rande sind immer wieder Textblöcke mit weiterführenden Erläuterungen zu Organisationen, Behörden und Personen bis hin zu möglichen weiterführenden Handlungssträngen mit diesen aufgeführt. Diese Blöcke wirken nicht aufdringlich und unterbrechend, sondern als Ergänzung. Zu diesen gehören auch Blöcke mit Informationen die sich 1:1 ins Spiel einbringen lassen. Darunter etwa Grinners „Gute Ratschläge“, die auch im Grundregelwerk immer wieder auftauchen, um Atmosphäre zu schaffen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Heidelberger Spieleverlag
  • Autor(en): Sterling Hershey, Mark Warren
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl:96
  • ISBN: 978-3942857499
  • Preis: 24,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Der erste Gedanke, der mir kam, als „Reise ins Unbekannte“ vor einigen Monaten veröffentlicht wurde, war: „Zum Glück hast du dieses Abenteuer mit deiner Gruppe bisher noch nicht gespielt.“ Reise ins Unbekannte kombiniert wunderbar die Möglichkeiten, die mit dem nachfolgend übersetzten Quellenband geliefert wurden, mit dem typisch dreckigen Schmugglergeschäft aus dem Grundsetting. Es macht Spaß und erinnert ein wenig und sehr grob an Die Suche nach El Dorado beziehungsweise austauschbaren Schatzsuchergeschichten, die in der Kindheit schon Spaß machten. Hier zeigt sich, dass Star Wars schon immer etwas Märchenhaftes hatte und im Science-Fiction-Gewand uns allen bekannte Geschichten näherbringen kann.

Wem das allein nun zu dröge klingt, der kann sich dennoch auf schmuddelige Cantinas, wilde Verfolgungsjagden und Gefechte im All und Orbit sowie Blaster-Stand-Offs freuen.

Was mir persönliche sehr zusagte war das emotionale Verweben der Zeit des Galaktischen Bürgerkriegs, in dem das Grundsetting des Systems angesiedelt ist, mit der Zeit der Klonkriege und ihren Hinterlassenschaften. So schafft dieses Abenteuer, was auch in der neuen Animationsserie Rebels aktuell praktiziert wird: Zeitalter werden miteinander verknüpft. Es wird deutlicher gemacht, dass es Hinterlassenschaften aus der Ära der Klonkriege gibt und wie das Galaktische Imperium selbst 20 Jahre nach dem Ende der Separatisten damit umgeht.

Aus Sicht des Spielleiters gefällt es mir sehr, dass die Einstiege in das Abenteuer sehr frei gehalten sind, ohne willkürlich zu erscheinen. Das Spielsystem um Verpflichtungen und Motivationen greift hier wie vorgesehen ein und bietet Anhaltspunkte. Nebenhandlungsstränge sind eine Option, aber kein Muss und bleiben ebenfalls sehr frei interpretier- und einsetzbar.

In anderen Systemen hadere ich als Spielleiter gelegentlich, wie ich eine etablierte Gruppe sowohl in ein vorgeschriebenes Abenteuer hinein und wieder sauber herausbekomme. Oft landet man an dem Punkt, dass man den Einstieg eigenverantwortlich umdichten und anpassen muss, wenn man als Spielleiter Momente vermeiden möchte, die eine Geschichte zu arg gestellt wirken lassen. Hier ergaben sich diese Sorgen überhaupt nicht.

Mit dem Informationsmaterial, das zusätzlich zum Setting geboten wird, bin ich ebenfalls mehr als zufrieden. Sollten Spieler weitere Informationen benötigen, so bietet dieses Abenteuer dem Spielleiter sogar die Möglichkeit, tiefere Informationen zu Planeten erfahrbar werden zu lassen ohne Spieler damit zwangsweise zu erschlagen. Manche Spieler mag es interessieren, wie lange ein Tag auf einem Planeten dauert oder wie er allgemein geographisch beschaffen ist. Auch mögen manche Spieler Interesse an historischen Informationen zu einem Planeten entwickeln, andere hingegen nicht. So kann man als Spielleiter diese Informationen in notwendiger Tiefe selbst gesteuert einfließen lassen ohne sie den Spielern gekünstelt um die Ohren hauen zu müssen.

Mit dem, was in diesem Abenteuer geboten wird, egal ob nun für erfahrene Spieler oder Neuspieler, ist dies eine unbedingte Kaufempfehlung. Hier kann man mit einem Kauf nicht viel falsch machen, selbst wenn man dieses Abenteuer nur als Interludium oder Intro für eine neue Runde benutzen möchte.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Heidelberger Spieleverlag

 

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