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In meiner Kolumne „Die Letzte Seite“ möchte ich in regelmäßigen Abständen Schlaglichter auf Phantastik und Co. werfen. Heute geht es im weitesten Sinne um den E-Book-Markt und die Preisgestaltung vieler Kollegen.

Als Autor hat man es schon nicht leicht: An erster Stelle steht die Überwindung in Form der Fragestellung, ob die eigenen schreiberischen Ergüsse wirklich publikumstauglich sind oder man sie besser für sich behält. Welch großen Einfluss allein diese Schwelle hat, ist daran erkennbar, dass es zahlreiche Menschen in diesem Land gibt, die ausgiebig und viel schreiben, sich aber (noch) nicht trauen, die Veröffentlichung in Betracht zu ziehen. Wenn diese Hürde einmal genommen ist, wird es nicht besser – denn jetzt gilt es, einen Verlag zu finden. Und das kann sich zu einer echten Geduldsprobe entwickeln. Manchmal auch zu einer abschreckenden, denn jede Ablehnung seitens eines Verlags tut irgendwie weh und sorgt mitunter dafür, dass das Selbstwertgefühl zusammenschrumpft.

Manche Autorenkollegen geben an dieser Stelle auf, und ich kann sie gut verstehen. Nichts ist schlimmer, als dauernd mit Ablehnungen bepflastert zu werden. Andere wiederum nehmen Ablehnungen als Ansporn, beißen die Zähne zusammen, feilen an Manuskripten und Exposés, überarbeiten vielleicht einfach nur den Arbeitstitel und senden einfach stur weiter ein. Dieser Schlag von Schreibern hat meine unumwundene Hochachtung, denn sie verfolgen ihre Träume mit Nachdruck. Und dann gibt es noch die dritte Gruppe, die in den letzten Jahren immer stärker gewachsen ist: die der Self-Publisher. Jene Autoren, die ihr Glück selbst in die Hand nehmen und ihre Werke in Eigenregie veröffentlichen.

Eines muss an diesem Punkt ganz klar gesagt werden: Ich habe höchsten Respekt vor dieser Art von Kollegen, weiß aber, dass ich dazu kaum in der Lage wäre. Die Gründe dafür finden sich auch in diesem Text. Klar sollte aber sein, dass ich den Kollegen hier keinen Schlag vor die Nase verpassen will – denn sie bereichern Szene und Markt auf bemerkenswerte Art und Weise.

Dann mach ich es eben allein!

Self-Publisher sind echte Einzelkämpfer. Denn alles, was ansonsten über einen Verlag gemacht wird (Lektorat, Korrektorat, Klappentext, Cover, Satz etc.), müssen die Kollegen allein machen. Das ist nicht nur ein bisschen Arbeit, das ist ein riesiger Batzen, den der geneigte Leser des Endprodukts gerne übersieht.

Und wie das so ist, viel Arbeit kostet nicht nur eine Menge Nerven, sondern eben auch eine ganze Menge Zeit. Am Ende steht dann im besten Fall ein Produkt, in das mutmaßlich einige hundert Arbeitsstunden geflossen sind. Bedenkt man, dass die meisten Autorenkollegen echte Perfektionisten sind, ist davon auszugehen, dass die hier aufgeworfene Größe durchaus realistisch ist. Denn am Ende soll ja ein Produkt stehen, mit dem man sich als Verfasser zu 100 Prozent identifizieren kann. Respekt für diesen Einsatz! Hiermit habe ich auch schon die meisten Gründe genannt, warum ich zu den Verlags-Autoren gehöre: Es wäre mir ein Graus, all diese Arbeitsschritte noch machen zu müssen, denn sie blockieren mich bei meiner eigentlichen Arbeit, dem Schreiben.

Nun sind Menschen in der schreibenden Zunft nicht zwangsläufig Eier legende Wollmilchsäue – und sie tun gut daran, sich Spezialisten für die einzelnen Arbeitsschritte zu organisieren. Sucht der Autor sich wirklich kompetente Leute, dann werden diese das nicht für einen feuchten Händedruck und ein Lächeln machen – sie werden Geld dafür verlangen. Das Delegieren von Arbeit bedeutet also, dass Kosten entstehen.

Für den geneigten Leser, der keine Vorstellung davon hat, um welche Kosten es so geht: Gutes Lektorat ist unter 3,50 EUR die Normseite nicht zu bekommen (auch wenn freischaffende Lektoren gerne andere Lieder klagen), ein qualitativ hochwertiges Cover in Vollfarbe wird mit einigen hundert Euros zu Buche schlagen. Und damit sind lediglich zwei Kostenpunkte genannt, die auf den Self-Publisher zukommen.

Einzelkämpfer zu sein, muss man sich also auch erst mal leisten können.

Preisgestaltung

Jetzt braucht man kein Mathematiker zu sein, um zu wissen, welche Auswirkungen diese Investitionen auf den Preis haben müssten. Hinzu kommt, dass der Absatz an Büchern nur schwer zu kalkulieren ist. Werde ich 100 Exemplare oder 1000 los? Das ist problematisch, denn dies ist eigentlich die Zahl, die für die Preisgestaltung relevant ist. Am Ende jedenfalls sollte es optimalerweise so aussehen, dass der Autor mindestens seine eigenen Kosten deckt. Besser wäre natürlich, wenn auch noch etwas in seine eigene Tasche flöße. Doch wir wollen mal nicht übertreiben, was?

Wer sich beim Lesen schon ein paar Gedanken gemacht hat: Gehen wir mal davon aus, ich wollte ein Buch auf den Markt bringen und nehme alle notwendigen Investitionen mit, muss dabei weniger auf das Geld blicken. Dann sind gut und gerne (und ohne Not) 1000 EUR zusammen. Und dabei sind die eigentlichen Arbeitsstunden, die ich als Autor reingesteckt habe, noch gar nicht aufgerechnet. Deutlicher als an dieser Stelle zeigt sich kaum, dass die Schreiberei in den meisten Fällen ungeeignet ist, um Reichtümer aufzubauen.

Gehen wir also von diesen 1000 EUR aus, die ich irgendwie verdienen muss, um nicht rote Zahlen zu schreiben, rächt sich jetzt wieder der Markt. Denn ich weiß nicht, wie viele Bücher ich absetzen werde und kann daher eigentlich keine valide Kalkulation durchführen. Rechne ich mit 1000 verkauften Exemplaren oder nur mit 200?

Billiger, billiger, billiger!

Betrachtet man die Zahlen oben, kommt man schnell zu folgenden Schlüssen: Entweder sind die Absätze im Bereich der E-Books riesig und die Autoren können sich die mehrheitlich niedrigeren Preise von 0,99 EUR bis 2,99 EUR leisten. Oder manche Autoren sind echte Idealisten, die jeden finanziellen Aspekt an ihrem Handwerk ausblenden und denen es nur um die Veröffentlichung geht.

Jedenfalls ist eine Bewegung zu erkennen. Die Kollegen haben bemerkt, dass es auf dem Markt vor allem um Masse geht und glauben, diese Masse auch durch geringe Preise schaffen zu können. Ein Irrglaube, denn tausend verkaufte Exemplare zu 0,99 EUR machen eben nur 990 EUR, und dann sind da noch so Sachen wie Steuern, die einzubeziehen wären. Am Ende steht die Erkenntnis, dass wahrscheinlich Näherinnen in Asien einen besseren Stundenlohn haben als man selbst. Kurzum ist diese Strategie nicht wirklich effektiv, und wenn ich nicht gerade genug Kapital in der Hinterhand habe, ist es ein teurer Spaß.

Geringe Preise sind nicht automatisch Garanten für gute Verkaufszahlen, doch dieser Irrglaube scheint sich festgesetzt zu haben. Wenn ich dann noch die zahlreichen, oftmals zeitlich begrenzten, Gratis-Aktionen auf dem Markt betrachte, wird mir richtig schwindelig. Denn in diesen Fällen habe ich quasi völlig für umsonst gearbeitet und glaube, ein Ranking in einer Verkaufsplattform würde sich für mich nach dem Ende der Aktion wirklich auszahlen.

Verkauft euch doch nicht unter Wert!

Jeder Autor träumt wohl davon, einen Bestseller zu schreiben und damit den großen Durchbruch zu erlangen. Aber bis zu diesem Punkt ist es ein langer Weg und die meisten werden niemals auch nur in die Nähe davon kommen. Das heißt aber nicht, dass man erst ab dem Überschreiten dieser Schwelle davon ausgehen sollte, mit dem Handwerk Geld zu verdienen. Das kann und sollte man schon vorher.

Das Problem, das ich sehe, ist, dass die meisten Kollegen sich gerne unter Wert verkaufen. Sie erliegen dem Irrglauben, dass sie sich durch geringe Preise oder eben Gratis-Aktionen auf dem Markt bemerkbar machen müssen und landen sehr schnell auf einer gefährlichen Schiene. Einerseits kann niemand von diesen geringen Einkünften leben (und selbst als Taschengeld nebenher ist es eher lächerlich), andererseits verschwimmen sie mit der Masse der zahllosen anderen Autoren, die ebenfalls diese Strategie fahren. Anders gesprochen, unter den gefühlt Millionen Publikationen für 0,99 EUR eine Perle zu finden, ist ein hartes Stück Arbeit. Gehe ich mit dem Preis nach oben, wird automatisch auch die Zahl der Mitbewerber im Segment kleiner und ich habe größere Möglichkeiten, aufzufallen.

Aber das ist gar nicht der Punkt. Ich sehe das Problem darin, dass die meisten Autoren ihr Licht gerne unter einen Scheffel stellen und sich eben massiv unter Wert verkaufen. In diesem Handwerk allerdings gehört Bescheidenheit, zumindest in diesem Bereich, nicht zu den guten Eigenschaften. Man schreibt einerseits sicher Bücher, um Geschichten zu erzählen. Aber andererseits sollte es ab einem bestimmten Punkt doch auch um den finanziellen Aspekt gehen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass man von der Schreiberei leben könnte, doch es sollte schon mehr als ein rein ideelles Taschengeld sein.

Vielleicht erreiche ich mit 3,99 EUR nur 400 Verkäufe und nicht die 1000, die ich vielleicht erreichen könnte, wenn ich den Preis bei 0,99 EUR belasse. Aber fällt etwas auf? Genau. Finanziell besser (und damit wahrscheinlich auch besser für das Ego und die Motivation) komme ich beim ersten Beispiel weg. Ich appelliere daher an jeden Kollegen: Entwickle ein positives Selbstverständnis! Du hast viel Arbeit in ein Produkt (denn am Ende ist ein Buch genau das) gesteckt und dazu gehört nun einmal auch eine angemessene Bezahlung. Und eben kein Hungerlohn, für den du selbst in den Schuhfabriken Asiens ausgelacht wirst.

Gefährliche Mentalität

Ich möchte all meine Kollegen warnen: Generell gilt es, bei der Preisgestaltung aufzupassen. Denn „deine“ Leser werden sich recht schnell an deinen ersten Preis gewöhnen. Das ist menschlich, sorgt aber mehrheitlich dafür, dass sie aufschreien werden, wenn du dein zweites Buch nicht für 0,99 EUR sondern eben für 3,99 EUR – oder mehr – anbieten willst. Wir reden hier ja schon von einer Preissteigerung von mehreren hundert Prozent, die in den Augen der Leser gerechtfertigt werden muss.

Hast du dein erstes Werk als perfektes Produkt abgeliefert und einen Ramschpreis gewählt, stehst du jetzt vor einem echten Problem. Denn wie willst du die massive Preissteigerung rechtfertigen, außer mit dem Hinweis auf ein Lockangebot? Im Hinblick auf den Menschen und seine Entscheidungen an sich dürfte dich eine solche Strategie dann Käufer und Leser kosten und sich wie ein ziemlich übler Dämpfer auf deinen Enthusiasmus auswirken. Und möglicherweise musst du den Leuten lang und breit deine Strategie erklären, ohne dass es wirklich fruchtet. Zeit und Energie, die du eigentlich anders einsetzen könnte.

Folgt daher nicht dem Irrglauben, dass eure Chancen bei geringen Preisen (oder Gratis-Angeboten) besonders hoch seien. Entwickelt ein Selbstwertgefühl, mit dem ihr guten Gewissens auch höhere Preise vertreten könnt. Und ich behaupte: Wer wirklich gut schreibt, der wird auch bei „teureren“ Preisen seine Abnehmer finden. Seht das Schreiben nicht als Hobby an, sondern durchaus als Handwerk und Beruf. Niemand würde von sich behaupten, kostenlos arbeiten zu wollen – oder?

Artikelbild: Schlierner  | fotolia.de

 

2 Kommentare

  1. Ich muss sagen, eine Kolumne, die mir aus der Seele spricht. Wir sind mit der Problematik ja auch ständig konfrontiert. Leider hat sich gerade bei eBooks, durchaus gewünscht von bestimmten großen Anbietern, eine Mentalität breitgemacht, die schon was von Verramschen an sich hat. Aber die Autoren entwerten ihre Leistung damit selbst.

  2. Danke für das Rechenbeispiel! Es macht natürlich sofort Sinn, wenn man das so betrachtet. Merk ich mir!

    Wobei ich auch für mich schon entschieden habe, mir doch einen Verlag zu suchen …

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