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Seitdem Wil Wheaton seine Titansgrave-Kampagne angefangen hat, findet man das zugrundeliegende Regelwerk Fantasy AGE jeden Tag auf den vorderen Verkaufsrängen bei RPGNow. Einen besseren Start hätte sich die generische Variante des Dragon Age-Tischrollenspiels kaum wünschen können. Was also hat dieses schlanke und dennoch relativ vollständige Regelwerk zu bieten?

Die Spielwelt

Fantasy AGE ist die Veröffentlichung der AGE-Regelengine ohne ein großes beigefügtes Setting. Es soll sich für 08/15-Fantasy eignen und bringt darum auch nur die typischen EDO-Rassen mit. Wer ein AGE-angepasstes Setting will, sollte zu Dragon Age, Midgard, Blue Rose oder Titansgrave: The Ashes of Valkana greifen.

Die Regeln

Der Mage Hunter - eine interessante Klasse
Der Mage Hunter – eine interessante Klasse

Die Probe in Fantasy AGE ist einfacher Wurf gegen einen dem SL bekannten Zielwert. Hierbei werden 3W6 geworfen und zwei weitere Modifikatoren hinzuaddiert: das Attribut und der Focus.

Attribute rangieren zu Beginn von -2 bis zu +5. Sie werden direkt auf die passenden Würfe aufgeschlagen und drücken die generellen Fähigkeiten einer Spielfigur in neun Bereichen aus: Strength, Intelligence, Dexterity, Constitution, Communication, Perception, Willpower, Fighting und Accuracy.

Foci stellen das Fertigkeitensystem dar. Bis einschließlich Stufe 10 darf man einen Focus nur einmal erwerben, er verleiht in dem betreffenden Skill einen Bonus von +2. Erwirbt man ihn ab Stufe 11 ein zweites Mal, so gibt es einen fixen Bonus von +3.

Typische Proben in Fantasy AGE wären zum Beispiel Tests auf Constitution (Stamina) oder Dexterity (Acrobatics). Das bedeutet, dass man das entsprechende Attribut zum Wurf hinzuaddiert. Den genannten Focus auch – aber nur wenn die Spielfigur diesen auch erworben hat.

Zielwerte rangieren von 7 bis 21. Da ein Wurf von 3W6 statistisch gesehen Ergebnisse im Bereich von 9 bis 12 beim Wurf am wahrscheinlichsten macht, kann man auch ungefähr davon ausgehen, dass man eine Schwierigkeit von 11 + Attribut + Focus sehr gut schaffen kann. Anders als beim W20-Wurf sind extreme Ergebnisse unwahrscheinlich bis sehr unwahrscheinlich.

Beim Kampf ist der zu übertreffende Zielwert hingegen 10 + Dexterity + Schild. Da der Schildbonus nur von +1 bis +3 variiert, kommt es hauptsächlich auf die Geschicklichkeit des Ziels an, wie leicht es zu treffen ist. Haben der Angreifer und der Verteidiger ähnlich hohe Werte in relevanten Attributen, ist der Treffer ein sehr wahrscheinliches Ereignis.

Die Basis-Regeln (ohne Charaktergenerierung) für Kampf und Proben passen auf elf Seiten. Der Systemkern selbst ist schlank und gut verständlich.

Ein kleiner Vergleich mit d20

Ich bin ja in Sachen Dragon Age unbeleckt, darum sehe ich das System mit Fantasy AGE zum ersten Mal und gewissermaßen auch in Reinkultur. Und dabei fiel mir vor allem eines auf: Wer würde wirklich allen Ernstes behaupten wollen, dass dieses Spiel kein verkapptes D&D ist? Fantasy AGE ist D&D mindestens genauso nahe wie das direkt per OGL von d20 abgeleitete Monsters & Magic. Es ist D&D auch ähnlicher als das mit W20 gewürfelte Numenera von D&D-Urgestein Monte Cook.

 

Fantasy AGE

D&D5

Attribute

9

6

Attributwerte zu Beginn (gewürfelte Basiswerte)

-2 bis +4 (max 12)

-3 bis +4 (max 5)

Probe

3W6 + Attribut + Focus

1W20 + Attribut + Proficiency

Skillmodifikator

+2 bis +3 (Focus)

+2 bis +6 (Proficiency)

Gefahr abwehren

Test oder vergleichender Test

Rettungswurf

Rassen

Mensch, Elf, Gnom, Halbling, Zwerg, Ork

Mensch, Elf, Gnom, Halbling, Zwerg, Halbork, Halbelf, Tiefling, Drachling, …

Anzahl der Stufen

20

20

Aufstiegstabelle

Identisch für alle Klassen

Identisch für alle Klassen

Trefferwürfel (pro Stufe)

1W6 + Constitution

Je nach Klasse + Constitution

Abwehrwert

10 + Dexterity + Schild

10 + Dexterity + Schild + Rüstung

Rüstung

Reduziert Schaden

Verringert feindliche Trefferchancen

Angriffsbonus im Nahkampf

Fighting oder Accuracy

Strength oder Dexterity

Schadensbonus im Nahkampf

Strength

Strength oder Dexterity

Angriffsbonus im Fernkampf

Fighting oder Accuracy

Strength oder Dexterity

Schadensbonus im Fernkampf

Strength oder Perception

Strength oder Dexterity

Wahrnehmungsproben

Perception

Wisdom

Magie und mentale Effekte abwehren

Willpower

Wisdom oder Intelligence oder Charisma

Effekten mit schnellen Reflexen ausweichen

Dexterity

Dexterity

Körperliche Effekt abwehren

Constitution

Constitution

Soziale Proben

Communication

Charisma

Wissensfertigkeiten

Intelligence

Intelligence

Zauberproben

Intelligence

Intelligence oder Wisdom oder Charisma

Ein echtes Umdenken ist hier meiner Meinung nach für D&D-Spieler nicht nötig. Die Unterschiede in der Basis-Engine von Fantasy AGE zu gängigen D&D-Varianten und -Derivaten sind marginal. Das muss nicht schlecht sein. Die Einarbeitung ist sicherlich für Spieler dieser Systeme gering – ein attraktiver Markt für einen Verlag, und Green Ronin hat sich ja auch in der d20-Ecke reichlich herumgetrieben. Umgekehrt macht Fantasy AGE auch im Detail vieles anders, und wenn es denn auch nicht der große, neue Systementwurf sein mag, so ist es doch eine reine Geschmacksfrage, welchem System man letztlich den Vorzug gibt.

Stunts

Stunts sind bei bestimmten Wurfergebnissen möglich und sind ein Alleinstellungsmerkmal der AGE-Engine. Alle Proben werden mit 3W6 absolviert, wobei einer der Würfel als „Stunt Die“ erkennbar sein muss – also durch anderes Design oder andere Farbe. Der Stunt Die bestimmt nicht nur den Erfolgsgrad einer Probe (je höher desto besser, später auch modifiziert): Zeigen zwei der Würfel in der Probe die gleiche Augenzahl, so generiert die Probe auch so viele Stunt-Punkte wie die Augenzahl des Stunt Die.

Hierfür kann man Stunts kaufen. Im Kampf sind das Manöver, die mehr Schaden oder andere Effekte bewirken. Bei Proben außerhalb des Kampfes kann man sich gemäß einer Optionalregel auch Zusatzeffekte aus einer Tabelle kaufen. Durch Talente kann man die Stunt-Punkt-Kosten bestimmter Manöver senken oder weitere mögliche Stunts über die Standardauswahl hinaus erwerben. Vor allem der Kampf gewinnt dadurch an Spannung. Außerdem ist dieses System besser für 3W6 geeignet als zum Beispiel die Extremwerte 3 oder 18 als Auslöser für besonders gelungene Aktionen zu verwenden, die statistisch eh nur einmal alle 216 Würfe vorkommen.

Stunts eignen sich auch, um Monsterpowers abzubilden:

Eine Medusa kann Stunt-Punkte dazu einsetzen, Gegner ihrem versteinernden Blick auszusetzen. Dies kostet 2 SP pro Gegner. Es kommt zu einem vergleichenden Wurf zwischen der Kreatur und dem Charakter. Versagt der Spieler, erhält die Spielfigur 4W6 Schaden und Abzüge von -2 auf alle Aktionen bis zur nächsten Rast. Fällt man durch diesen Schaden auf 0 Trefferpunkte wird die Spielfigur versteinert.

Hier zeigt sich auch gleich, wie ähnlich sich Fantasy AGE und D&D5 in vielen Designaspekten sind. Der vergleichende Wurf ersetzt den D&D-typischen Rettungswurf. Auch viele Monster aus dem D&D5 Monster Manual bewirken sofortigen Tod oder andere extreme Effekte nur dann, wenn sie die Spielfigur auf 0 Trefferpunkte drücken.

Magie

Fantasy AGE unterscheidet nicht zwischen Klerikern und Magiern, sondern bietet nur eine Klasse Zauberwirker an – den Mage. Nur diese Basisklasse darf magische Talente erwerben, die wiederum den Zugang zu den Zaubersprüchen darstellen.

Gezaubert wird hierbei ganz einfach – man muss einen Intelligenzwurf ausführen. Hat man den Focus einer bestimmten Magieschule erworben, kommt der mit +2 auch noch drauf. Übertrifft man die Zielzahl des Zaubers, so gelingt er. Zum Spruchwirken muss man Magiepunkte ausgeben, die man mit der Zeit wieder regeneriert. Diese sind auch perdu, wenn man den Zauberwurf versiebt. Dafür kann man beim erfolgreichen Wirken eventuell die Kosten durch Stunt-Punkte drücken.

Die Spruchauswahl ist stark beschränkt. Alle Sprüche sind fix durch die Magieschule festgelegt, man hat also nur die Wahl, welche Schule man durch ein Talent erwirbt und zu welchem Grad. Es gibt drei Grade. Auf dem ersten erhält man zwei Sprüche und für die beiden anderen Grade je einen. Man beginnt das Spiel mit zwei Anfängertalenten und somit insgesamt vier Sprüchen. Je nachdem, wie man steigert, können das bis Stufe 5 maximal acht (leichtgewichtige) Sprüche werden. Steigert man eine Schule gezielt auf den höchsten Grad, kann man einen Hammerspruch wirken, dafür kennt man aber insgesamt nur sechs Sprüche. 9 Seiten reichen hiermit auch, die gesamte Spruchauswahl im Grundbuch abzudecken.

Charaktererschaffung

Übersichtlich und ansprechend gestaltet ist das Innenleben
Übersichtlich und ansprechend gestaltet ist das Innenleben

Die Charaktererschaffung setzt sich aus den folgenden Schritten zusammen:

  • Man erwürfelt die neun Attribute. Ein simples Kaufsystem ist optional.

  • Man wählt eine Rasse. Man darf dann aus zwei Foci wählen, ein Attribut um 1 erhöhen, außerdem gibt es rassenspezifische Spezialfähigkeiten wie Dunkelsicht. Zusätzlich darf man noch zweimal auf einer ebenfalls rassenspezifischen Tabelle weitere Boni erwürfeln.

  • Zwei Würfe bestimmen die soziale Klasse und die Ausbildung des Charakters, zusammen bilden diese den Hintergrund der Spielfigur. Jeder Hintergrund hat zwei Foci zur Auswahl.

  • Danach wählt man eine der drei Klassen: Mage, Rogue oder Warrior. Diese legen bis zur 20. Stufe fest, welche weiteren Fähigkeiten und Talente man pro Aufstieg erwerben darf. Auf Stufe 1 erwirbt man die Standardfähigkeiten der Klasse wie Zaubern oder die Fähigkeit, Rüstung ohne Abzüge zu tragen.

Damit sind die eigentlichen, für die Attribute wichtigen Schritte auch schon vollzogen. Warum man sich bei der all der Würflerei vorher schon sein Charakterkonzept überlegen soll, ist mir schleierhaft. Da man nach Standard eh keine Auswahl beim Hintergrund hat, ist das etwas hanebüchen, aber naja. Es liest sich gut.

Interessant wird das Ganze beim Stufenanstieg. Die Klasse legt nicht nur spezifische Aufstiegspfade, sondern auch vier primäre und fünf sekundäre Attribute fest. Auf jeder Stufe darf man einen neuen Focus wählen und ein Attribut erhöhen – wobei das bei sehr hohen Werten teurer wird. Hierbei darf man auf geraden Stufen aus den primären Attributen und ihren Foci wählen und bei ungeraden aus den sekundären. So rundet sich der Charakter mit vielfältigen Attributen und Fertigkeiten ab und so wird auch das Powergaming begrenzt. Zusätzlich gibt’s noch mehr Treffer- und Magiepunkte.

Auf den Stufen 4, 6 und 8 darf man eine erste Spezialisierung wählen und sie auf den höchsten Grad steigern, auf den Stufen 12, 14 und 16 eine zweite. Beispiele für Spezialisierungen sind Attentäter, Wunderwirker oder Scharfschütze – sie kommen den Prestigeklassen aus D&D3 oder den Heldenklassen aus Dungeonslayers nahe. Es gibt also reichlich am Charakter zu entwickeln und zu individualisieren.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Der SL-Teil des Buchs ist mit 39 Seiten sehr dick, insbesondere gemessen an der Gesamtzahl von 145 Seiten. Meiner Meinung schon eher zu dick, zumal es deswegen im Anschluss nur für 14 Monster und vier Seiten magischer Gegenstände reicht. Bei einem D&D-ähnlichen Spiel ist das ein Totalversäumnis, und es steht zu hoffen, dass Settingbände oder eine Monstersammlung diesen Missstand ausgleichen.

Insgesamt ist die dargereichte Information sehr gut aufbereitet und sollte SL-Novizen einiges an Handreiche bieten, um gute Spiele zu leiten. Bei den zwei Seiten zum Thema Gefahren und Fallen hat man sich dann jedoch nicht mit Ruhm bekleckert. Regeltechnisch reicht dies völlig aus, nur bleibt es einem dann selbst überlassen, Fallen und Gefahren auszugestalten. Drei Beispiele mit je einem Absatz sind doch eher wenig.

Am Ende enthält das Buch ein Minisetting und Abenteuer mit einem Dutzend Seiten Umfang.

Die Regelengine hingegen leitet sich mit vielleicht zwei Blatt Papier zum Spicken (Stuntlisten) ohne Probleme. Was will man mehr?

Spielbarkeit aus Spielersicht

Das größte Problem für Spieler dürfte der unzureichende Charakterbogen sein. Es wird wohl den Fans überlassen sein, einen besseren zu entwickeln, auf dem all die Spezialisierungen, Talente und Foci übersichtlich und mit ihren Graden Platz haben. Der im Buch enthaltene taugt jedenfalls nichts.

Ansonsten gilt das selbe wie für den SL: Eine knackige Engine, leicht einzuüben.

Preis-/Leistungsverhältnis

Knapp über zehn USD pro 100 Seiten – das Buch liegt meiner Meinung nach gerade noch im grünen Bereich, was die Bepreisung angeht. Das hochwertige PDF mit Bookmarks wird dem Anspruch an ein solches Produkt jedenfalls gerecht.

Spielbericht

Ohne Testspiel.

Erscheinungsbild

Fantasy AGE Green Ronin Regelwerk CoverDas Layout ist schlicht, übersichtlich und augenfreundlich. Informationen und Tabellen wurden übersichtlich gestaltet und dargestellt, die Textmenge pro Seite geht auch vollkommen in Ordnung. Stimmungsvolle Illustrationen sind vorhanden, wenn auch nicht auf jeder Seite. Index, klickbares Inhaltsverzeichnis, Bookmarks – das ist weitestgehend Stand der Technik im PDF.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Green Ronin
  • Autor(en): Chris Pramas
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF | Hardcover
  • Seitenanzahl: 145
  • Preis: 15,99 USD (PDF) | 27,95 EUR (Hardcover)
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG (PDF) | Sphärenmeister (Druck)

 

Bonus/Downloadcontent

Die Homepage von Green Ronin behandelt das neue Produkt sehr stiefmütterlich. Also fast gar nicht.

Fazit

Fantasy AGE erinnert mich sehr stark an D&D5. Es hat eine schlanke, leicht einzuprägende Engine. Ich finde es sogar so ähnlich, und auch in so hoher Qualität ausgeführt, dass ich ihm die selbe Note logischerweise nicht vorenthalten kann – der klare Daumen nach oben. Es ist meiner Auffassung nach letztendlich Jacke wie Hose, ob man D&D5 oder Fantasy AGE spielt. Unterschiede existieren nur im Detail und beide wollen wohl die genau gleiche Zielgruppe ansprechen.

Daher bleibt es wohl den Settings überlassen, welchem System man den Vorzug gibt. D&D5 eignet sich halt hervorragend zum Bespielen der 40 Jahre Altlasten. Die AGE-Engine muss sich mit Dragon Age und anderen oben genannten Settings aber auch vor niemand verstecken.

Das Gesamtprodukt wirkt jedenfalls rund und man kriegt Regel- und SL-Teil in einem Produkt. Es müssen halt nicht immer 300+ Seiten sein! Sowohl Einsteiger als auch alte Haudegen werden mit Fantasy AGE Spaß haben – auch wegen den Stunts, denn die verleihen einer bewährten Formel ganz neue Würze.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Green Ronin
Die­ses Pro­dukt wurde kos­ten­los zur Ver­fü­gung gestellt

 

8 Kommentare

  1. Vieleicht sollte man mal erwähnen, daß die AGE – Engine weit vor D&D 5 herausgekommen ist. Das ganze liest sich, als ob AGE sich nur bei D&D bedient hätte.

    • Das Argument „Die AGE-Engine ist älter“ sticht natürlich nur dann, wenn man Original Edition, Basic D&D, AD&D 1st und 2nd Edition, D&D3 und D&D4 ignoriert. Die Basis-Regeln sind denen aller D&Ds spätestens seit D&D3 sehr ähnlich – aufsteigende Verteidigungswerte und Zielzahlen für Proben.

  2. HI Oliver,

    du vergleichst die Mechniken von D&D5 und FAGE, was von den grundsätzlichen Modifikatoren und Abläufen sicherlich auch gut passt, aber leider lese ich nichts darüber wie sich die Würfelmechanik auf das Spielgefühl auswirkt.

    Der Unterschied von linearer Wahrscheinlichkeit (D&D) und Glockenkurve (FAGE) müsste doch massiven Einfluß haben. Stelle mir das berechenbarer im positiven, wie auch negativen Sinne vor.

    • Hallo, Tim.

      Die statistischen Eigenschaften habe ich ja durchaus angemerkt. Spielgefühl kann ich aber nur bewerten, wenn ich auch ein Testspielen arrangiert habe.

      Ein paar Überlegungen hierzu habe ich dann doch:

      Da statt Rettungswürfen vergleichende Würfe ausgeführt werden, sollte sich die Glockenkurve nicht so stark auswirken. Wenn es keine hohe Abweichung zwischen den Modifikatoren gibt, entscheidet hier weitestgehend der Wurf. Ob sich dabei die Ergebnisse eher im Bereich 9 bis 12 anstatt in den Bereichen 3 bis 8 und 13 bis 18 finden ist nur dann besonder relevant, wenn Modifikatorunterschiede von 2 oder mehr bestehen. Würfelglück spielt also immer noch eine große Rolle.

      Vergleicht man auch das mit 3W6 gewürfelte Monsters & Magic, so hat Fantasy AGE eben nicht die Möglichkeit, Konfrontationen über früh zugefügte Komplikationen zu kippen. Der Kampf müsste geradliniger sein.

      Tritt man Gegnern gegenüber, die mit ihrem Defense-Wert so ausfallen, dass die Ergebnisse „im Hügel“ der Glockenkurve liegen, so wird man mit großer Wahrscheinlichkeit auch fast jede Runde treffen. Daher macht es Sinn, dass die Panzerung vom Schaden abgezogen wird. Würde das Treffen allzusehr erschwert, würde es eben fast nur Misserfolge hageln – der Umkehrschluss. Panzerung, die Schaden mindert, verlängert somit Kämpfe. In D&D ist der ausgleichende Faktor eher, dass in einer langen Reihe von Angriffen halt ein gewisser Prozentsatz einfach daneben geht. Daher kippen manche Kämpfe am ehesten, wenn man deutlich unter oder über der statistischen Erwartung würfelt, was in FAGE weniger wahrscheinlich sein sollte. Die höhere Trefferpunktzahl der SC scheint auch darauf hinzudeuten, dass die Autoren ein „Aufeinandereindreschen“ erwarten…

      In Summe müssten Kämpfe in FAGE vorhersagbarer sein. Nur die Stunts lockern dies auf. Es ist halt völlig willkürlich, ob man 1 oder 6 Stuntpunkte generiert – aber alle Stunts sind halt gleich wahrscheinlich (alle Ergebnisse mit Doppelungen plus alle Trippel durch Gesamtzahl aller Ergebnisse) und nur der Stuntwürfel entscheidet, wieviele Punkte man verbraten darf. 2W6 Zusatzschaden (5SP) sind aber halt viel kampfentscheidender also die meisten 1SP-Stunts jemals sein können. Bei den Stunts greift also keine mittelnde Komponente – 1W6 entscheidet, ob man deutlich über dem eigenen Durchschnitt agieren kann oder nicht. Bei den Zaubern wird dies noch deutlicher, da die Schlüsselressource Spell Points gespart und die Zauberwirkung gesteigert kann – aber nur wenn der Stuntwürfel richtig fällt.

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