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In einer Zeit, in der ich der Fantasie-Literatur aus beruflichen Gründen kurzzeitig abtrünnig geworden bin, hat mich dieser Roman erfolgreich wieder dahin zurückgeführt. Ich hatte das Glück bei einer Lesung von Bernd Perplies zugegen zu sein und bin so auf Imperium der Drachen aufmerksam geworden. Als sich dann noch herausstellte, dass es sich beim Autor um einen Gleichgesinnten – kurzum Rollenspieler – handelte, stand fest, dass ich euch an meinem Eindruck dieser Romanreihe teilhaben lassen würde. Heute ist es soweit.

Story

Das Findelkind Iolan ist bei einer Fischerfamilie fern der großen Städte aufgewachsen und führt dort ein einfaches, ehrliches Leben. Iolan ahnt nicht, dass in seinen Adern ein Erbe schlummert, das ihn schon bald in die weite Welt hinausführen wird ob er will oder nicht. Er will übrigens nicht. Im Gegenteil: Er ist ausgesprochen zufrieden in seiner Heimat Efthaka und ginge es nach ihm, würde er dort den Rest seines Lebens verbringen. Eine passende Frau dafür hat er in Elea bereits gefunden. Ganz anders geht es seinem älteren Bruder Markos, der nur so lange versprochen hat, bei der Familie zu bleiben, bis Iolan zum Mann geworden ist und ihr Vater einen Erben hat. Danach will er in die Welt hinausziehen und ferne Länder besuchen. Wie sich herausstellt, bleibt diese Zukunft beiden nicht verwehrt, aber mit freiem Willen hat dies nicht mehr viel zu tun.

Arastoth, ein Quano ist derjenige, der dafür gesorgt hat, dass Iolan einst nach Efthaka kam und der Familie regelmäßig einen Besuch abstattet, um die magischen Zeichen auf dem Körper des Jungen zu erneuern. Die Quano sind das zaubermächtige Volk in Imperium der Drachen. Ihre magische Kraft ziehen sie aus ihrer Nähe zur Weltenseele. Die Zeichen auf Iolans Körper, die angeblich eine gefährliche Krankheit eindämmen soll, dient eigentlich dazu, die wahre Natur und das Erbe Iolans vor den Augen der Öffentlichkeit und auch vor ihm selbst zu verbergen. Am Tage seiner Seeweihe, dem Ritual des Erwachsenwerdens eines Jungen in Efthaka, geht der Besuch Arastoths Hand in Hand mit einem blutigen Überfall auf die Dorfgemeinschaft.

Iolan und seine Schwester Mirene entkommen dem Tod gemeinsam mit dem Quano auf einem Schiff, welches sie fort gen Aidranon bringt. Während seine Eltern den Kampf nicht überleben, zieht bald darauf ihr Bruder Markos aus, um die beiden zu finden. Er glaubt sie von den angreifenden Soldaten entführt und ist entschlossen, ihnen beizustehen. Während Iolan in die Intrigenspiele des Quanos verwickelt wird und Mirene geduldige Schwester an seiner Seite zu spielen hat, gerät Markos‘ Rettungsversuch zu einer ganz eigenen Odyssee.

Einstieg und Erzählstil

Der Einstieg in die Geschichte erfolgt über einen Vorspann, in welchem erzählt wird, wie der Fluch entsteht, der für Iolans außergewöhnliches Erbe verantwortlich ist. Wir erleben das Ende einer Schlacht und eines ganzen Volkes sowie die letzte Rache dieses Volkes an Iolans leiblichem Vater. Das ist ein spannender und gut gewählter Einstieg, eine Art epischer Vorspann, der uns ahnen lässt, über wie viel Potenzial die Geschichte im weiteren Verlauf verfügt.

Perplies erzählerischer Stil ist leicht verständlich und interessant. Man gleitet automatisch in die Geschichte hinein und findet sich an der Seite der Charaktere wieder. Der Text erzählt, ohne oberflächlich zu wirken, den groben Fortgang der Geschichte und durch Dialoge an den passenden Stellen erfahren mir mehr über die Beziehungen der Charaktere und deren Wünsche für die Zukunft. Zusätzlich erleben wir am Rande mit, wie Intrigen gesponnen werden, wenn beispielsweise eine Szene des Quano-Zauberers beschrieben wird, und wie es um die Machtverhältnisse im Reich bestellt ist. Durch die zwei Haupthandlungsstränge von Iolan und Markos begleitet der Leser beide Figuren auf ihrem Weg und bekommt so einen weitläufigeren Eindruck vom Land Cordur und seinen Städten und Bewohnern. Perplies baut eine spannende Atmosphäre auf und hält die Spannung über den Verlauf des Romans hinweg aufrecht.

Keine Überraschungen?!

Auf den ersten Blick möchte man vielleicht sagen: Ein Königskind als Findelkind, ein intrigenbesetztes Reich, ein böser König? Das hat es alles schon gegeben! Sicherlich ist mit dieser Rahmenhandlung das Rad nicht unbedingt neu erfunden worden, und doch – die Intensität, mit der wir die Geschichte miterleben, liegt meiner Meinung nach an einigen wichtigen Punkten, die weit weniger gängig sind.

Die Hauptcharaktere werden durch die Bank weg nicht nur ungewollt in die Ereignisse hineingezogen, sie verbleiben über große Teile der Handlung hinweg auch recht handlungsarm, ohne dass es langweilig wird, ihren Weg zu verfolgen. Markos bricht zwar aus freiem Willen heraus auf, wird aber über die Schwierigkeiten, in die er gerät, in eine Situation gebracht, in der er seinem neuen Herrn gehorchen muss, um zu überleben. Allein die Befehle seines Herrn bringen ihm neue Erfahrungen über das Land und dessen Völker und leiten bis auf Weiteres seinen Weg. Iolan ist durch die Lügen Arastoths über weite Strecken völlig in die Machenschaften des Quano und seiner Verbündeten verstrickt, ohne wirkliche Handlungsfreiheit zu besitzen, bis er sich zur eigenen Suche nach Informationen entschließt. Und auch Mirene sitzt im sicheren Aidranon fern der Heimat fest.

Perplies erreicht durch seinen atmosphärischen Schreibstil, dass diese Handlungsarmut der Hauptcharaktere den Leser nicht langweilt, sondern fesselt. Dies erreicht er durch atmosphärische Beschreibungen, aber auch dadurch, dass im Hintergrund ganz viel passiert. Intrigen brechen zusammen, Befragungen finden statt, Leute verlieren ihr Leben, Angriffe erfolgen und magische Traditionen werden verfolgt, kurzum: Die Hauptcharaktere machen vielleicht nicht viel aus eigener Entscheidung, aber das dämmt die Handlungen insgesamt im Buch kaum ein!

Ein weiteres Manko des Textes ist vielleicht, dass der Leser dort, wo der Charakter Ungewissheit hat, im Grunde immer schon wage über die Intrige Bescheid weiß. Somit taucht die Frage nach dem „was geht da vor sich“ gar nicht erst auf, wenn Iolan Hinweise auf sein wahres Erbe entdeckt. Durch den Vorspann wissen wir von dem über Iolans Vater verhängten Fluch, welcher ausschlaggebend für Iolans Schicksal ist. Zwar bleibt offen, was der Quano damit erreichen will, Iolan nach Aidranon zu bringen, aber generell gibt der Text uns keine unmittelbaren Rätsel auf. Dadurch kommt das Mitfühlen mit Iolan in seiner Unwissenheit ein wenig abhanden. Dennoch ist es spannend zu beobachten, wie dieser durch immer neue Lügen in die Machenschaften Aidranons hinein gezogen wird, während sein Bruder in ungewollte Gefangenschaft gerät und mächtige Bekanntschaften schließt. Was uns als Geheimnis bleibt, ist die Magie der Quano, welche wir zwar an einigen Stellen erleben dürfen, über deren vollständige Natur und Herkunft man an dieser Stelle aber noch keine Kenntnis hat. Da wir auch über die Machenschaften Arastoths im Unklaren bleiben und wir über das Volk der Quano wenig erfahren, bleibt es vorerst bei der Erkenntnis, dass man einem Quano nicht trauen kann. Denn eines erfahren wir sehr schnell von ihnen: Meisterhafte Intriganten sind sie auf jeden Fall.

Die Charaktere

Auffallend gelungen sind die Charakterkonzeptionen in diesem Roman. Sehr deutlich wird dies an der Darstellung von Markos und Iolan. Ersterer weiß mit seinem gefestigten Charakter genau, was er will und bewegt sich, soweit er kann, mit Entschiedenheit in diese Richtung. Iolan ist hingegen noch unsicher, ungefestigt und auf der Suche nach sich selbst und dem, was sein Schicksal ausmachen könnte.

Es fällt leicht, mit den unterschiedlichen Parteien in der Geschichte zu sympathisieren, ohne dass dabei alles schwarz-weiß gezeichnet wird. Auch die scheinbaren Widersacher, der böse König beispielsweise, sind sehr natürlich dargestellt und tragen ihre eigenen Ängste in sich. Mit einigen, wenigen Sätzen verpasst Perplies auch den Randfiguren Charakter und Tiefe und macht es uns leicht, diese durch die Geschichte zu begleiten. Sicher mag man auch in diesem Roman nicht jeden Charakter gleich gern, aber es gibt dank der fesselnden Erzählweise keinen, dessen Schicksal zu verfolgen langweilig würde.

Die Welt im Hintergrund

Die Welt, in der Perplies seine neuen Saga ansiedelt, ist Yeos. Die unterschiedlichen Reiche (unter anderem Cordur – in dem die Geschichte beginnt) umschließen mehrere Meere, in denen größere und kleinere Inseln die Wasseroberfläche durchbrechen. Rein geographisch erinnert der Handlungsort ans Mittelmeer, da sich der Autor auch an dieser Region orientiert hat, was die Stimmung und Atmosphäre des Romans betrifft. Es handelt sich um ein antikes Setting, ähnlich dem alten römischen Reich, versetzt in eine High-Fantasy-Welt.

Neben Cordur gibt es verschiedene andere große Reiche, dem Namen nach von fremden Völkern bewohnt, über die wir im ersten Band nur stellenweise Informationen bekommen. Die Sidhari, mit denen Markos auf seiner Odyssee Bekanntschaft macht, erinnern an Dunkelelfen, in Quanish haben die Quano-Zauberer wohl ihren Ursprung und auch das Reich Dyrrach, von dem der Fluch ausging, welcher Iolans Vater traf, ist auf der Karte des Buches verzeichnet. Die Anspielungen auf die unterschiedlichen Völker und Länder machen einen neugierig auf mehr. Außerdem wird deutlich, dass sich hinter dem ausgesponnenen Plot eine durchdachte Welt verbirgt, die der Leser im weiteren Verlauf der Saga entdecken kann.

Der Autor

Bernd Perplies ist Übersetzer, Journalist und Autor. Sein Debütroman erschien im August 2008 und seitdem blieb er der phantastischen Literatur treu. Er kommt aus der Rollenspiel-Szene und der hier vorgestellte Titel Imperium der Drachen – Das Blut des schwarzen Löwen ist in diesem Jahr gleich für mehrere Preise im Bereich phantastischer Literatur nominiert: für den Seraph in der Kategorie „Bestes Buch“, den RPC Fantasy Award in der Kategorie „Literatur“ und den Deutschen Phantastik Preis in der Kategorie „Bester deutschsprachiger Roman“).

Schreibstil

Perplies schreibt und beschreibt flüssig, verständlich mit vielen kleinen Details ohne dabei langatmig oder ausschweifend zu werden. Der einfache, aber spannende, Stil baut die Atmosphäre des Romans Stück für Stück auf und sorgt, gemeinsam mit dem anhaltend interessanten Plot, erfolgreich dafür, dass die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt. Die vielen verschiedenen Namen und Orte, die im Roman auftauchen, können im ersten Moment zwar verwirrend sein, dem ist aber mit einer Namensliste samt Erläuterungen am Ende des Buches Abhilfe geschaffen, sodass die Freude am Lesen ungetrübt bleibt.

Preis-/Leistungsverhältnis

Mit einem Preis von 12,99 EUR bewegt sich das Buch im üblichen Rahmen einer Paperback-Ausgabe und ist seinen Preis wert. Die Bindung und der Druck sind einwandfrei und die Seiten, ebenso wie das Cover, von guter Qualität.

Erscheinungsbild

Das schwarze Blut des Drachen Perplies Egmont Ink CoverDas Cover ist mit kräftigen Farben ansehnlich gestaltet und zeigt einen gewaltigen, roten Drachen im Kampf gegen einen Ritter. Das ist eine Szene, die im Handlungsverlauf des Romans Sinn ergibt und stimmig ist. Die Innenseiten des Einbandes sind vorne und hinten mit einer farbigen Karte von Yeos bedruckt und verschaffen dem Leser einen Überblick über die im Roman auftauchenden Städte und deren Lage zueinander. Die Schriftarten sind gut gewählt, leserlich und stimmig im Gesamtbild. Der Text im Buch ist ordentlich gesetzt und in einer gut lesbaren Schriftart und Größe verfasst. Der Roman hat einen Umfang von 480 Seiten und ein Format von 13,5 x 38 x 21,5 Zentimetern.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Egmont INK
  • Autor(en): Bernd Perplies
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Paperback
  • Seitenanzahl: 480 Seiten
  • ISBN: 9783863960704
  • Preis: 12,99 EUR
  • BezugsquelleAmazon

 

Bonus/Downloadcontent

Es ist kein Bonusmaterial vorhanden.

Fazit

Der Auftakt dieser Romanreihe ist durchweg gelungen. Mithilfe sympathischer und aussagekräftiger Charaktere und deren einzelner schicksalhafter Reisen führt uns Perplies in seine neue Romanwelt ein. Der Leser lernt gemeinsam mit den Charakteren fremde Völker kennen und wird in Intrigen und Machtspielen hineinversetzt. Trotz der oftmals handlungsarmen Hauptcharaktere passiert ringsum im Buch und auch im Hintergrund so viel, dass man nie den Eindruck bekommt, dass es langweilig würde. Im Gegenteil, gerade die fehlenden Möglichkeiten der Hauptcharaktere selbstbestimmt zu handeln, erschaffen eine gelungene, fesselnde Atmosphäre, bei der man als Leser mitfiebern kann.

Man hofft, dass jeder der drei Geschwister bald Gelegenheit bekommt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Verständnis für die Welt um sich herum zu entwickeln. Immer wieder weisen uns Iolans geheime Kräfte und die fremden Mächte der Quano, so wie die mythenhafte Magie der Sidhari darauf hin, dass es sich um eine epische Reihe handelt, bei der wir uns auf die kommenden Teile freuen dürfen. Die Fortsetzung Imperium der Drachen – Kampf um Aidranon ist im Juli 2015 erscheinen.

Daumen4weiblich

 

Interview mit dem Autor Bernd Perplies

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Bernd Perplies

Teilzeithelden: Du bist ja selbst Rollenspieler, wie auch viele unserer Leser. Möchtest du uns kurz sagen, wie lange du schon spielst und in welchen Systemen du dich primär zuhause fühlst?

Bernd: Ich spiele schon seit einer halben Ewigkeit. Ich habe etwa mit zwölf Jahren angefangen, als ein Freund mich in Kontakt mit seiner DSA-Grundbox brachte. Da wir damals nicht viel Taschengeld hatten, haben wir uns jedoch schnell davon abgewandt und stattdessen jahrelang selbst erfundene Systeme gespielt (von Fantasy über Dark Future bis zur Space Opera war alles dabei). Ab der Oberstufe ging es dann auch richtig mit den Kaufsystemen los. Wir haben Shadowrun, MechWarrior und Vampire gespielt, außerdem ein paar rebellische (und etwas kranke) Sitzungen KULT. Im Studium waren aufwändige DSA-, Cthulhu– und Star Trek-Kampagnen angesagt, ergänzt um Dutzende kleinerer Ausflüge in unterschiedlichste Systeme. Ich denke manchmal, ich habe damals wirklich alles angetestet, was der Markt hergab. Vor ein paar Jahren fand dann eine bunte Gruppe Leute in meiner Heimatstadt zusammen, mit der ich seitdem in lockerem Turnus spiele, wobei wir vor allem die Universen von Serenity, WitchCraft und jüngst Battlestar Galactica bereisen.

Teilzeithelden: Wie bist du vom Fantasy-Rollenspieler zum Autor für Fantasy-Literatur geworden?

Bernd: Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Früheste Fantasy-Erzählungen datieren bis in die Grundschule zurück (zum Glück sind diese Werke heute verschollen). Dass es so lange gedauert hat, bis ich endlich meinen Debütroman zu Papier gebracht habe, hängt wohl vor allem damit zusammen, dass ich jahrelang nicht das Durchhaltevermögen hatte, 300 und mehr Seiten zusammenhängenden Text niederzuschreiben. Doch der Traum, Autor zu werden, ging nie wirklich verloren. Und Mitte 2006 schien für mich der Zeitpunkt gekommen. Denn zum einen nahte mein 30. Geburtstag, also diese magische Grenze, die einem fortwährend einflüstert: „Tu was! Verwirkliche deine Träume jetzt! Oder lass es die nächsten 30 Jahre sein und such dir einen ordentlichen Job.“ Zum anderen flatterte mir die Einladung zu einem Schreibwettbewerb ins Haus, für den man einen phantastischen Roman verfassen sollte. Also sagte ich mir: „Verdammt, du wolltest schon immer einen Roman schreiben – und nie hast du es geschafft. Jetzt aber!“ Und dann habe ich alle anderen Dinge in meinem Leben zurückgestellt und mich hingesetzt und es getan. Daraus wurde letztlich Tarean – Sohn des Fluchbringers (der übrigens am Ende bei einem völlig anderen Verlag erschien) – und der Erfolg dieses Buchs hat mich darin bestärkt, dem eingeschlagenen Pfad weiter zu folgen.

Teilzeithelden: Würdest du sagen, dass das Rollenspiel im Vorfeld hilfreich war beim Ausdenken neuer Welten, Geschichten und dem Ausgestalten von Charakteren, oder ist der Einfluss von Fantasy-Literatur und -Filmen in diesem Punkt bedeutsamer, deiner Ansicht nach?

Bernd: Ich glaube, dass das Rollenspiel absolut hilfreich war, ja. Rollenspieler lieben es, sich Dinge sehr genau auszumalen, ihre Welten und Figuren so umfangreich wie möglich mit Leben zu füllen. Ein Abenteuer zu leiten und einen Roman zu schreiben, sind zwar durchaus zwei sehr unterschiedliche Dinge (in Handlungsfragen habe ich mich immer eher vom Erzählen in Filmen leiten lassen), aber eine stimmige Welt zu entwerfen und spannende Charaktere zu entwickeln, das lernt man meines Erachtens wunderbar beim Rollenspiel. Ich bin ja auch keineswegs der einzige Fantasy-Autor, der aus der Szene kommt. Markus Heitz, Bernhard Hennen, Christoph Hardebusch, Lena Falkenhagen, Tom Finn haben doch alle als Shadowrun– und DSA-Spieler und -Schreiber begonnen.

Teilzeithelden: Hast du ein oder mehrere Vorbilder im Fantasy-Literaturbereich, die du selbst besonders gerne liest?

Bernd: Uneingeschränkte Vorbilder habe ich keine, nein. Natürlich hatte ich meine Fan-Phasen, aber das war alles vor meiner Zeit als Autor. So habe ich früher eine Weile lang begeistert Terry Pratchett gelesen, später war es H. P. Lovecraft, dann kam Tad Williams. Jeder von ihnen hatte seine Stärken – der absurde Humor, die Fähigkeit, schleichendes Unwohlsein zu einem Moment des Grauens zu steigern, die blumige Sprache –, aber ich sehe bei all diesen Schreibern auch ihre Schwächen. Es ist also nicht so, dass ich mir sage: „Mensch, ich wäre gerne wie George R. R. Martin.“ und dann versuche, diesem Autor nachzueifern. Wobei ich, wenn ich darüber nachdenke, schon gerne wie er wäre, denn er verkauft im Moment einfach absurd viele Bücher.

Teilzeithelden: Sind einzelne Figuren aus Imperium der Drachen an frühere oder aktuelle Rollenspielcharaktere aus deinem Umfeld angelehnt, sei es namentlich oder charakterlich? Wenn ja, erzähl uns gerne etwas davon.

Bernd: Nein. Meine Fantasy-Rollenspiel-Zeiten liegen schon zu lange zurück, als dass mir das wichtig gewesen wäre. Zumal Imperium der Drachen in einem völlig anderen Setting spielt und mit ganz anderen Geschöpfen aufwartet. Allerdings schaue ich noch heute gelegentlich in meine alten Unterlagen über die Welten, die wir damals entworfen haben – und der ein oder andere Ort verdankt seinen Namen durchaus jener Zeit. Wobei das eigentlich auch nicht auf Imperium der Drachen zutrifft. Wir haben halt nie in einer fantastischen Antike gespielt. Aber die Stadt Bondingor in meiner Kinderbuchreihe Drachengasse 13 beispielsweise, die entstammt der mittlerweile mehr als zwanzig Jahre alten Karte einer Welt, die meine Freunde und ich mit 12 oder 13 bereisten.

Teilzeithelden: Teil 2 der Imperium der Drachen-Reihe ist dieses Jahr im Mai erschienen. Weißt du schon, wann Teil 3 erscheinen wird?

Bernd: Noch nicht mit Sicherheit. Das liegt vor allem daran, dass mir ein paar Projekte in den Zeitplan gerutscht sind, die ein lang gehegter Traum von mir waren, sodass ich sie ohne Rücksicht auf Verluste vorgezogen habe. (Worum es geht, erfahrt ihr Ende Oktober.) Es ist mein fester Plan, dass Imperium der Drachen weitergeht, aber ich schätze, es wird bis 2017 dauern, bis es Nachschub gibt.

Artikelbilder: Engmont INK
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt

 

Stefanie SpieseckeStefanie Spiesecke ist Buchhändlerin und Redakteurin im Ressort für phantastische Literatur. Sie unterstützt teilzeithelden.de mit Berichten rund um das geschriebene fantastische Wort.

 

 

 

 

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