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Im Bereich der Horror-Darstellung tummeln sich viele Bastler, Darsteller, Schneider und Maskenbildner. Aber wenige Personen vereinen alle diese Punkte in sich. Es sind die Alleinstellungsmerkmale, die einen großen Teil zum bleibenden Eindruck beitragen, den die 27-jährige Mia aus München hinterlässt. Mia, bekannt unter ihrem Künstlernamen „Mia Shinda“ sticht mit ihren 143 Zentimetern Körpergröße und ihrem jugendlichen Aussehen aus der Masse der Darsteller heraus, und ist eine der ganz Großen im Bereich des Horrors. In diesem Genre hat sie, gemäß ihrem Motto „man muss immer das Beste aus dem machen, was man hat“, ihren Schwerpunkt auf die Darstellung sehr junger Charaktere gelegt. In diesen Rollen brilliert sie seit Jahren, und ist gerade auf Zombie-Conventions als untotes Mädchen zu einer Berühmtheit geworden, von der noch nach Jahren gesprochen wird.

Mia wurde 1987 geboren, und begeisterte sich schon als Kind für Gruselgeschichten und Geisterbahnen, vor allem solche mit echten, lebendigen Darstellern. Damals bereits wurde ihr Interesse an Puppen und Requisiten geweckt.

Nach ihrem Schulabschluss mit der mittleren Reife 2005 machte sie mit einer Ausbildung zur qualifizierten Fachkosmetikerin und Visagistin mit Schwerpunkt auf Horror-Make-Up in Augsburg ihr Interesse zum Beruf. Parallel dazu begann sie 2006 mit Cosplay und damit einhergehend mit ersten Schneiderversuchen und Requisitenbau. 2010 beendete sie ihre Cosplaykarriere mit der erfolgreichen Teilnahme an der Deutschen Cosplaymeisterschaft, bei der sie den 2. Platz bei den Frauen belegte. Seit diesem Jahr begann sie als Alternativ-Model zu arbeiten, und es ergaben sich erste Kontakte mit dem Hobby LARP. Seither nahm sie sehr erfolgreich an zahlreichen Fotowettbewerben teil.

2011 schloss sie ihre Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin mit Fachabitur, Schwerpunkt Kunst- und Theaterpädagogik, in Krumbach ab. Auch 2011 startete sie richtig ins Thema LARP durch, mit einem NSC-Auftritt als untotes Mädchen auf der ersten „Zombieapokalypse“, und lernte hier einer Community kennen, die sie nach eigenen Worten nicht mehr missen möchte. Weiterhin ihrem ganz eigenen Stil treu bleibend, ergaben sich zwei Statistenrollen als Zombie und als kleines Mädchen in zwei kleineren Filmprojekten.

Seit 2013 ist Mia ein Mitglied der „Wasteland-Warriors“ und nimmt seither an ein bis zwei Auftritten der Gruppe im Jahr teil, zum Beispiel auf der RPC oder „Wacken Open Air“. 2014 stellte sie das erste Mal auf der FARK aus und bekam vom Veranstalter den Titel „Queen of Horror“. Ende 2014 schloss sie dann die Ausbildung zur Fachpädagogin für künstlerischen Ausdruck und ästhetische Bildung in München ab und übernahm die pädagogische Leitung in einer Kindertagesstätte mit Schwerpunkt auf künstlerischer Bildung und Theaterpädagogik.

Und jetzt, im Jahr 2015 gründete Mia ein Kleingewerbe, in dem sie die ganze Bandbreite ihrer Fähigkeiten anbietet: Herstellen von LARP-Requisiten, Accessoires, „modden“ von Kleidung und NERF-Blastern und Sonderanfertigungen. Auch stellte sie aufgrund der hohen Nachfrage nach ihr wieder auf der FARK aus. Als letztes schloss sich ein Auftritt in der RTL-Sendung „Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein“ als Darstellerin des Geistermädchens an, bei dem sie den Prominenten gehörig die Nachtruhe vermieste.

Mias Website findet sich unter http://www.mia-shinda.com, sie kann aber auch per Mail kontaktiert werden.

Das Interview

Teilzeithelden interviewte Mia am Sonntag den 11.10. nach der Convention Bunker Springs 2 in Montabaur. Nach diesem recht schlaflos verbrachten Wochenende trafen wir uns zwanglos an einem ausgebrannten Lagerfeuer in der Morgensonne.

LARP und Spielweise

Teilzeithelden: Hallo Mia. Ich habe dich ja nun das ganze Wochenende in Aktion erlebt. Du spielst sehr engagiert, und scheinst in deiner Rolle voll aufzugehen. Seit wann LARPst du schon?

Mia: Danke sehr, ich LARPe erst seit 4 Jahren.

Teilzeithelden: Wie bist du zum LARP gekommen?

Mia: Ich habe mit Cosplay angefangen, dann haben mich einige Freunde mit zum Zombie-LARP genommen, und es hat mir sehr gefallen – die Rollen, die Community, die ganze Stimmung.

Danach bin ich dabei geblieben.

Teilzeithelden: Welche Rollen waren es, die dir so gut gefallen haben?

Mia: Ich war als NSC Sicherheits-Chefin und hatte vier riesen Kerle, die hinter mir standen, alle so um die zwei Meter! (lacht) Ich habe mir das zuerst nicht zugetraut, aber dann doch Geschmack daran gefunden.
In der anderen Rolle habe ich mit einer Freundin Zombie-Zwillinge gespielt. Es war großartig.

Teilzeithelden: Gefallen dir dominante Rollen?

Mia: Ja, schon, aber noch mehr Spaß macht mir die Rolle des Underdog, herumgescheucht werden, Dreck und Schmutz, das ist eine Form von sehr intensivem Spiel.

Teilzeithelden: Würdest du dich als „Jack-Ass“-LARPerin bezeichnen?

Mia: Ja, (lacht) auf jeden Fall. Wenn irgendwo eine Straße ist, und darunter ein Abflussrohr, dann krieche ich lieber da unten durch.

Teilzeithelden: Das klingt allerdings recht intensiv.

Mia: Ich mag diese Form von intensivem Spiel, es hilft mir diese Welt, in der ich gerade bin, zu „erleben“, das ist genauso wichtig, wie durchzuspielen, 24 Stunden in der Rolle zu sein, und nicht erst nach dem Frühstück anzufangen. Ich habe in der Endzeit jemanden, der meinen Vater mimt, und wir spielen nicht erst von dem Moment an, wo wir wach werden. Ich kuschele mich nachts an ihn an, wenn wir zwischendurch wach werden ein kleines Gespräch, also wirklich 24/7 In-Time.

Teilzeithelden: Du lebst deine Rollen im Spiel also regelrecht?

Mia: LARP ist für mich eine Möglichkeit, neue und andere Wesenszüge auszuprobieren, und je konsequenter man durchspielt, desto besser geht das.

Teilzeithelden: Spielst du nur Endzeit, oder auch andere Genres?

Mia: Oh, ich spiele eigentlich alle möglichen Rollen. Im Fantasy-LARP bin ich eine Katze auf dem Orient-Con. Ich war auch auf dem Conquest of Mythodea bei den Untoten, und Steampunk habe ich auch schon gemacht. Horror natürlich auch immer wieder. Das einzige, was mir noch fehlt, ist Science-Fiction!

Teilzeithelden: Würde dich das auch reizen?

Mia: Ja, aber bisher hat sich da noch nichts ergeben.

Teilzeithelden: Und was ist bei dir das Erste, das du nach einer Convention machst?

Mia: Nach Hause, mit der Katze kuscheln, Badewanne, Heparin gegen die blauen Flecken und einen heißen Kakao. Ich bin Kakaoabhängig! (lacht)

Gewandungen und Zubehör

Teilzeithelden: Dieses Wochenende warst du als Botin und als Zombiehund unterwegs. Woher kriegst du deine Gewandungen?

Mia: Alles, was ich trage, mache ich selber.

Teilzeithelden: Hast du Näherin gelernt?

Mia: Nein, einen Teil kann ich natürlich aus meiner Ausbildung, aber mein Opa hat mir viel in Richtung Basteln beigebracht, und meine Oma übers Nähen. Den Rest probiere ich einfach aus und bringe es mir selber bei. Es gibt auch viele Tutorials bei YouTube oder sonst im Internet.

Teilzeithelden: Viele Künstler teilen ja inzwischen ihr Wissen.

Mia: Ja, wenn sie das nicht machen würden, wäre es viel schwerer, Ideen umzusetzen. Ich habe auch einige Tutorials auf meiner Internetseite.

Teilzeithelden: Und woher kommen die Ideen zu deinen manchmal wirklich erschreckenden Sachen?

Mia: (lacht) Überallher, aus Videos, Filmen, Computerspielen, Büchern und meiner Fantasie.

Teilzeithelden: Deine Gewandungen sind immer sehr aufwendig …

Mia: Das kommt sicherlich aus meiner Cosplay-Zeit, ich bin da sehr detailverliebt.

Teilzeithelden: Wo wir gerade bei Details sind, wo beschaffst du deine Materialien?

Mia: Ich schaue oft auf Flohmärkten, aber auch auf Wertstoffhöfen und Schrottplätzen. Sogar die Tatsache, dass ich zur Arbeit pendle, kommt mir da entgegen.

Teilzeithelden: Das Pendeln? Inwiefern?

Mia: (lacht) Man glaubt gar nicht, was Leute auf Bahnhöfen alles wegschmeißen. Laschen von Getränkedosen, Reißverschlussteile, Kronkorken und alle möglichen anderen Kleinteile. Ich suche generell immer.

Teilzeithelden: Da kommt sicherlich einiges an Material zusammen. Wo verarbeitest du die Sachen alle?

Mia: Ich habe einen Kellerraum, komplett ausgestattet mit Flex, Werkbank, Bohrmaschine und so weiter. Und ein weiterer Raum ist nur für meine Materialsammlung. Da ist es hilfreich, dass ich so klein bin, der Raum ist so voll, dass außer mir da keiner mehr rein kommt.

Teilzeithelden: Ein Profi am Werk.

Mia: Naja, Profi nicht unbedingt. Das Meiste habe ich mir selbst beigebracht und ich probiere alles Mögliche aus. Beim Basteln muss man immer das Beste aus dem machen, was man hat. Und vor allem Ruhe bewahren. Das ist allerdings nicht immer ganz so leicht!

Teilzeithelden: Manchmal hilft es dann, einfach etwas kaputt zu schlagen, wenn es gar nicht funktioniert!

Mia: (Lacht) Oh ja, DAS Gefühl kenne ich auch sehr gut!

Privates und Zukunftsaussichten

Teilzeithelden: Du bist durch deine Auftritte schon recht bekannt geworden, wirst du auch außerhalb von Conventions erkannt?

Mia: Das kam das eine oder andere Mal schon vor, zum Beispiel in einem Lederfachgeschäft, wo ich nach Resten gesucht habe. Da haben zwei Mädchen erst rumgetuschelt und sind dann an der Kasse auf mich zugekommen und fragten, ob ich die Mia Shinda aus dem Internet bin.

Meist werde ich aber auf Conventions angesprochen. Es kommt dann jemand auf mich zu, kennt mich und meine Werke, und ich weiß nicht mal wer das ist! Am Anfang hatte ich deswegen ein schlechtes Gewissen und dachte, ich hätte ein schwaches Gedächtnis. Aber die Leute “kennen” mich dann eben aus dem Internet.

Teilzeithelden: Durch deine Größe bist du auch ziemlich unverwechselbar.

Mia: Ja, mit 1,43 falle ich schon auf. Aber das ist kein Problem. Man muss immer das Beste aus dem machen, was man hat. Man muss seine persönliche Lücke finden.

Und manchmal ist das ziemlich witzig.

Teilzeithelden: Inwiefern?

Mia: Na ja, neulich stand ich am Bahnhof und wollte zur Arbeit fahren. Da kamen zwei Polizisten auf mich zu, musterten mich streng und sagten: “Na? Solltest du jetzt nicht in der Schule sein?” Ich habe ihnen dann meinen Ausweis gezeigt und ihnen gesagt, dass ich eigentlich zur Arbeit müsste. Die Polizisten haben sich nur verdattert damit entschuldigt, dass ich so jung aussehen würde. Ich habe mich für dies Kompliment bedankt und sie sind gegangen.

Viele Leute sind verwirrt, wenn sie sehen, dass ich Auto fahre oder ab und zu mal ein Bier trinke.

Teilzeithelden: Was hast du für die Zukunft geplant?

Mia: Ich habe jetzt gerade ein Kleingewerbe angemeldet. Und ich hoffe, dass ich im Bereich LARP-Gewandungen und Accessoires Fuß fassen kann.

Vielleicht ergibt sich ja auch noch mal die Chance auf einen Horrorfilm, TV oder Kino.

Teilzeithelden: Planst du das Ganze mal hauptberuflich zu machen?

Mia: Das ist Zukunftsmusik. Im Moment bin ich beruflich Kunstpädagogin für Kinder von ein bis sechs Jahren. Als Geldquelle für meine Hobbys arbeite ich noch als Alternativmodel. Das geht ganz gut über den Verkauf von Bildrechten.

Teilzeithelden: Und über dein Gewerbe verkaufst du dann ganze Gewandungen?

Mia: (Lacht) Nein, das nicht, nähen tue ich nur für mich, aber ich modde und motze Sachen auf, die mir geschickt werden, oder ich baue Props, Puppen oder Einzelstücke nach Kundenwunsch.

Wenn ich ein ganzes Kleidungsstück nähen sollte, müsste ich den Kunden bei mir haben. Anhalten, zuschneiden, nähen, wieder umnähen. Nur nach Maßen könnte ich das nicht.

Teilzeithelden: Alles in allem ein recht voller Zeitplan. Wann machst du mal Urlaub?

Mia: Regelrechten Urlaub mache ich nie. Conventions oder ein Shooting an sogenannten „Lost Places“ ist für mich der schönste Urlaub, den es gibt.

Teilzeithelden: Dann bleibt mir nur noch, dir viel Glück zu wünschen, und ich bedanke mich für das Interview.

Mia: Gern geschehen, ich habe zu danken!


Mit diesen Worten steht Mia auf, geht schnell ein paar Schritte um die Feuerstelle herum, klaubt einen Kronkorken und zwei verrostete Unterlegscheiben aus dem Gras und steckt sie in ihre Tasche. Denn sie sucht schließlich immer.

Um aus dem, was sie hat, das Beste zu machen.

 

Artikelbild: Frank Mühlbauer, weitere Fotos entsprechend gekennzeichnet

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