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Nach dem Erfolg von Krosmaster Arena war es nur eine Frage der Zeit, bis der Brettspielableger der MMORG’s Dofus und Wakfu auch selbst Ableger hervorbringen würde. Der erste eigenständige davon ist Krosmaster Junior, welcher sich speziell an jüngere Spieler ab sieben Jahren richtet und ein familienfreundliches Erlebnis bieten soll. Ob das gelingt, und auch den „Großen“ noch Spaß macht?

Spielablauf

Das Spiel basiert grundsätzlich auf den Regeln von Krosmaster Arena, allerdings in vereinfachter Form. Enthalten sind sieben Szenarien/Abenteuer, die in den „Abenteuerbüchern“ der vier Figuren beschrieben sind und aufeinander aufbauen. Wer hier jedoch eine spannende Kampagne oder wenigstens Hintergrundgeschichten erwartet, liegt falsch. Nichts davon ist zu finden. Die Abenteuer sind zudem für alle vier Figuren gleich, wie auch die Spielwerte der Modelle. Lediglich Namen und die Optik der vier Krosmaster und ihrer Haustier-Marker unterscheiden sich – spielerisch gibt es keinen Unterschied.

Die „Abenteuerbücher“ sind hübsch gestaltet aber, wie hier zu sehen, regel- und szenariotechnisch absolut identisch.
Die „Abenteuerbücher“ sind hübsch gestaltet aber, wie hier zu sehen, regel- und szenariotechnisch absolut identisch.

Die Abenteuer fungieren vor allem als Tutorial für die Regeln. In jedem Abenteuer kommt etwas Neues hinzu, so dass man Spiel für Spiel lernt. Kehrseite davon ist, dass man gerade zu Beginn sehr einfache Szenarien hat, die kaum Wiederspielreiz bieten.

Abenteuer 1 bis 3

Alle Abenteuer werden auf einem (der vier) Spielbretter mit 8×8 Feldern ausgetragen. Je nach Spielerzahl befinden sich die Startfelder an anderer Stelle. Alle Charaktere haben drei Bewegungspunkte, ihre Haustiere (soweit sie im Abenteuer vorkommen) zwei. Zudem befinden sich Büsche (nicht passierbar) und Totems (nicht passierbar, unterbrechen Sichtlinie) auf dem Spielfeld.

In den ersten beiden Abenteuern muss man lediglich die Haustiere der Mitspieler einfangen. Dazu muss man nur auf ein benachbartes Feld gelangen. Klingt unspektakulär, und spielt sich auch so. Das zweite Abenteuer wird erweitert um die Regeln für das Blockieren anderer Figuren. Mittels Würfelwurf kann, bei erfolgreichem Wurf, die Bewegung eines gegnerischem Charakters (Krosmasters) auf einem angrenzenden Feld verhindert werden.

Der Aufbau für das erste und zweite Abenteuer.
Der Aufbau für das erste und zweite Abenteuer.

Ähnlich simpel auch das dritte Abenteuer: Jede Menge Münzen, genannt Kamas, auf dem Spielfeld, die für einen Aktionspunkt eingesammelt werden können. In diesem Szenario hat jeder Krosmaster derer zwei; die Haustiere spielen nicht mit. Je nach Spielerzahl werden ein paar Kamas an anderer Stelle des Bretts platziert, was jedoch nichts daran ändert, dass es auf fast jedem Feld eines gibt. Gewinner ist hierbei, wer die meisten eingesammelt hat – spielerisch belanglos und auch langweilig.

Im dritten Abenteuer werden Münzen gesammelt – und davon gibt es jede Menge.
Im dritten Abenteuer werden Münzen gesammelt – und davon gibt es jede Menge.

Abenteuer 4 und 5

Im vierten Abenteuer werden dann insgesamt 12 verdeckte Käfig-Marker auf dem Spielfeld verteilt. Unter diesen finden sich von jedem Charakter insgesamt drei Haustiere. Ziel ist es, die eigenen zu finden und zu befreien. Hierzu können die Käfige im Nahkampf angegriffen werden: Befindet man sich auf einem angrenzenden Feld, kann man mittels „Faustschlag“ dem Käfig einen Schadenspunkt verpassen und danach auch verdeckt nachsehen, welches Haustier sich darin befindet. Wenn ein Käfig zwei Schadenspunkte erhalten hat, kann das Haustier entnommen werden. Wer zuerst seine eigenen eingesammelt hat, darf sich als Sieger dieses Abenteuers wähnen. Durch die zufällige, verdeckte Verteilung auf dem Spielfeld, haben wir hier eine recht hohe Glückslastigkeit.

Taktischer wird da schon das fünfte Szenario. Die Käfigmarker werden erneut verdeckt verteilt, dann jedoch vor Spielbeginn aufgedeckt. Haustiere von nicht mitspielenden Charakteren werden entfernt. Die Haustiere haben nun nicht nur zwei Bewegungspunkte, sondern können ebenfalls eine „Faustschlag“-Aktion pro Runde ausführen. Zusätzlich besitzen alle Lebenspunkte: Die Krosmaster jeweils sechs, die Haustiere zwei, drei oder vier, jeweils einmal im Spiel vorhanden. Da beim Angriff nun auch gewürfelt wird für Angriff und Verteidigung, kann mitunter ein zweiter Schadenspunkt erzielt werden, jedoch auch andersrum einer verhindert werden. Ziel ist es, als Erster drei gegnerische Haustiere k.o. geschlagen zu haben. Durch das Spiel mit mehr Figuren (beziehungsweise Haustier-Markern) kann hier strategischer vorgegangen werden, auch wenn durch die zufällige Verteilung erneut das Glück nicht unbedeutend sein kann. Da man seine eigenen Haustiere natürlich beschützen will, gilt es auch, etwas abzuwägen, ob man diese eher entfernt halten will oder in den Nahkampf schickt. Ob das Ziel, die Haustiere anderer Spieler mit Faustschlägen k.o. zu schlagen, für siebenjährige Kinder passend ist, sei einmal dahingestellt. Da sollten Eltern vielleicht überlegen, ob das im Spiel abstrakt genug ist oder bei Kindern mit lebhafter Phantasie nicht möglicherweise unpassend ist.

Das Haustier auf dem blauen Marker hat zwar drei Lebenspunkte, aber die könnten schnell weg sein, wenn Ren Tinkampf und ihre Haustier beide zuschlagen
Das Haustier auf dem blauen Marker hat zwar drei Lebenspunkte, aber die könnten schnell weg sein, wenn Ren Tinkampf und ihre Haustier beide zuschlagen

Abenteuer 6 und 7

Im vorletzten Abenteuer gilt es wieder, die meisten Münzen einzusammeln. Inzwischen hat jeder Krosmaster sechs Aktionspunkte, so dass er theoretisch mehr einsammeln kann als im vergleichbaren, dritten Abenteuer. Allerdings kann man inzwischen ja auch kämpfen, und ein Angriff kostet fünf Aktionspunkte. Hier muss also wohlüberlegt sein, ob man lieber mehr einsammelt oder kämpft. Neben dem „Faustschlag“ beherrschen die Charaktere nun auch einen Fernkampfzauber: „Feuerball“ kostet ebenfalls fünf Aktionspunkte und kann über bis zu fünf Felder geschleudert werden, wenn auch nur in gerader Linie. Erstmals werden dadurch auch die Sichtlinien blockierenden Totems spielerisch relevanter und unterscheiden sich effektiv von den Büschen.

Im finalen Abenteuer dürfen unsere Charaktere dann nicht nur alles anwenden, was sie gelernt haben, sondern auch Haustiere einkaufen. Mittels eingesammelter Kamas können diese auf den in den Ecken des Spielfelds vorhandenen Dämonenfeldern eingekauft werden. Je nach Anzahl ihrer Lebenspunkte kosten sie natürlich entsprechend mehr. Da es das Ziel ist, seine Gegner k.o. zu schlagen (oder schießen), können zusätzliche Figuren beziehungsweise Marker nicht schaden, auch wenn die Haustiere weiterhin nur den „Faustschlag“ beherrschen. Aber hierfür müssen natürlich erst Kamas gesammelt werden, und wer viel sammelt, kann schlechter/weniger angreifen – man kann hier durchaus auf verschiedene Weise agieren. Auch der Zufallsfaktor ist spürbar geringer, so dass dieses Abenteuer nicht nur die meisten Möglichkeiten, sondern auch am wenigsten Frustpotential bietet.

Mit vier Charakteren und ihren Haustieren kann es eine ziemliche Tümmelei geben.
Mit vier Charakteren und ihren Haustieren kann es eine ziemliche Tümmelei geben.

Wiederspielwert und Weiterverwendung

Die Wiederspielbarkeit der meisten Abenteuer ist leider sehr eingeschränkt. Gerade die ersten drei Abenteuer dürften nicht mehr erneut angespielt werden, da sie einfach zu monoton sind. Auch das vierte Abenteuer spielt sich zu monoton, wenn auch weniger als die vorherigen. Die folgenden sind da schon eher geeignet, wobei negative Faktoren, wie der hohe Zufallsfaktor und ein gewisser Vorteil für den Startspieler, das Bild trüben. Ein sonderlich erwähnenswerter spielerischer Anspruch ist auch beim fünften und sechsten Abenteuer nicht gegeben, dürfte aber für schnelle, einfache Spiele mit Kindern ausreichen. Da jedes Abenteuer innerhalb weniger Minuten durchgespielt ist, kommt auch kein Gefühl von Zähigkeit auf. Das letzte Abenteuer dagegen dürfte tatsächlich auch beim wiederholten Spiel noch unterhalten, enthält es doch alle Elemente der anderen Szenarien und bietet Varianz und Taktik in einem Maße, der die junge Zielgruppe nicht überfordert.

Wie bereits erwähnt, sind die Abenteuer auch ein (eingeschränktes) Tutorial für Krosmaster Arena. Selbst Hersteller Pegasus Spiele sieht das nicht anders, und bezeichnet die sieben Abenteuer in ihrer News-Meldung zum Release als „Einstiegsszenarien“. Und „danach steht den spannenden Arena-Kämpfen nichts mehr im Wege“. Ob ein vermeintlich eigenständiges Spiel für Kinder ab sieben Jahren als Einstieg in ein anderes Spiel für Spieler ab 14 Jahren Sinn der Sache ist?

Die Verwendung der vier Charaktere in Krosmaster Arena ist jedenfalls problemlos möglich. Für alle vier liegen Charakterkarten bei, die sich dann auch unterscheiden, so dass sich die Figuren unterschiedlich spielen. Denkbar wäre auch, das letzte Abenteuer unter Zuhilfenahme der Karten zu spielen, um mehr Abwechslung und Anspruch ins Spiel zu bringen. Das Spielfeld des letzten Szenarios enthält zudem alle Elemente, die für eine reguläre Partie Krosmaster Arena benötigt würden – lediglich mit kleinerem Spielfeld. Ein Spiel im kleineren Maßstab könnte hier einige Spieler durchaus reizen, auch, weil sich durch das kleinere Spielfeld ganz andere Vorgehensweisen anbieten können als auf dem „großen“ Brett.

Die vier neuen Krosmaster-Figuren.
Die vier neuen Krosmaster-Figuren.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für Spieler und Sammler dürfte der Preis von 29,95 EUR durchaus fair sein. Man erhält vier neue, exklusive Figuren, alternatives Pappgelände und zumindest ein kleines Spielbrett, welches sich grundsätzlich auch für Krosmaster Arena im kleinen Stil nutzen ließe.

Für reine Spieler der Junior-Variante dürfte das Spiel zu wenig bieten, um im Vergleich zu anderen Spielen des Preissegments zu bestehen, sofern die eigenen Junioren nicht unbedingt die süßen Figuren haben wollen.

Ausstattung

Schon von außen sieht man die Herzstücke der Box: Die vier neuen Krosmaster-Figuren. Die Figuren sind solide und schlicht, aber zum Stil passend vorbemalt. Schade ist lediglich, dass alle vier Figuren optisch nicht neu sind, sondern lediglich gering modifizierte Modelle mit neuer Bemalung.

Die vier enthaltenen Bodenpläne befinden sich auf acht kleineren Puzzlestücken auf Brettspielkarton, die beidseitig bedruckt sind. Da die Pläne vom Design her nicht auf alternative Weise zusammengesetzt werden können, fragt man sich durchaus, wieso hier nicht gleich Spielbretter in einem Stück zum Falten produziert wurden. Die Stanzbögen mit Markern und Pappgelände hinterlassen leider auch einen zwiespältigen Eindruck. Diese lassen sich teilweise leider nur schwer lösen, und wer nicht sehr aufpasst, kann durchaus etwas vom Druck abreißen. Da ein Teil der Marker im Spiel verdeckt gelegt wird, kann das äußert heikel sein.

In der Box selbst befinden sich zudem die farbigen Hefte, ein Block zum Eintragen der Ergebnisse und Würfel. Diese sind schlicht weiß, wie jene aus der Krosmaster Arena-Grundbox. Hier hätte man mit einer neue Farbe (inzwischen gibt es äußerst viele Varianten!) sicher dem einen oder anderen Sammler einen zusätzlichen Kaufanreiz geboten.

Die Stanzbögen mit Markern und Gelände, Wertungsblock und Charakterkarten für den Einsatz in Krosmaster Arena.
Die Stanzbögen mit Markern und Gelände, Wertungsblock und Charakterkarten für den Einsatz in Krosmaster Arena.

krosmasterjunior boxDie harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Nicolas Degouy
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Box
  • ISBN/EAN: 4250231706639
  • Preis: 29,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Produktseite bei Pegasus gibt es das Regelheft zum Download. Die vier Figuren lassen sich zudem, dank beiliegender Charakterkarten, auch bei Krosmaster Arena benutzen.

Fazit

Krosmaster Junior hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Spieler und Sammler von Krosmaster Arena dürften auf ihre Kosten kommen, dank vier neuer Figuren und einem möglichen Spiel auf dem kleineren Spielfeld des Junior-Ablegers. Als eigenständiges Spiel betrachtet, überzeugt das Ganze jedoch nicht übermäßig: Zu monoton und zufallslastig sind die meisten Szenarien, als dass sie empfehlenswert wären.

Selbst das gute Abschlussabenteuer reißt das nicht raus, da es für sich alleine auf Dauer auch zu wenig Abwechslung bietet, auch wenn es über mehrere Partien unterhalten kann. Im Vergleich mit anderen Kinder-/Familienspielen wird hier einfach nicht genug geboten, um sich dagegen zu empfehlen.

Daumen3maennlich

Artikelbilder: Pegasus Spiele, Fotografien: Michael Fuchs

 

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