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Auf der Spiel 2015 hatten wir bereits die Chance, mit Tommy Krappweis und Fabian Dittmann ein Interview zu führen und so einiges über das Mara Kartenspiel zu erfahren. Kurz gesagt: Es spielt in der gleichen Welt wie Mara und der Feuerbringer, versucht aber nicht, die Geschichte des Films oder der Bücher nachzuerzählen. Und das ist auch gut so, denn Spiele, die genau das versuchen, scheitern dann doch meist und beschränken sich selbst zu sehr, um innovativ zu sein.

Mara und der Feuerbringer – Das Kartenspiel verwendet statt dessen sowohl Themen als auch Objekte und Personen aus der Geschichte der Bücher und des Films, um etwas Neues zu erschaffen.

Spielablauf

Das Spiel wird in Runden gespielt, die jeweils aus vier Phasen bestehen. Ein Spieler geht stets alle vier Phasen durch, bevor der nächste an der Reihe ist.

In der ersten Phase generieren alle ausliegenden Runensteinkarten des Spielers Energie, solange sie noch nicht am Maximum von drei Energie angelangt sind. In der zweiten Phase kann man diese Energie dann nutzen, um Karten auszuspielen. Außerdem darf man entweder einen mythologischen Ort oder eine Runensteinkarte spielen.

In Phase drei kann man dann mit den Machtkarten, die nicht erst diese Runde gespielt wurden, andere Spieler angreifen und so versuchen, deren Karten zu erobern. Jede Machtkarte darf dabei nur einmal pro Runde angreifen und der Angriff kostet Energie. Die Verteidigung geschieht entweder passiv durch ausliegende Machtkarten – so lange eine Machtkarte an einem mythologischen Ort liegt, dürfen die Runensteinkarten dort nicht angegriffen werden – oder aktiv durch das Ausspielen von Aktionskarten. Der Spieler, der nach Auswertung aller Effekte den höheren Machtwert hat, gewinnt den Kampf und erhält die Karte des anderen Beteiligten für seinen Siegstapel. Karten in diesem Stapel haben keinen Effekt mehr im Spiel, können aber auch nicht mehr verloren werden.

In der vierten und letzten Phase dann darf man beliebig Handkarten ablegen und danach auf sein Handkartenlimit hochziehen. Dabei ist man entweder auf die Gnade der Nornen angewiesen (also das Glück), oder man investiert Energie, um statt dessen einen der vier Stapel in der Tischmitte durchzusehen und eine beliebige Karte aus diesem zu nehmen. Da hierbei die Reihenfolge nicht verändert werden darf, kann man sich die restlichen Karten versuchen zu merken und dadurch im weiteren Spielverlauf wissen, was als oberste Karte liegen müsste. Theoretisch kann man also, wenn das Gedächtnis gut genug ist, also nach vier Mal nachschauen Zusammensetzung aller Stapel kennen. Damit das Spiel gegen Memorykönige dabei nicht völlig langweilig wird, gibt es dann ein paar wenige Effekte, die die Stapel auch wieder mischen und so diesen Vorteil negieren können.

Tommy Krappweis und Fabian Dittmann spielen ihr Spiel
Tommy Krappweis und Fabian Dittmann spielen ihr Spiel

Ziel des Spiels ist es, als erster Spieler 14 Siegpunkte zu erreichen. An diese Siegpunkte kommt man dadurch, dass man entweder Karten in seiner eigenen Auslage hat, die diese Punkte bringen, oder indem man entsprechende Karten von anderen Spielern erobert.

Die erste Kartenart, die man dafür benötigt, sind mythologische Orte. Diese erlauben jeweils das Anlegen von bis zu vier weiteren Karten, die entweder Machtkarten oder Runensteinkarten sein können. Die vierte Kartenart sind die Aktionskarten, welche ebenfalls Energie kosten, aber direkt von der Hand gespielt werden und dann einen einmaligen Effekt haben.

Bis auf die Aktionskarten gehören alle Karten einer der vier Götterfamilien an – so hier der Name der Kartenfarben. Runenstein- und Machtkarten können nur an mythologische Orte der selben Farbe angelegt werden und die produzierte bzw. benötigte Energie entspricht ebenfalls dieser Farbe.

Bei zwei Spielern darf jeder Spieler bis zu drei mythologische Orte kontrollieren, bei drei oder vier (was die maximale Spieleranzahl ist) nur zwei. Somit ist es für einen Spieler unmöglich, Karten jeder Farbe nutzen zu können und entsprechend kann und will man sich beim Ziehen der Karten nicht immer auf sein Glück verlassen.

Zusätzlich zu den ausliegenden und eroberten Karten gibt es noch eine letzte Möglichkeit, an Siegpunkte zu kommen: Die Runensteine. Von diesen gibt es zu jeder Götterfamilie einen und der Spieler, der die meisten Siegpunkte dieser Farbe hat, erhält den Runenstein und damit einen zusätzlichen Siegpunkt. Hierdurch kann das Erobern einer einzelnen Karte schnell zu einem massiven Umschwung an Punkten führen, da man nicht nur die Punkte der Karte, sondern auch den Runenstein erlangen könnte. Es ist also wichtig, immer das gesamte Spielfeld im Auge zu behalten, um zu wissen, wer eigentlich wirklich führt.

Während die drei farbigen Kartenarten dabei relativ geradlinig sind – die Machtkarten unterscheiden sich meist nur durch ihre Stärke und nur sehr wenige haben überhaupt einen anderen Effekt – sind es die Aktionskarten, die das Spiel wirklich komplex machen. Sie halten so manche Überraschung parat und können einen einmal gefassten Plan schnell durchkreuzen. Erfahrung spielt hierbei eine wichtige Rolle, denn nur wer die Karten und ihre Kosten kennt, kann auch erahnen, was der Gegner in der Hinterhand haben könnte.

Wenn man dann noch das erforderliche Memory der vier Zugstapel einbezieht, erhält man ein Spiel, das eine weit größere taktische und strategische Spieltiefe bietet, als man es bei einem Kartenspiel mit gemeinsamen Zugstapeln erwarten würde.

Preis-/Leistungsverhältnis

Bei rund 19 EUR liegt der Preis für das Spiel bei den meisten Händlern. Dafür erhält man 110 Spielkarten und vier Runensteine aus Resin, alles verpackt in einer geräumigen Pappschachtel mit Sichtfenster, durch das man die Steine sehen kann.

Das Spiel bietet einiges an Wiederspielwert, denn erst nach einer Handvoll Partien versteht man überhaupt so wirklich, wie es eigentlich funktioniert und worauf es ankommt.

Da eine Partie dabei, je nach Erfahrung und Spielerzahl (2-4), zwischen 30 und 60 Minuten dauert, sind viele Stunden Spielspaß also garantiert.

Wo bekommt man sonst so viele Stunden Spaß für so wenig Geld, wenn nicht bei guten Kartenspielen?

Ausstattung

Die Schachtel ist für ein Kartenspiel ungewöhnlich groß. Das liegt maßgeblich an den vier Runensteinen, die durch das Sichtfenster schick in Szene gesetzt werden. Für die Karten selbst gibt es nur ein einziges Fach in der Schachtel. In dieses passen die Karten gut hinein, aber der Deckel der Schachtel sitzt ziemlich locker, so dass es beim Transport schnell dazu kommt, dass die Karten verrutschen oder gar ganz aus der Schachtel fallen. Hier wären vier verschiedene Fächer für die vier Kartenarten gut gewesen, denn vor jedem Spiel muss man die Karten ohnehin nach Arten trennen, um die Zugstapel gleichmäßig zu bilden. Oder eine kleinere und engere Schachtel, in der die Karten und der Deckel nicht so locker sitzen würden.

Die Karten selbst sind von guter und fester Qualität. Etwas sonderbar mutet dabei jedoch an, dass die Rückseiten sehr viel rauer sind als die Vorderseiten. Und auch die Farbwahl ist ungeschickt. Nur bei gutem Licht ist der Unterschied zwischen Rot und Pink auf den ersten Blick zu erkennen. Bei gemütlichem Licht muss man mindestens zweimal hinschauen. Aber zum Glück sind auf jeder entsprechenden Karte auch Symbole der Götterfamilie, so dass man sich nicht nur auf die Farbe verlassen muss.

Diese Symbole sind auch, völlig ohne Farbe, auf den schicken Runensteinen zu finden. Durch das völlige Fehlen von Farbe sind auch diese nicht immer auf den ersten Blick korrekt zuzuordnen. Und man kann auch nicht einfach sagen: „Gib mir doch mal den grünen Runenstein.“ Statt dessen kann man die Namen der Symbole verwenden, die in dem Regelheft jedoch nur ein einziges Mal, ganz am Anfang, verwendet werden. Danach verwenden die Regeln meist die Farbe, die Karten selbst zeigen nur die Symbole, ohne sie jemals zu benennen. Aber wenn man die Namen der Symbole einmal gelernt hat (Triquetra, Valknut, Scheibenkreuz, Triskele), hat man zumindest auch noch was für die eigene Bildung getan. Übrigens sind dabei die Namen von Rot und Pink Triquetra und Triskele. Nicht nur die Farben haben also eine gewisse Ähnlichkeit.

Das Regelheft selbst ist gerade einmal acht Seiten lang. Um alle Regeln auf diesen unterzubringen, musste eine ziemlich kleine Schrift verwendet werden (Schriftgröße 7,5). Für Leute mit schlechten Augen ist hier eine Lupe anzuraten. Auch hat das Lektorat an einigen Stellen nicht besonders gut gearbeitet, so dass einige Regelpassagen ungenau formuliert sind. Hier gibt es jedoch bereits Abhilfe in Form einer FAQ im Netz. Auch sollen bald überarbeitete und lektorierte Regeln online zu finden sein. Auf den dann verkauften Spielen wird ein Link zu diesen per QR Code zu finden sein, so dass Käufer auch adäquat darüber informiert werden sollten.

Im Gegensatz zum Regelheft ist die Aufmachung der Karten sehr gelungen – von den oben bereits genannten Farben einmal abgesehen. Die Zeichnungen sind alle in Grautönen, treffen aber gut den Stil der Illustrationen der Mara und der Feuerbringer-Bücher. Das ist auch wenig verwunderlich, denn der Illustrator war, wie schon bei den Büchern, Adriaan Prent. Neben den Illustrationen finden sich auf vielen Karten auch Zitate aus der Edda oder anderen Quellen, die die Karten in der germanischen Mythologie verankern.

HE780_Mara_BoxDie harten Fakten:

  • Verlag:Heidelberger Spieleverlag
  • Autor(en): Fabian Dittmann
  • Erscheinungsjahr:2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format:Kartenspiel
  • Preis: 18,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Zu einigen der gröbsten Fehler und Versäumnisse der Regeln findet man im Netz eine gute FAQ. Diese beinhaltet zusätzlich auch noch gute Hinweise für Anfänger, damit diese ein paar Fehler nicht selbst machen müssen, um das Spiel besser zu verstehen.

Auf der gleichen Seite außerdem auch das Regelheft in verschiedenen Auflösungen zum Download.

Fazit

Mara und der Feuerbringer – Das Kartenspiel versucht gar nicht erst, die Geschichte von Büchern oder Film nachzuspielen. Und das ist auch gut so. Denn nur so kann es sich von der komplett anderen Struktur einer Erzählung lösen und zu etwas eigenem werden. Hierzu kombiniert das Spiel sehr gut verschiedene Mechanismen – Energiegewinnung, ausspielen von Helden, zauberartige Karten, die von der Hand gespielt werden. All das erinnert an Sammelkartenspiele wie Magic, geht aber bei weitem weniger in die Tiefe. Das ist keine schlechte Sache, macht es das Spiel doch zugänglicher für die meisten normalen Spieler. Hinzu kommt der starke Memory-Einfluss, durch den man seine Chancen, die richtigen Karten zu bekommen, erheblich verbessern kann. Hierdurch gewinnt das Spiel einen eigenen Charakter und wird zu etwas Neuem.

Und wäre es nur dieses Spielprinzip an sich, dass es zu bewerten gälte, so würde das Spiel sicherlich eine bessere Wertung erhalten. Aber leider ist das nicht alles, denn viele kleine Fehler summieren sich dann irgendwann doch so weit, dass sie zum Ärgernis werden. Von der Farbwahl der Karten über die Gestaltung der Schachtel bis hin zum größten Manko – dem Regelheft – ist hier an einigen Stellen etwas schief gegangen und das muss sich auch in der Wertung niederschlagen. Glücklicherweise wird aber bereits jetzt durch die FAQ und dann hoffentlich in Kürze auch mit überarbeiteten Regeln Abhilfe geschaffen, so dass die Hoffnung besteht, dass die zweite Auflage des Spiels die Wertung erhalten kann, die das Spiel eigentlich verdient hat.

Daumen3maennlich

Mit Tendenz nach oben

Artikelbilder: Heidelberger Spieleverlag
Fotografien: Henning Lecher (SPIEL 2015), Fabian Dittmann
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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