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Richard Garfield hat vor rund 20 Jahren mit Magic: The Gathering etwas Bahnbrechendes und Neues erfunden und dabei das Genre der Sammelkartenspiele geschaffen. Es ist für Kartenspiele das, was Dungeons & Dragons für Fantasy-Rollenspiele ist: Der Meilenstein, der es bekannt gemacht hat, an den die meisten Menschen denken, wenn man über das Genre spricht. Beide erfreuen sich bis heute immer noch großer Beliebtheit und zu beiden gibt es Bücher und Computerspiele. Was D&D Magic bisher voraus hatte, war, dass es kein Brettspiel zu Magic gab. Doch damit ist jetzt Schluss.

Auf Basis der Regeln von HeroScape, das vor fünf Jahren von Wizards of the Coast eingestellt worden war, kam in diesem Jahr Magic: Arena of the Planeswalkers in den Handel. Der Einfachheit halber werde ich das Spiel ab hier nur noch Arena nennen.

Spielablauf

Spieler und Fraktionen

Gespielt werden kann Arena mit zwei bis fünf Spielern. Wie schon beim großen Bruder Magic ist es jedoch ratsam, es als Duellspiel entweder zwischen zwei Spielern oder zwei Seiten aus je zwei Spielern zu spielen, denn ein Free-for-All ist zwar ganz lustig, aber ausgelegt ist das Spiel darauf keinesfalls.

Jeder Spieler spielt eine der fünf Farben, die aus Magic bereits bekannt sind. Im Gegensatz zum Kartenspiel ist es in Arena jedoch unmöglich, verschiedene Farben zu mischen. Auch gibt es (aktuell) keine neutralen Karten.

Karten

Die eigenen Karten bestehen immer aus einem Planeswalker – so der Name der mächtigen Zauberwirker, die im Hintergrund von Magic eine große Rolle spielen – und mehreren weiteren Kreaturenkarten. Außerdem hat man ein Deck aus exakt zwölf Zauberkarten. Dabei verfügt jede Karte über einen Punktewert und die Kreaturen dürfen in Summe maximal 500 Punkte kosten, die Zauber maximal 200. Diese Werte sind aber, solange man nur das Grundspiel besitzt, recht egal, denn die beiliegenden Karten ergeben in Summe exakt diese Werte für jede Farbe. Eine Anpassung ist also nicht möglich, bis weitere Karten erscheinen.

Spielfeld

Das Spielfeld wird aus Hexkarten gebildet, die aneinandergefügt werden. Außerdem gibt es eine begrenzte Menge an Geländeteilen, die ebenfalls aufgestellt werden können. Das Regelheft gibt hierfür einige Szenarien vor, aber man kann natürlich auch eigene entwickeln und spielen.

Die Karte für das Jeder-gegen-Jeden Multiplayer-Spiel
Die Karte für das Jeder-gegen-jeden Multiplayer-Spiel

Spielablauf

Zu Beginn des Spiels hat jeder Spieler nur seinen Planeswalker auf dem Brett und verfügt über drei Handkarten. Ab da findet das Spiel in Runden statt. Eine Partie endet entweder nach einer festgelegten Anzahl Runden oder wenn eine Siegbedingung erfüllt ist. Bei Duellen zwischen zwei Seiten ist diese Siegbedingung die Auslöschung aller gegnerischen Planeswalker.

Wer am Zug ist, zieht zuerst eine Karte von seinem Zauberdeck, dann wählt er eine der Aufstellungskarten, Planeswalker oder Kreaturen, und aktiviert diese. Die aktivierten Einheiten können sich dann bewegen und angreifen. Außerdem kann man vor und nach Bewegung und Angriff bis zu drei Zauberkarten spielen.

Beschwörung

Da man zu Beginn des Spiels nur seinen Planeswalker auf dem Feld hat, muss man ihn natürlich aktivieren. Er kann dann weitere Kreaturen aus der eigenen Reserve beschwören, hierbei gibt es keinerlei Kosten.

Die Kreaturen dürfen in maximal fünf Feldern Entfernung vom Planeswalker beschworen werden. Um also große Truppenteile schnell zu einem Punkt zu bringen, kann es sinnvoll sein, nicht alles zu Beginn zu beschwören, sondern erst den Planeswalker näher an den Zielpunkt zu bewegen und dann in einer späteren Runde die anderen Kreaturen aufs Feld zu bringen. Das ist jedoch recht riskant, da man nichts neues mehr beschwören kann, wenn der eigene Planeswalker das Zeitliche segnet. Das kommt aber nur bei mehr als zwei Spielern überhaupt zum Tragen, denn üblicherweise endet die Partie mit der Vernichtung der feindlichen Planeswalker ja ohnehin.

Kampf

Zentrales Element ist, wie es sich für eine Arena gehört, natürlich der Kampf gegeneinander. Jede Figur hat Lebenspunkte, Angriffs- und Verteidigungswerte sowie eine Reichweite, Geschwindigkeit und meist auch noch Sonderfähigkeiten. Um eine andere Figur angreifen zu können, muss diese sich im Sichtbereich der angreifenden Figur befinden. Dafür hat jede Figur einen Punkt eingezeichnet, der angibt, von wo aus die Sichtlinie gezogen wird. Außerdem ist angegeben, welche Teile der Figur zählen, wenn es um Sichtbarkeit geht. Ob eine Sichtlinie also besteht, ist hier nicht immer einfach zu sagen. Ohne eine Kamera oder einen Laserpointer durch die Figur zu schieben, kann man meist auch nur schätzen, ob die Sichtlinie da ist oder nicht, was die Angabe des Punktes, von dem aus die Sichtlinie gezogen werden muss, irgendwie überflüssig macht. So exakt kann man das sowieso nicht feststellen.

 Jayce, der blaue Planeswalker, ist vorgestürmt und legt sich mit ein paar Rhinos an
Jayce, der blaue Planeswalker, ist vorgestürmt und legt sich mit ein paar Rhinos an.

Ist das Ziel angreifbar, würfelt der Angreifer eine Anzahl Würfel, die dem Angriffswert entspricht, der Verteidiger eine Anzahl Würfel, die seinem Verteidigungswert entspricht. Die geworfenen Würfel sind dabei identisch. Es handelt sich um spezielle sechsseitige Würfel, die drei Mal ein Schadenssymbol zeigen, zwei Schildsymbole zur Verteidigung sowie eine leere Seite. Somit ist es bei gleicher Anzahl Würfel wahrscheinlich, dass zumindest ein wenig Schaden beim Ziel ankommt. Angerichteter Schaden wird von den Lebenspunkten abgezogen. Wenn eine Figur keine Lebenspunkte mehr hat, wird sie aus dem Spiel entfernt. Anders als beim Kartenspiel heilen Figuren hier nicht am Ende der Runde automatisch. Ebenfalls anders als beim Kartenspiel, richtet die angegriffene Figur im Normalfall keinerlei Schaden beim Angreifer an.

Zauber

Neben Kreaturen braucht ein Spiel, das zur Magic-Familie gehört, natürlich auch Zauber. Diese kann man in Arena immer nur in der eigenen Runde spielen und auch in dieser nur vor Bewegung und Angriff oder danach und keinesfalls dazwischen. Das verhindert die komplexen Effekt-Stapel, für die Magic berühmt und berüchtigt ist.

Es gibt zwei verschiedene Zauberarten: Hexereien und Verzauberungen. Eine Hexerei wird gespielt, hat einen einmaligen Effekt und kommt danach auf den Friedhof. Eine Verzauberung hingegen bleibt im Spiel und hat einen dauerhaften Effekt.

Gegenüber dem Kartenspiel neu sind hierbei geheime Verzauberungen. Diese werden verdeckt gespielt und lösen aus, sobald eine bestimmte Bedingung erfüllt wird. Also ganz so wie die Geheimnisse bei Hearthstone. Im Gegensatz zu diesem gibt es in Arena jedoch keinen Computer, der die möglichen Auslöser überwacht, und so muss man dies selbst tun. Sollte man dabei einen Auslöser verpassen und dies später bemerken, darf man die Karte nicht nachträglich oder beim nächsten Auslöser aktivieren. Stattdessen wird sie aus dem Spiel entfernt.

Die Zauber können dabei so ziemlich alles sein: direkter Schaden, Heilung, temporäre oder dauerhafte Boni oder Mali auf Angriff und Verteidigung, die direkte Vernichtung einer angreifenden Kreatur, die Negation des nächsten gespielten Zaubers und einiges mehr. Genaue Kenntnis der eigenen sowie gegnerischen Karten ist hier gefordert. Da es momentan für den Gegner keine Möglichkeit gibt, sein Deck zu verändern, kann man auch gut nachhalten, über welche Karten er noch verfügt. Insbesondere bei den geheimen Verzauberungen ist das von großer Bedeutung. Manch ein Deck hat nur zwei Stück davon und wenn eine schon aufgedeckt wurde, weiß man damit dann sicher, was die noch verborgene ist.

Wie auch schon bei den Kreaturenkarten gilt: Wenn der eigene Planeswalker tot ist, kann man keine weiteren Zauber mehr spielen. Solche, die sich im Spiel befinden, haben aber weiterhin Effekt, sollte das Spiel noch weitergehen.

Ausstattung

Die Box enthält fünf bemalte Plastikminiaturen der Planeswalker sowie 30 einfarbige Miniaturen für die weiteren Kreaturen. Der Detailreichtum der Modelle ist hierbei nicht besonders hoch, aber auch nicht so niedrig, dass ich es als störend empfunden hätte. Die Bemalung der Planeswalker hätte jedoch wesentlich besser ausfallen können und sollen.

Die Box enthält zwei Inlays, in die die Figuren exakt hineinpassen. Leider so exakt, dass man mitunter suchen muss, welches Fach zu welcher Figur gehört.

Neben den Miniaturen gibt es noch zwei Geländeteile aus Pappe, die vor allem Bewegung und Sicht blockieren, sowie je zwei Plateaus in den Größen 1 und 3 Felder, auf denen auch Miniaturen stehen können.

Rechts im Bild: Geländeteil aus Pappe sowie gestapelte Plateaus
Rechts im Bild: Geländeteil aus Pappe sowie gestapelte Plateaus

Die Karten, insgesamt 60 normal große sowie 15 lange Einheitenkarten, sind aus einer dünneren Pappe als man es von Magic gewöhnt ist. Hier wurde, wie schon bei den Miniaturen, offenbar gespart.

Über die Würfel – ein W20 und 10 der oben erwähnten speziellen W6 – lässt sich wenig sagen. Sie sind schlicht gestaltet, erfüllen aber ihren Zweck. Das Gleiche gilt für die Bodenpläne.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Hasbro
  • Autor(en): James D’Aloisio, Ethan Fleischer, Craig Van Ness
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 40 x 27 x 6 cm
  • ISBN/EAN: Hasbro B2606100
  • Preis: 24,99 EUR
  • Bezugsquelle:Amazon

 

Preis-/Leistungsverhältnis

Knapp 25 EUR sind für die Anzahl an Miniaturen ein sehr guter Preis. Und auch wenn die Spielmaterialien alle nicht von bester Qualität sind, so kann man bei dem Preis doch darüber hinwegsehen. Ein höherer Preis und hochwertigere Komponenten wären aber meines Erachtens besser gewesen.

Bonus/Downloadcontent

Auf der deutschen Produktseite gibt es lediglich die Regeln zum Download. Auf der englischen gibt es immerhin einen Überblick über die Planeswalker und ihre Kreaturen.

Fazit

So recht weiß ich nicht, für wen Magic – Arena of the Planeswalkers gedacht ist. Für Spieler von Magic sind die Regeln an vielen Stellen nicht exakt genug und die Optionen – gerade zum jetzigen Zeitpunkt, wo man überhaupt nichts anpassen kann – nicht interessant genug. Leute, die mit Magic nichts anfangen können, werden das Spiel aber vermutlich niemals in Betracht ziehen. Wer also ist die Zielgruppe?

Das soll nicht heißen, dass das Spiel schlecht ist. Im Gegenteil. Es hat durchaus Potenzial, das sich zum jetzigen Zeitpunkt aber, aufgrund der fehlenden Anpassungsmöglichkeiten, kaum entfalten kann.

Was dem Spiel sehr gut gelungen ist, ist die Integration der verschiedenen Farben von Magic. Das geht sogar so weit, dass die allermeisten Spieler, wie schon im Kartenspiel, die Farbe Blau entweder am liebsten spielen oder abgrundtief hassen werden.

Die Schwarzen Kreaturen stinken und bleiben meist nicht lange tot.
Die Schwarzen Kreaturen stinken und bleiben meist nicht lange tot.

Was hingegen besser hätte sein können, ja fast schon müssen, ist die Qualität der Komponenten. Die Miniaturen hätten mehr Details vertragen können, die Bemalung hätte besser sein können, die Karten aus einem festeren Karton. Und die Regeln hätten, wie es in Magic eigentlich üblich ist, viel, viel klarer definiert sein müssen. So bleiben einfach zu viele Fragen offen.

Sollte eine gute FAQ zu den Regeln erscheinen und in Erweiterungen interessante neue Karten zur Erstellung eigener Armeen und Decks enthalten sein, kann das Spiel ein gutes Stück besser werden, als es das zum jetzigen Zeitpunkt ist. Aber auch jetzt ist es schon kurzweilig und enthält genug Material, das auch anderweitig einsetzbar ist, um kein Fehlkauf zu sein.

Daumen3maennlich

Mit Tendenz nach oben

Die zweite Meinung

von Michael Engelhardt

Muss das wirklich sein? Diese Frage habe ich mir eingangs für meinen Test gestellt und ich habe leider immer noch keine Antwort darauf. Auch ist mir noch nicht ganz klar, was dieses Spiel sein will. Klassisches Brettspiel, eine Adaption von einem Kartenspiel oder gar ein Tabletop?

Daumen3maennlichTatsächlich gibt es Magic noch einmal eine ganz neue Dimension und taktische Tiefe, denn ich kann meine Kreaturen nun tatsächlich auf dem Schlachtfeld bewegen. Die Szenerien machen Spaß und die Regeln sind leicht zu erfassen, so dass man gleich loslegen kann.

Dennoch fehlt etwas. Es war schon nach einem Spiel absehbar, dass die geringe Anzahl der Karten und damit verbundene fehlende Individualisierung schnell zu Langweile führen wird. Und das darf nicht schon beim ersten Spiel klar werden.

Trotzdem hat Arena of the Planeswalkers Potential. Es hat das Potential, Magic-Spieler und Brettspieler gleichermaßen anzusprechen. Vielleicht sogar das Potential, Tabletop-Spieler zu einem Blick über den Tellerrand zu locken.

Dafür braucht es definitiv spannende Ergänzungen, die zum wiederholten Spielen einladen. Aber auch ein vernünftiges Ordnungssystem für Karten und Figuren. Investiert Hasbro noch ein bisschen mehr Liebe in das Spiel, könnte es tatsächlich ein Erfolg werden. Bis dahin wird es wohl nur eingefleischte Fans anlocken.

Artikelbild: Hasbro Entertainment
Fotografien: Holger Christiansen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

2 Kommentare

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