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Wenn es um das Genre der Comics geht, insbesondere Superheldencomics, so sind seit vielen Jahren die Comic Cons in den USA zentrale Elemente der Szene. Hier laufen die ersten Versionen von Trailern zu neuen Filmen, große Ankündigungen werden gemacht und Stars können getroffen werden. Und natürlich kann man sich dort auch hervorragend mit anderen Fans treffen, sich austauschen sowie Kostüme präsentieren und bewundern. Großereignisse, die sowohl medial wie auch für die Szene an sich enorm wichtig sind.

Die produzierende Seite der Comic-Szene in Deutschland ist erheblich kleiner als die in den USA und besteht zu guten Anteilen aus Übersetzungen von Werken aus Übersee. Aber Konsumenten der Comics und Filme gibt es reichlich. Also klingt es nur logisch, dass in der heutigen Zeit, in der die Kinokassen von Superhelden dominiert werden, Veranstaltungen dieser Art auch in Deutschland angebracht sind.

First German Comic Con Germany

So, oder so ähnlich, müssen in der jüngeren Vergangenheit mindestens zwei verschiedene Gruppen von Veranstaltern gedacht haben. Denn zur Verwirrung der potenziellen Besucher gibt es nicht nur die German Comic Con, sondern auch die Comic Con Germany.

In diesem Artikel geht es um die German Comic Con, die am 05.-06. Dezember 2015 in Dortmund stattfand. Diese sollte laut den früheren Ankündigungen mal Comic Con Germany heißen, was aber geändert wurde, nachdem eben dieser Name von der FedCon GmbH als Marke registriert worden war.

Die FedCon GmbH, bekannt durch Veranstaltungen wie Fed Con, Ring Con und Hobbit Con, veranstaltet nämlich ihrerseits die Comic Con Germany am 25.-26. Juni 2016 in Stuttgart. Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, führte in diesem Fall aber auch zu einigen unschönen Nebenerscheinungen. Eine davon war der offizielle Twitter-Tag für die Veranstaltung. Dieser war nämlich nicht #GermanComicCon, sondern #FirstGCC. Ja, es war die erste Veranstaltung dieser Art. Aber warum muss das in den Tag? Nur um der Konkurrenz ein „Erster!“ unter die Nase zu reiben? Das kam mir bereits vor Beginn der Veranstaltung wenig professionell vor und war damit kein gutes Omen.

Veranstaltungsort

Trotz dieses unguten Gefühls im Magen machten wir (Mit-Teilzeitheld Henning, eine comicbegeisterte gute Freundin und meine Person) uns voller Vorfreude auf den Weg nach Dortmund, genauer in die Westfalenhallen. Bei der Anfahrt offenbarten sich bereits erste Probleme. Denn bevor wir überhaupt den Parkplatz erreicht hatten, mussten wir bereits mehr als eine Stunde in einer scheinbar endlosen Schlange aus Fahrzeugen stehen, die ebenfalls zur Veranstaltung wollten. Offenbar hatten die Veranstalter hier den Andrang unterschätzt und die Zuflussregelungen auf Parkplätze und Gelände auf kleinere Personenzahlen ausgerichtet.

Irgendwann war ein Parkplatz gefunden und wir machten uns auf den Weg zum Eingang. Doch vor diesem wartete bereits die nächste Schlange. Hunderte Menschen standen in einer gigantischen Prozession vor dem Eingang. Ein beeindruckender Anblick, aber er ließ nicht viel Hoffnung aufkommen, dass wir es rechtzeitig zu den ersten Panels, die uns interessierten, schaffen würden.

Glücklicherweise entdeckten wir einen Nebeneingang, der weit weniger frequentiert war und kamen so doch noch recht schnell in die Hallen. Dort angekommen, war dann allerdings die Verwirrung erst einmal groß. Die Halle war riesig und eine Ausschilderung gab es quasi nicht. Es hingen zwar Pläne an ein paar Stellen, aber wie man aus der Halle zur Hauptbühne kam, war nicht so einfach zu finden. Und von Personal, das man fragen konnte, fehlte jede Spur.

Irgendwann fanden wir dann aber doch die Halle 7 mit der Hauptbühne und suchten uns Plätze, um dort den Panels zu lauschen.

Später am Tag stellte sich dann heraus, dass das Gedränge an Parkplatz und Eingang bereits symptomatisch war für den Rest der Veranstaltung. Ein Vorwärtskommen in den Hallen war nur im Schneckentempo möglich, die Sitzplätze vor der Hauptbühne waren bei den großen Panels massiv überfüllt. Und da man von der Hauptbühne aus mindestens eine der Hallen komplett durchqueren musste, war es auch nicht mal so eben möglich, zwischen diesen Orten schnell zu wechseln und so möglichst viele Programmpunkte mitzunehmen. Hier wäre eine bessere Aufteilung wünschenswert gewesen.

Panels und Stargäste

Aber kommen wir zurück zu den Panels. Wie auf Veranstaltungen dieser Art üblich, gab es eine ganze Reihe Stargäste, die auch jeweils auf der Hauptbühne für Gespräche zur Verfügung standen. Diese Panels wurden auf der German Comic Con von zwei Personen moderiert. Zum einen Mháire Stritter, bekannt unter anderem durch Orkenspalter TV, zum anderen ein Moderator, der nicht näher vorgestellt wurde und dessen Namen ich nicht mitbekommen habe. Während Mháire ihre Aufgabe souverän erledigte, war ihr männlicher Kollege scheinbar ein wenig ratlos in vielen Situationen.

Und nicht nur die Moderation kannte beide Enden des Spektrums. Auch die Stargäste und ihre Panels waren extrem unterschiedlich.

Am positiven Ende wären da sicherlich die genialen Panels von Sylvester McCoy, Manu Bennett, James Marsters und Jason Isaacs zu nennen, die lustig, ereignisreich, interessant und publikumsnah waren. Da waren interessante Details aus dem Drehalltag zu Filmen und Serien der Fantastik zu hören, persönliche Anekdoten, Informationen zum Schauspiel an sich und vor allem viel erkennbare Liebe zum Genre und den Fans.

Das genaue Gegenteil war Thomas Jane. Dieser schien nicht ganz bei der Sache zu sein, war offensichtlich entweder vollkommen gelangweilt oder stand unter dem Einfluss irgendwelcher nicht näher definierter Substanzen. Was dabei aber am meisten störte: Er schien an dem kompletten Genre überhaupt kein Interesse zu haben und bei Fragen, die in die Richtung gingen, kam immer nur „If the script is any good …“ als Antwort. So richtig munter wurde er erst, als er anfing, über den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf und Donald Trump zu reden. Sicherlich kein uninteressantes oder unwichtiges Thema, aber doch auf jeden Fall das falsche Forum dafür.

Nur wenig besser war William Baldwin. Bei diesem war überhaupt schon fraglich, warum er überhaupt vor Ort war. Das einzige, was ihn mit dem Genre der Fantastik überhaupt verbindet ist offenbar, dass er 2010 in dem Direct-to-DVD-Film Justice Leage: Crisis on Two Earths die Stimme von Batman war. Die Geschichten, die er erzählte, waren zwar etwas spannender als bei Jane, aber auch sie hatten wenig mit Fantastik oder Comics zu tun, so dass er ziemlich fehl am Platz wirkte.

Zwischen diesen beiden Extremen gab es dann noch weitere Panels, die sowohl Stärken als auch Schwächen hatten. All den Panels war aber eines gemein: Sie waren relativ kurz. Gerade einmal 15-20 Minuten waren für jedes Panel angesetzt.

Außerdem gelang es dem Veranstalter hier nicht, den vorher herausgegebenen Zeitplan einzuhalten. Das wäre an sich OK gewesen, wenn es denn irgendwo eine Mitteilung darüber gegeben hätte. So musste man etwas zu viel raten, um zu wissen, wann Panels, die man sehen wollte, eigentlich stattfanden.

Auch verbesserungswürdig war der Ablauf der von Fans gestellten Fragen. Hier gab es keine Mikrofone im Zuschauerraum. Weder fest installierte noch Personen, die mit den Mikrofonen herumgehen konnte. Das führte dazu, dass die ohnehin schon kurze Zeit der Panels noch dadurch verbraucht wurde, dass aufgerufene Fans sich erst einmal durch die Menschenmassen zur Bühne vorarbeiten mussten. Auch hier sollte der Veranstalter dringend über Möglichkeiten nachdenken, die Fragenden besser einzubinden. Fest installierte Mikrofone an bestimmten Orten scheinen der beste Weg zu sein, denn so können sich die Leute dort anstellen und sind nicht davon abhängig, ob sie vom Moderator wahrgenommen werden. Ein Moderator kann dann auch sehen, ob überhaupt Fragen vorhanden sind und muss nicht peinlich versuchen Situationen zu überspielen, wo niemand aus dem Publikum Interesse daran hat, den Gast irgendetwas zu fragen.

Neben den Panels gab es natürlich auch die Möglichkeit, Fotoshootings und Autogramme von den Stargästen zu erwerben. Die Preise dafür lagen in etwa im gleichen Rahmen wie bei ähnlichen Veranstaltungen. Für Sammler von Bildern auch in digitaler Form gab es einen speziellen USB-Stick zu erwerben. Somit konnte man für eine einmalige Gebühr eine digitale Kopie jedes auf der Veranstaltung erworbenen Bildes erhalten.

Aussteller und Stände

Neben den zahlreichen Stargästen war die Comic Con Germany zugleich eine Messe im herkömmlichen Sinne. Zwei Hallen waren voll mit Ausstellern und Händlern. Wobei hier der Fokus eindeutig auf Händlern lag. Merchandise aller Art war zu bekommen, aber auch sehr viel Material für Kostüme aller Art. Als Laie im Bereich Cosplay war es interessant zu sehen, was es für Material und Möglichkeiten in diesem Bereich gibt.

Auch gab es die Möglichkeit, direkt mit Profi-Cosplayern ins Gespräch zu kommen und von diesen Tipps und Erfahrungen zu hören. Sicherlich für jeden, der Interesse an der Szene hat, interessant. – egal ob man nun ein eher Außenstehender ist. wie ich selbst, oder selbst zur Szene gehört.

Neben diesen Ständen gab es auch noch einen Wrestling-Ring, in dem aber, als wir dort waren, niemals etwas passierte; eine Lasertag-Arena sowie eine kleine Ecke mit Computerspielen. Außerdem gab es einen K.I.T.T. aus Knight Rider, einen Delorean aus Zurück in die Zukunft sowie eine T.A.R.D.I.S. aus Doctor Who, an denen man kostenlos Fotos machen konnte, was auch von vielen dankbar genutzt wurde.

Weitere Bühnen und Events

Aber auch weitere Bühnen und Räume für Veranstaltungen gab es –  zwei kleinere Bühnen sowie einen Workshop-Raum.

Auf einer der Bühnen konnte man Comiczeichner live bei der Arbeit beobachten, die andere wurde für kleinere Vorträge genutzt. Im Workshopraum gab es Vorträge und Lesungen zu allerlei Themen.

Bei den Vorträgen wäre nur einer dabei gewesen, der uns thematisch interessierte, aber zu dem konnten wir es leider nicht rechtzeitig schaffen, da der Cosplay Contest leider zu stark überzog.

Cosplay Contest

Apropos Cosplay Contest. Nicht nur die Stände waren ziemlich auf Cosplay ausgerichtet, sondern auch die Veranstaltung an sich. Das längste und größte Event auf der Hauptbühne war der Cosplay Contest, von dem an dem Samstag, an dem wir da waren, der erste Teil stattfand.

Die ausgelobten Preise waren wirklich beeindruckend. So erhielt der Gewinner neben allerlei Material von den Sponsoren der Veranstaltung ein VIP-Ticket für die German Comic Con 2016 sowie 1.000 EUR Preisgeld.

Mindestens ebenso beeindruckend waren aber die präsentierten Kostüme. Hier gab es sowohl relativ statische, aber atemberaubende Konstrukte, als auch sehr bewegliche und realistisch wirkende Kostüme verschiedenster Figuren aus Film, Fernsehen und Computerspielen.

Neben den eigentlichen Kostümen war auch die Präsentation an sich Teil des Contests und hier gab es anfangs eine technische Panne mit der Hintergrundmusik, die aber schnell behoben wurde. Die Teilnehmer, die unter dieser Panne zu leiden gehabt hatten, erhielten später noch einmal die Chance, mit ihrer korrekten Musik aufzutreten, so dass die Panne keine Verzerrung des Wettbewerbs erzeugte.

Die Moderation beschränkte sich während des Contest darauf, Namen von Darsteller und Figuren zu nennen und verzichtete auf jedwede Fragen an die Cosplayer. Das beschleunigte die Veranstaltung sicherlich, ließ aber auch keinen tieferen Einblick in den Hintergrund der Kostüme oder deren Entstehung zu.

Am schmerzlichsten fehlte die Moderation dann aber während der etwa 45 Minuten, die die Jury brauchte, um die Sieger zu bestimmen. Denn während dieser Zeit passierte auf der Bühne bis auf eine Preisverleihung mit Dauer von weniger als zehn Minuten rein gar nichts. Nicht einmal Videos oder Musik wurden eingespielt und so wurde das Warten ziemlich zur Qual für die Zuschauer. Nicht wenige verließen auch in der Zeit den Saal, so dass die Preisverleihung nur noch von einem Bruchteil der Leute wahrgenommen wurde, die den Contest gesehen hatten. Sowohl für Zuschauer als auch für die Sieger sehr schade.

Fazit

Die Westfalenhallen in Dortmund hatten den Ansturm der Besucher zu dieser Veranstaltung offenbar unterschätzt. Überall gab es viel zu lange Schlangen, bevor man überhaupt auf der Comic Con wirklich angekommen war. Aber auch im Inneren war nicht genug Platz für die Masse an Menschen, die sich durch die Gänge drängte.

Doch nicht nur der Veranstaltungsort wirkte überfordert und überbelastet. Auch die Organisation versagte an mehr als einer Stelle. Hier fehlt ganz klar die Erfahrung, die auf Seiten der Konkurrenz sicherlich vorhanden ist. Statt sich so vehement von dieser abzugrenzen, hätte man vielleicht mehr von ihr lernen sollen. Aber es war die erste Comic Con dieses Veranstalters und aus Fehlern lernt man bekanntlich.

Trotz der negativen Punkte hatten wir eine Menge Spaß auf der German Comic Con 2015. Einige der Panels waren fantastisch, die Besucher mit denen wir ins Gespräch kamen, waren großartig, die zu sehenden Cosplays wirklich toll.

Was allerdings ein wenig fehlte, war ein klarerer Bezug auf Comics. Kaum einer der Stände hatte Comics im Angebot und viele der Stars waren zwar im fantastischen Genre unterwegs, aber hatten nichts mit Comicfiguren zu tun. Und so war es mehr eine Fantastik-, Geek- und Nerd-Con mit hohem Cosplay-Anteil als eine Comic Con.

Schauen wir mal, ob das bei der Comic Con Germany im Sommer anders wird. Bis dahin ist auf jeden Fall ein Punkt positiv zu sehen: Durch die Existenz beider Veranstaltungen sind die Preise auf einem Kampfpreisniveau, das für Besucher nur zu begrüßen sein kann.

Fotografien: Holger Christiansen, Henning Lechner, German Comic Con 2015, Dortmund
Alle Fotografien der portraitierten Cosplayer entstanden mit deren Einverständnis. Aus organisatorischen Gründen entstanden die Bilder mit einer Handycam und sind daher minderer Qualität.

 

9 Kommentare

  1. Ich bin derselben Meinung. Aber die Comic Con Germany müsste ebenfalls etwas mehr aufstocken an Stars. Bisher würde mich persönlich nur Agent May interessieren. Da James Masters abgesagt hat. Aber ich werde dennoch hingehen und sie mir anschauen.

    Ich fand auch schade das der Zeichnerbereich ziemlich unübersichtlich war. Ich habe bei weitem nicht alle gefunden, die ich besuchen wollte. Und bei einigen die ich fand, fand ich es schade, dass sie so versteckt waren.

  2. Ich war als Helfer mit an Bord. Es war großartig. Aber auch verdammt anstrengend. Ich habe von Freitag früh bis Sonntag Abend Mitternacht insgesamt 7h geschlafen.
    Das große Problem war, dass viele „Helfer“ entweder gar nicht kamen oder nur da waren, um sich die Goodies abzugreifen. Dadurch kam es zu vielen Schwierigkeiten und Engpässen. Aber das wird sich nächstes mal ändern.
    Ich habe viel Rückmeldung bekommen. Sowohl positiv als auch negativ. Diese werde ich zusammen mit meiner positiven als auch negativen Kritik an die Organisatoren weiterleiten.

    Unterm Strich: es war die Hölle, aber ich will wieder hin, weil es super war! ;-)

    • Ja, die Anzahl der (sichtbaren) Helfer war leider geringer als erwartet oder erhofft. Da muss sich ein Veranstalter leider erst im Laufe der Zeit einen zuverlässigen Stamm zusammensammeln. Aber Sonntag soll alles schon erheblich besser geklappt haben, von daher ist die richtige Richtung auf jeden Fall erkennbar :)

      Feedback in Richtung der Orga ist da genau die richtige Sache. Gerade auch, wenn sie nicht nur von Besuchern kommt, sondern von Personen, die mehr Einblick hatten.

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