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Die Grundlage jeder Tabletop-Partie ist dieselbe, wie bei jedem anderen Spiel. Man trifft sich, um miteinander Spaß zu haben. Wir haben es hier mit einem grundlegenden sozialen Vertrag zu tun: „Ich helfe dir Spaß, zu haben und umgekehrt.“. Diese einfache Regel wird leider oft vergessen, besonders gern auf Turnieren, daher hier zunächst das Plädoyer:

Erinnert euch daran, gemeinsam Spaß zu haben!

Nachdem dies geklärt ist, möchte ich über die beiden grundlegenden Arten, zu spielen, schreiben.

Mit oder Ohne? Das ist hier die Frage

Die grundlegende Teilung ist leicht. Man kann entweder mit oder ohne Szenario spielen. Jedes Spielsystem profitiert mehr oder weniger davon, gute Szenarien zur Hand zu haben, um den Spielspaß weiter zu erhöhen.

Doch was ist ein Szenario im Sinne des Tabletops? Manchmal heißen sie Missionen, Aufträge oder noch anderweitig, eines haben sie jedoch gemeinsam: Sie verleihen dem Spiel eine Geschichte und den Armeen eine Aufgabe. Sie erfüllen die Handlungen der imaginären Soldaten mit Sinn und erzählen eine Geschichte, natürlich nur solange die Spieler das auch wollen. Auf den ersten Blick sollte man meinen, dass dies auf die meisten Spiele zutrifft. In Wirklichkeit laufen auch nicht Leute einfach aufeinander zu und schlachten sich ab.

Im Tabletop passiert dies aber schon, denn mit der Wirklichkeit haben wir es hier nicht zu tun. Daher fange ich mit dem generischen oder auch gar keinem Szenario an.

Bringt sie alle um!

Dieser Satz fasst meist das zusammen, was gemeinhin als generisches Szenario gespielt wird. Ich nenne es immer noch Szenario, obwohl es eigentlich die Abwesenheit eines Szenarios darstellt. Das hängt mit dem menschlichen Hang zusammen, alles irgendwie kategorisieren zu müssen.

Bei dieser Ausgangslage ist es relativ einfach. Man stellt einen Haufen Miniaturen auf den Tisch oder Boden (wenn der Tisch zu klein ist), und legt los. Es gibt keine besonderen Aufgaben oder Ziele zu erfüllen, die kleinen Soldaten hauen sich solange, bis von einer Seite keiner mehr übrig ist.

Klingt einfach und spaßig? Ist es auch. Ab und an zumindest.

Der große Vorteil hieran ist offenbar, dass man keine Vorbereitung braucht und einfach drauf loslegt. Wenn der Spaß vorbei ist, wird alles eingepackt und beim nächsten Mal geht es von vorne los.

Die Probleme sind vielfältiger Natur hierbei, angefangen bei unserem Sinn für Fairness. Sagen wir also, dass der eine Spieler 300 Miniaturen besitzt und der Andere 800. Ohne einen Mechanismus, um das Gleichgewicht der Kräfte auszugleichen, wird der Spieler mit den 800 Miniaturen wahrscheinlich immer gewinnen. Was kein Problem sein muss, wenn man die grundlegende Regel bedenkt (s.o.).

Damit dieses Problem eingeschränkt wird, haben beinahe alle Systeme ein Punktesystem, um die relative Stärke der Einheiten einzuschätzen und es wird versucht, symmetrische Szenarien zu schreiben.

Symmetrisch und kompetitiv

Die meisten Szenarien, die wir finden, sei es in Regelbüchern, auf Downloadseiten, in Turnierheften oder Paketen von Missionskarten, fallen in diese beiden Kategorien. 

Symmetrisch sind alle Szenarien, in denen beide Armeen (oder alle) die gleiche Chance auf den Sieg haben. Klingt fair? Soll es auch sein. Die Idee hierhinter ist, dass unabhängig von der gespielten Armee, und dem Aufbau derselben, es möglich sein soll, als Sieger aus dem Spiel hervorzugehen. Die oben genannte Aufgabe, einfach alles umzubringen, verwandelt sich allein durch die Nutzung von Punktewerten in ein Szenario dieser Kategorie.

Dies entspricht nicht nur unserem Gerechtigkeitsgefühl, sondern sorgt, wenn gut gemacht, auch für spannende Spiele. („Spannend“ soll hier vor allem definiert sein als ein Zustand, in dem nicht nur einer der Spieler Spaß hat.) Darüber hinaus ermöglicht dieser Ansatz es, kompetitiv zu spielen. Will heißen, zwei Spieler können anhand dieses Szenario ihre spielerischen Fähigkeiten ausschöpfen, um die anliegenden Aufgaben mit ihrer Armee zu erfüllen. Man kann rausfinden, wer der Bessere ist. (Also abzüglich des Würfelglücks…)

Auf die Eins kommen will gelernt sein. © Botie - Fotolia.com
Auf die Eins zu kommen, will gelernt sein.   © Botie – Fotolia.com

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Armeen zunächst gleichstark sein. Hier kommen wieder die Punkte ins Spiel. Durch den festen Punktwert jeder Einheit und eine Obergrenze an Punkten, die man maximal ausschöpfen darf, soll gewährleistet werden, dass beide Truppen etwa dasselbe können. Klingt einfacher, als es ist und als Faustregel versagen die Spieleschreiber an diesem Punkt mehr oder weniger stark. Heutzutage passiert das dankbarerweise weniger häufig, daher sind viele Spiele zumindest halbwegs ausbalanciert.

Diese Balance ist aber vor allem im kompetitiven Bereich wichtig. Sprich: Turniere.

Turniere – Eine Welt für sich

Besonders unter Turnierbedingungen sind symmetrische und kompetitive Szenarien wichtig. Hier geht es schließlich darum, auf dem Siegertreppchen zu landen und da sollten die Startbedingungen entsprechend fair und gleichmäßig sein. Seien wir mal ehrlich, wenn jemand ein Turnier gewinnen würde, nur, weil er mehr Geld für Modelle ausgegeben hat, als alle anderen Teilnehmer, hätte das einen extrem miesen Beigeschmack. Es gibt zwar leider Systeme, bei denen dies so funktioniert, dass immer die neuesten Modelle die effektivsten im Spiel sind, aber um diese Systeme soll es hier nicht gehen.

Nahezu jedes System besitzt Regeln und Vorgaben, wie Turniere abgehalten werden sollen. Manche Firmen schaffen dafür eine eigene Organisation mit (oftmals) freiwilligen Unterstützern (Neu-Deutsch: Supporter), die sich mit der ordnungsgemäßen Durchführung von Turnieren beschäftigen. Teil derer Aufgaben ist zumeist, ein eigenständiges Missionssystem, welches frei zugänglich und (idealerweise) leicht verständlich ist, zu erschaffen. Das Wichtigste aber ist die Balance. Wenn ein System von Turnierszenarien nicht gut ausbalanciert ist, dann werden die Beschwerden nicht lange auf sich warten lassen. Beschwerden wiederum führen zu unzufriedenen Spielern und unzufriedene Spieler sind die Kunden von gestern, aber nicht die von morgen.

Turnierspieler sind zumeist darauf bedacht, ihre Chancen zu optimieren. Das ist verständlich, denn niemand verliert gerne und zum Turnier gehen, um nicht zu gewinnen, machen nun wirklich die Wenigsten. Szenarien, welche also die Möglichkeiten mancher Armeen deutlich einschränken, sind folgerichtig für Turniere nicht gut geeignet. Die Schreiber dieser Szenarien geben sich entsprechend große Mühe, ausgeglichene Missionen zu schreiben. Eine gute Sache an sich, nur wirken die entstehenden Geschichten oftmals gekünstelt, um eben diese Balance zu erreichen.

Die allgemeine Fairness solcher Szenarien ist durchaus positiv und sie haben zudem den Vorteil, dass man nur bedingt seine Armee auf das Szenario einstellen muss. Man kann mit den meisten Armeen auf dem Turnier antreten und Erfolg haben. Sie sind also fair, für jedermann zugänglich und für alle Armeen geeignet. In der Folge bedeutet das, dass man sie ohne große Vorbereitung (fast) überall spielen kann. Eine gute Sache, aber auch ein Problem.

Wo ist der Reiz?

Turnierszenarien sind dermaßen erfolgreich, entsprechen unserem Verständnis von Fairness und erlauben auch noch kompetitives Spielen, welches sich nicht auf Turniere begrenzt, so dass sie oftmals andere Arten zu spielen, völlig verdrängen.

Die genannten Vorteile sind unbestreitbar, aber drängen uns auch in eine bestimmte Richtung, gedanklich und habituell. Wir mögen das Vertraute, das Bekannte und vor jedem Spiel ein komplett neues Szenario zu lernen, das wollten die Wenigsten. Dabei gibt es so viel her.

Ein Stapel Karten – viel Spaß für alle Beteiligten (c) Freebooter Miniatures
Ein Stapel Karten – viel Spaß für alle Beteiligten (c) Freebooter Miniatures

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Szenarien. Solche, für die man spezifisch eine Armee bauen muss und die, wo das nicht nötig ist. Bleiben wir zunächst bei der Zweiten.

Wenn man auf ein Szenario verzichtet oder Standardturnierszenarien spielt, muss man nicht viel vorbereiten. Besonders wenn man es grade mal schafft, sich einige Stunden im Monat aus dem Alltagsterminkalender zum Spielen abzuschaben, dann will man schnell zur Sache kommen. Damit man auch das kann, und nicht nur immer die paar Turnierszenarien spielen muss, gibt es inzwischen viele zufällige Missionssysteme.

Viele davon sind inoffiziell und von Fans gestaltet –  um diese aufzuspüren, durchsucht man einfach die Foren des entsprechenden Spiels. Unter normalen Umständen sollte es nicht länger als 20 Minuten dauern, einige aufgetrieben zu haben.

Nun folgen einige Beispiele offizieller Möglichkeiten, so etwas zu machen. Den Anfang machen die Nebenmissionskarten von Freebooter´s Fate.

Auf zur Kneipe - eines der offiziellen Freebooter Szenarien; Miniaturen: (c) Freebooter Miniatures
Auf zur Kneipe – eines der offiziellen Freebooter Szenarien; Miniaturen: (c) Freebooter Miniatures

Das ist ein Spiel, welches einige sehr schöne Szenarien in den Büchern bietet, aber die Karten für Nebenmissionen bereichern das Spiel ungemein. Die meisten Szenarien sind recht geradlinig zu gewinnen. Wie der Name verrät, geben die Karten einem zusätzliche Aufgaben. Diese machen nicht das komplette Spiel aus, können aber durchaus das Zünglein an der Waage sein, um als Sieger hervorzugehen. Zudem haben die Handlungen der Modelle nun mehr Bedeutung, sie bekommen mehr Charakter. Es ist was anderes, wenn mein Seesoldat dem Piraten eine scheuert, weil der seine Mutti beleidigt hat, als wenn er ihm einfach nur eine scheuert. Natürlich zwingt niemand einen, diese Erzählung anzunehmen.

Freebooter´s Fate ist nicht das einzige System mit solchen Karten und es ist nur zu empfehlen, sie zu benutzen. Das Spiel macht dann einfach mehr her.

Fantasy Flight Games macht es einem für X-Wing auch relativ leicht. Mit einem Online-Missionsgenerator kann jeder Szenarien erstellen und für den Rest der Welt zugänglich hochladen.

Zusammenstoß im All - Sicher kein Zufall; Miniaturen: (c) Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag
Zusammenstoß im All – Sicher kein Zufall; Miniaturen: (c) Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag

Warzone Resurrection verfügt wiederum über einen ordentlichen Missionsgenerator. Dieser bestimmt durch einige Würfelwürfe nicht nur, was die Mission ist, sondern auch wie viele verschiedene Ziele man erfüllen muss. Durchaus ein angenehmes System, weil es über einige Varianten verfügt. Die Problematik bei solchen Systemen ist aber die Unzulänglichkeit mancher Armee für manche Szenarien, wenn nicht alle Missionen gut ausbalanciert wurden.

Wiederum ist Warzone nicht das einzige Spiel mit solchen Zufallsgeneratoren. Einige würfeln, andere nutzen Karten. Gemein ist ihnen aber die Eigenschaft, durchaus spannende Geschichten und Herausforderungen zu generieren, manchmal leider auch unmögliche Herausforderungen.

Man muss die konkrete Aufgabe aber nicht unbedingt schon vor dem Spiel festlegen, wie das Missionssystem der aktuellen Edition von Warhammer 40k zeigt.

Dieses generiert während der Schlacht neue Aufgabe und Missionsziele, so dass man sich nie sicher wähnen kann, ob die eigenen Truppen bereits alles geleistet haben, was sie tun müssen. Ein äußerst spannender Ansatz, da es zum regelmäßigen Umgruppieren der eigenen Armee anreizt und so den Charakter einer echten Schlacht simuliert. Der Hauptproblempunkt hier ist die Armeegröße (und damit immanent zu Schlachtensystemen), solch ein System funktioniert nur, wenn sich große Armeen auf dem Tisch befinden.

Malifaux – noch mehr Karten; (c) Wyrd Games
Malifaux – noch mehr Karten; (c) Wyrd Games

Malifaux beschreitet ebenfalls einen sehr interessanten Weg bei der Szenario-Erstellung. Aus einem Stapel verschiedener möglicher Szenarien werden einige gezogen. Diese sind für alle einsehbar, und man kann sich entscheiden, was man machen will und erst dann erstellt man seine Armee. Dies dreht die übliche Reihenfolge vor einem Spiel um. Denn normalerweise hat man eine Armee dabei und sieht dann, wo es langgeht. Malifaux macht daraus eine recht kurzfristige Aktion, was einen dazu zwingt mit den Füßen zu denken, in meinen Augen eine sehr schöne Angelegenheit. Es funktioniert aber auch nur so gut, weil die Truppen bei Malifaux gewöhnlich klein sind.

Auch andere Spiele wie Eden oder Wolsung arbeiten mit der Auswahl eigener Missionsziele vor dem Spiel. Das ist eine schöne Möglichkeit, den Narrativ aus den Armeen ins Spiel zu tragen, nur manche Narrative ergeben manchmal gemeinsam keinen Sinn. Ein kleiner Preis für mehr Abwechslung im Spiel.

Ndulu – Wings of Steel von Eden. Der Name alleine genügt mir schon, um ein Spiel über ihn machen zu wollen; (c) Taban Miniatures
Ndulu – Wings of Steel von Eden. Der Name alleine genügt mir schon, um ein Spiel über ihn machen zu wollen; (c) Taban Miniatures

Ich hab‘s kommen sehen. Das Kreuz mit der Vorbereitung.

Das Hauptproblem bei spezifischen Szenarien ist die Vorbereitung. Wenn man weiß, dass die eigene Armee einen Gefängnisausbruch vor der Nase hat, bringt man genug Sprengstoff mit (oder Pferde und Ketten, je nach Technologiestufe). Wenn dieselbe Truppe aber plötzlich eine Brücke verteidigen soll, wird es schwer.

Szenarien, für die man eine spezialisierte Truppe braucht, müssen im Voraus abgesprochen werden. Einer schreibt das Szenario und teilt den Spielern mit, was Sache ist. Diese bereiten sich entsprechend vor und erscheinen mit ihren dafür bereitstehenden Truppen am Spieltag. Die Geschichte erzählt sich dann meist von selbst, abgesehen davon, dass man jetzt die Gelegenheit hat, sich im Vorfeld schon eine auszudenken.

Die Krönung des Ganzen ist natürlich eine Kampagne, sprich eine Reihe von zusammenhängenden Spielen, die sich gegenseitig beeinflussen. Zu sehen, wie die einzelnen Armee und die einzelnen Soldaten Teile der Geschichte erleben, ist einfach großartig. Es gibt mehrere Spielsysteme – von denen einige leider tot sind – die entweder vollständig auf diese Art des Spiels ausgelegt sind (z.B. Mortheim, Necromunda, Frost Grave) und einige die es als angedachte Spielvariante vorsehen (z. B. Schicksalpfade, Confrontation). Wieder hakt es an der Vorbereitung, denn wenn einer der Spieler nicht kann – dumm gelaufen, hat einer die falsche Armee dabei – dumm gelaufen, ist der Szenarioschreiber krank und keiner kennt die spezifischen Regeln – dumm gelaufen.

Solche Szenarien sind dementsprechend schwer umzusetzen, aber erstens den Aufwand wert und zweitens bieten sie die Gelegenheit für asymmetrische Szenarien. Und die machen am meisten Spaß.

Asymmetrisches Spielen

Asymmetrisch bedeutet ungleich und schlicht ausgedrückt, sind solche Szenarien nicht fair. Eine Seite hat es besser oder einfacher als die andere. Nicht alles, was nach ungleich aussieht, ist aber auch ungleich. So sind die Aufstellungszonen der beiden Kontrahenten bei Kensei zum Beispiel verschieden groß, der eine Spieler bekommt mehr Platz, dafür beginnt der andere das Spiel. Hier haben wir es nicht mit einem asymmetrischen Szenario zu tun, sondern nur mit dem Versuch, den Vorteil des ersten Spielzuges auszugleichen. Ebenfalls eine wichtige Sache – in symmetrischen Szenarien.

Die Brücke gehört den Angreifern – das war ja auch das Ziel; Miniaturen: (c) Zenit Miniatures
Die Brücke gehört den Angreifern – das war ja auch das Ziel; Miniaturen: (c) Zenit Miniatures

Lässt man die Ideen von gleichen Chancen außen vor, ergeben sich viele neue Möglichkeiten. Das bedeutet nicht, dass nur eine Seite gewinnen kann, sondern nur, dass die Bedingungen unterschiedlich sind. Einige Beispiele:

Eines der bekanntesten Szenarien dieser Art ist das gute alte Massaker. Einfach gesagt, hat der eine Spieler mehr Truppen als der andere, viel mehr. Zumeist mindestens doppelt so viele. Natürlich kann der Spieler mit weniger Truppen nicht wirklich die gegnerische Armee auslöschen. Das muss er aber auch nicht. Vielleicht muss er nur eine bestimmte Anzahl Runden durchstehen oder einen gewissen Prozentsatz der Übermacht mit ins Grab nehmen. Natürlich fühlt sich das unfair an, aber es kann unglaublichen Spaß machen.

Ungleiche Siegbedingungen müssen gut durchdacht sein, damit beide Seiten die Chance haben, das Szenario zu gewinnen, nur nicht unbedingt die gleichen Chancen. Einen Konvoi überfallen ist einfacher, als ihn zu beschützen, ebenso ist es schwierig, ein Modell über den gesamten Spieltisch zu bekommen, während der andere versucht, dieses zu entführen. Beide Situationen geben aber spannende Spiele ab.

Eine weitere Variante ist, den guten alten Spielleiter zurück an den Tisch zu holen. Einmal gab ich den beiden Spielern die Aufgabe, ein Hotel zu stürmen. Innen drin befanden sich sowohl feindliche Modelle, als auch neutrale, aber beide Spieler wussten nicht, wo sich die Gegner befinden. Ebenso mussten sie sich gegenseitig ausbremsen, während sie dabei unter Beobachtung standen, denn Reporter und Zivilisten waren anwesend.

Es stellte sich heraus, dass die eine Armee besser damit fertig wurde, als die andere, aber es machte einen Heidenspaß für alle, besonders, weil die Geschichte danach weiterging. Alleine schon, wenn beide Spieler zusammenarbeiten müssen für ein Szenario, gibt dies schon ein ganz anderes Spielgefühl.

Ebenso kann man mit ein wenig Gedankenarbeit drei oder mehr Spieler an den Tisch bekommen, alle mit spezifischen Aufgaben und verschiedenen Siegbedingungen. Es braucht eben nur diese Gedankenarbeit vorher und die muss jemand machen.

Worte zum Schluss

Mein Standpunkt ist klar, ich werde ein Spiel mit Szenario immer einem ohne vorziehen. Warum?

Die Geschichten machen das Spiel deutlich hochwertiger und als alter Geschichtenerzähler kann ich kaum anders, als eben eine solche hinter den Geschehnissen zu suchen. Zudem seien wir doch mal ehrlich: Die meisten von uns kommen weniger zum Spielen, als uns eigentlich lieb ist.

Wenn nun der grausame Hank einen feindlichen Panzer in Stücke sprengt, um blutige Rache an den Insassen zu nehmen, ist es einfach cooler, als wenn der Typ mit dem Raketenwerfer den Truppentransporter abschießt. Oder?

Als Inspirationen können unsere eigenen Spielberichte dienen. Egal ob bei Godslayer, Freebooter´s Fate, X-Wing oder Kensei, durch die Geschichte werden die Berichte erst lesenswert

Die andere Meinung

Von Holger Christiansen

Schon interessant zu sehen, wie sehr die Spielarten doch auseinandergehen. Schon der eingangs geschriebene Satz, dass das Hauptziel beim Tabletop ist, dass beide Seiten Spaß haben, entspricht nicht unbedingt meiner Erfahrung. Beim Tabletop, wie bei allen kompetitiven Spielen, geht es für mich vor allem um eines: ums Gewinnen!

Ja, es kann und soll Spaß machen, zu gewinnen. Und idealerweise macht auch das Verlieren Spaß. Aber dieser Idealfall ist eher die Ausnahme als die Regel. Gerade in Turnieren hat Erfolg, wer Armeen verwendet, die maximal unfair sind und dem Gegner damit am wenigstens Chancen lassen. Weniger Chancen bedeutet aber zugleich auch weniger Spaß.

Auch die oftmals erzählten Geschichten von Michael finde ich im Tabletop fehl am Platze. Wenn ich Geschichten erleben will, spiele ich ein Rollenspiel und kein Tabletop. Wenn ich mich bei einem Tabletop oder Brettspiel entscheiden muss, ob ich eine der Story entsprechende Handlung vollführe, oder eine andere die mir den Sieg bringt, dann wähle ich immer die, die zum Sieg führt. Um es mit den Jem’Hadar zu sagen: Victory is Life!

Ein Sieg muss dabei aber nicht immer nur die Vernichtung des Feindes sein. Immer nur auf Vernichtung zu spielen kann schnell langweilig werden, denn es ist dann doch immer wieder das Gleiche. Andere Szenarien erfordern das Finden neuer Taktiken und Möglichkeiten und bringt damit einen weiteren Faktor der Herausforderung ins Spiel ein.  Und je mehr Faktoren, die auf den Fähigkeiten der Spieler beruhen, beteiligt sind, desto weniger Einfluss hat das Glück auf das Spiel. Und damit ist der Sieg dann eher der eigene und nicht der der Karten oder Würfel.

Die Kehrseite davon ist natürlich, dass zufällige Szenarien ein starkes Ungleichgewicht auslösen können, wenn eine Armee gut auf das Szenario vorbereitet ist, die andere aber nicht. Systeme, die so funktionieren, müssen die unterschiedlichen möglichen Einsatzgebiete der Figuren dann auch in den Punkten widerspiegeln, was die Punktekosten für das übliche Vernichtungsszenario wieder schlechter macht. Hier sollte das System als von vornherein entweder auf diese zufälligen Missionen ausgelegt sein, oder aber so gestaltet sein, dass man seine Armee zusammenstellt, wenn das Szenario bereits feststeht.

Artikelbilder: Wie genannt
Teaserbild: Fotolia | Photographee.eu

 

1 Kommentar

  1. Ein sehr interessanter Artikel und auch der zweite Kommentar zeigt wie vielschichtig die Meinungen dazu sind.
    Aus meiner Sicht sind und waren Szenarien immer das Salz in der Tabletopsuppe. Und ich meine hier nicht unbedingt die kompetativen, wie zum Beispiel die Steamrollerregeln die es von Privateer Press für Warmachine und Hordes gibt.
    Ich mag Szenarien die eine Geschichte erzählen. Wenn man in die Vergangenheit blickt, dann waren die Schlachten selten ausgeglichen, und die Berühmtesten handeln oft davon wie eine kleine Armee sich gegen eine Überzahl gestellt hat (und eventuell auch durchgesetzt) sei es auf den Thermopylen oder im Teuteburger Wald.
    Meiner Meinung nach wird viel zu viel auf „Turnierniveau“ gespielt. Gerade in einem meiner Hauptsysteme Warmachine wird mir das in den letzten Jahren immer bewußter.. und ich finde es nicht gut. Theoretisch habe ich kein Problem Mitspieler für WM/H zu finden, aber oft kommt dann die Frage, ob es okay ist dass er eine Liste ausprobiert, die er beim nächsten Turnier einsetzen will. Gefühlt sind 8 von 10 Spielern immer gerade in der Vorbereitung für das nächste Turnier. Generell hab ich wenig Probleme damit ein Spiel zu verlieren (klar macht gewinnen mehr Spaß) solange man eine gute Partie hat, aber es bringt weder mir (als „Bier&Brezel“-Spieler) etwas gegen einen Top-T3 Spieler anzutreten noch ist es sinnvoll für ihn. Für mich ist Tabletop ein Hobby, kein Sport und schon gar kein Hochleistungssport.
    Wenn ich dann aber die selben Spieler frage ob sie mal Lust auf ein „Unbound“ Spiel (quasi die „Apocalypse“ Version von Warmachine: mind. 3 Warcaster und 150+ Punkte pro Seite (zum Vergleich ein Standardspiel hat 35-50 Punkte) ) zu spielen, werden die Antworten flüchtig. Auch für Szenarien die komplett aus dem Standard ausscheren wird es schwierig Gegner zu finden.
    Mittlerweile treff ich mich regelmässig mit ein paar Jungs zum Warlord (Reaper Miniatures) zocken, nicht weil ich das System besser finde, sondern weil mir die Art des Spielens besser gefällt. „Bier&Brezel“ – mässiges Szenariogekloppe. Kein Powergaming, keiner beschwert sich, wenn das Szenario für ihn zu ungünstig läuft. Im Vordergrund steht der Spaß am Spiel … ;)
    Mir macht es auch Freude für Szenarien Gelände zu bauen oder spezielle Modelle zu bemalen (Baggeage Train FTW!)
    und warum muss die generische Armee immer die einzige Bedrohung sein.
    Ein ausserirdischer Dschungel voller gefährlicher Pflanzen und Tiere, Eine Schlacht auf einem zugefrorenen See oder Fluss (mit brüchigem Eis) , eine Höhle mit giftigen Spinnen oder feuerspeiendem Drachen …
    Im Rouge Trader (40k) Regelbuch gab es viel Hintergrundmaterial für Szenarien und sogenante Subplots und ein ganzes Kapitel über ausserirdische Flora und Fauna (darunter waren übrigens zum ersten mal die Genestealer vertreten ;) )
    Auch die oben beschriebene Idee eine Gamemasters gefällt mir gut.

    Es muss eben nicht immer symetrisch sein und oft bringt eine kleine Änderung schon ne menge Spaß.

    Aber das ist eben meine Meinung und somit Eine von Vielen …

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