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Ant-Man ist der mittlerweile zwölfte Film, der zum Marvel Cinematic Universe (kurz: MCU, optional Erde-199999) gehört. Neben Guardians of the Galaxy ist es der einzige Film in Phase 2, der keine Fortsetzung bereits bekannter Franchises ist. Und wie schon bei den Guardians war auch bei diesem Film die Skepsis hoch. Zuerst war da die, für Fans überraschende, Wahl des zweiten Ant-Man aus den Comics an Stelle des Originals Hank Pym. Aber Pym war in den Comics eines der Gründungsmitglieder der Avengers und Erfinder von Ultron, passte also nicht wirklich in die Geschichte des MCU.

Zusätzlich hieß es, dass es „kreative Differenzen“ mit dem Drehbuchautor und eigentlich als Regisseur vorgesehenen Edgar Wright gegeben hätte. Statt diesem übernahm dann der in Nerd-Kreisen wesentlich unbekanntere Peyton Reed die Regie. Nicht die besten Vorzeichen für den Film – aber auch nichts Ungewöhnliches, einen Regisseur ans Ruder zu lassen, der zuvor keinen Superhelden-Film gedreht hat.

Story

Scott Lang (Paul Rudd) ist ein verurteilter Einbrecher und wird zu Beginn des Films gerade aus dem Gefängnis entlassen. Mehr schlecht als recht versucht er, über die Runden zu kommen. Gemeinsam mit drei anderen zwielichtigen, aber freundlichen, Gesellen wohnt er in einem heruntergekommenen Hotel. Von seinen Begleitern sticht vor allem Luis hervor, der mit seiner unnachahmlichen Art, Dinge zu erzählen, für einige Schmunzler sorgt. Jobs sind für Ex-Knackis nicht gerade leicht zu finden und somit gerät Scott bald in Geldsorgen. Und noch dazu hat er aktuell nicht einmal Besuchsrecht bei seiner geliebten Tochter Cassie, deren Mutter mit einem Polizisten liiert ist, was die Situation nicht gerade vereinfacht.

Außerdem gibt es da noch den genialen Erfinder Hank Pym (Michael Douglas), der Ende der 80er Jahre seinen Hut bei SHIELD nahm, damit seine Pym-Partikel der Organisation nicht in die Hände fielen. Damals, im kalten Krieg, war er als Ant-Man im Einsatz gegen die Soviets. Seine ehemalige Firma wird heute von seinem ehemaligen Protegé Darren Cross (Corey Stoll) geleitet. Dieser präsentiert gerade seinen Werbespot für den „Yellowjacket“. Ein Kampfanzug – er nennt es Vehikel, wohl um sich von Iron Man abzugrenzen – der seinen Träger enorm schrumpfen lassen kann und damit zur perfekten Waffe wird. In dem Werbespot wird aber auch schnell klar, dass es hier nicht um konventionellen Krieg geht, sondern um Sabotage und (politische) Morde. Genau das ist es aber, was Hank Pym damals mit seinem Rückzug aus SHIELD verhindern wollte, und daher entschließt er sich, etwas dagegen zu unternehmen.

Über einen überaus komplizierten und verschachtelten Plan sichert er sich schließlich die Hilfe von Scott Lang zu, der sein Nachfolger als Ant-Man werden soll. Und gemeinsam mit Pyms Tochter Hope van Dyne (gespielt von Evangeline Lilly) , sowie einer Horde an Insekten schicken sie sich an, den Plan von Cross zu durchkreuzen. Janet hat ihren Nachnamen von ihrer verstorbenen Mutter Janet van Dyne, die in den Comics als Wasp ebenfalls Gründungsmitglied der Avengers war.

Hope Pym ist eigentlich eine Antagonistin von Erde-982. Hier wird sie Red Queen genannt und geht aggressiv gegen Scott Lang vor

Da es sich hier um eine Superheldengeschichte handelt, muss man das ein oder andere Mal damit vorliebnehmen, dass die Naturgesetze nicht wirklich gelten – das erwartet jedoch auch niemand.

Logiklöcher gibt es weniger, diese tauchen nur auf, wenn man sich mit der inneren Logik und Gleichgestalt der Kräfte auseinandersetzt. Das Popcorn-Erlebnis des Zuschauers wird dadurch aber nicht geschmälert.

Die Story an sich ist relativ geradlinig und hat kaum überraschende Twists. Auch die ein oder andere Tatsache, die durchaus als Überraschung gedacht war, ist für Filmfreunde zu offensichtlich und hat eher ein „Hah, wusste ich es doch!“ als eine Überraschung zur Folge.

Fokus dieses Films ist aber auch viel weniger die eigentliche Geschichte, sondern vielmehr die Charaktere und die Verbindungen zwischen Ihnen (Tochter, ehemaliger Protegé, nochmals Tochter). Das hebt ihn angenehm von der Effekthascherei anderer Superhelden-Filme ab.

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Darsteller

Paul Rudd verleiht seiner Rolle ein gehöriges Maß an Charisma. Scott Lang ist zwar auch ein technisch begabter Kerl, der mittels eines Anzugs zum Superhelden wird und stets einen lockeren Spruch auf den Lippen hat, aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten mit Tony Stark. Letzteren hätte man vielleicht gerne als Bekannten, aber Lang wäre ein guter bester Freund. Und dieser Umstand liegt nicht zuletzt an der guten Darstellung durch Rudd.

Michael Douglas macht ebenfalls eine gute Rolle als Hank Pym, auch wenn einige der gesprochenen Passagen irgendwie seltsam intoniert und flach wirken. Da hätte die Synchronregie besser aufpassen sollen. Manchmal haben wir uns gefragt, ob der Sprecher betrunken war. Die weiteren großen Rollen sind alle gut besetzt und verkörpern glaubhaft die jeweiligen Charaktere. Ein Highlight ist dabei der von Michael Peña gespielte Luis. Der ehemalige Zellengenosse von Scott Lang ist immer für einen guten Spruch zu haben und besticht durch überaus interessante Erzählungen der Umstände, wie er an bestimmte Informationen gekommen ist.

Aber auch wenn die Darstellung der einzelnen Charaktere durchaus gut ist, so fehlt es doch ein wenig an Chemie zwischen ihnen.

Spoiler

So kommt der Kuss am Ende des Films nicht nur für Hank Pym etwas überraschend, sondern auch für die Zuschauer.

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Generell gilt auch hier: den Film bis nach dem Abspann anschauen!

Inszenierung

Action gibt es für Marvel-Verhältnisse eher wenig in diesem Streifen. Lediglich im finalen Akt und kurz davor kommt es endlich zur lange erhofften Konfrontation. Diese besticht dann aber auch durch einige sehr interessante Einfälle und einen wirklich guten Kampf zwischen Yellowjacket und Ant-Man. Leider wird eine der besten Szenen dieses Kampfes schon durch den Trailer vorweggenommen, so dass sie weniger Effekt hat, als sie haben könnte. Was der Film gut kann, ist es den Ant-Man-Anzug mit seinen Möglichkeiten einzuführen. Eine längere Ausbildungsszene erfüllt die Rolle gekonnt.

Erzählstil

Bis auf wenige Szenen ist der Film komplett aus der Sicht von Scott Lang erzählt und spielt, bis auf zwei kurze Passagen, komplett in der Gegenwart. Die betreffenden Szenen erzählen die referenzierten Seitengeschichten rund um Hank Pym.

Preis-/Leistungsverhältnis

Der Listenpreis der BlueRay beträgt 14,90 EUR. Bild- und Tonqualität lassen wenige Wünsche offen, lediglich wenige Spitzen bei den Lasern des Yellowjacket-Anzugs sorgen für ein kurzes Kratzen. Auch die Extras können sich sehen lassen, haben aber leider keinen Marvel-One-Shot dabei. Wir haben uns gut unterhalten gefühlt.

Erscheinungsbild/Umfang

AntMan BluRay CoverDie BluRay wird im üblichen Casing ausgeliefert und hebt sich nicht durch Besonderheiten ab. Das Frontcover gleicht dem Filmplakat.

Die harten Fakten:

  • Regie: Peyton Reed
  • Darsteller: Paul Rudd, Michael Douglas, Evangeline Lilly, Patrick Wilson et al
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 7.1), et al
  • Format: DVD/BluRay
  • Preis: 12,90 EUR (DVD), 14,90 EUR (BluRay)
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Unter den Extras sind Features, humorvolle in die Hose gegangene Szenen, zusätzlich Szenen und ein Audiokommentar. Die sind nett, aber besonders sticht keines der Extras hervor.  Sehenswert sind jedoch die WHIH-Nachrichten, in denen die aus den Iron Man-Filmen bekannte Reporterin Christine Everheart Hintergrundinformationen liefert. Je nach Audiosprache gibt es verschiedene DTS-, HD- oder Dolby-Digital-Klangcodierungen.

Fazit

Kleiner Held, großes Kino. Auch wenn kein Weltuntergang bevorsteht, steht Ant-Man den anderen Filmen in wenig nach. Vielleicht ist es auch gerade erfrischend, dass die Welt nicht vor einer Katastrophe steht oder eine Bedrohung gigantischen Ausmaßes zu bekämpfen ist. Nein, hier wird ein Mann von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt und muss gegen sie ankämpfen. Die Parallelen zu Iron Man sind nicht zu leugnen und auch gewollt. Sowohl der brillante Wissenschaftler Hank Pym als moralisch integres Gegenmodell zu den beiden Starks, als auch Scott Lang mit einer ähnlich jovialen, aber viel sympathischeren Art als Tony Stark, machen Ant-Man zu einer interessanten Alternative. Für Comicliebhaber ist hier interessant zu sehen, wie die Originalgeschichte verändert wurde, aber das begann ja auch schon damit, wer Ultron gebaut hat – denn eigentlich war das Hank Pym.

Natürlich kommt auch Ant-Man nicht ohne kleine Liebelei aus, die aber im Vergleich zu den anderen Filmen des MCU wenig plausibel herumkommt, dadurch aber wenig aufdringlich wirkt.

Dank des späten Erscheinens innerhalb der Reihe, kann Ant-Man eine ganze Reihe Verweise zum restlichen MCU aufweisen – Stark, Hydra, Falcon, Avengers. Diese werden teils an kleine Andeutung und teils in umfangreichen Szenen im Film eingebaut und verorten Ant-Man daher sehr schön im MCU. Der Zuschauer kann sich immer orientieren.

Der Film lässt sich etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen, erlaubt sich daher aber dem Zuschauer sich mit den, für viele unbekannten, Charakteren vertraut zu machen. Für einen Marvel-Film hat er einen ungewohnt langsamen Aufbau (ähnlich Captain America 1), gibt seinen Charakteren damit aber mehr Raum Beziehungen untereinander aufzubauen. Das will jedoch nicht richtig gelingen und viele Beziehungsgeflechte wirken daher etwas flach. Dennoch kommt bei allem ein leichter Humor durch. Das verleiht dem Film Leichtigkeit.

Ant-Man ist ein klassischer Film des MCU mit Charme, Witz, reichlich Action und einem der ungewöhnlichen Helden, die im Marvel-Kosmos herumlaufen. Gerade der Perspektivwechsel in den Mikrokosmos, das Eintauchen in eine uns fremde Welt, macht reichlich der Faszination des Filmes aus und ist filmisch sehr schön umgesetzt. Ant-Man erinnert dabei ein wenig an Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft, nur eben mit den heutigen technischen Möglichkeiten – und deutlich ernster.

Der Film über den kleinen Mann bot reichlich Potenzial, schiefzugehen. Dem Team um Peyton Reed ist aber gelungen, das MCU um einen sehenswerten Teil zu bereichern.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: Zade Rosenthal, © Marvel 2015

 

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