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Ich bin ein Hacker. Sicherlich kein besonderer oder besonders guter, aber doch ein leidenschaftlicher. Damit meine ich nicht, dass ich mir auf elektronischem Wege Zugang zu gesicherten Dateien oder Informationen verschaffe, sondern, dass ich vielfach sogenannte Rollenspiel-Hacks erstelle.

Mit einem Hack ist in der Regel das Mischen von Hintergründen und Spielregeln gemeint, die nicht grundlegend zusammen gehören. Zum Beispiel das Spielen der Welt von Shadowrun mit den Regeln von Splittermond. Oder umgekehrt.

Ich hacke also im Moment vielfach und will hier meine Ansätze anhand eines Beispiels vorstellen.

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Warum hacken?

Grundlegend für einen Hack ist natürlich zum einen eine gewisse Experimentierfreudigkeit in Bezug auf das Anpassen von Regeln und Hintergrund. Mitunter sind diese eng miteinander verwoben (wie z.B. bei Earthdawn) und deshalb nicht so ohne weiteres in ein neues Gerüst zu transportieren. Eine andere Grundlage kann allerdings auch Unzufriedenheit mit den Regeln eines Rollenspieles sein. Manchmal wollen einem Hausregeln alleine nicht ausreichen. Dann greift man zu einem anderen Regelwerk.

Hilfreich für Hacks sind auf jeden Fall universell angelegte Rollenspiele, wie z.B. Savage Worlds, Fate, PDQ oder GURPS. Vor etwa 10 Jahren hätte ich bei einem Hack als erstes zu GURPS gegriffen. Damals habe ich in der Regel keine Hacks, sondern einfach eigene Hintergrundwelten oder -szenarien geschaffen, die ich mit den Regeln von GURPS geleitet habe.

Dieser Tage greife ich mehrheitlich zu Fate Core oder Turbo-Fate, wenn ich einen neuen Hintergrund ausprobieren möchte.

Das richtige Fundament

Fate ist ein sehr leichtgewichtiges Regelwerk, das Spielern wie auch Spielleitern mit vergleichsweise wenig Arbeit einen schnellen Einstieg ermöglicht. Von der ersten Idee bis zum ersten Abenteuer ist es also nur ein kurzer Weg – einer der Gründe, warum ich es aktuell für Ideen und Hacks bevorzuge.

Andere Spielrunden werden andere Spielsysteme bevorzugen und diese als Grundlage für einen Hack verwenden. So kenne ich z.B. Spieler, die beinahe alle Hintergründe am liebsten mit den Regeln der Neuen Welt der Dunkelheit bespielen und entsprechende Hacks erstellen.

Meiner Erfahrung nach ist es für ein funktionierendes Fundament allerdings wichtig, das der regeltechnische Schwerpunkt eines Hacks bei den Regeln des gewählten Systems verbleibt. Wenn zu der gewünschten Spielwelt oder den originalen Regeln also sehr spezielle Eigenheiten gehören, die sich ohne weiteres nicht mit den neuen Regeln abbilden lassen, sollte man diese womöglich besser weglassen. Oder man interpretiert diese Eigenheiten auf eine Art und Weise, dass diese zum Regelkern des gewählten Spieles passen.

Das Grundregelwerk zu Fate Core bietet bereits eine Menge Möglichkeiten, wie man die Regeln an seine eigenen Vorstellungen anpasst. Dabei geht es zum einen um die Wahl der Fertigkeiten, die man mitunter auch nur umbenennen muss, damit sie zum eigenen Hintergrund passen. Dann um die immer wieder auftauchende Frage, wie man Ausrüstung verwendet oder ob man sie überhaupt als eigenen Punkt aufführt.

Ich blättere mich durch Fate Core und nehme mir Anregungen aus dem Fate System Toolkit, den Fate Worlds-Bänden und dem einen oder anderen Worlds of Adventure. Mir hilft hier und da auch ein Blick in das etwas ältere FreeFate, das einige interessante Anregungen enthält (z.B. eine Bauanleitung für Gefährten als Extras).

Schnelles Spiel

Wenn ich so einen Hack angehe, dann in der Regel für ein einziges Abenteuer von zwei bis drei Spielsitzungen. Die Charaktererschaffung braucht allerdings oft ebenfalls eine Sitzung. Um das zu vermeiden, nutze ich eine von zwei Möglichkeiten:

Vorgefertigt

Eine Art des schnellen Spieleinstiegs ist es natürlich, komplett vorgefertigte Charaktere am Start zu haben. Dabei habe ich mir allerdings angewöhnt, einige Stellen des Charakters leer zu lassen, damit der Spieler der Figur den letzten Schliff verpassen kann. Bei Fate Core startet man in der Regel mit 5 Aspekten und ich lasse beispielsweise einen oder zwei frei. Bei einer Turbo-Fate-Runde habe ich auch schon mal die Methoden frei gelassen und nur Aspekte und ein oder zwei Stunts vorgegeben. Konsequenter ist vermutlich die zweite, von mir präferierte Methode.

VEW – Vereinfachte engere Wahl

Fate Core bietet mit Aspekten, Fertigkeiten und Stunts zwar eine überschaubare Anzahl von Stellschrauben für die Erschaffung eines Charakters. Von den Fertigkeiten abgesehen gibt es allerdings eine erschöpfende, im Grunde nur durch die Kreativität beschränkte Auswahl an Möglichkeiten. Gerade Fate-Neulingen wird es ohne die Lektüre des Regelwerkes mit hoher Wahrscheinlichkeit schwer fallen, in einem angemessenen Zeitrahmen entsprechende Entscheidungen zu fällen.

Um die Auswahlmöglichkeiten ein wenig einzuschränken und um die Spieler gleichzeitig bei der Erschaffung ihrer Figur an die Hand zu nehmen, gebe ich einen kompakten Rahmen vor. Passend zu dem originalen Hintergrund entwerfe ich eine Art klassischer Charaktererschaffung, bei der man nacheinander ein paar archetypische Parameter wählt, wie z.B. Volk und Klasse. Dabei gebe ich dann – je nach Hintergrund und eigenen Vorstellungen – Aspekte, Fertigkeiten und Stunts vor.

Am Ende der begrenzten Wahlmöglichkeiten hat der Spieler in der Regel eine halbfertige Figur und die restlichen Schritte zum kompletten Charakter sind schnell gegangen.

Starslayers Vanilla Fate Core Hack

Mein letztes Projekt in der Richtung ging um das junge Starslayers, das zur Messe in Essen in einer kleinen Vorab-Version unter dem Titel Sternenstreuner-Edition (oder Starslayers Vanilla) erschien. Ich lies mich von dem Heft inspirieren, wollte mich aber noch weiter an Fate Core ausprobieren und arbeitete deshalb daran, beides zu kombinieren. Das mag für Fans beider Systeme schwer vereinbar wirken, da die Rollenspiele stark unterschiedliche Ansätze verfolgen. Während bei Starslayers das Erkunden überschaubarer Umgebungen (Dungeoncrawling) im Vordergrund steht, setzt Fate den Fokus auf das Geschichtenerzählen und stattet die Spieler mit erweiterten Befugnissen aus, etwa dem Recht, Fakten zu schaffen.

Worauf ich mich u.a. sehr bei Starslayers freue, sind typische Sci-Fi-Elemente wie z.B. Raumkämpfe, die es aber bei Starslayers Vanilla noch nicht gab (und erst vor wenigen Tagen als Patch 1.1 nachgereicht wurden). Außerdem hatten meine verschiedenen Ausflüge mit Dungeonslayers oder Gammaslayers immer einen höheren Anteil an Geschichte, als es in den kurzen, vorgefertigten Abenteuern vorgesehen war. Der Griff zu anderen Regeln fiel mir also nicht sehr schwer.

Was nicht passt, wird passend gemacht
Was nicht passt, wird passend gemacht

Verkürzt dargestellt, könnte man behaupten, ich wollte nur eine Fate Core-Sci-Fi-Sandbox erschaffen. Ich wollte mich aber dennoch nahe an dem halten, was in der Sternenstreuner-Edition zu finden war und das sah am Ende dann wie folgt aus.

Spezies und Klassen

Der Aufbau eines Charakters ist bei Starslayers nicht umfangreicher als bei Fate Core. Dort entscheidet man sich in der Vanilla-Version zwischen drei Spezies und drei Klassen, die ich für Fate Core nachgebaut habe.

Den Spezies habe ich jeweils drei Aspekte und ein paar Vorgaben bei den Fertigkeiten verpasst. Die Nicht-Menschen haben zudem noch einen Stunt. Bei den Aspekten habe ich mich an die kurze Beschreibung auf dem Internetauftritt von Starslayers gehalten, da in dem Heft der Sternenstreuner-Edition keine Beschreibung der Spezies vorhanden war. Hier und da habe ich ein paar stereotype Aspekte hinzugefügt oder mich von den Fähigkeiten und Talenten von Starslayers inspirieren lassen.

Das vom Fate Core-Grundregelwerk vorgeschlagene Modell der Fertigkeits-Pyramide habe ich dabei übrigens aufgegeben. Das passte einfach nicht zu dem Gedanken, Fertigkeitsstufen durch Spezies und Klasse vorzugeben. Der Einfachheit halber wollte ich mich dann nur noch daran halten, dass es maximal eine Fertigkeit auf Stufe Großartig [+4] gibt und die Gesamtpunktezahl bei 20 liegt, was grob den Vorgaben bei Fate Core entspricht.

Stunts

Die Auswahl der Stunts habe ich dann ebenfalls auf Spezies und Klasse beschränkt und dazu noch eine kleine Liste mit darüber hinaus frei wählbaren Stunts erstellt. Bei Starslayers klingt es ja durch, das Psi-Kräfte mit dazu gehören sollen, in der Sternenstreuner-Edition sind sie allerdings noch nicht an Bord. Hier habe ich mir dann die Freiheit erlaubt, das sich Spieler eher typische Stunts als Psi-Kraft wählen können – so lange sie keine Implantate haben. Auch eine freie Interpretation.

Ausrüstung

Ich fand es bisher immer am schwierigsten, Ausrüstung für einen Hack in einer Art und Weise zu etablieren, dass ich damit vollends zufrieden war und mich nicht zu weit von der Vorgabe entfernte. Starslayers ist an der Stelle deutlich kleiteiliger, ich fühlte mich aber durch die ansonsten recht oberflächlichen und archetypischen Vorgaben des Spiels dabei unterstützt, den Grundgedanken auf Fate Core zu übertragen. So verknüpfte ich die Ausrüstung mit der Klasse und lies die Fertigkeit Ressourcen für die Spieler weg.

Da ich Stunts zum Teil ebenfalls durch die Klassen vorgebe, kann ich Ausrüstung als Stunt und sonstige Ausrüstung hier gut aufeinander abstimmen. Alles was die Klasse sonst als Ausrüstung hat, habe ich grob oder pauschal aufgeführt und mich dabei der Regel für Gadgets aus dem Fate System Toolkit bedient. Demzufolge hat jeder Gegenstand eine Funktion und eine Macke, aber keine weiteren Werte oder gar Stufen. Als Pauschale hat jede Klasse dazu noch eine Art Werkzeuggürtel, wo im Grunde alles andere dabei ist, was nicht einzeln aufgeführt wurde, aber womöglich wichtig für die Rolle ist.

Raumschiff

Raumschiffe sind mir in einem derartigen Sci-Fi-System wichtig und die Sternenstreuner-Edition hat sogar ein kleines Schiff mit Namen und Bildern auf den letzten Seiten stehen. Aber keine Regeln dazu.

Zu meinem Entwurf gehört aber auf jeden Fall oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Art Raumkampf oder zumindest eine Herausforderung an Bord. Also müssen auch Werte her. Ein klassisches Fate-Fraktal lohnt sich meiner Erfahrung nach für Raumschiffe nur, wenn diese als Opposition oder Gehilfe auftauchen. Für die Spieler dachte ich daher zuerst nur an etwas mit Aspekten.

Die Bronzene Regel oder auch das Fate-Fraktal: In Fate kannst du alles in der Spielwelt wie einen Charakter behandeln. Alles kann Aspekte, Fertigkeiten, Stunts, Stressbalken und Konsequenzen besitzen, wenn du es für nötig hältst.

Ich mag allerdings auch die Regel der „Squad-based action“ aus dem Fate System Toolkit und denke, dass sich diese gut für ein Raumschiff und dessen Mannschaft anwenden lässt. Das Konzept dabei ist die Mannschaft des Raumschiffes selber, das Dilemma darf die Gruppe noch wählen und die Fertigkeitswerte sowie den Stunt gebe ich vor – damit es schneller geht. Die Fertigkeiten nenne ich dann Mannschaft, Ressourcen und Sensoren und beziehe alles auf Handlungen an Bord, die mit der unmittelbaren Bedienung des Schiffes zu tun haben.

An der Stelle fiel mir dann allerdings auch erstmals auf, dass das Schiff keinen dedizierten Piloten unter den Spielern haben wird, wenn ich diese bei der Charaktererschaffung nicht bitte, auf Fahren (das ich hier Steuern nenne), ein paar Punkte zu investieren. Die Piloten-Klasse wurde erst vor einigen Tagen bei Starslayers mit dem Patch 1.1 nachgereicht, der mir beim Entwurf noch nicht zur Verfügung stand.

Hierarchie

Bei dem Szenario denke ich an etwas zwischen Space-Hulk und Aliens und es braucht eine Art Squad-Leader oder besser noch, einen Kommandanten oder Kapitän.

Ich hatte überlegt, die Fertigkeit Kontakte durch eine Fertigkeit namens Dienstgrad zu ersetzen, habe mich dann aber doch dagegen entschieden. Stattdessen soll der Dienstgrad aus der Summe verschiedener Fertigkeitswerte errechnet werden.

Das Set für die Spielrunde.
Das Set für die Spielrunde.

Letzter Schliff

Für die Tischrunde habe ich das Ganze am Ende übersichtlich zu Papier gebracht und das gleich in vielfacher Ausfertigung. Ich habe meine Zettel dazu stimmungsvoll mit dem bebildert, was die Starslayers-Macher an Grafiken in ihren Werken veröffentlicht haben und sogar einen eigenen Charakterbogen dazu entworfen.

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