Geschätzte Lesezeit: 12 Minuten

Savage Worlds, in Folge SaWo genannt, dürfte nun wirklich fast jedem Rollenspieler moderner Tage bekannt sein. Zumindest dem Namen nach. Nach dem Erfolg der Taschenbuchausgabe GERTA hat Prometheus Games Ende 2015 eine neue Hardcover-Version auf den Markt gebracht. Statt nur die neue Version zu bewerten, möchten wir heute das Regelwerk in Summe vorstellen.

Die Spielwelt

SaWo ist ein generisches Regelwerk, soll heißen, es ist für jede Form von Spielwelt passend.

Besonderen Augenmerk verdient hierbei der Punkt, dass es für jede offiziell veröffentlichte Spielwelt Sonderregeln gibt, die dieser speziellen Welt Leben einhauchen. Somit wird erwirkt, dass die Spieler zwar nur einen Regelsatz erlernen müssen, sich aber durch diese optionalen Regeln jede Welt anders anfühlt.

Eine spezielle Rolle nehmen die sogenannten Savage Tales ein. Hierbei handelt es sich um grob umrissene Abenteuer, die noch durch die SL ausdefiniert werden müssen. Etwas genauer sind die OnePager, die ihren Namen davon haben, dass sie ausgedruckt auf eine DIN-A4-Seite passen. Sicherlich sind OnePager nicht im Umfang mit großen Kaufkampagnen vergleichbar, aber sie haben genug Fleisch an sich, dass eine SL daraus ein gutes Abenteuer bauen kann.

Enthalten sind die Abenteuer „Todeslied“ (Eine Aufklärung einer Mordreihe), „Heimaturlaub“ für das Setting Necropolis 2350 (Soldaten auf Urlaub retten einen Zug), „Der schwebende Wald“ für das Setting Sundered Skies (Schmugglerunterstützung für Rebellen), „Invasion auf Hawaii“ für das Setting Rippers (Fischjagd auf dem viktorianischen Hawaii) und „Die Brücke am Asper“ für Hellfrost (eine Flüchtlingsevakuierung Typ Fantasy).

Wenn auch verschiedener Länge und Detailgrades, machen alle Abenteuer einen guten Eindruck, besonders „Heimaturlaub“ hat uns aufgrund des innewohnenden Twists gut gefallen. Gut ist auch, dass die verschiedenen ins Deutsche übersetzen Spielwelten so kurz vorgestellt werden.

Hilfreich ist bei der Abenteuergenerierung auch das 29 Seiten umfassende Kapitel über Schurken, Gegner und Monster, in dem auch ein Bestiarium enthalten ist.

Ausgehend von dem Anspruch, ein generisches Regelwerk vorstellen zu wollen, ist die Auswahl der OnePager, die allesamt von deutschen Autoren stammen und keine Übersetzungen darstellen, durchweg gelungen.

Mal so richtig die Sau rauslassen  - und dabei nicht von komplexen Regeln verwirrt werden
Mal so richtig die Sau rauslassen – und dabei nicht von komplexen Regeln verwirrt werden

Die Regeln

Basics

Die 4 ist die wichtige Zahl. Wieso 4? Weil dies der Zielwert aller Proben ist, die im System abgelegt werden. Gewürfelt wird mit verschiedenen Würfeln, vom W4 bis zum W12, sehr selten sogar mit dem W20. Aus den Wahrscheinlichkeiten, den Zielwert mit einem bestimmten Würfel zu treffen, leitet sich auch ab, dass je „größer“ der Würfel, desto größer die Befähigung in dem entsprechenden Bereich ist. Schwierigkeiten werden gegen das Würfelergebnis gerechnet, so z.B. -2 für schwerere Dinge oder +2 für leichtere Dinge.

Auf Seiten der Charakterwerte unterscheidet SaWo zwischen Attributen, Fertigkeiten und abgeleiteten Werten. Jeder dieser Eigenschaften ist ein Würfeltypus zugeordnet, gewürfelt wird in den meisten Fällen mit der Fertigkeit. Die Attribute sind keine reinen abstrakten Werte, auf die im Notfall ausgewichen wird, sondern wirken sich direkt auf abgeleitete Werte und Vergleichbares aus.

Tote Werte, deren Sinn man hinterfragen muss, gibt es also nicht. In wenigen Fällen werden Attribute auch gewürfelt und sie geben Aufschluss darüber, wie teuer das Steigern von Fertigkeiten ist.

Der SC hat mehr Macht …

Wichtig ist, dass SaWo generell zwischen „Wildcards“ und „Statisten“ unterscheidet. Alle Spielercharaktere sind Wildcards, aber auch alle bedeutenden NSC, die mehr als nur Statisten sind. Statisten wiederum sind die Myriaden von Rollen, die jeder Spielleiter braucht, um seine Welt lebendig werden zu lassen. Angefangen von den fünf Schlägern, die es den Spielercharakteren schwer machen wollen, bis hin zum Milchmann, der morgens an die Haustür klopft.

Wildcards können mehr Verletzungen ertragen, bevor sie außer Gefecht gesetzt werden und vor allem haben Wildcards den sogenannten „wild die“. Hierbei handelt es sich um einen W6, der bei jeder Probe mit gewürfelt wird. Üblicherweise wird das bessere Ergebnis der beiden Würfel benutzt. Wildcards dürfen auch „Bennies“ benutzen, was das ist, erfahrt ihr weiter unten.

Proben sind generell nach oben offen und wenn ein Würfel das höchstmögliche Ergebnis zeigt, wird er weiter gewürfelt. Wir kennen das unter dem Begriff der explodierenden Würfel, hier werden sie auch „Asse“ genannt. Je 4 Punkte über dem Zielwert ergeben eine sogenannte Steigerung. Diese können dann benutzt werden, um besondere und/oder verstärkte Effekte zu erzielen.

Zeigen beide Würfel eine 1, also Schlangenaugen oder 1er Pasch, ist ein kritischer Fehlschlag gewürfelt worden, der fatale Konsequenzen hat.

… und noch mehr, wenn er will

Einer der besonderen Aspekte von SaWo sind die Bennies. Hierbei handelt es sich um Punkte, deren Namen von Benefits (engl. Vorteile) abgeleitet wurde. Bennies können benutzt werden, um Schaden/Verletzungen besser wegzustecken oder Würfe zu wiederholen. Üblicherweise startet ein Spiel mit 3 Bennies pro Spieler und es handelt sich hierbei um eine Metawährung. Im Laufe des Spieles geht der Benniekontostand hoch und runter.  Bennies können jedoch nicht für Proben eingesetzt werden, die keine Eigenschaftsproben sind. Das umfasst Würfe auf Tabellen, Schadenswürfe und so weiter. Optionale Regeln erlauben das Bedrohungspotential zu heben, indem die Punkte auch für den Schadenswurf benutzt werden können.

Ein Spieler kann Bennies durch Ausspielen seiner Schwächen und Nachteile, wie auch durch gutes Rollenspiel, sogar durch Erheitern der gesamten Spielgruppe verdienen.

Noch der Beachtung wert ist die Art, in der Initiative ermittelt wird. Für SaWo braucht man neben einem ganzen Rudel von Würfeln auch ein Pokerdeck. Jeder Beteiligte zieht eine zufällige Karte, Gruppen gleichartiger NSC, Feind oder Freund, ziehen gemeinsam eine Karte. Freundliche Statisten werden meistens auf die Aktionskarten der Spielercharaktere aufgeteilt und agieren mit ihnen.

Nachfolgend werden die Kartenwerte von oben nach unten gezählt und es gilt Pik vor Herz vor Karo vor Kreuz. Joker können dann agieren, wann sie möchten und erhalten einen Bonus auf Eigenschaftsproben und Schadenswürfe.

Umfassend und leichtgängig

Auf dieses Gesamtwerk aufbauend, versteht sich SaWo wunderbar darauf, ein taktisches wie auch schnelles Regelsystem zu erzeugen. Vor allem dadurch, dass es Elemente aus dem Wargaming mit Elementen aus dem Tischrollenspiel verbindet, wird es seinem Slogan „Fast! Furious! Fun!“ in meinen Augen mehr als gerecht.

Ich möchte gar nicht näher auf Deckung, Gefechtsmanöver und ähnliches eingehen, denn das würde den Umfang dieser Besprechung sprengen, aber eines möchte ich mit Überzeugung sagen: Alles ist wie aus einem Guss und überzeugt daher sehr. Schön ist, dass fast jede Situation, die ich mir erdenken kann, in Savage Worlds abgehandelt ist, darunter Verfolgungsjagden, ein abstraktes, aber gutes Massenkampfsystem und einiges mehr.

Wichtig hervorzuheben ist auch, dass durch den generischen Ansatz viel Platz gelassen wird für Regelanpassungen, die bestimmte Settings unterstützen. So könnte z.B. ein Horror-Setting mit Regeln für Angst oder geistige Stabilität unterlegt werden, um den einzigartigen Touch dieser Spielwelt zu betonen. Das Regelwerk gibt in einem Anhang viele mögliche Ansätze für verschiedene Settings.

Über eine optionale Regel bin ich jedoch gestolpert. Diese hat mir ein Schmunzeln auf die Lippen gezaubert: Wer eine Szene ohne Bezug auf den Haupthandlungsfaden rollenspielerisch darstellt, erhält einen Bennie. Wirklich? Kein Kommentar. Wofür machen wir denn Rollenspiel? Sicher nicht, um Dinge runterzuwürfeln und Figuren auf einem Brett durch die Gegend zu schieben. Meine persönliche Meinung soll aber nicht den Gesamteindruck schmälern, denn dieser ist erstklassig.

Aus der Historie kommend, leiten sich die Regeln für SaWo übrigens von dem Deadlands-Skirmisher-Tabletop Great Rail Wars ab.

Deckungsregeln werden anschaulich erklärt
Deckungsregeln werden anschaulich erklärt

Charaktererschaffung

So leichtgängig das gesamte System ist, so einfach ist auch die Charaktererschaffung.

Zuerst wird die Spezies gewählt; da wir von einem generischen System ausgehen, können alle möglichen Spezies spielbar sein, das Buch gibt dazu einige Vorschläge. Andere Spezies können spezifische Vor- und Nachteile haben, die sich auf die folgende Werte auswirken. Gut ist, dass das Regelwerk einen kleinen Baukasten beinhaltet, um eigene Rassen zu entwickeln. Die Rassen können als ausgeglichen betrachtet werden, denn erhält man Vorteile, gibt es auch Nachteile und andersherum.

Nach den Eigenschaften sind die Attribute und Fertigkeiten dran. Jedes der fünf Attribute beginnt mit einem W4 und kann durch Punkteausgabe gesteigert werden – dafür gibt es in Summe fünf Punkte, die benutzt werden können. Um ein Attribut um eine Würfelklasse hochzustufen, kostet es einen Punkt. Kein Attribut darf höher als der W12 gesteigert werden. Gewisse Spezies können Ausnahmen ermöglichen.

Spielbar ist in Savage Worlds so ziemlich alles
Spielbar ist in Savage Worlds so ziemlich alles

Der nächste Schritt ist das Auswählen von Fertigkeiten aus einer eher knappen Liste. Alle Fertigkeiten haben jedoch immer Spielbezug. Die Fertigkeiten starten bei null und müssen einzeln über die Würfelklassen hochgekauft werden. In Summe hat ein Spieler 15 Punkte dafür.

Nun werden noch schnell einige abgeleitete Werte berechnet und die sogenannten Talente und Handicaps ausgewählt. Hiermit können besondere Befähigungen gekauft werden oder auch einfach nur Seitennotizen, die den Charakter (an)spielbarer machen und ihm Ecken und Kanten verleihen. Daraus gewonnene Punkte können für verschiedene Zwecke genutzt werden. Talente sind in der Weise wichtig für SaWo, da sie helfen, den Charakter stark auszudifferenzieren und als zentrale Eigenschaften dienen können.

Auch hier gilt wieder: schnell und leicht! Aber wie in vielen Systemen existieren in SaWo einige Querverbindungen, die es ermöglichen, einen Charakter zu „optimieren“. Es heißt also „Easy to learn, hard to master“.  Ich mag die Vielfalt sehr, die möglich erscheint. In anderen Systemen muss ich dafür stundenlang blättern, hier habe ich binnen Minuten einen Charakter, den ich nur noch anpassen und mit Hintergrund versehen muss. Um im Fall einer spontanen Spielrunde Zeit zu sparen, gibt das Regelwerk uns einige fertige Archetypen an die Hand, die nur noch minimal feinjustiert werden müssen.

Ausrüstungslisten vervollständigen die Möglichkeiten für Charaktere.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Das Regelwerk ist auf Action ausgelegt, das sieht man ganz deutlich an den vielen taktischen Optionen für die Gefechtssimulation. Action heißt hier aber auch spannende und furiose Geschichten, die leichtgängig erzählt werden, ohne mühseliges Regelwälzen im Regelwerk.

Es ist schier unmöglich, jede Situation in einem Regelwerk abzubilden, das ist komplett verständlich. Was mir hier wirklich zusagt ist, dass alle Regeln immer wieder auf das gleiche Grundkonstrukt zurückgehen und es daher auch leichtfällt, für eine nicht abgedeckte Situation dennoch eine passende Regulierung anzuwenden.

Savage Worlds ist vor allem auf Spaß ausgelegt – und mit derart schnellen wie auch leichten Regeln können sich Spieler und SLs zurücklehnen und den darstellerischen Teil des Abends genießen. Zugleich werden die Taktiker befriedigt, denn auch diesen Aspekt deckt das Regelbuch ab.

Offenkundig kann ich sagen, dass ich begeistert bin. Hilfreich, wenn auch für altgediente Hasen nicht zwingend bahnbrechend Neues enthaltend, ist das Kapitel rund um die Arbeit als Spielleiter. Hier erhält der geneigte Leser einen soliden Eindruck, was bei dem Anleiten einer Spielrunde wichtig ist, wie die Welt den Regeln Tribut zollen kann und anders herum – und, noch wichtiger – wie Balance und Bedrohungslevel auf die richtige Ebene kommen.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Was für die SL gilt, gilt auch für Spieler. Die Regeln sind schnell gelernt, es entfällt ein mühsames Suchen in Tabellen, welche Eigenschaftsstufe welchem Würfel entspricht. Alles ist direkt vor Augen.

Was gelernt werden muss, ist der sinnvolle Einsatz von Bennies. Wann nutze ich sie wirklich, wann nehme ich einen Nachteil inkauf? Solche Dinge, wie auch das geschickte Taktieren auf einer Battlemap, fließen mit der Zeit ins Blut.

Battlemap – das Stichwort. Zwar ist ein Spiel ohne Battlemap ohne weiteres möglich, aber ich empfehle, um das Spielgefühl zu maximieren, deutlich, es zu probieren. Durch die Herkunft vom Tabletop spielt es hier seine Stärken deutlich aus, das hängt vor allem damit zusammen, dass gewisse Angriffe ihre Reichweite mit Schablonen bemessen. Das Buch widmet dem Thema ein kurzes Kapitel.

Preis-/Leistungsverhältnis

19,95 EUR für ein vollständiges Regelwerk, was dazu noch in jeden Rucksack passt – das ist angemessen. Der Inhalt trumpft hierbei voll auf, braucht es doch im ersten Anlauf außer den Würfeln kein weiteres Material. Inhaltlich habe ich nichts vermisst, was für den Einstieg in die wilden Welten wirklich von Bedeutung wäre. Zusätzlich ist es schick aufgemacht und keine schnöde Textwand.

Erscheinungsbild

Savage Worlds grundregelwerk CoverMit knapp über 960 Gramm liegt die Hardcover-Version des Regelwerkes immer noch gut in der Hand. Das gewählte Papier des Innenlebens macht keinen billigen Eindruck und hat eine gute Haptik. Aufgedruckte Register zeigen schnell, in welchem Kapitel sich der Leser befindet. Die Illustrationen sind stimmig und lockern den Lesefluss immer auf.

Die beinhalteten Kapitel beschäftigen sich mit der Charakter-Erschaffung, der Ausrüstung der Charaktere, den Spielregeln, den optionalen Zusatzregeln für besondere Situationen, den sogenannten Mächten (Zauberei, Psionik etc) und den Monstern. In den Anhängen finden sich u.a. der Charakterbogen, Tabellen und Schablonen zum Ausdruck.

Das generelle Look’n’Feel spricht mich durch seine saubere Erscheinung durchweg an, alle Texte sind gut lesbar.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Prometheus Games
  • Autor(en): Shane Lacy Hensley et al
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 344
  • ISBN: 978-3-944713-05-2
  • Preis: 19,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Sphärenmeisters Spiele

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Seite von Prometheus Games finden sich üppige Downloads rund um das Thema Savage Worlds.

Weitere Quellen mit teils sehr gutem Material:

 

Fazit

Die Fülle, Sauberkeit und auch der Umfang der Regeln begeistern mich und gerade ich war einer derjenigen, der Savage Worlds als System für Spieler abgetan hat, die eher brettspielnah agieren wollen. Mittlerweile erkenne ich, wie falsch ich lag. Wie weiter oben betont, genieße ich die Leichtgängigkeit des Systems, so dass ich mich auf die Atmosphäre konzentrieren kann. Ich bin begeistert, Elemente des taktischen Wargamings zu finden, die sogleich auch die Leidenschaft meines zweiten großen Hobbys befriedigen.

Inhaltlich und von der Darreichungsform bietet das Grundregelwerk alles, was ein Einsteiger in das System benötigt. Kurze Abenteuer zeigen die Vielfältigkeit der Regeln und ihre Anwendung auf verschiedene Settings. Die Regeln sind im geringen Umfang nochmal erratiert.

Savage Worlds hat eine der größten Vielfalten an Welten, die man neben GURPS und Fate für generische Systeme finden kann. Nicht alle davon sind gelungen, manche fühlen sich nicht wirklich „Fast! Fourious! Fun!“ an. Die Grundregeln für sich alleinstehend erfüllen den Anspruch jedoch vollkommen.

Ich kann mit gutem Gewissen den Einstieg in diese Regelwelt empfehlen.

Daumen5maennlich

Artikelbilder: Prometheus Games
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

8 Kommentare

  1. Wurde das Initiativesystem in der neuen Version entschlackt? Ich habe nur den Schnellstarter gelesen, und die Initiative wirkte im Vergleich zu den meisten anderen aktuellen Systemen nicht gerade fast und furious — obwohl sie ein essenzieller Teil der Kampfregeln ist. Wenn die Schreibe allerdings durchgehend so gut ist wie in den Deadlands Büchern, kann das viel wettmachen — auch dafür, wie sich am Ende das Spiel anfühlt.

    Insofern wäre eine weitreichendere Frage: Wie viel von der Beurteilung der Regeln kommt aus ihrer Präsentation (z.B. dass abgeleitete Werte direkt zur Hand sind statt nur irgendwo im Buch zu stehen, oder dass immer wieder betont wird, wie “fast and furious” es ist) und wie viel von den Regeln?

    • Nun ja, es geht um gezogene Karten aus einem Pokerdeck. Klar muss man lernen, wie die zu bewerten sind (s.o. in der Kritik), aber wir fanden das schon schnell und auch mal angenehm anders. Die Wertung fußt zu 85% auf den Regeln, 10% der Anpassbarkeit und Modularität derselben und 5% Optik. Offen gesagt, ging die dauernde Nutzung des Slogans in der einen oder anderen abgewandelten Form im Buch schon ein wenig auf die Nerven ;)

    • Danke für deine Antwort!

      Ich kenne das Pokerdeck aus Deadlands, und da war es sehr langsam. Spaßig zwar, aber nicht schnell.

      Wobei ich denke, dass den Slogan immer wieder zu wiederholen dem Buch gleich zweifach hilft: Erstens sorgt es dafür, dass Leute, die es spielen, den Slogan verinnerlichen und ihm folgen, so dass kleinere Umständlichkeiten überdeckt werden (ich denke, dass der Tonfall des Regelwerks für das spätere Spiel ähnlich wichtig ist wie die eigentlichen Regeln), und zweitens hilft es, die Entwicklung des Systems zu fokussieren. Beim Vergleich der SW Kurzregeln zu Deadlands ist mir deutlich aufgefallen, dass sie alles umständliche vereinfacht und „geglättet“ haben, soweit es möglich war ohne den Kernmechanismus anzutasten. Und das ist an sich schon eine tolle Leistung. Beispiel: In der Initiative in Deadlands erhalten SCs mehrere Karten, je nach Initiativewert.

    • In Deadlands ist die Ini ganz anders: da würfelt man erst ein Attribut, zieht aufgrund des Wurfes Karten und kann diese dann für Aktionen einsetzen (wobei Aktionen noch unterschiedlich viel kosten). Schnell ist das in der Tat nicht.

      Bei SW zieht man nur *eine* Karte und macht *eine* Aktion (plus Bewegung), einfacher gehts‘ nicht. Mit den richtigen Talenten kann man noch mehr Karten ziehen, oder schlechte Karten abwerfen und neu ziehen, aber man benutzt trotzdem nur eine Karte und das System bleibt schnell. Besonders schön ist das „verzögern“ von Handlungen geregelt: man dreht einfach seine Karte um und kann jederzeit handeln – auch in der Folgerunde. Man bekommt zwar keine neue Karte, solange man noch eine vor sich liegen hat, aber die Handlung zu verzögern kann trotzdem Sinn machen (wenn der Gegner z.B. noch in Deckung ist und erst in der nächsten Runde rauskommen muss, ist es besser zu verzögern, als sinnlos auf ihn zu ballern und in der nächsten Runde vielleicht eine niedrige Ini zu haben).

  2. Das Savage Worlds Initiative System hat nichts mit dem Deadlands System zu tun. Bei SW zeiht man nur eine Karte und die gibt über den Wert und da Symbol die Reihenfolge an.

  3. Insgesamt eine gelungene Rezension, weil sie – wenn auch manchmal ohne die Konsequenzen zu beleuchten – zentrale Eigenschaften von Savage Worlds darstellt.

    „Das Regelwerk ist auf Action ausgelegt […]“ und eignet sich für „[…] spannende und furiose Geschichten, die leichtgängig erzählt werden […]“
    Beides sind mMn sehr wichtige Punkte. Savage Worlds arbeitet regelseitig eher mit groben Pinselstrichen. Settingdetails können da schon mal unter den Tisch fallen. Gerade „stimmungsvolle Regeln“ wird man bei Savage Worlds vergeblich suchen. Ebensowenig eignet sich das Spiel für Weltensimulation oder Charakterexploration. Für mich: Wer Hollywood-Blockbuster in jedlicher Art als Rollenspiel haben will, der wird kaum ein passenderes Regelwerk dafür finden als Savage Worlds. Je weiter sich die präferierte Spielweise von dieser Analogie entfernt, desto mehr lohnt es sich (daneben oder stattdessen) andere Regelwerke zu nutzen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein