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Geistige Erkrankungen gehören zum Menschen wie der krumme Rücken, der Bandscheibenvorfall, das gebrochene Bein oder die Kurzsichtigkeit. Nüchtern betrachtet sollte man damit umgehen können wie mit jeder anderen Erkrankung auch. Aber viele Menschen betrachten die Welt nicht nüchtern, sondern gehen mit einem sehr subjektiven Blickwinkel gerade an diesen kritischen Aspekt menschlichen Lebens heran, egal ob sie selbst betroffen sind, jemanden kennen der unter einer geistigen Erkrankung leidet, oder ob sie nur eine geistige Schublade für psychisch Erkrankte bereithalten.

Ich werde die Frage behandeln, welchen Einfluss psychische Erkrankungen im Rollenspielalltag haben können. Ganz konkret möchte ich damit beginnen, mich mit der Frage ausgespielter psychischer Erkrankungen bei Spielercharakteren zu beschäftigen. Zur Immersion kann dieses Thema nur beitragen, wenn es adäquat behandelt wird. Das wird es bedauerlicherweise an vielen Stellen nicht. Jeder Rollenspieler erlebt beständig die unterschiedlichsten Interpretationen ausgespielter geistiger Erkrankungen bei Spielercharakteren. Einige bringen uns zum Schmunzeln, andere zum Haare raufen, während wieder andere Arten ausgespielter Geisteskrankheiten kaum bemerkt werden, außer es geht plötzlich um Würfelregeln.

Der gesellschaftliche Blick

In der realen Welt, gerade bezogen auf das persönliche Umfeld, schienen psychische Erkrankungen bis vor kurzem eher einer Randerscheinung gleichzukommen. Man mag hier bereits bemerken, dass ich etwas um absolute Formulierungen herumkreise, denn mitnichten waren psychische Erkrankungen früher weniger präsent. Man sprach schlicht weniger darüber, da geistige Leiden oftmals wie ein Hexenmal behandelt wurden. Dem geistig Kranken haftet auch heute noch das Stigma des Schwachen, des Unproduktiven an. Es wird mitunter so getan, als stimme etwas mit diesen Menschen nicht. Dieser Aussage ist genauso wahr wie die Aussage, dass mit einem Grippe- oder Fieberpatienten etwas „nicht stimmt“. Auch wenn psychische Erkrankungen in einen öffentlicheren Fokus gerückt worden sind, werden sie bei vielen Menschen nicht als Krankheiten, sondern als Störungen in der negativsten Auslegung des Wortes gesehen. Zugute halten muss man der Gesellschaft, in der wir uns bewegen, dass versucht wird, mit diesem Thema offener umzugehen.

Dieses Umdenken, dieser Fokuswechsel weg vom offenen Stigmatisieren hin zu einer offenen Auseinandersetzung mit dem Thema drängt, jedoch kommt er nicht aus altruistischen Gefühlen heraus. Gerade die Arbeitswelt hat sich gewandelt. Was früher der „kaputte Rücken“ war, wird langsam, aber stetig von geistigen Krankheiten abgelöst. Die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen im Arbeitsalltag haben die „klassischen“ Gründe für Arbeitsausfälle überholt und nehmen nun den ersten Platz ein. So berichtet die Techniker Krankenkasse in ihrem Gesundheitsreport von 4,3 Millionen Fehltagen aufgrund depressiver Episoden im Jahr 2013 allein unter ihren Mitgliedern. Auch die BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK) hat eine Studie zur Arbeitsunfähigkeit für das Jahr 2015 durchgeführt. Mehr als jeder siebte gemeldete Arbeitsunfähigkeitstag ist dieser Studie zufolge psychisch bedingt. Die durchschnittliche Krankschreibungsdauer aufgrund psychischer Erkrankungen lag im Jahr 2013 bei 34,5 Tagen. Der Wert ist der höchste verglichen mit der durchschnittlichen Krankschreibungsdauer aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (21,3 Tage), Muskel-Skelett-Erkrankungen (18,5 Tage), Verletzungen (18,9 Tage) oder aufgrund von Erkrankungen der Atemwege oder der Verdauung (6,6 Tage).

Was sagt uns das und warum breite ich diese Statistiken im Rahmen dieses Kommentars so aus? Die Krankenkassen haben ein Interesse daran, den „Kostenfaktor psychische Erkrankungen“ zu senken. Das ist nur normal. Insgesamt sagt es uns aber auch, und hier wird es dann spannend, dass psychische Erkrankungen keine Randerscheinungen sind. Sie können jeden betreffen. Dich, deine Geschwister, deine Arbeitskollegen. Man muss nicht in den unendlichen Strudel stygischen, lovecraftschen Schreckens blicken um eine geistige Erkrankung zu erfahren. Denn eine solche ist für viele leider Alltag. Ein Alltag, in dem man sich trotz dieser Statistiken immer noch stigmatisiert fühlen kann.

Zum einen leben Menschen mit psychischen Erkrankungen beständig mit der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes, zum anderen aber auch mit dem Gefühl, als „komisch“ von der Umwelt betrachtet zu werden. Man ist schließlich nicht „normal“, irgendetwas stimmt nicht. Man „tickt nicht richtig“. Gerade letzteres ist natürlich absoluter Unsinn, doch hat sich diese Sicht in den Köpfen vieler Menschen hart gefestigt. Viele sind in dem Glauben sozialisiert worden, dass Menschen mit psychischen Krankheiten „Bekloppte“ sind, die man nur in „Irrenhäusern“ findet. Diese Sichtweise weicht ebenso langsam auf, wie anderes Schubladendenken aufweicht. Wo sie sich hartnäckig zu halten scheint, ist in der Rollenspielwelt.

Der Fun-Malkavianer – Ein Beispiel aus der Immersionshölle

Wir kennen sie. Wir „lieben“ sie. Wir möchten sie mit der Latexkeule vom LARP jagen: Die Malkavianer aus der Hölle. Die Fun-Malks aus Vampire: Die Masquerade. Ich möchte ein Beispiel, gegriffen aus dem Leben eines Live-Rollenspielers, dazu geben, wie man ausdrücklich nicht mit psychischen Erkrankungen als Bestandteil von Spielercharakterkonzepten umgeht.

Für die Rollenspieler, die noch nicht mit Vampire in Kontakt gekommen sind, sei an dieser Stelle die Information eingestreut, dass jedes Mitglied dieses Vampirclans über mindestens eine permanente Geistesstörung verfügt. Somit muss sich jeder Spieler eines Charakters aus diesem Clan mit der Frage auseinandersetzen, an welcher Störung sein Charakter leiden soll. Die psychische Erkrankung des eigenen Charakters wird ein essentieller Teil des Charakterkonzepts.

Letztendlich war ein beschaulicher Reigen vor dem Start des Vampire-Live-Abends. Man spielte, wie sich das gehörte, eine Camarilla-Domäne. Warum auch nicht? Schon vor Wochen hatte ich mir Gedanken über einen neuen Charakter gemacht. Es sollte einmal einer sein, der etwas freier agieren konnte. Meine Wahl fiel auf die Malkavianer, hatte ich doch auch schon immer ein Faible für etwas bizarrere Charaktere und genau das sollte der Charakter sein: Bizarr und verstörend im Verhalten, ohne zu überzeichnen.

Welche Hintergrundgeschichte verfasst man für einen solchen Charakter, der solchen Vorstellungen gerecht werden sollte? Der Charakter sollte am Ende nicht plump mit einer geistigen Erkrankung aufwarten. Nein, seine Erkrankung sollte mindestens halbwegs nachvollziehbar sein, mindestens halbwegs konsequent im persönlichen Lebenslauf eingearbeitet sein. Um das zu bewerkstelligen habe ich mich mit Krankheitsbildern auseinandergesetzt und mir, darauf gründend, überlegt wie so etwas für den von mir konzipierten Charakter aussehen könnte, um das Ziel möglichst konsistenter Charakterdarstellung zu erreichen. Man möge mir auch verzeihen, dass ich zu dieser Zeit, es geschah vor mehr circa 15 Jahren, nicht kreativer war, als mir folgendes zu überlegen:

Ein junger Student der Humanmedizin, der mit seiner ebenfalls jungen Verlobten in einer Mietwohnung hauste. Ein Studiendarlehen wurde nicht gewährt, also musste er sich anders Geld beschaffen. Glücksspiel erschien ihm als eine Alternative und, wie es die Welt der Dunkelheit so hergibt, waren auch entsprechende kriminelle Kreise schnell gefunden. Leider verlor der Ärmste mehr als er zahlen konnte was, über kurz oder lang, die typischen „Knochenbrecher-Geldeintreiber“ auf den Plan rief. Die Situation eskalierte und, ohne zu weit auszuholen, seine Verlobte wurde nach längerem Martyrium getötet. Der junge angehende Arzt musste ihr über Stunden andauerndes Dahinscheiden mitansehen und behielt Narben geistiger Natur zurück. Er entwickelte eine Posttraumatische Belastungsstörung, die im späteren Verlauf von einer manisch-depressiven Erkrankung begleitet wurde.

Die Hintergrundgeschichte umfasste schlussendlich gute vier DIN-A4 Seiten, die von diesem Ereignis über sein Vampir-Werden bis zum Moment des aktiven Spieleinstiegs kündeten.  Und so stand ich erwartungsvoll mit einem durchaus anspruchsvollen Charakter im Gepäck vor dem Eingang des Elysiums, zweifelnd, ob ich die Facetten dieses Protagonisten überzeugend darstellen können würde. Doch obwohl mein Charakter in seiner Vergangenheit bereits Schrecken erlebt hatte, sollten diese von meinem Real-Life-Entsetzen in den nächsten 20 Minuten noch übertroffen werden.

Ich betrat das Elysium und stellte mich als Neugeborener dem Range entsprechend vor. Schnell wurde mir mitgeteilt, dass ich mich doch an meinesgleichen in der Stadt wenden möge, die sich an einem Tisch inmitten des Elysiums aufhielten. Und da waren sie: Die Personifizierungen aller Vorurteile über malkavianische Spielercharaktere. Ich möchte vorweg schicken, dass ich an dieser Stelle jegliche Überzeichnung unterlasse.

Nehmen wir zuerst „Pinky“, wie ich sie geistig zu nennen pflegte. Eine rosa Schleife zierte ihr Haar. Gekleidet war sie in ein kurzes rosa Kleidchen mit rosa Strümpfen. Auf ihrem Schoß saß ein Teddybär mit abgerissenem Ohr. Neben ihr saß ein junger Mann im Anzug, der die ganze Zeit mit Visitenkarten zu spielen schien. Sein Blick flog hin und her und her und hin, als würde er verfolgt. Beiden gegenüber hatte eine weitere männliche Person in zerschlissener Arbeiterkluft Platz genommen, die sich redlich bemühte, laut zu stottern.

Jeder, der diese Zeilen liest, kann sich denken, worauf die Beschreibungen hinauslaufen. Und ja, „Pinky“ redete mit ihrem Freund, dem Teddybären, giggelte im Übermaß und stellte sich ansonsten als Frohnatur dar, die zu allem und jedem Scherze machen musste. Der Anzugträger war tatsächlich nicht nur paranoid, vermutete also hinter jeder Person einen Verfolger, sondern auch schizophren. Er hörte allerdings nicht nur bedrohliche Stimmen, sondern sprach mit seinen Visitenkarten, denen er Namen gegeben hatte. Der Stotterer litt unter Amnesie und einer Persönlichkeitsstörung. Er hielt sich für einen Dockarbeiter im 19. Jahrhundert. Als solcher redete er, stotternd natürlich, über nichts anderes als Schiffe.

Damit sei dann auch der Tiefgang der drei genannten Charaktere im Detail dargelegt worden. Mehr gibt es nicht zu sagen. Hier hatten wir die typischen Fun-Malks.

Sind psychische Erkrankungen ein Fun-Faktor?

Das klingt für euch, liebe Leser, normal? Ihr empfindet dies als nicht weiter erwähnenswert? Man spiele schließlich um Spaß zu haben und gehe nicht zum Lachen in den Keller? Diese Argumentation des Spaßes höre ich bei vielen Themen leider sehr oft. Leider lese und höre ich sie auch gerade bei dem Thema ausgespielter psychischer Erkrankungen. Und es stellt sich mir die unweigerliche Frage ob psychische Erkrankungen lustig sind. Sind sie das? Ist der Charakter mit der Geistesstörung der Clown der Runde oder des LARPs, der bei zu viel Ernst die Stimmung hebt und die Lacher auslöst? Nein! Psychische Erkrankungen sind nicht lustig!

Es irritiert immens, dass gerade auch Spieler, die Tage bis Wochen dafür aufbringen, Charakterhintergründe zu recherchieren, Geschichten zu schreiben, die schlussendlich alles dafür tun um ihren Charakter konsequent in eine Welt einfließen zu lassen, die „maximalimmersiv“ nachempfunden werden soll, eben dieses Vorhaben durch solche Charakterzüge vernichten. Psychische Erkrankungen können zu Lachern führen, wenn sie in entscheidenden Momenten zum Ausdruck gebracht werden. Wichtig ist hierbei jedoch, dass ein Charakter mit Geistesstörungen eben nicht bewusst für Lacher sorgt, dass er eben kein Clown ist. Man möge nun nicht denken, dass man über geistige Krankheiten keine Witze machen darf. Meiner Erfahrungen nach ziehen gerade betroffene Menschen ihre Leiden am stärksten durch den Kakao. Charaktere im Rollenspiel, die geistige Krankheiten rein als Spaßfaktoren ausspielen, dienen jedoch nicht der Immersion. Ich würde gar einen Schritt weiter gehen und sie als nicht konsequent ausgespielt deklarieren.

Ebenso wenig konsequent ausgespielt werden geistige Krankheiten, wenn selbige zu einem reinen Würfelmechanismus verkommen. Nicht wenige Regelwerke umfassen Würfelregeln zu geistigen Krankheiten. Das ist nicht schlecht. Ganz im Gegenteil sollten sich die Auswirkungen geistiger Krankheiten auch im Regelsystem wiederfinden. Ein Charakter mit einer generalisierten Angststörung wird vermutlich weniger Antrieb finden einer gefährlichen Aufgabe nachzugehen, bei der die Auswirkungen des Scheiterns katastrophale Folgen hätten, als ein gesunder Charakter. Das möchte aber auch ausgespielt und nicht nur über Modifikationen bei einem Würfelwurf ausgedrückt werden.

Konsequenter Umgang mit Geisteskrankheiten bei Charakteren

Ich bin ein Freund davon, mir die Geschichte eines Charakters vor dem regeltechnischen Auspunkten zu überlegen. Dies kann ich hier jedem Spieler nur empfehlen, der einen Charakter mit geistigen Krankheiten generieren möchte. Warum ist der Charakter krank? Bei vielen psychischen Erkrankungen gibt es Auslöser. Das muss nicht unbedingt ein dramatisches Einzelerlebnis sein, das können auch Lebensumstände sein, denen der Charakter über längere Zeit ausgesetzt war.

Bei diversen Systemen können sich geistige Krankheiten im Spielverlauf ergeben. Bei Cthulhu sind sie ein zentraler Spielinhalt, dem alle Charaktere ausgesetzt werden können, die zu viel sehen, die zu viel von den Geheimnissen in den dunklen Ecken der Welt erfahren. Auch Schattenjäger kennt geistige Erkrankungen, die ein Charakter erfahren kann, wenn er schlicht zu viel erlebt. Diesen Systemen ist gemein, dass die geistigen Erkrankungen im Spielverlauf erfahren werden. Sie sind in der Regel kein Faktor, mit dem die Spielercharaktere starten. Meiner Erfahrung nach wird bei einem solchen Szenario die Erkrankung deutlich konsequenter dargestellt, da auch die Ursache für die geistige Störung ausgespielt wurde.

Das sind allerdings brachiale Ausbrüche geistiger Erkrankungen, die, wie eine posttraumatische Belastungsstörung, ereignisbezogen ausgelöst werden. Diese Praxis passt bei Charakteren wie dem typischen Malkavianer, dessen Geistesstörung in der Regel schon im Hintergrund verankert sein muss, nicht. Hier hilft nur was viele Rollenspieler beständig an anderen Stellen wie selbstverständlich tun: Recherche!

Setzt euch mit geistigen Erkrankungen auseinander. Dazu dient es weniger, sich Onlineforen von Betroffenen anzusehen. Lasst das bloß sein! Genauso wie man bei einem zwickenden Bein nicht „Doctor Google“ aufsuchen sollte, so sollte man es auch nicht bei geistigen Erkrankungen tun. Es gibt jedoch diverse ernstzunehmende Blogs und Beschreibungen aus ärztlichen Quellen. Sollte euch eine allzu umfangreiche und zeitintensive Recherche über Fachseiten nicht möglich sein, so könnt ihr zumindest die Wikipedia aufsuchen und euch rudimentär mit Krankheitsbildern vertraut machen. Das ist allemal besser als gar keine vorherige Auseinandersetzung mit der Thematik.

Letztendlich wird es, wenn man nicht auch persönlich selbst betroffen ist, schwer bis unmöglich die Denkstrukturen eines Menschen nachzuvollziehen, der unter einer psychischen Erkrankung leidet. Selbst den Kranken nahestehende Menschen können diese nicht adäquat nachempfinden. Das Rollenspiel wird damit immer eine Interpretation bleiben. Das schadet aber nicht, sollte dem Ausspielen auch keinen Abbruch tun, solange man sich diesem Thema widmet wie man sich bei der Charaktergenerierung auch jedem anderen Thema widmen würde: konsequent und differenziert.

Psychisch Erkrankte sind nicht „bekloppt“, man findet sie nicht nur im „Irrenhaus“. Geistesstörungen sind nicht die natürlichen Spaßfaktoren des Spieltisches. Sie sollten, werden sie konsequent ausgespielt, tragische, bizarre, bei Wesen wie Vampiren gar verstörende Wesenszüge sein.

Artikelbild:  Innovated Captures | fotolia.de

 

26 Kommentare

  1. Schade ist bei diesem Text allerdings, dass der Autor sein eigenes Spiel besser darstellt als das der anderen. Eigenlob stinkt! Wer sagt denn dass er es geschafft hatte seinen Charaker so tiefrgründig darzustellen?
    Wir alle spielen auch um unter anderen mit neuen Situationen umgehen zu lernen und dazu gehört nunmal auch beim Spiel auf die Nase zu fallen. Geistesstörungen zu spielen ist schwer weswegen ich mich hier aus dem Fenster lehnen mag und behaupten, dass diese Leute die hier beschrieben wurden bestimmt aus ihren „Fun“ Malks gelernt haben wie andere auf ihr Spiel reagiert haben. Schöner wäre es hier gewesen den so genannten schlechten Spielern Tipps für ihr Spiel zu geben anstatt sie zu denunzieren.

  2. Das mit den malkavs kommt aber oft davon, dass die Malkvas von white Wolf oft nicht besser dargestellt werden. Keiner von denen hat wirklich eine andere Psychische Krankheit, die über Persönlichkeits Diffusion hinausgeht.
    Und so kommt es das der Wald und Wiesen Malkav dann oft nur mit sowas Auftritt.
    Ziemlich nervig , aber oft nicht die Schuld der Spieler. Wer hat schon Lust sich den icd 10 zu schnappen und sich mit diesen furchtbaren Krankheiten auseinanderzusetzen?

  3. Leider fallen die kichernden Teddybär-Malks immer wieder ins Auge. Wir hatten früher eine Spielerin, Malk-Ahnin von der ich in 6 Jahren Spiel nicht mitbekommen habe was genau ihre Geistesstörung ist und die den Clan von genau solchen „Fun-Malks“ gereinigt hat, denn das wären die Malks die man nicht auf die Straße lässt.
    Mein Malk hat Schizophrenie, er hört Pflanzen reden (nein, er antwortet nicht). Manchmal stimmt sogar was die Pflanzen sagen (Mitteilungen der SL dann), aber sonst ist er ein hoch sozialer und gesellschaftsfähiger Charakter (zumindest soweit es der Spieler kann ;) )

    • Wozu hat man sie dann? Solche Eigenschaften zählen doch zur Darstellung und Darstellung, die man nicht mitbekommt macht mMn was falsch. Dezent eine Eigenschaft/Krankheit spielen ist super, nur wenns keiner mitbekommt hat es irgendwie den Sinn verfehlt. ;)

    • Wenn man einem Malkavianer die Krankheit nicht anmerkt … dann hat es der Spieler versemmelt die Clansschwäche seines Charakters auszuspielen / in’s Spiel zu bringen.

      Das ist wie ein Ventrue mit der Beuteeinschränkung „Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit“ in Deutschland XD

    • Also merkt man dem Malkavianer immer an dass er eine psychotische Störung hat und morgens um 5:23 gerne Frauen in seinem Keller entleibt ohne Betäubung? Na wenn ihr das sagt… Spiele ich dann ab sofort aus im Spiel und rede offen darüber. Scheinbar ist das erwünscht und toll.
      Sowas kann Hintergrundspiel bieten wenn irgendwann die Fälle verschwundener junger Frauen steigen. Oder wenn er schlampig beim Entsorgen ist. Doer es aus dem Keller stinkt wie Hulle… Aber auf dem Spiel selbst? Neeeeee

  4. Die beste „psychische Erkrankung“ ist die, die total klischeehaft wie aus dem Film rüberkommt, mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat, keine negativen Reaktionen bei evtl. real erkrankten triggert („Verarscht der mich?“) und die zum Spiel aller beiträgt und nicht unbedint dem eigenen Spass dient.

    Das Spiel bildet nicht die Realität ab, warum also sollte die gespielte psychische Erkrankung das tun.

  5. Das Problem ist hier spielerisch natürlich das es für den Spieler vielleicht interessant ist eine rein innere introvertierte Erkrankung zu spielen aber für die Mitspieler ist sie dann eben in etwa so existent uns spürbar wie Laktose Intoleranz bei vampiren

  6. Super Artikel, wenn ich auch der Meinung bin, dass psychische Erkrankungen im richtigen Kontext ruhig auch als Klischee gespielt werden dürfen und dann auch lustig sein können. Im Prinzip leiden ja viele Bösewichter in Zeichentrickfilmen oder Superheldenfilmen ja auch unter psychischen Erkrankungen, wenn man es genau nimmt. Und das darf trotzdem witzig sein. Funktioniert auch so im entsprechenden Kontext. Was psycho-intensive LARPs angeht, gebe ich dem Autor aber Recht. Da sollte die Krankheit ernsthaft gespielt werden, eben wie alles andere auch, z.B. der Tod.

  7. Beschränkt sich die Diskussion auf Malkavianer? Denke im Artikel sind sie nur ein Beispiel. Malkavs habe ich bisher vielleicht 2 gut gespielte gesehen (zugegeben, ich hab mit dem Setting aber auch nix am Hut). Was ich bisher gesehen hab ist eine Ansammlungen diverser Geisteskrankheiten, wobei keine einzige wirklich „gut“ gespielt wurde. Da ist weniger eindeutig mehr.
    Allgemein gesprochen, würd ich sagen, der Artikel beschreibt generell charakterliche Eigenheiten. Geisteskrankheiten im engen müssen das nichtmal sein. Zwänge, Splins oder generell Sprach- und Verhaltenseigenheiten sollte mMn jeder Charakter in einem gewissen Maß haben. Mir helfen zB sprachliche Besonderheiten bei meinen Charakteren sehr stark um in die Rolle zu finden udn auch im Spiel zu bleiben.
    Ich finde auch, das psychische Traumata etc sehr bereichernd sind, sofern sie nicht übertrieben werden oder das Spiel der Mitspieler an sich reißen oder dominieren (das gilt aber ziemlich für alle Charaktereigenschaften).

  8. Meines Erachtens hat der Artikel zwei Probleme.
    Einerseits der Umgang mit dem Thema der meines Erachtens sich durchaus gegenüber Betroffenen im Umgang vergreift.
    Andererseits die Betrachtung in Bezug auf Rollenspiel die sowohl (unfundiert) belehrend wirkt als auch den Kontext innerhalb des entsprechenden Spiel ignoriert.

    Hinsichtlich des Umgangs gestaltet es sich so das der Autor zwar anprangert das Erkrankungen zu sehr negativ und prägend herausgestellt werden, dann jedoch eben dies praktiziert. Um das Beispiel hinsichtlich der körperlichen aufzugreifen, kaum jemand würde auf die Idee kommen einen Charakter zu entwerfen dessen Hauptcharakterzug „gebrochenes Bein“, „fehlendes Bein“ oder „körperliche Missbildung“ ist. Geschweige den von der Immersion schwelgen einen solchen Charakter darzustellen. Es ist ziemlich offensichtlich respektlos gegenüber Betroffenen und auch klar das sich die Betroffenen nicht darüber definieren.
    Eine Erkrankung ist kein bizarrer oder verstörender Wesenszug.

    Der Hinweis zur Recherche respektive das Verbot sich über bestimmte Quellen zu informieren ist nicht nachvollziehbar.
    Natürlich ist es keine besonders gute Idee Google oder Wikipedia als persönlichen Doktor zu verwenden. Allerdings weniger weil es faktisch falsch ist, als mehr weil man darüber sehr wahrscheinlich eine Fehldiagnose erhält. Was für einen Sinn ergibt da die Lektüre von medizinischen Fachmaterial, für das einem selbst bei akademischer Bildung die Kompetenz fehlt? Gerade wenn dort Sachen herauskommen wie die hollywood-reske Klischee-PTSD?
    Es erweckt den Eindruck das der Autor damit nur eine elitäre Einstiegshürde aufstellen mag respektive sich besser fühlen.

    Wenn man dann beim fühlen ist. Eine Erkrankung ist kein bizarrer Wesenszug. Es ist eine Krankheit. Etwas das die Lebensqualität massiv beeinträchtigt. Das einem im Weg steht, in inoppertunen Momenten. Eine Immersion in eine Erkrankung, nehmen wir an das es möglich ist, ist nicht nur kein Spaß sondern ein, je nach schwere, ziemlich elendes erleben.
    Wenn man einen Charakter spielt der einen Bein-Bruch hat und sich dahingehend immersiert dann ist es schon ziemlich uncool wenn man sich vorstellt das jeder Versuch aufzutreten einen stechenden Schmerz los schickt und das Bein „einfach so“ sich verhält als hätte es keine Kraft.
    Es ist auch etwas das neben der Darstellung sich durchaus auch auf andere Aspekte wie „jemanden verfolgen“ oder „etwas stemmen“ auswirkt. Wo egal ob man es dramaturgisch, simulationistisch oder gamistisch sieht entsprechende Einflüße auf die Spielmechanik angebracht sind.

    Wenn man Erkrankungen im Rollenspiel thematisiert respektive sie dort thematisiert werden sollte man betrachten wie sie dort eingebunden sind. Wie das Rollenspiel (System/Setting) damit umgeht. Die meisten Rollenspiele haben dabei keine politisch irgendwie korrekte Sicht und sind zudem nicht realistisch.

    Vampire: Die Maskerade nutzt Erkrankungen einerseits als (Clans) Schwäche. Andererseits verfolgt es den Ansatz das es die Erkrankung als Horror-Element nutzt um einen Charakter/Clan unberechenbarer, gefährlicher und teilweise mysteriöser zu machen. Das heißt es spielt so ziemlich alle negativen Vorurteile an die es zu psychischen Krankheiten gibt. Das heißt das ein Mensch der eine Erkrankung hat monströs ist und ein Vampir, also Monster, durch die Erkrankung monströser. Das es gleichzeitig die Erkrankung als Argument für Narrenfreiheit bei Malkavianern nutzt ist auch nicht gut.
    Im Rahmen sind dort „Fish/Fun Malks“ durchaus etwas positives. Weil sie entlarven das VtM nicht realistisch ist. Wenn dort nicht das Problem wäre das es gamistisch gesehen nicht passt wenn man mit Geistesstörungen min/maxt. Was irgendwo nervt wenn man sich überlegt das der Paranoide, Schizophrene Vampir mit Wahnvorstellungen und Objektfixierung dafür ein bis zwei fette Disziplinen mehr hat.

    Cthulhu wiederum nutzt die Erkrankungen in einem ziemlichen 30er Jahre Pulp Verständnis. Das heißt Erkrankte sind entartet und werden schlimmer je mehr sie erkranken. Von der eher weit hergeholten Idee das einen das lesen von falschen Büchern, Wissen oder der Anblick diverser gräulicher Dinge postwendend erkranken läßt einmal abgesehen.
    Weshalb Cthulhu auch nicht von einer Krankheit in dem Kontext spricht (afaik) sondern von Wahnsinn. Was im Kontext des fiktiven Setting durchaus passt.

    Wenn man eine Krankheit als Krankheit in einem Rollenspiel realistisch umsetzen mag, ob nun LARP oder P&P, wieso auch immer, sollte man sich eins Suchen das es unterstützt. Das heißt wo man sich mit der Darstellung der Krankheit befasst und nicht wie z.B. bei Malkavianern die Krankheit ein Aspekt ist welcher dem Charakter eine Disziplin wie Irrsinn zugesteht oder gar Zugang zu einem mentalen Netzwerk Erkrankter gibt.
    Nun und über Sachen wie die Disziplin „Irrsinn“ mit der man andere Charaktere spontan erkranken lassen kann,… das wäre ein ganz neuer Sack Würmer.

  9. Danke für diesen meiner Meinung nach sehr interessanten Artikel. Ich schätze, man könnte auch den SC, deren Spieler sich im Traum nicht einfallen ließen, „einen Bekloppten“ zu spielen, vermutlich ein bis mehrere Erkrankungen diagnostizieren – so bei all den gewaltliebenden Barbaren, Waisenkindern mit von Orks getöteter Familie und so weiter.

    Bei den genannten Beispielen ist ja eine gewisse Schwere der Erkrankung quasi vorgeschrieben, ansonsten neige ich eher dazu, bestimmte Tendenzen in die ein oder andere Richtung erst einmal als Teil der Persönlichkeit wahrzunehmen – ein Charakter kann ja auch erstmal misstrauisch und sehr (über)vorsichtig sein, ohne dass man gleich „psychische Störung: Paranoia“ auf den Datenbogen schreiben muss. Ob sich das dann im Laufe der erlebten Abenteuer verschlimmert, kann man dann ja noch sehen.

    Was mir im Artikel noch völlig fehlt, ist die Tatsache, dass es sicherlich auch nicht wenige (Live-)Rollenspieler gibt, die selbst unter psychischen Erkrankungen leiden. Für diese dürfte es mehr als nur ein rotes Tuch sein, wenn einer ihrer Mitspieler mit der Ansage „ich spiel jetzt mal nen Verrückten“ seinen neuen SC vorstellt und dann eine (bei der von dir genannten mangelnden Recherche) übertriebene, klischeehafte oder womöglich komplett verzerrte Darstellung einer Krankheit abliefert, die womöglich eine andere Person am Tisch selber durchleidet.

    • Danke Curima,

      gerade dem letzten Punkt möchte ich mich in einem eigenen Kommentar widmen.
      Diesen Faktor hier noch einzubauen wäre zu viel gewesen und verdient eine eigene Betrachtung.

      Der Frage wie psychisch real wirklich erkrankte mit saloppen, überzogenen, Darstellungen ihrer, oder der Krankheit eines lieben Menschen, umgehen ist mindestens ebenso interessant wie die Frage wie jemand mit einer psychischen Erkrankung mit dem Rollenspiel selbst als Spieler oder Spielleitung umgeht.

      Ist es sinnvoll als Burnout-Patient jemanden mit Burnout zu spielen?
      Wie geht man als Spielleitung vielleicht damit um, dass man in seiner Geschichte einen NSC hat der diegleiche Erkrankung aufweist wie ein Spieler am Tisch ohne in eine unangenehme Situation zu laufen?

  10. Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare. Ein paar Zeilen möchte ich dazu gerne antwortend schreiben. Ich bitte um Verständnis, dass nicht jedes Detail eines jeden Postings wiederum im Detail beantwortet werden kann.

    Zum einen lese ich heraus was selbstverständlich ist:
    Es geht nicht jeder mit einem Thema, bzw. mit Spielwelten selbst gleich um.
    Was meine ich damit?
    Schon alleine die Interpretation der Spielwelten wird unter 10 Rollenspielern 9 mal anders sein.
    So auch bei dem dargelegten Fallbeispiel, so auch bei jedem Artikel zu jedem Rollenspiel, so auch bei jeder Kritik (Kritik ist per se nichts schlechtes).

    Der Kommentar hier orientiert sich, wie es auch im Artikel selbst steht, an dem Grundsatz einer maximalen Immersion. Also, einfacher gesagt, dem Wunsch die Spielwelt so „hautnah“ wie möglich zu erleben und das bezogen auf jeden Aspekt.
    Hier scheint mir beim Begriff der Immersion einiges in Kommentaren durcheinander zu geraten.
    Immersion meint das größtmögliche Eintauchen in die Spielwelt. Natürlich bedingt das, dass sich auch mit Verletzungen jeglicher Art, seien sie psychisch oder psychisch, ebenfalls auseinandergesetzt wird.

    Nun mag das was an Spielweltinterpretation dabei herauskommt von Spieler zu Spieler unterschiedlich sein. Das lesen wir hier auch bezogen auf das dargelegte Fallbeispiel:
    Für den einen ist „Vampire: The Masquerade“ eine überspitzte Welt die auch genau so erlebt, und damit bespielt, werden müsse. Dort darf überzeichnet werden.
    Für den anderen ist sie wesentlich ernster. Für denjenigen ist das „Universum der Spielwelt“ ein kalter, ernster, düsterer Ort voll gram, persönlicher Schicksale, die Auseinandersetzung mit persönlichem Horror.
    Letztendlich passen in der einen Welt comicartig überzeichnete Charakterdarstellungen in die Spielwelt, nähren das Immersionslevel, während sie beim anderen genau das Gegenteil bewirken.

    Aus dem Kommentar geht recht deutlich hervor, dass ich zu zweiterer Fraktion gehöre und natürlich auch aus diesem Blickwinkel schrieb.

    Das allein ist keine Wertung, solange man nicht versucht diese Sichtweise auf eine andere zu übertragen.
    Oder anders gesagt: Solange der Spieler, für den comichaft überzeichnete Darstellungen zur Spielwelt gehören die Sicht eines Spielers, der dies anders interpretiert, nicht zwangsweise auf sich gemünzt empfindet, sich deswegen davon „gegängelt“ fühlt, ist alles in Ordnung.

    So verhält es sich schlussendlich auch mit dem Fallbeispiel.
    Schaut man sich die Spielwelt ohne Wertung an so kann man zu dem Schluss kommen, dass Malkavianer keine „Slapstick“-Charaktere sind zu denen sie, leider, manchmal gemacht werden. Die Hintergrundwerke, so auch die alten Romane, stellen die Auswirkungen ihrer Geistesstörungen anders dar. Dort sind Malkavianer Charaktere auf die eine Erläuterung einer Live-SL von vor Jahren gut passt:
    „Bei Malkavianern, gerade umso älter sie werden, möchte ich ein verstörendes Bauchgefühl bis zur Verwirrung über die Handlungsweise empfindet und nicht den Drang unterdrücken müssen zu lachen.“
    Da spielt es auch weniger eine Rolle woher diese Geistesstörungen rühren. Ob ein Malkavianer nun schon vor dem „Kuss“ eine Geistesstörung hatte oder ob er sie erst durch ihn bekam ist dafür völlig unerheblich.

    Die Sichtweise mag nun erneut von einigen herabwürdigend empfunden werden. Das sollte sie aber nur, wenn ihr sie verallgemeinernd und subjektiv empfindet. Neutral betrachtet sagt es nur, dass ein Malkavianer durch seine Geistesstörungen nicht zu einem „Klassenclown“ wird. Vielmehr machen Geistesstörungen einen Malkavianer, der als Vampir schon ein Monster ist, zu einem verstörenden Monster. Kommen dazu noch die typischen Auswirkungen, die jeder alternde Vampir erfährt, kommt dazu noch der Kampf mit der schwindenden Menschlichkeit, dann sollte der Charakter irgendwann nicht mehr aus Slapstick bestehen.

    Das ist was sich auch im Hintergrundmaterial der Welt, auch gerade zu diesem Clan, wiederfindet.

    Und erneut betone ich: Das gilt, wenn man die Spielwelt für sich so bespielen möchte. Möchte man eine ganz andere Atmosphäre empfinden, dann sei das jedem ungenommen.

    Zusätzlich stimme ich einigen Kommentatoren zu:
    Das Beispiel der „Fun-Malks“ ist genau dies: Ein Beispiel. Es ist nicht der Kern des gesamten Kommentares.

    Mitnichten wurde von mir formuliert, dass Menschen mit psychischen Krankheiten generell „verstörend“ sind, wie es mancher Kommentar anklingen lässt. Das ist etwas arg aus dem Zusammenhang gerissen. Der Bezug zum „verstörend erscheinen“ ist vollkommen in Zusammenhang mit dem Beispiel aus dem „Vampire-Universum“ zu verstehen, ganz so wie ich es auch formulierte.

    Was Recherche angeht, so wurde auch niemandem verboten bestimmte Quellen zu nutzen. Es kommt darauf an wie tiefgehend man sich mit Hintergründen auseinandersetzen möchte. Auch hier ist der Zusammenhang am Ende der entscheidende.
    Wieder ist der Immersionsanspruch entscheidend:
    „Maximale Immersion“, die beim Erstellen eines historischen Charakters eine Auseinandersetzung mit der Epoche aus der er stammt erfordert um ihn glaubhaft darstellen zu können bedingt, bedingt auch beim Darstellen einer Erkrankung ein Mindestmaß an sachlicher Auseinandersetzung mit der Erkrankung. Dabei ist es sogar unter dem Strich völlig irrelevant um welche Erkrankung es geht.

    Das man dafür ein Studium benötigen würde um sich mit Fachliteratur auseinandersetzen zu können ist ein wenig Schwarz-Weiß gedacht und überzogen. Wenn jemand einen Waffenspezialisten darstellt reicht es schlussendlich zum glaubhaften Darstellen nun auch nicht, dass man eine Glock von einer Schrotflinte unterscheiden kann.

    Und wieder geht es auf die Frage zurück: Wie glaubhaft soll es dargestellt werden, bzw. soll es überhaupt so glaubhaft wie möglich dargestellt werden oder darf es auch überspitzt sein?

    Warum sollte man nicht überspitzt darstellen? Warum sollte man psychische Erkrankungen nicht so darstellen, dass die Umwelt es so gut wie möglich sieht?

    Die Frage steht und fällt mit der weiterführenden Frage ob persönliche Charakternachteile im Rollenspiel vor allem für einen selbst oder für die Umwelt gedacht sind. Geht man davon aus, dass gerade psychische Erkrankungen etwas sind womit der eigene Spielercharakter umzugehen hat dann müssen sie auch nicht offensichtlich sein. Was bringt das dann? Genug, da man die Auswirkungen auf den eigenen Spielercharakter permenant im RP wiederfinden wird. Man selbst muss als Spieler dieses Charakters damit umgehen und seinen Charakter damit agieren lassen. Das muss, wenn man es nicht möchte, kein „in your face“-Faktor sein.

    Hätte der Kommentar mehr als „Guide zum spielen mit psychischen Erkrankungen“ herausholen können?
    Dafür war er nicht gedacht, diesem Zwecke dient er nicht. Zudem bin ich der Meinung, dass man keinen einfachen und gleichzeitig tiefgehenden „Guide: „How to play insane“ schreiben kann.

    Ob sich real psychisch Erkrankte an der Darstellung oder gar diesem Artikel stören? Das kann man kaum pauschal sagen da es sich hierbei nicht um eine homogene Personengruppe handelt. Es wird sicherlich Betroffene geben die mit überzogen comichaften Darstellungen von Erkrankungen Probleme haben, gerade wenn die dies so darstellenden Spieler dies auch real zum Anlaß nehmen sich über die Auswirkungen lustig zu machen, selbst wenn es nicht böse gemeint ist und dem Spaß dient. Ebenso mag es Betroffene geben, die eine möglichst naturgetreue Darstellung ihrer eigenen Leiden nicht sehen möchten da sie zu sehr aus dem Rollenspiel in ihre realen Leiden zurückgeworfen werden.

    • Das es bei dem Artikel um Immersion geht streitet keiner ab. Ich sehe es dennoch als kritisch das du deinen Ansatz als überaus realistisch beschreibst. Verweis auf medizinische Fachkataloge inklusive.
      Was meines Erachtens das Problem ist.

      Wenn jemand in einem Spiel eine Batman-Style Interpretation von Krankheiten einbringen mag ist es kein Problem.
      Das heißt solange er sich bewusst ist das es sich dabei um ein fiktives Universum handelt und während die Geschichten um Batman spannend sind, unterhaltsam oder anregend das sie sehr wenig mit der Realität zu schaffen haben. Das wenn man sie ernst nimmt sie stark alte Klischees, Ängste bedienen und festigen.

      Das man sich dann auch noch hinstellt und im Grunde seine „Burton Batman“ Auslegung von Geistesstörung für realistischer, gehaltvoller befindet als eine „Schuhmacher Batman“ Auslegung von Geistestörungen ist ein Kunststück von dem ich eher angwidert bin.
      „Fun Malkavianer“ werden über etwas mehr als ein dutzend Absätze als negativ gezeichnet. Sie würden keine Immersion bieten, sie hätten keinen nennenswerten Tiefgang, sie würden bad-wrong-fun bieten, sie seien respektlos gegenüber Kranken, sie würden sich über die Kranken lustig machen.
      Demgegenüber steht ein Malkavianer Konzept bei dem der Punisher aus der aktuellen Daredevil Comic Serie aggressiv werden würde weil es kein PTSD ist und gegenüber Betroffenen, wenn als realistisch verkauft, ein Affront.

      Was V:tM betrifft. Ja, es ist natürlich ein Setting. Eine fiktive Welt.
      Das rechtfertigt jedoch meiner Meinung nach nicht unter dem Deckmantel das Klischee des gefährlichen Irren, das Menschen mit psychischen Erkrankungen monströs sind, nicht nur zu spielen sondern mit Verweis auf ICD, Anspruch und Immersion auch noch als realistisch zu verkaufen.
      Man kann einen Ravnos so spielen wie der Clan im Setting beschrieben wird. Als düstere, überspitzte Variante in der viele Voruteile zu Roma wahr sind. Aber um Gute Güte doch nicht mit Verweis auf ein Buch und der Behauptung das man dort irgendwie nah an der Lebenswirklichkeit von Roma wäre.

      Wegen der Recherche. Jenseits der Umsetzung schreibst du wortwörtlich: „Lasst das bloß sein!“.
      Womit du dich auf den Ansatz beziehst das sich jemand auf entsprechenden Plattformen für Betroffene beziehst und mit dem nächsten Satz auch „Doctor Google“ in den ziemlich deutlichen Imperativ einfasst.
      Für mich liest das sich durchaus wie der Versuch eines Verbot. Nicht das es umsetzbar wäre.
      Nun und das danach Fachliteratur sowie Ärzte-Blogs als Alternative aufgeführt hat erweckt bzw. verstärkt den Eindruck des Elitarismus (neben dem „Besser/Immersiver/Respektvoller als X und Fun-Malks sind Mist“ Aspekten).

    • Ich habe diesem Kommentar in meinem längeren bereits geantwortet. Zum „Verbot“ könnte ich mich nur selbst zitieren. Das möchte ich einmal unterlassen.

      Das „Gebot“, was etwas anderes ist als ein „Verbot“ gilt, wenn man die Ziele verfolgt die ich in diesem Kommentar verfolgte und oben noch einmal sehr intensiv ausführte. Die Begründung warum findet sich im Artikel.

      Etwas provokant kann man natürlich erneut darüber diskutieren warum man in Slapstick-Manier ausgespielte psychische Erkrankungen kritisch sehen kann, bzw. was denn, wie es anklingt, daran so schlimm sein solle.

      Dazu ein bewusst provokanter und überspitzter Vergleich:

      Man stelle sich vor, dass eine Spielerin in einem Dark-Fantasy Setting einen Charakter spielt der vor kurzem Vergewaltigungsopfer wurde und das noch nicht verarbeitet hat (sofern man das überhaupt vollständig kann).

      Nun wird der Charakter bespielt und sitzt in einer Taverne. Die Spielerin spielt dann aus, dass der Charakter frivole Witze reisst, humoristisch Anspielungen über harten Sex macht. Das läßt die Spielerin durch ihr Spiel des Charakters sehr offensiv heraus hängen. Die Begründung? Der Charakter hat halt ein Trauma.

      Ich glaube wir sind uns einig, dass man ein so ausgespieltes Vergewaltigungsopfer als inkonsequent bis hin zu geschmacklos dargestellt empfinden würde.

      Aber eine schwere Schizophrenie bei einem Malkavianer ist der „Fun-Faktor“ des Spieltisches?

      Wie passt das zusammen?
      Siehe die erste Hälfte meines Konmentars und die stehende Aussage, dass psychische Erkrankungen kein Fun-Faktor sind!

      Was die Punkte angeht, die vermeintlich den Daredevil-Punisher auf mich losgehen lassen würden so klingt der Vorwurf durch, dass ich als Autor keine Ahnung davon habe wovon ich schreibe, bzw. davon schreibe man möge sich informieren, es aber selbst nicht tun würde. Das kann ich nur strikt zurückweisen.

    • „Ich glaube wir sind uns einig“

      Nein?

      Ich empfehle dazu übrigens etwas mehr Recherche zur Bandbreite von möglichen Copingstrategien von Opfern von Vergewaltigungen und anderer sexualisierter Gewalt.

      Apropos Recherche und ICD: Das ist nun zwar mein eigener Fetisch, aber dennoch finde ich es auf bezeichnende Art und Weise bedauerlich, dass einer der originären Hauptverwendungszwecke des Systems – wie so oft – unterschlagen und vielleicht sogar ad absurdum geführt wird. Statt das ICD zu verwenden, um präzise und mithin kurz zu kommunizieren, taucht es stattdessen im Zusammenhang mit Texten (Hintergrundgeschichten) auf, die primär über ihre Länge zu imponieren scheinen. Statt vier DIN A4-Seiten bräuchte es mit korrekter Anwendung des ICD eigentlich bloss maximal 12 Zeichen für das Beschriebene…

    • „Statt vier DIN A4-Seiten bräuchte es mit korrekter Anwendung des ICD eigentlich bloss maximal 12 Zeichen für das Beschriebene…“

      Ich kann hier nur bitten auf den Text zu schauen.
      Es war nie die Rede davon, dass 4 Din-A4 Seiten dafür aufgewendet wurden um die psychische Erkrankung des Charakters darzulegen, sondern, dass sich die gesamte Charaktergeschichte, zu der mehr als nur dieser Aspekt gehört, über 4 Din-A4 Seiten erstreckte.

      Das sind zwei paar Schuhe.

  11. „Jeder, der diese Zeilen liest, kann sich denken, worauf die Beschreibungen hinauslaufen.“

    … darauf, dass du deinen Charakter als Positivbeispiel zu präsentieren versuchst?

    (Das war die Stelle im Artikel, die mich dann sehr enttäuscht hat, da ich zuvor – irrigerweise – extrem positiv überrascht davon war, dass in einer solchen Passage einmal eigene Schmutzwäsche gewaschen wird anstatt mit dem Finger auf andere Spieler zu zeigen.)

  12. Ganz im Ernst: Wenn ich gerade nicht von meiner Depression, oder sozialphobischen Angsstörung derart betroffen bin, das ich nichts mehr zu Lachen habe, dann finde ich meine Geisteskrankheit auch witzig. Ein Scherzhafter Umgang von Außenstehenden ist mir sogar deutlich lieber als Betroffenheit.

  13. Das sich Psychisch Kranke Leute gar nicht immer trauen offen über ihre Krankheit zu reden ist verständlich in unserer Leistungs-Gesellschaft!!!: Nicht die Psychisch Kranken Menschen sollten sich schämen, sondern die Menschen wegen denen sie sich gar nicht trauen sich zu öffnen!!!

  14. Der Artikel hat mich etwas ratlos zurückgelassen. Mir ist nicht so recht klargeworden, was die Zielrichtung ist. Dies spiegelt m.E. das Problem der Immersion bei psychischen Störungen gut wieder. Es ist nicht o.k., sich als „Fun-Malk“ darzustellen. einverstanden. Wie sieht es aber aus, wenn man eine schwere psychische Störung realistisch im Rollenspiel darstellt?
    Nehmen wir einen Abenteurer, der sich gerade in einer akuten manischen PHase seiner manisch-depressiven Störung befindet. Viel Spaß dabei, leise durch die Gegend zu schleichen, eine soziale Situation zu lösen oder einfach nur ausreichend Nachtschlaf zu finden. Gemeinsames Planen und Handeln? Viel Spaß! Was ich damit sagen will: eine konsequent ausgespielte schwere psychische Störung kann eine Rollenspielrunde bzw. den gemeinsamen Spielspaß schnell zum Erliegen bringen.
    Ich glaube, dass viele Spieler und Runden das Problem so lösen, dass sie die Störung bunt und mehr oder weniger witzig darstellen, dass aber der Charakter selbst trotz seiner Störung jederzeit gruppenfähig bleibt, d.h., dass er weiter mit den Mitpielern kooperiert und die gemeinsamen Ziele fördert. Meines Wissens ist noch keine Kampagne daran gescheitert, dass ein Abenteurer am Morgen der Entscheidungsschlacht wegen seiner Depression morgens nicht aus dem Bett gekommen ist oder ein Zauberer mit Alzheimer den entscheidenden Zauberspruch vergessen hat.
    Im Widerstreit zwischen Realismus und Spielbarkeit von schwereren psychischen Störungen müssen daher immer Kompromisse gefunden werden, und es ist aus meiner Sicht o.k., sich dabei im Zweifel für den Spielspass zu entscheiden. Man sollte und darf dann aber dann auch ehrlich zugeben, dass dies mit „richtigen“ psychischen Störungen nichts zu tun hat.

  15. Als jemand der selbst von Depressionen betroffen ist kommen mir zwei grundlegende Probleme bei der Darstellung psychischer Erkrankungen im Larp in den Sinn:
    1. laufen sie im inneren ab und sind daher häufig schwer darzustellen, selbst wenn man betroffen ist oder sich intensiv mit der Materie beschäftigt hat.
    2. und das ist der meiner Meinung nach noch schwerwiegendere Aspekt verhalten sind psychisch Kranke oft extrem irrational und beschäftigen sich dabei hauptsächlich mit sich selbst und nicht mit anderen.
    Das ist zum einen schwierig weil Larp von der Interaktion mit anderen lebt, zum anderen besteht auch leicht die Gefahr dass der Charakter einfach unglaubwürdig erscheint.
    Würde ich jemanden beobachten der in einem Moment durch den winzigsten Auslöser völlig aus dem Konzept geworfen wird und in Tränen ausbricht oder wütend davon stürmt oder wie einer der vorherigen Kommentare angemerkt hat auch einfach tagelang nicht aus dem Bett kommt dann erschiene mir dieses Verhalten komplett sinnlos und oft auch inkonsequent, aber genau das machen Depressionen mit Menschen.
    Die Frage ist berechtigt ob eine derartig realistische Darstellung den Spielspaß tatsächlich fördert.

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