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Die Animationsserie Star Wars Rebels erwacht gerade auf Disney XD aus ihrem Winterschlaf. So wird nun seit einigen Tagen die zweite Hälfte der zweiten Staffel in deutscher Sprache über den Äther geschickt. Teil der Crew der Ghost ist Kanan Jarrus, auch bekannt unter dem Codenamen Spectre Eins. Mit ihm präsentierte Disney den ersten überlebenden Jedi im Rahmen des neuen Kanons jenseits von Yoda und Obi-Wan Kenobi, die wir aus den Filmen kennen.

Die Hintergrundgeschichte des Charakters, etwa die zentrale Frage, wie dieser ehemalige Jedi Teil einer Schmugglercrew wurde, wird in der Serie bisher nur angedeutet. Im Comicsammelband Kanan: Der letzte Padawan wird diese Lücke geschlossen. Dieser beginnt direkt in den letzten Tagen des Klonkrieges, zeigt dessen Ende und die ersten Tage des neuen Galaktischen Imperiums. Wir erleben den jungen Padawan Caleb Dume an der Seite seiner Meisterin Depa Billaba, erleben, wie die Order 66 beide kalt erwischt und wie Caleb Dume in der Folge zu Kanan Jarrus wird.

Handlung

Die Geschichte beginnt an Bord der Ghost, wo die aus der Serie Rebels bekannten Charaktere gerade dabei sind, ein neues Ziel anzufliegen. Ihr Kontakt Fulcrum hat sie just angewiesen, im Zuge eines Routineflugs Hilfsgüter für Flüchtlinge von einem Planeten namens Kaller aufzunehmen und nach Lothal zu transportieren. Die Nennung des Planetennamens trifft Kanan sichtlich ins Mark, der sofort von alten, schmerzenden Erinnerungen geplagt wird.

Hier springt die Geschichte des Comics 15 Jahre in die Vergangenheit. Jedi-Meisterin und General Depa Billaba führt einen Angriff auf den von Separatisten besetzten Planeten Kaller an. An ihrer Seite befindet sich der junge Padawan Caleb Dume, der bis vor kurzem als Jüngling lediglich den Jedi-Tempel auf Coruscant kannte, ehe er von Meisterin Billaba persönlich als Padawan ausgewählt wurde und mit in den Krieg zog. Nun erlebt der junge Dume den Sieg der republikanischen Streitkräfte und die Flucht des Separatistengenerals Kleeve.

Caleb Dume hat das erste Mal in seinem Leben das Gefühl, seinen Platz in der Galaxis gefunden zu haben. Dort, an der Seite seiner Meisterin und mit Captain Styles und Commander Grey im Rücken, fühlt er sich wohl. Jäh unterbrochen wird die erste Euphorie durch die Offenbarung, dass die Bewohner Kallers die republikanischen Befreiungstruppen als ebensolche Besatzer sehen wie die Separatisten. So muss Meisterin Billaba ihrem Padawan schnell nahe bringen, dass es nicht nur genügt, Welten von separatistischer Besatzung zu befreien, sondern dass bei aller Notwendigkeit des Kampfes nicht zu vergessen ist, wofür man kämpft und welche Werte man selbst transportiert.

Die Unterweisungen seiner Meisterin enden für den Padawan Dume unerwartet und hart. Captain Styles erhält während des ersten Tages nach dem Sieg auf Kaller die Order 66 von Kanzler Palpatine. Der Orden der Jedi wird zu Verrätern erklärt und so ergeht der Tötungsbefehl gegen Meisterin Billaba und Padawan Dume. Die einstigen Freunde des jungen Caleb richten ihre Blaster auf ihn und zwingen ihn zu einem Leben auf der Flucht, in dem er seine Vergangenheit als Padawan hinter sich lassen muss, um zu überleben.

Die Geschichte ist spannend und nachvollziehbar erzählt. Der Charakter des Kanan Jarrus bildet hier den Fokus, geht es doch darum, seine Geschichte zu erzählen. Seitenstränge werden komplett vermieden. Die Handlung fügt sich nicht nur gut in die Serie Rebels ein und führt hier zu mehr Tiefe des Charakters Kanan, sondern bildet den Startschuss einer eigenen Comicreihe, die mehr und mehr seiner Vergangenheit aufdecken soll. Doch bleibt der Erzählstrang dieses Bandes nicht nur auf die Vergangenheit begrenzt. Vielmehr schließt die Geschichte abgerundet wieder in der Gegenwart, wo sie ein gelungenes offenes Ende präsentiert.

Charaktere

Die Charaktere, die in der Geschichte auftauchen, dienen dem Zweck, Kanans Geschichte zu erzählen, werden jedoch nicht zu bloßen austauschbaren Nebencharakteren degradiert. Während Jarrus selbst deutlichen Tiefgang in seiner Charakterentwicklung erfährt, weg vom nahezu naiven aber neugierigen Padawan hin zu einem Überlebenskünstler, wird auch der Grund für die Bewunderung für seine Meisterin Depa Billaba offenbar. 

An Kanans Seite gesellt sich im Laufe des Handlungsstranges der Kriminelle Janus Kasmir. Kasmir ist die erste Person, die Jarrus, der zu diesem Zeitpunkt noch seinen wahren Namen trägt, hilft. Er ist derjenige, der dem jungen Padawan beibringt, in der Welt zu überleben. Die kritische Frage, warum ein Krimineller sich der Gefahr aussetzen würde einem verfolgten Verräter, einem gesuchten Jedi, zu helfen, wird sehr Star-Wars-typisch erzählt ohne zu stereotyp zu werden. Auch die Entwicklung dieses Charakters ist über die Seiten des Comics sehr anschaulich gestaltet.

Ebenso bekommt die Crew der Ghost zum Ende des Comics hin ihre, wenn auch kurzen, Momente. Die Crewmitglieder bleiben jedoch Randfiguren, die in den Momenten, die Jarrus in der Gegenwart zeigen, die Brücke zur Animationsserie bilden.

Zeichenstil

Greg Weisman ist der Autor des Comicsammelbands. Weisman selbst ist bekannt für die Disney-Animationsserien Gargoyles, The Spectacular Spider-Man und Young Justice. Für die erste Staffel der Animationsserie Star Wars Rebels arbeitete er als Executive Producer und Story Editor. Das allein spricht dafür, dass sich diese Geschichte nahtlos und barrierefrei in die Rebels-Metastory einfügt.

Pepe Larraz und Jacopo Camagni führten als Zeichner ihre Federn. Beide sind als Marvel-Zeichner erfahren und arbeiten sich auch hier gut in die Star-Wars-Thematik ein. Camagni zeichnete das letzte Kapitel dieses Bandes, während Larraz sich den ersten 5 Kapiteln widmete. Mir persönlich gefällt hier der Stil Larraz‘ besser als der Camagnis. Larraz‘ Zeichnungen wirken direkter und härter. Der Schmutz an der Kleidung, die Kratzer an den Rüstungen der Klontruppen, das Elend des Hauptcharakters, all dies ist bei Larraz in allen Facetten angenehm nachzuempfinden.

Camagni muss an dieser Stelle zugutegehalten werden, dass er den Teil zeichnete, der erneut in der Gegenwart spielt. Seine Zeichnungen kommen dem Stil der Animationsserie Rebels näher als die von Larraz, ohne auf gleiche Weise kantig zu wirken. Insgesamt ergänzen sich die beiden Zeichner gut.

Preis-/Leistungsverhältnis

144 Seiten für 16,99 EUR. Damit liegt der Preis für diesen Comicsammelband höher als der für vergleichbare Star-Wars-Sammelbände mit nur knapp einem Dutzend weniger Seiten. Darüber kann man die Nase rümpfen, persönlich empfinde ich den Preis jedoch als der Leistung, die geboten wird, entsprechend gut. Höher dürfte er jedoch nicht sein.

Erscheinungsbild

STARWARSSONDERBANDKANANDERLETZTEPADAWAN_Softcover_910Das Comiccover zeigt Meisterin Billaba und ihren Padawan Dume mit gezückten Lichtschwertern und umzingelt von Klontruppen vor einem Nachthimmel und sich selbigem entgegenreckenden Wolkenkratzern. Wie ein Schemen wird das Gesicht des erwachsenen Kanan Jarrus mit gezogenem Blaster im Hintergrund dargestellt.

Auf der Rückseite des Comics wird Caleb Dume, alias Kanan Jarrus, in einer Szene aus der Zeit seiner Flucht vor den Klontruppen gezeigt. Er sitzt mit gezücktem Lichtschwert auf dem Boden einer Gasse vor seinem eigenen Steckbrief, während sich vor ihm eine Gestalt aufbaut, von der nur der linke Blasterholster, und eine Hand die gewillt scheint, diesen zu ziehen, rechts vorne im Bild sichtbar ist.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor(en): Greg Weisman
  • Zeichner(in): Pepe Larraz, Jacopo Gamagni
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comicformat – Sammelband
  • Seitenanzahl: 144
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Am Ende des Comics findet sich eine Cover Gallery mit 12 Covervarianten. Weiteres Bonusmaterial ist nicht enthalten.

Fazit

Ich muss unumwunden zugeben, dass ich selbst als eingefleischter Star-Wars-Fan bei diesem Comicsammelband skeptisch war. Die Animationsserie Rebels spaltet ein wenig die Gemüter. Mitunter wird nicht kritisiert, die Serie sei ohne Kanten und sehr kindgerecht. Zusätzlich fehle der rote Faden, lasse sie einen Metaplot vermissen. Die Kritik selbst teile ich nicht vollständig. Die typische Folge Rebels zeigt tatsächlich meiner Ansicht nach sehr stereotype Charaktere in zu typischer Heldenmontur die am Ende, egal wie ausweglos die Situation auch erscheint, gegen völlig dumm dargestellte Gegenspieler sowieso gewinnen. Hat man eine Handvoll solcher Episoden gesehen, dann weiß man, wie die nächste Episode vom Spannungsbogen her verlaufen wird.

Die Vorstellung, dass man sich mit dem bisherigen Konzept an die Order 66 heranwagen würde, sandte mir kalte Schauer über den Rücken. Ich fürchtete, dass dieses ernste Thema zwischen Slapstick, dummen Klontruppen und nur zu vorhersehbaren Rettungsaktionen untergehen könnte. Auch die Charaktere und ihre Entwicklungen in Rebels haben mich mit wenigen Ausnahmen noch nicht erreicht.

Diese Meinung muss ich nach dem Lesen des Comics absolut revidieren. Der Comic greift die Geschehnisse des Endes von Star Wars: Episode III gut auf. Hier findet sich, was für mich persönlich in Rebels viel häufiger auch optisch Thema sein sollte: Eine mitunter verzweifelte, schmutzige Welt, in der Rebellen wirklich real Gefahr laufen, getötet zu werden und nicht aus jeder Situation mit einem flotten Spruch heraus kommen.

Der Charakter Kanan Jarrus profitiert sehr von dieser Geschichte, macht sie ihn doch um einiges vielschichtiger. Der Comic selbst weckt nicht nur Vorfreude auf die neuen Rebels-Folgen, sondern auch auf die Comics zu Kanan, die sich diesem Band in Zukunft noch anschließen werden. Hier wurde alles richtig gemacht. Gerade den Skeptikern unter den Rebels-Zuschauern kann ich diesen Comic nur empfehlen.

Daumen5maennlichNeu

Artikelbilder: Panini Comics
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt

 

1 Kommentar

  1. Dieser Comic und die „Saga“-Bände haben mich wieder zum Comicleser gemacht. Pepe Larraz hat bladerunnereskes Artwork hinkriegt und die Order 66 ging mir nie so nah wie in dem Panel, wo Grey sagt: „Making it right.“ Woah. Kanan ist mittlerweile mein Lieblings-Star-Wars-Charakter of all times. ;)
    So, fangirling out.

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