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Nachdem aktuell die Science-Fiction den Buchmarkt mitbestimmt und ich im Herbst letzten Jahres mit einer Rezension zu Andreas Brandhorsts Das Schiff hier in dieses Genre eintauchte, ist es wieder Zeit dafür, ein Buch zu rezensieren, das sich mit einer möglichen Zukunft beschäftigt.

Diesmal ist es ein ursprünglich englischsprachiges Buch eines Autors, aus dessen Feder ich nicht unbedingt einen Science-Fiction-Roman erwartet hätte, kannte ich John Sandford doch eher als Thrillerautoren. Die entworfene Zukunft ist auch nicht weit weg, denn die Handlung beginnt im Jahr 2066.

Story

Eigentlich sollte Sandy, offiziell Sanders Heacock Darlington mit Namen, keine aufregende Entdeckung machen. Das ehemalige Mitglied einer militärischen Spezialeinheit arbeitet als Hilfshausmeister am California Institute of Technology, auch CalTech genannt. Finanziert werden Sandys Job und Lebensunterhalt durch das üppige, väterliche Vermögen, Interesse an der Arbeit hat er nicht. Der attraktive, junge Mann verbringt seine Zeit damit, zu spät zu kommen, Frauen aufzureißen, zu kiffen und seine traumatischen Erlebnisse hinter sich zu lassen, von denen ohnehin kaum jemand wissen darf.

Doch dann entdeckt ausgerechnet er während einer Routineüberprüfung auf der Aufnahme eines Teleskops ein unbekanntes Objekt in der Nähe des Saturns. Als sich das mysteriöse Objekt als künstlich entpuppt, steht nicht nur seine Welt Kopf.

Die Präsidentin der Vereinigten Staaten ruft Experten zusammen, um in möglichst kurzer Zeit eine Expedition dorthin zu schicken, möglichst bevor ein anderer Staat überhaupt von der Existenz des Objekts erfährt. Besonders gefürchtet werden dabei die Chinesen, sind diese doch gerade jetzt dabei, eine Marsmission auszurüsten, die auch durchaus die Reise zum Saturn schaffen würde.

Unter großem Zeitdruck und in Konkurrenz mit den Chinesen, deren Wissenschaftler das Objekt natürlich auch entdecken, wird die Expedition vorbereitet und gestartet, inklusive Sandy. Nach außen hin ist er Kameramann für die mitfliegende Reporterin, in Wahrheit untersteht er jedoch dem ebenfalls nicht offen auftretenden Geheimdienstoffizier an Bord.

Doch relativ schnell geht etwas schief. Bei Amerikanern wie Chinesen kommt es zu technischen und zwischenmenschlichen Problemen an Bord, die nicht nur den Plan, als Erste Saturn und außerirdisches Objekt zu erreichen, sondern auch Schiff und Besatzung gefährden können.

Schreibstil

Der Leser bekommt die Möglichkeit, zahlreiche Mitglieder der NIXON (ja, das Schiff der Amerikaner heißt wirklich so, sollte wohl ein Witz sein) kennenzulernen und bei ihrer Arbeit zu begleiten, noch bevor sie überhaupt Teil der Besatzung werden. Auch von der chinesischen Expedition werden einige Mitglieder vorgestellt und während des Flugs begleitet.

Dabei wird alles aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers geschildert, so dass dem Leser Gedanken und Gefühle verschiedenster Personen nahe gebracht werden. Dennoch bleibt im Verlauf der Geschichte klar und deutlich Sandy der Held der Geschichte. Zwar ist seine Aufgabe an Bord nicht unbedingt spannend, zumindest nicht bis der Verdacht auf Sabotage aufkommt, doch er ist immer wieder anwesend, wenn relevante Dinge geschehen oder besprochen werden und wird ganz klar als Sympathieträger dargestellt.

Dabei entspricht er viel zu sehr typischen Heldenklischees: Sandy sieht gut aus, ist reich, erfolgreich bei Frauen, unfassbar gut, in allem, was er tut, und außerdem hat er auch noch eine dunkle Vergangenheit bei einer extrem geheimen Spezialeinheit und sein durchaus angesprochenes Kriegstrauma völlig im Griff.

Zwar muss man fairerweise zugeben, dass alle Figuren sehr fähig sind in ihrem Fachbereich, was bei einer derartig wichtigen Mission auch nachvollziehbar ist. Ein paar Klischees weniger hätten allen Figuren jedoch gut getan, denn so bleiben sie platt. Für skrupellose Chinesen, einen zickigen Fernsehstar oder auch einen blonden Surferhelden muss man nicht in den Weltraum fliegen.

Trotz der eigentlich leicht zugänglichen, da vertrauten und zwischendurch auch unterhaltenden Klischees ist Das Objekt alles andere als leichte Lektüre. Neben etlichen Abkürzungen und Anspielungen, die der amerikanischen Kultur entstammen, strotzt es nur so vor physikalischen und ingenieurtechnischen Themen und Überlegungen. Für in der Astrophysik oder verwandten Wissenschaften nicht sehr bewanderte Leser sind entsprechende Passagen anstrengend zu lesen. Zwar weisen die Autoren im Nachwort darauf hin, dass sie von realen, wissenschaftlichen Grundlagen ausgingen und entsprechende Berechnungen anstellten, doch leider hilft dies beim Lesen überhaupt nicht. Ob es wissenschaftlich fundierte oder nur fiktive technische Details sind, macht für die Lesbarkeit keinen Unterschied.

Bemerkenswert ist der Umgang mit der zukünftigen Welt. Das Buch spielt im Jahr 2066 und damit nicht besonders weit weg von unserer Gegenwart. Viele oft eher nebenbei geschilderten Dinge besonders im Alltag sind dabei alles andere als unwahrscheinlich: weder ein Drucker, der Ersatzteile, ein Go-Brett oder eine Gitarre ausspuckt, noch kleine technische Implantate, mit denen sich Türen öffnen, die Heizung steuern oder sein Nahverkehrsticket buchen lassen, von einer Präsidentin der Vereinigten Staaten ganz zu schweigen.

Die Autoren

Das Objekt wurde von John Sandford und Ctein verfasst und trägt auf Englisch den überaus passenden Namen Saturn Run.

Sandford ist als Thrillerautor alles andere als unbekannt, besonders seine Lucas-Davenport-Reihe um den gleichnamigen Polizisten aus Minneapolis ist sehr populär. Bevor er sich dem Krimi-Genre zuwandte, war er als Journalist tätig und gewann sogar den Pulitzer-Preis. John Sandford ist ein Pseudonym, der eigentliche Name des Autors lautet John Roswell Camp.

Der Co-Autor Ctein ist Physiker und Fotokünstler und war laut dem Nachwort unter anderem dafür zuständig, die wissenschaftlichen Hintergründe auszutüfteln und zu berechnen.

Preis-/Leistungsverhältnis

Mit 16,99 EUR für die gedruckte und 12,99 EUR für die digitale Version ist Das Objekt völlig im Rahmen dessen, was Romane dieses Umfangs aktuell kosten. Ob dieses Geld gut angelegt ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für mich persönlich hätte es sich aufgrund der durchwachsenen Qualität eher wie Geldverschwendung angefühlt.

Erscheinungsbild

Das ObjektDas Cover des Romans ist komplett in Blautönen gehalten. Es zeigt den Saturn, davor zwei aus unterschiedlichen Richtungen heranfliegende Schiffe, eins mit rotem Stern, das wohl das der Chinesen darstellen soll. Beide nähern sich einem technisch aussehenden Objekt, das ebenfalls Ähnlichkeiten mit einem Raumschiff hat.

Darauf prangen in Weiß Titelschriftzug, Autorenangaben, Verlag und ein Kommentar von Stephen King.

Das Innere des Buches sieht unspektakulär und solide aus. Es ist gut gesetzt, überaus fehlerarm und auf stabilem, romantypischem Papier gedruckt. Kritisch anzumerken ist nur, dass der geklebte Rücken bei nahezu 600 Seiten nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage ist, das Buch richtig zusammenzuhalten, so dass Seiten und Cover leicht nach außen wölben. Aber das ist kein Produktionsfehler, sondern lediglich dem Umfang geschuldet. Gleiches gilt auch für das für ein Taschenbuch beträchtliche Gewicht der gedruckten Version.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Piper
  • Autor(en): John Sandford, Ctein
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: Broschur
  • Seitenanzahl: 576
  • ISBN: 978-3492703970
  • Preis: 16,99 EUR, 12,99 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Downloadcontent gibt es nicht, als Bonus enthält das Buch ein Nachwort der Autoren, in dem sie ausführlich auf ihre naturwissenschaftlichen Überlegungen eingehen. Noch stärker als bei einigen Passagen im Buch hatte ich hier das Gefühl, dass mir ein Physikstudium fehlt, um alles auf Anhieb zu verstehen.

Fazit

Als Sandy, der üblicherweise herumgammelnde und surfende Hilfshausmeister am CalTech, auf Teleskopfotos ein künstliches Objekt am Saturn entdeckt, haben die Amerikaner den ersten Beweis für außerirdisches Leben. Sofort lässt die Präsidentin eine Mission dorthin planen, die größten Experten zusammenrufen und zeitgleich alles streng geheim halten. Denn die Chinesen, die aktuell an einer Marsmission arbeiten, sollen nicht die Ersten sein, die das mysteriöse Objekt erreichen.

Selbstverständlich erfahren sie trotzdem davon und ein Rennen beginnt, das sich auch im Weltraum fortsetzt. Doch neben der Konkurrenz durch die Chinesen erwarten noch weitere Probleme technischer und zwischenmenschlicher Art Sandy und die anderen Mitglieder der Mission.

Die Handlung ist gut durchkomponiert, es ist deutlich, dass der eine der beiden Autoren üblicherweise im Kriminalgenre unterwegs ist. Nur die Figuren sind teilweise furchtbar klischeehaft.

Außerdem wird alles immer wieder durch physikalische und technische Abhandlungen unterbrochen. Diese sind zwar Teil der Handlung und finden in Gesprächen zwischen Romanfiguren statt, sind aber dennoch für den Nicht-Astrophysiker oder -Raumfahrtingenieur anstrengend zu lesen. Dass diese auf realer Wissenschaft basieren, macht sie nicht zugänglicher, es könnte genauso gut komplett fiktive Technik sein.

Wer seitenlange wissenschaftliche Überlegungen in seinen Romanen mag und sich nicht an Klischeefiguren stört, bekommt mit Das Objekt eine gute Lektüre, meinen persönlichen Geschmack traf es allerdings nicht so recht.

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Artikelbild: Piper Fantasy
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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