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Das Konzil der neun Traditionen ist geschlagen und in alle Winde zerstreut. Die Technokratie hat den Krieg um Erleuchtung für sich letztendlich entschieden. Doch es formt sich Widerstand. Immer mehr Erwachte aus allen Traditionen bekommen Mitteilungen vom „Schurken-Konzil“ (Rogue Council). Niemand weiß, wer oder was sie sind, doch Ihre Nachricht ist eindeutig: Jetzt ist die Zeit gekommen, um gegen Apathie und gegen die Kontrolle durch die Technokratie zu kämpfen. Es ist die Zeit gekommen, die Grenzen der Realität erneut zu sprengen. Es ist Zeit für Krieg!

Inhalt

Das Setting setzt kurz nach dem Fall von Horizont, dem mystischen Hauptsitz der neun Traditionen, an. Der Rauch des Kampfes hat sich gelegt und übrig bleibt ein Haufen Asche und Verzweiflung. Die Macht der Technokraten hat sich gegen das Paradigma der neun Traditionen final durchgesetzt. Viele der großen Meister sind gefallen oder haben sich in die Tiefen der Umbra zurückgezogen. Ein Sturm tobt in der Umbra und trennt diese Welt von der Welt der Geister. Nur wenige Erwachte sind noch auf der Erde zurückgeblieben und diese setzen alles daran nicht aufzufallen, denn die Übermacht der Technokratie ist überdeutlich.

Doch es zeigt sich ein Funken Hoffnung: Eine unbekannte Macht koordiniert und befehligt Magier der neun Traditionen, um einen Widerstand gegen die Technokratie zu formen. Nachrichten mit Befehlen, auf allen denkbaren und undenkbaren Kanälen, erreichen die überlebenden Erwachten aller neun Traditionen. Inwiefern die Nachrichten des Rogue Concils Einfluss auf die jeweilige klassische World of Darkness hat, ist dabei dem jeweiligen Spielleiter selbst überlassen.

Dieses Buch ist vollkommen optional, alles ist ein „kann“ und nichts ein „muss“, und leider spricht das nicht zwingend für seinen Inhalt. Der Band setzt sich aus einem Prolog und fünf weiteren Kapiteln zusammen:

Der Prolog führt in die Idee des Settings in einer Geschichte ein und zeigt erste Ansätze, wie Erwachte die Übertragungen (Transmissions) des Schurken-Konzils empfangen können und welche verschiedenen Reaktionen es darauf gibt. Die Geschichte an sich zeigt gute Ansätze, wirkt aber in vielen Phasen zu unübersichtlich, da der rote Faden nur schwer zu entdecken ist und die Protagonisten in vielen Absätzen sehr bemüht klingen.

Kapitel Eins gibt eine Übersicht, welche ersten Schritte das neue Konzil gegen die Technokratie unternommen hat und auf welche denkbaren und undenkbaren Möglichkeiten diese mit den Charakteren kommunizieren können. (Eulen ausgenommen, wir sind hier nicht in Hogwarts…) Außerdem sind in diesem Kapitel Beispielübertragungen in Form von Berichten aufgeführt.

Im zweiten Kapitel werden verschiedene Vermutungen angestellt, wer oder was dieser Rogue Council sein könnte, und gerade dieses Kapitel ist für mich das Lohnenswerteste. Besonders die Unsicherheit, das für und wider, den Transmissionen zu folgen oder eben nicht, werden hier sehr gut ausgearbeitet und liefern viel Potential für ethische aber auch moralische Herausforderungen der Charaktere. Jede Tradition hat andere Ansichten und Vermutungen. Es gibt sehr viele Gründe für dieses Konzil zu arbeiten und ebenso viele sich dagegen auszusprechen. Vielleicht handelt es sich doch nur um eine Falle der Marauder oder gar der Nephandi? Oder ist es doch das wahre Konzil der Neun, die die Überlebenden testen und auf die nächste Phase des Kriegs vorbereiten?

Dies im Detail auszuarbeiten, ist jedoch mit viel Arbeit für den Spielleiter verbunden, denn mehr als ein paar Meinungen und Hinweise finden sich hier nicht. Meiner Meinung nach wird hier viel Potential verschenkt. Anstelle von einem halben Dutzend Andeutungen, aus denen der Spielleiter sich seine Ansicht herausarbeiten muss, wären zwei komplett ausgearbeitete Optionen sinnvoller gewesen. Durch zwei ausgearbeitete Optionen kann der Spielleiter einen deutlichen roten Faden in der Grundidee einfacher nachvollziehen, und mit wenig Aufwand in seine bestehende Chronik einbauen.

Auch fehlen Hinweise für den Spielleiter, wie sich die Charaktere, über den Verlauf der Chronik, eine mögliche Wahrheit erspielen können. Da auch dies offengelassen wird, sehe ich viele lose Handlungsstränge und viele Ideen jedoch keine deutliche Storylinie. So besteht die Gefahr, dass die Kampagne ohne eine direkte Führung plan- und ziellos und damit beliebig werden kann.
Im dritten Kapitel werden dem Spielleiter verschiedene Optionen an die Hand gegeben, dieses Setting in sein Spiel zu integrieren. Neue Fraktionen innerhalb des alten Konzils der Neun werden mit ihrer ganz eigenen Agenda vorgestellt (Die Abgesandten, die voll hinter dem neuen Konzil stehen, die Wächter die dem Konzil offen gegenüberstehen und die „Gaffer“ die, die gar nichts machen und abwarten).

Spannend ist die Idee, dass z.B. ein Nephandus Nachrichten fälschen könnte, um Magier in ihren Bann zu ziehen … aber irgendwie war das auch zu erwarten, oder? Hier fehlen mir kreative Ansätze der Autoren, wie Nephandi vorgehen würden.

In diesem Kapitel findet sich auch endlich das eigentliche Manifest. Eine ganze Seite – bei dem Buchtitel hätte ich zumindest ein ganzes eigenes Kapitel erwartet. Auch ist der Inhalt des Manifests nicht überraschend. „Wir sind alle gleich, wir haben uns alle lieb, wir müssen an einem Strang ziehen …“ Kontrovers ist das nicht.

Das vierte Kapitel trägt den Namen „Anarchie und Autorität“ und stellt uns zwei Fraktionen vor. Zum einem eine Kabale von Magiern, die dem Ruf des neuen Konzils folgen und zum anderen die Antwort der Technokratie: Das Panopticon. Das Panopticon ist ein Ausbildungsprogramm der Technokratie, das die Grenzen aller technokratischen Paradigmen vergessen und die Mitglieder der verschiedenen technokratischen Wege zusammenarbeiten lässt.

Ich sehe hier wenig innovative Ansätze – sogar eher eine Untergrabung dessen, was für mich das Setting von White Wolf immer ausgemacht hat: „Ja, wir arbeiten an einem Strang, bis zu einem Punkt und dann gucke ich wie ich einen Vorteil für meine Gruppierung gewinnen kann …“ Verrat in den eigenen Reihen, Misstrauen, dass man sich seiner nie hundertprozentig sicher kann, macht für mich einen sehr hohen Reiz der World of Darkness aus.

Das fünfte und letzte Kapitel ist ein Beispielabenteuer, das mit einer typischen Rogue Concil Transmission beginnt und Ihren Höhepunkt in einer Eishölle findet. Der Autor selber beschreibt in der Einleitung, dass diese Art von Abenteuer in der Wahrnehmung vieler Mage-Spieler unpassend sei, es aber doch eine brauchbare Geschichte werden kann, die die besonderen Elemente des Spiels nicht untergräbt. Dies erfordert leider sehr viel Arbeit von Seiten des Spielleiters, denn bis auf eine Rahmenhandlung, wird nicht viel geliefert. Wer aber Settings wie bei Indiana Jones oder den Cthulhu-Mythos mag, sollte hier einmal einen Blick riskieren.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für USD 16,95 bekommt man 96 Seiten im Softcover-Format mit einer weiterführenden Kampagnenidee und einem mehr oder weniger kompletten Abenteuer. Das klingt erst einmal gut, ist es aber eigentlich nicht. Die grundlegende Idee des Rogue Councils ist auf wenigen Sätzen erklärt, die anderen Kapitel bieten nette Spielansätze, aber nichts, was sich nicht auch aus sich selbst heraus erschließen ließe. Das Abenteuer ist eine spannende Idee, jedoch muss der Spielleiter viel Eigenkreativität hineinstecken, um ein wirklich spielbares Niveau zu erreichen. Die Idee des Panopticons als neue „Gefahr“ für „Realitätsverbrecher“ ist in keiner Weise innovativ und untergräbt eher den Stil der World of Darkness.

Dieses Buch ist mehr etwas für Sammler, da es an sich nicht viel an innovativen Neuerungen bietet.

Erscheinungsbild

transmissions fron the rogue council coverLayout und Design sind im klassischen White Wolf-Look. Kapitel Über- und Unterschriften, neben Hinweisboxen und eingängigen Zeichnungen, machen das Buch sehr übersichtlich. Die Karten des Abenteuers erscheinen mir sehr lieblos und sind als Handout für die Spieler nicht zu gebrauchen.

Die Zeichnungen der Protagonisten jedoch sind von überraschend hoher zeichnerischer Dichte und hinterlassen einen guten Eindruck wie der Charakter wohl aussehen mag.

Die harten Fakten:

  • Verlag: White Wolf
  • Autor(en): Angel McCoy und Malcolm Sheppard
  • Erscheinungsjahr: 2002
  • Sprache: Englisch
  • Format: 21,3 x 0,8 x 27,7 cm
  • Seitenanzahl: 96
  • ISBN: 1-58846-407-5
  • Preis: USD95
  • Bezugsquelle: Amazon, DriveThru

 

Fazit

Im Kern lautet die Botschaft der Kampagne: Eine mysteriöse Macht ruft die Überlebenden des Krieges zusammen, um Aufträge für sie zu erledigen. Das ist eigentlich nicht viel. Eine Menge davon könnte das sein, könnte jenes sein, ohne wirklich konkret zu werden. Entweder mag man diesen Stil oder ist davon sehr genervt. Das Abenteuer ist zu großen Teilen viel zu schwach ausgearbeitet.

Ohne zeitaufwändige Vorbereitungen oder einem großen Improvisationstalent ist mit dem Text nicht viel anzufangen. In dem vorgeschlagenen Spielstil des Rogue Concils sehe ich eine große Gefahr, dass eine Kampagne, schnell zu einer Aneinanderreihung von Aufträgen verkommt. Die Dynamik zwischen Charakteren und einer lebendigen Spielwelt kann so nachhaltig untergrabenwerden.

Wer diese Art von Auftragsspiel mag, findet dieses Feeling auch in anderen Rollenspielen wie z.B. in Shadowrun oder Dark Heresy Dieses Buch hat nette Ansätze, ist aber ansonsten nicht sonderlich innovativ. Mehr etwas für Sammler.

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Artikelbilder: White Wolf Publishing

 

 

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