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Haben wir vor wenigen Monaten noch den ersten Teil des Doppelalbums Verfallen der über 16 Jahre etablierten Gothic-Rock-Band ASP vorgestellt, hören wir uns nun den zweiten Teil an. Der Vorgänger Astoria konnte uns überzeugen, auch dank der in der Limited Edition exklusiv enthaltenen Kurzgeschichte Das Fleisch der Vielen von Kai Meyer, welche als Inspiration zum Album diente.

Für Fassaden, die Fortsetzung, bewerten wir die reguläre Ausgabe. Die ebenfalls erhältliche Limited Edition enthält ein opulenteres Booklet und eine Live-CD als Bonus. Exklusives Material wie die Kurzgeschichte ist jedoch nicht enthalten.

Inhalt

Die Story führt die Geschehnisse aus dem Vorgänger fort, setzt jedoch erst knapp anderthalb Jahrzehnte nach dem Ende von Astoria ein. Hauptfigur in Ich-Perspektive ist erneut Paul, welcher dem mysteriösen (lebenden?) Hotel im ersten Teil verfiel und zu dessen Diener wurde. Inzwischen ist Paul auch soweit abgestumpft, dass er seine Skrupel überwunden hat und ohne Moral tut, was von ihm verlangt wird. Im Laufe der 14 Stücke vergehen Jahrzehnte, bis zur heutigen Zeit. Neben dem Gefühls- und Gedankenleben des Protagonisten erfährt man auch in Andeutungen mehr über die Geheimnisse des Hotels, wobei Details nicht zu finden sind und entsprechend viel Raum für eigene Interpretationen bleibt. Allerdings entstehen auch Handlungslücken, die das Interpretieren erschweren und teils unklar lassen, was nun eigentlich geschieht oder wieso.

Demgegenüber überzeugt die musikalische Seite umso mehr. Die Stücke sind im Schnitt eingängiger und auch etwas rockiger geworden. Zwischen düster-morbider Atmosphäre, Aggression und Romantik findet sich ein breites Spektrum, das dennoch wie aus einem Guss wirkt und einen in fremde Welten entführen kann. Zusammen mit dem markanten Gesang von Asp werden zuweilen Gänsehautmomente erschaffen, und es lohnt sich, die Stücke mehrfach zu hören und sich gänzlich darauf einzulassen. Wie schon der Vorgänger ist das Album nicht aufs nebenbei Hören ausgelegt, allerdings können einzelne Stücke auch vom Rest losgelöst genossen werden. Ohne die Verbindung mit der umfassenden Geschichte lassen sich diese Werke auch in andere Zusammenhänge setzen.

Preis-/Leistungsverhältnis

Das Album kostet mit rund 17 EUR so viel, wie ein Album heutzutage üblicherweise kostet. Neben zwei Booklets zu je 24 Seiten läuft die CD über 78 Minuten und toppt damit noch einmal den Vorgänger in Sachen Spielzeit. Der Gegenwert ist damit in Zahlen überaus gelungen, und auch musikalisch lohnt sich die Anschaffung. Qualitativ wieder auf hohem Niveau, abwechslungsreich und doch markant und dem Stil des Vorgängers angemessen. Eine würdige Fortsetzung, die ihr Geld wert ist, allerdings nur in Verbindung mit dem ersten Teil Sinn ergibt und die vollständige Erzählung ergibt.

Erscheinungsbild

ASP verfallen folge 2 fassaden cover rezensionDie Standard-Edition im sechsseitigen Digipack ist mäßig stabil – wie Digipacks eben sind. Die optische Gestaltung ist erneut grandios und vermittelt eine passende Atmosphäre. Der Fokus liegt auf Fotografien des verfallenden Hotels, garniert mit zusätzlicher Gestaltung.

Die beiden Booklets sind aus stabilem Hochglanzpapier und beinhalten alle Texte, welche im Gegensatz zum Vorgänger gut leserlich sind.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Trisol Music Group GmbH
  • Autor(en): Asp (Alexander Sprenger)
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: CD-Digipak
  • Seitenanzahl: 2×24 Seiten
  • Spiellänge: 78:43
  • ISBN: 4260063945342
  • Preis: 17 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Wie schon bei der ersten Folge gibt es auch wieder eine hochwertigere Ausgabe im Hardcover. Diese enthält ein Booklet mit 80 Seiten und eine Bonus-CD, auf welcher sich Akustik- und Live-Versionen einzelner Tracks finden, sowie eine Lesung von Kai Meyer im Rahmen des Mera Luna-Festivals.

Auf dem Youtube-Kanal der Band finden sich zudem einzelne, sehr umfangreiche Hörproben aus dem Album.

Fazit

Der zweite Teil von Verfallen setzt die Handlung konsequent bis in die Gegenwart fort. Musikalisch äußerst gekonnt und abwechslungsreich, bleibt die Geschichte teils in Andeutungen und Unklarheiten verborgen. Dennoch bereichert sie die Inhalte des ersten Teils, wenngleich mir dieser besser gefallen hat. Lyrisch ansprechend sind beide Teile, und auch musikalisch wird in beiden Teilen ein faszinierender Stil mit vielen Akustik-Elementen geboten.

Der zweite Teil gibt sich dabei etwas rockiger und eingängiger. Insgesamt bietet das zweite Album über 78 Minuten Spielzeit, bei der sich keines der 14 Stücke wie ein Lückenfüller anhört, so dass durchaus einiges geboten wird und beide Werke zusammen mit der zugrunde liegenden Kurzgeschichte ein gutes Kunstwerk abgeben, welches zwar (subjektiv) noch weiteres Potenzial hätte, aber auch so für Freunde des Gothic-Rock oder Horrors empfehlenswert ist. Eine Kombination aus beiden Alben ist jedoch unbedingt angeraten.

Daumen4maennlichNeu

Artikelbild: Trisol Music Group GmbH
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

2 Kommentare

  1. Ja, der gute ASP. Jedes Album ein Meisterwerk. Musikalisch wie optisch. Und wer ihn noch nie live gesehen hat: Das ist ein echtes Erlebnis. Ich sehe viele Live Konzerte, aber was da herüber kommt bei ASP, schlägt alles. Ja, mir gefiel Verfallen, Teil 2 auch etwas besser als der erste Teil. Aber nur aus einem Grund: Im ersten Teil sind einige Stücke, die mehr eine Geschichte erzählen als dass sie in erster Linie zum Musikhören gedacht wären. Es ist quasi eine Geschichte erzählt mit Hintergrundmusik. Das ist toll, aber nicht öfter als nach 5 Mal hören. Seitdem kenne ich die Geschichte auswendig und drücke die entsprechenden Stücke auf die „musikalischeren“ Stücke vor. Das gibt es so in Teil 2 nicht mehr. Dennoch sind beide Alben gewohnt genial!

  2. Ich denke, die offenen Stellen der Geschichte sollen den Hörer bewusst zur Interpretation und Reflexion anregen… ist das Hotel tatsächlich ein Lebewesen, personifiziert als Gebäude und Geist Astoris? Gibt es das jahrtaudende alte Wesen, dem Paul die Tür zu öffnen droht tatsächlich und gehört es in einer Dreieinigkeit mit Geist und Hotel Astoria zusammen oder sind beide wie Paul die Diener des – nennen wir es so – Dämonen? Ist Paul ein wahnsinniger Mörder und Astoria und Dämon existieren nur in seinem Kopf, worüber er selbst immer wieder mal spekuliert. Wir wissen es nicht und ich glaube, ASP weiss bzw wissen es auch nicht, sondern überlassen jedem Hörer und jeder Hörerin den eigenen Gedanken und gerade das macht die textliche Stärke des Albums aus, wobei diverse literarische Anspielungen die Fantasie beflügeln, z B sind parallelen zu Es (Stephen King) und den Welten von H. P. Lovecraft augenfällig…

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