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War es in den 1990er Jahren eines der bekanntesten Tabletops, schied Warzone wie viele andere im Laufe der Zeit dahin, um mittels Kickstarter 2013 ins Leben zurückgeholt zu werden. Dieser verlief äußerst erfolgreich, und so konnte die Neuauflage namens Warzone Resurrection weltweit viele Spieler begeistern. Auch dank der hohen Figurenqualität, insbesondere der späteren Veröffentlichungen (beispielsweise des von uns vorgestellten zweiten Bauhaus-Starters), und dem kostenfrei als Download erhältlichen Regelwerks. Diesem merkte man durchaus die Liebe zum Detail an, wobei die Umsetzung zunächst aber noch verbesserungswürdig war, wie auch in unserer Systemvorstellung festgehalten wurde: „Prodos steckt viel Liebe in seine Produkte, aber es ist deutlich zu spüren, dass ihnen in vielen Dingen die Erfahrung abhanden geht.“

Nach einzelnen Verbesserungen und überarbeiteten Regeln erscheint in diesem Jahr die neue Version 2.0, deren Beta-Version bereits kostenfrei online erhältlich ist. Als einer von drei Game-Designern (zuzüglich einem Lead Game Designer) ist Andreas Micheel aktiv an der neuen Version beteiligt. Damit gehört er zu den wenigen deutschen Autoren, die abseits von deutschen Tabletops an solchen mitgewirkt haben. Wir sprachen mit ihm über die neue Edition, das Schreiben von Tabletop-Regeln und seine individuellen Erfahrungen.

Andreas Micheel, 39 Jahre, wohnt in Bochum und spielt seit den 90er-Jahren Tabletops. Angefangen mit Warhammer Fantasy, ist er schnell bei Skirmishern wie Mortheim oder Necromunda gelandet. Nach einer längeren Pause beteiligte er sich mit einem Freund beim Kickstarter zu Warzone Resurrection. Das Original kannte er zu dem Zeitpunkt nicht wirklich, ließ sich aber vom Hintergrund und der neuen Miniaturenqualität begeistern, und spielt seitdem regelmäßig in seinem Umfeld.

Interview

Wie man Regelschreiber wird

Teilzeithelden: Hallo Andreas! Du bist einer der Game Designer von Warzone Resurrection 2.0. Wie bist Du dazu gekommen?

Andreas: Angefangen hat es als Korrekturleser. Mir und anderen war damals aufgefallen, dass Hersteller Prodos da noch Mängel hatte und viele Fehler zu finden waren. Wir haben dann aber auch selber Ideen entwickelt, sind etwas in das Design der Einheiten reingerutscht, und danach war ich erstmals bei der Imperial-Erweiterung offizieller Bestandteil des Teams.

Wir hatten danach aber alle keine Lust, damit aufzuhören, und wollten unsere neu gesammelten Erfahrungen weiter einbringen. Im Herbst letzten Jahres haben wir dann die 1.6-Überarbeitung gemacht. Die allgemeine Überarbeitung des Hauptregelwerks war aber auch fällig, und die Version 2.0 wurde ja auch bereits im letzten Jahr angekündigt. Marshall Jones, der Lead Designer, hat sich hierfür ein Team zusammengestellt, welches er eben aus den Leuten, die an 1.6 gearbeitet hatten, rekrutiert hat.

Teilzeithelden: Hattest Du Vorerfahrungen bezüglich des Schreibens von Regeln?

Andreas Micheel, Co-Autor von Warzone Resurrection
Andreas Micheel, Co-Autor von Warzone Resurrection 2.0

Andreas: Ich habe zusammen mit einem Freund vor ungefähr 15 Jahren ein Kartenspiel entwickelt, aber wir haben das nie weiterverfolgt. Nach den Erfahrungen, die ich jetzt gesammelt habe, überlege ich aber, ob ich das nicht auf Kickstarter bringen möchte. Im Bereich Tabletops waren das nun aber meine ersten Erfahrungen.

Teilzeithelden: Wie sah deine Tätigkeit im Team dann aus?

Andreas: Ich habe mich erst einmal zügig darangemacht, das alte Regelbuch zusammen zu streichen. Heißt: All die Sachen, die mir immer aufgestoßen waren, also die unklar oder schlecht formuliert waren. Oder auch den eher ungünstigen Aufbau, wo Regeln oft an Stellen waren, an denen man sie nicht erwartet hätte. Das war zunächst richtig viel Arbeit. In der Phase haben uns drei Leute des Teams verlassen, wobei wir auch einen Neuzugang hatten.

Wir haben also erst mal alles umgeschrieben, und uns dann darangemacht, die Einheiten an das neue Regelwerk anzupassen. Begonnen haben wir dabei mit den Einheiten der Startersets, und die dann an die Spieltester gegeben. Mir persönlich ist es auch sehr wichtig, dass ausgiebig getestet, und nicht nur ins Blaue hineingeschrieben wird. Oft liest sich etwas ja sehr gut auf dem Papier, äußert sich in der Praxis aber ganz anders. Unsere Spieltester sind da sehr produktiv, hilfsbereit und testen jede Regel auf Herz und Nieren. Wir wollen das Balancing wirklich so hinbekommen, dass wir nicht einen Monat nach Veröffentlichung wieder die ersten Klagen hören.

Die Arbeit als Autor

Teilzeithelden: Du sagst, es war auch richtig viel Arbeit. Wie viel Stunden sind da ungefähr von dir rein geflossen?

Andreas: Von mir? Hm. Mit Sicherheit über 300 Stunden in der Zeit seit Januar oder Februar. Und wir sind ja noch nicht fertig. Rein von der Bezahlung ausgehend, deckt die auf jeden Fall nicht ab, was wir da an Zeit investieren. Aber weder Marshall noch ich machen das dafür, sondern für das Hobby. Uns steht beiden der Sinn danach, dass es ein richtig gutes Spiel wird, und auch auf den anderen Märkten gut ankommt. Ulisses wird ja zum Beispiel die deutsche Übersetzung machen, so dass es auch auf dem deutschen Markt erscheinen kann, und ich hoffe, dass es dann etwas einschlägt und einen größeren Kreis erreicht.

Teilzeithelden: Wie sieht es denn mit der deutschen Version aus?

Andreas: Wenn alles gut läuft, haben wir vielleicht schon zur Spielemesse im Oktober die neuen Regeln auch auf Deutsch. Es ist allerdings geplant, die Regeln zunächst nur als PDF zu veröffentlichen und erst etwas später als Print, so dass wir gegebenenfalls noch nachsteuern können, falls doch noch jemand einen Schreibfehler finden sollte.

Teilzeithelden: Auch wenn bislang erst die Beta-Version veröffentlicht ist: Was ist es für ein Gefühl, „sein“ Werk veröffentlicht zu sehen?

Andreas: Man ist auf jeden Fall stolz. Es sind ja viel Mühe, viel Zeit und viele Gedanken da rein geflossen, und es gibt keinen Punkt mehr, wo wir sagen würden, das haben wir mäßig geschrieben, damit es schnell fertig ist. Uns liegt dann natürlich auch viel daran, dass es den Leuten gefällt. Die ersten Reaktionen waren zum Glück sehr positiv. Wichtig war uns dabei ja auch, dass das Spiel schneller und einsteigerfreundlicher wird, und das scheint uns auch gelungen zu sein. Und da sind wir dann natürlich auch stolz drauf. Aber man hat natürlich auch immer Angst, dass irgendwelche Leute kommen uns sagen „so ein Scheiß“. Da muss man sich aber auch klarmachen, dass es keinen Punkt gibt, wo man alle Leute glücklich stellen kann.

Teilzeithelden: Rückblickend und perspektivisch betrachtet – würdest Du eine solche Arbeit nochmal machen?

Andreas: Puh, gute Frage. Es war auf jeden Fall sehr zeitaufwändig, aber auch durchaus lohnenswert. Auf jeden Fall hat es auch Spaß gemacht und war eine ganz andere, neue Erfahrung. Man lernt dabei, ganz anders mit Sprache umzugehen, da man sich ja möglichst klar und unmissverständlich ausdrücken muss.

Teilzeithelden: Nach deinen jetzigen Erfahrungen – welche Ratschläge hättest Du für engagierte Regelschreiber, um gute (Fan-)Regelwerke zu schaffen?

Andreas: Ich denke, das wichtigste ist es, eine klare Sprache zu benutzen und immer ein offenes Ohr zu haben. Man darf nie meinen, man wüsste etwas am besten, weil man es selbst geschrieben hat. Wenn dir jemand sagt, dass man etwas nicht versteht, dann wird es wahrscheinlich kein Einzelfall sein. Man sollte die entsprechende Regel dann noch einmal angehen, auch wenn man selbst der Meinung ist, sie wäre schon klar formuliert. Ich war selbst auch schon öfters an so einem Punkt, wo eine Regel für mich völlig klar war, aber wenn dann drei Leute deswegen nachfragen, kann es ja eben doch nicht so klar gewesen sein. Manchmal hilft es auch, einen Schritt zurück zu gehen, und das große Ganze zu betrachten statt sich auf einzelne Regeln zu fokussieren.

Über Warzone Resurrection 2.0

Teilzeithelden: Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Neuerungen oder Änderungen in der 2.0-Version?

Andreas: Klarere Sprache ist mit Sicherheit ein wichtiger Punkt. Daneben werden insgesamt im Verlauf des Spiels nun weniger Entscheidungen getroffen und weniger Würfel geworfen. Aber die Entscheidungen und Würfe, die es nun gibt, haben dafür mehr Bedeutung und Einfluss. Solche Fähigkeiten wie „Inspiration 1“, wonach alle Modelle in sechs Zoll Umkreis +1 auf „Leadership“ erhalten, gibt es nun nicht mehr. So etwas war völlig unnötig, man musste es nachhalten, und es hat für das Spielgeschehen eigentlich keine Relevanz gehabt. Nun wird es so sein, dass jemand beispielsweise entweder „Inspiration 5“ hat oder gar nicht. Es hat also entweder einen tieferen, deutlicheren Effekt, oder gar keinen. Solche subtilen, kleinen Effekte gibt es nun daher nicht mehr. Im Allgemeinen würde ich aber sagen, jemand, der Warzone vorher schon gut fand, wird es auch weiter mögen, obwohl es deutlich entschlackt wurde.

Eine umfangreiche Liste der Änderungen und Neuerungen gibt es unter anderen im Blogbeitrag bei Ulisses.

Teilzeithelden: Du sagtest ja auch, es ist nun schneller. Wie lange dauert ein Standardspiel nun?

Andreas: Mit Standardgröße von 1.000 Punkten sollte man ein Spiel in zwei Stunden schaffen können. Wir haben auch optionale Regeln für große Schlachten geschrieben, wo man mit vier- oder fünftausend Punkten spielt, da einige Spieler hier nachgefragt hatten. Dabei werden dann zum Beispiel nicht mehr einzelne Modelle aktiviert, sondern ganze Einheiten, um das Ganze weiter zu beschleunigen.

Teilzeithelden: Wird es im neuen Regelwerk auch sogenannte „Easter Eggs“ geben?

Andreas: Das ist witzig, ich mag „Easter Eggs“. Wir hatten welche drin, haben sie aber erst einmal ausgelassen, da sie Teil einer optionalen Regel sind. Ich werde aber darauf bestehen, dass es noch veröffentlicht wird. Es ist eine Liste mit Zufallsereignissen, wo man jede Runde mit einem W20 würfelt und dann etwas anderes passiert. Jedes einzelne dieser 20 Ergebnisse ist dabei ein „Easter Egg“ für sich, was auf einen 2015 oder 2016 verstorbenen Künstler hinweist. Zum Beispiel Säureregen, der eine lila Farbe hat, sprich „Purple Rain“. Da habe ich mich durchaus etwas ausgetobt. Es gibt aber auch an anderen Stellen noch einzelne Kleinigkeiten.

Teilzeithelden: Zum Abschluss: Was macht Warzone Resurrection nun aus, wieso sollte man es spielen?

Andreas: Weil viel Liebe drinsteckt, obwohl es eine „Warzone“ ist. Ich denke, wir bieten sehr viele taktische Möglichkeiten, wobei man es auch als „Bier&Brezel“-Spiel angehen kann, so dass sowohl für Turnier- als auch Gelegenheitsspieler etwas geboten wird. Ich glaube einfach, wir haben da ein gutes Spiel gemacht.

Teilzeithelden: Danke für das Interview!

Artikelbild: Prodos Entertainment

 

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