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Fünfundzwanzig Jahre White Wolf – ein Vierteljahrhundert Welt der Dunkelheit. Das ist eine Zeitspanne, die heutzutage wenige Ehen überleben, und auch die Liebe eines Nerds zu seinem System hat sehr zu leiden gehabt. Es ist viele Jahre still um die Welt der Dunkelheit gewesen, so still, dass viele diese wunderschreckliche Welt, in der mystische Wesen wie Vampire und Werwölfe real sind, nach ihrem furiosen Ende für endgültig tot hielten. Das alte Wolfsrudel, die Gründerväter, haben sich zurückgezogen und machen Platz für das neue „Pack“. Seit dem 26.Oktober 2015 gehört White Wolf nun zu Paradox Interactive.

Paradox Interactive (gegründet 1995 in Stockholm) ist bekannt für seine Strategiespiele wie z.B.: Europa Universalis, Crusader Kings oder Cities: Skylines. Dabei bildet White Wolf eine eigene, in sich geschlossene, Abteilung innerhalb von Paradox Interactive.

Anlässlich des fünfundzwanzigsten Jubiläums ließ sich das neue White Wolf Entertainment nicht lumpen und zeigte in einer grandiosen Grand Masquerade nicht nur Fänge und Zähne, sondern auch einen Ausblick ein eine mögliche grandiose Zukunft.

Die Vision des schwedischen weißen Wolfs ist groß – wenn nicht gar riesig! Es soll nicht nur eine neue Epoche der Welt der Dunkelheit eingeleitet, sondern es sollen auch alle modernen Möglichkeiten der Spieleindustrie genutzt werden.

Das beinhaltet nicht nur die klassischen Bereiche des Pen&Paper Rollenspiels, sondern auch die Bereiche der Computerspiele und des LARP. Gerade im Bereich des LARPs konnten die schwedischen weißen Wölfe bereits ihre ersten Fußabdrücke hinterlassen. Eure Teilzeithelden waren mit dabei und berichteten: Tenebrae-Noctis Ein Larp in Dunkelheit.

Hier ein Überblick über die in der Keynote angekündigten Neuerungen:

By Night Studios – Jason Carl

Der erste Redner war Jason Carl von By Night Studios. Sie kümmern sich primär um das amerikanische LARP-System und sind offizieller Lizenzpartner von White Wolf Entertainment. Dabei unterscheidet sich das amerikanische System, was den Umgang mit Konfliktsituationen angeht, signifikant. Situationen, bei denen der Spieler mit seinem Charakter eine Herausforderung meistern muss, werden hier über „Schere, Stein, Papier“ abgewickelt.

Jon, der Brujah, ist stinksauer und möchte Jim den Malkavianer mit seiner Faust nachdrücklich zeigen, was er von ihm hält. So stehen beide voreinander und spielen Schere, Stein, Papier bis Jon so oft gewonnen hat, das Jim theatralisch zu Boden geht.

Jason Carl
Jason Carl

Auch wenn diese Form des „tellings“ (Darstellen einer Situation durch Beschreibung und nicht durch Spiel) von vielen Europäern eher belächelt werden, muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass dieses System für den amerikanischen Markt funktioniert. Während eines Gesprächs mit einigen amerikanischen LARPern kam das Argument auf, ob ich nicht genügend Fantasie aufbringen könne, wenn ich durch „telling“ aus meinem Spiel gerissen werde. Eine valide Argumentation, die ich an dieser Stelle einmal unkommentiert im Raum stehen lassen möchte. Über die großen Gemeinsamkeiten und Unterschiede des deutschen „kooperativen Stiles“ (so nennen die Amerikaner unseren Spielstil), des amerikanischen „Schnick, Schnack, Schnuck“-Systems (genannt Mind’s Eye Theatre) und des sogenannten Nordic LARP werde ich einen eigenständigen Artikel beschreiben.

Eigene Vampire Live-Chroniken und Kampagnen können sich als von White Wolf anerkannte Fangruppen bei den By Night Studios offiziell registrieren lassen. So soll es möglich sein, durch das Spiel der eigenen Chronik die Welt der Dunkelheit mitgestalten zu können. Zurzeit bin ich in intensiven Gesprächen mit Jason Andrew, dem Entwickler des MET-Systems. Dieser möchte anlässlich des nächsten Besuchs von White Wolf in Deutschland, eventuell zusammen mit den Teilzeithelden, ein für die europäischen Spieler angepasstes Mind’s Eye Theatre LARP mit einigen Nordic-LARP Elementen durchführen.

Was? White Wolf kommt nach Berlin? JA! Richtig gelesen. Markiert euch den 11.-14. Mai 2017 rot im Kalender! Was wird es geben? End of the Line – Nordic LARP, König der Dunkelheit – wer weiß am meisten über die WOD, Schriftstellerwettbewerbe, World of Darkness Berlin – Stadtweit uvm…!

Weitere Infos folgen – wir sind für euch direkt am Ball! An dieser Stelle appelliere ich an eure Offenheit und Neugier, einmal neue Wege auszuprobieren und das MET-System einfach mal zu versuchen. Auch sind wir auf diesem Wege auf der Suche nach in Berlin angesiedelten Vampire-Live Gruppen, die dem offen gegenüberstehen.

White Wolf Entertainment – Shane DeFreest

Shane DeFreest ist als Geschäftsentwickler einer der führenden Köpfe der neuen White Wolf Riege. Ursprünglich hatte er seinen Hafen bei Obsidian Entertainment, wo er in der Öffentlichkeitsabteilung arbeitete. Nach dem Motto: „Bleib hungrig, bleib neugierig“ treibt er die Weißen Wölfe zu neuen Ufern. 

Für ihn fühlt es sich nicht wie 25 Jahre an, als er sich mit seinen Kumpels noch mit langem Haar und dunklen Trenchcoats zum Vampire-Zocken getroffen hat. Für ihn ist diese Welt noch immer so aktuell und spannend wie damals. 1986, vor 30 Jahren, gab es schon das White Wolf-Magazin, damals noch liebevoll von Hand gezeichnet. Vor 25 Jahren öffnete dann die Welt der Dunkelheit ihre faszinierenden Pforten. 1993 wurde als Höhepunkt in der Karriere von White Wolf sogar Dungeons and Dragons als das am besten verkaufte Rollenspiel vom Thron gestoßen, aber das war eben 1993.

Weitere Mitglieder von White Wolf Entertainment.  vlnr: Tobias Sjögren (CEO) / Karim Muammad (Emmy Gewinner für Interaktives Storytelling) / Martin Ericson (Lead Storyteller) / Dhaunae de Vir (Tremere und Managerin)
Weitere Mitglieder von White Wolf Entertainment. vlnr: Tobias Sjögren (CEO) / Karim Muammad (Emmy Gewinner für Interaktives Storytelling) / Martin Ericson (Lead Storyteller) / Dhaunae de Vir (Tremere und Managerin)

2016 erhebt sich White Wolf aus einem tiefen Schlaf und arbeitet nach dem Motto:  Wir nehmen unseren Job sehr ernst – aber uns selber nicht. Doch was machen sie anders?

Die Hauptaufgabe des alten White Wolfs als traditionelle Rollenspielschmiede war es, neue Bücher, neue Regelwerke, neue Hintergründe zu entwickeln. Zusätzlich gab es noch ein wenig Merchandising: Ansteck Pins, T-Shirts und Action Figuren. White Wolf ist aber nicht mehr White WolfWhite Wolf ist nun White Wolf Entertainment.

Die Muttergesellschaft ist Paradox Interactive. Sie sind ein Teil der Paradox Interactive-Gruppe. Doch betont DeFreest, dass White Wolf eine vollständig unabhängige Firma sei, sie sind keine Abteilung von Paradox Interactive. Ein paar Ressourcen werden geteilt, doch arbeitet White Wolf Entertainment vollständig unabhängig. Er beschreibt dieses Verhältnis ähnlich dem von Marvel, Lucas Films oder Pixar zu Disney.

Exkurs – Paradox Interactive – Eine digitale Welt der Dunkelheit

Shane DeFreest
Shane DeFreest

Gut zwölf Jahre ist es nun her, dass das Spiel: Vampire: The Masquerade – Bloodlines veröffentlich wurde, und seitdem gab es keine weitere PC-Spiele Veröffentlichung aus der World of Darkness. Lange hat sich das Gerücht um ein MMORPG in der WoD gehalten, in der man neben den klassischen Vampiren auch Werwölfe oder andere Ungeheuer spielen können soll. Doch CCP, die Entwickler dieses Spiels, haben die Programmierung vor rund 2 Jahren eingestellt und kurze Zeit später ihr US-Studio geschlossen. Martin Ericsson (Lead Storyteller bei White Wolf Entertainment) beschreibt das Computerspiel als das ökonomische Zentrum von Paradox Interactive, vor allem aufgrund der Tatsache, dass alle Tabletop Publikationen kaum das Geld wieder einspielen, was sie in der  Produktion kosten.

Das spirituelle Zentrum der World of Darkness würden jedoch immer Tabletop Rollenspiele und LARP bilden. Laut Ericsson macht die kombinierte Veröffentlichung von Computerspielen und Printprodukten den meisten Sinn. Der Einstieg in die Welt der Dunkelheit ist sehr komplex und schwierig. Viele klassische White Wolf Bücher sollen sich generell sehr schlecht verkauft haben und würden anschließend eher gelesen als bespielt werden. Ziel soll es sein die Bücher wieder an den Spieltisch zu bringen, nicht ins Regal.

Value Added Licensing

Als Schlüssel zum Unternehmenserfolg nennt DeFreest das Modell des Value Added Licensing. Doch was bedeutet das? Shane de Frees beschreibt es so: „Wir produzieren Produkte mit unseren möglichen Partnern viel enger zusammen als ein normales Lizenzunternehmen.  Es werden nicht einfach Verträge unterzeichnet und dann wird der Partner alleine gelassen. Wir begleiten unsere Partner bei jedem einzelnen Entwicklungsschritt ihres Produkts. So wollen wir Konsistenz in der World of Darkness bewahren, so wollen wir unser Geschäft führen.“

White Wolf Entertainment und die Fanbase

Die Fans sollen wieder Spaß an der Marke haben. Dabei möchte White Wolf Entertainment betonen, dass es keinen richtigen Weg gibt, mit den verschiedenen Marken Spaß zu haben. Es wird eine Menge Optionen geben, aus denen der Fan dann die für ihn passenden Elemente wählen kann. Es wird keinen allwissenden Erzähler mehr geben, es werden viele verschiedene Wahrheiten möglich sein, je nachdem, wen man fragt und aus welchem Blickwinkel man die Welt der Dunkelheit betrachtet. Dabei spielt es für DeFreest keine Rolle ob es sich um Table Top oder Computerspiele, MET-LARP oder europäisches kollaboratives LARP handelt.

Was können wir also von White Wolf Entertainment in der Zukunft erwarten? Ihnen ist aufgefallen, dass viele Fans tiefer in die Welt der Dunkelheit einsteigen wollen und mehr als das bloße Produkt als Hobby mit Leidenschaft füllen möchten. Das im Hinterkopf entwickelt das Team erweiterte Wege. Nicht nur für die Konsumenten, sondern auch für die Kreativen, die eigene Inhalte produzieren. Einer der ersten Schritte wird es sein, eine Art Künstler-Unterstützungslizenz für Fanseiten zu entwickeln, um so offizielle und anerkannte Fanseiten zu unterstützen. So soll die große Ungewissheit und rechtliche Grauzone aufgeklärt werden, was mit den Lizenzen und Produkten von White Wolf Entertainment gemacht werden darf und was nicht. Diese grundsätzliche Idee ist jedoch noch im Anfangsstadium und es gibt noch keine weiterführenden Ideen, wie das funktionieren soll und wie nicht. Es steht nur schon einmal dieses grundlegende Konzept. Gerade das Fanmaterial wird vom neuen Team vermehrt Aufmerksamkeit und Beachtung geschenkt bekommen. Hier gilt es, einige Hürden, sowohl logistische als auch rechtliche, zu überwinden, aber als „Mitmach-Marke“, bei der den Fans ein hohes Mitspracherecht eingeräumt werden soll, sollen in einem vernünftigen Rahmen Zugänge zum Sandbox-System von White Wolf Entertainment ermöglicht werden.

Beispiele für Fanfiction
Beispiele für Fanfiction

Wie könnte das alles die Fanclubs verändern, die es zurzeit gibt?

Im nächsten Teil seiner Rede ging Shane DeFreest auf die Fan-Vereine ein und inwiefern sich hier Änderungen ergeben könnten. DeFreest stellte fest, dass es seit gut 5 Jahren keine Kommunikation mit den Menschen gab, denen die Marke gehörte. Dies möchte die neue Riege um die Lizenzen ändern. Die bestehenden Vampire-Fanclubs sollen wieder eine überarbeitete Version der bestehenden „Camarilla Umbrella License“ nutzen dürfen. Dies soll unter anderem die rechtliche Nutzung der geschützten Eigennamen regeln. Im Jahr 2017 soll diese Lizenz überarbeitet und anschließend allen Vereinen zugänglich gemacht werden. Jeder Verein soll die gleichen Voraussetzungen haben, das Beste aus ihrer Zeit zu machen. Der bürokratische Aufwand soll wieder entschlackt werden. Jeder Verein soll gleichermaßen behandelt werden.

Der Umgang mit der unbequemen Realtiät

DeFreest: „There is not such a thing as bad content – only bad decisions. “

„Wir sind eine Gemeinschaft, die progressive Produkte mag, die sich mit dunklen Inhalten auseinandersetzt“ erklärt DeFreest. Weiter beschreibt er: „Wir setzen uns damit auseinander und laufen nicht davon, auch wenn der momentane Zeitgeist uns diktiert, dass dies ein unbequemer und schlechter Zeitpunkt ist.“

„Wir von White Wolf Entertainment glauben, dass es an jedem Einzelnen liegt, seinen eigenen Komfortlevel, was Inhalte und Bilder angeht, zu definieren.  Das ist die Basis eines jeden kollaborativen Storytellings. Es gibt so etwas wie schlechten Inhalt nicht, es gibt nur schlechte Entscheidungen. Wenn du glaubst, einen gewissen Bereich der Geschichte auszulassen, dann lässt du nur das Symptom aus – nicht das Problem an sich.“

DeFreest: “Banning heretic and immature content does not save anything. Banning bad and abusive players does.”

Ketzerische und unreife Inhalte zu bannen schützt niemanden. Schlechte und missbrauchende Spieler zu bannen, das hilft! DeFreest meint damit, dass auch reale abscheuliche Themen wie Mord und Vergewaltigung in der WoD thematisiert werden können.

Ein sehr sensibles Thema, über das viele Amerikaner nicht glücklich waren. Mehr dazu in einem späteren Artikel. Vampire wird von DeFreest als ein Spiel beschrieben, in dem es darum geht, auch durch die schlimmsten Zeiten und schwierigsten Umstände die eigene Menschlichkeit zu bewahren. Jeden Tag würden Vampire Beute ihres eigenen Tieres, jeden Tag ein bisschen mehr. In seinem weiteren Vortrag ruft DeFreest zur Zusammenarbeit auf: „Wir sind zu weit gekommen und haben zu viel zu verlieren, um es ihnen gleich zu tun. Wir müssen zusammenarbeiten. Ihr müsst mit uns arbeiten und wir müssen mit euch arbeiten. Wir werden gemeinsam keine weitere Chance erhalten. Das ist die Wahrheit.“

Weiter lädt der Redner dazu ein, sich direkt an White Wolf Entertainment zu wenden: „Wir haben eine Politik der Offenheit. Ihr könnt mit uns in Kontakt treten. Schickt uns eine Mail an info@whitewolf.com oder schreibt uns über unsere Social Media-Kanäle. Die Welt der Dunkelheit beginnt jetzt. Ich möchte euch zu einem Konzept der Hoffnung einladen, es wird besser werden. Es fängt wieder an, ihr müsst nur daran glauben und wir werden euch dabei helfen.“

Tobias Sjögren (CEO)

We can be really big – you guys already know but the rest of the world needs to know!

Tobias Sjögren
Tobias Sjögren

Tobias Sjögren ist CEO von White Wolf Entertainment. In seiner Rede machte er deutlich, dass White Wolf Entertainment Produkte herstellen, die das Leben von Menschen verändern können.  Doch White Wolf Entertainment ist kein einfacher Buchverlag mehr. Heute verstehen sie sich als eine transmediale Firma, die sich in einem Übergang in neue Unterhaltungssegmente befindet.  Dabei wird auch der Metaplot in einer neuen Zeitachse weiterentwickelt. Er möchte, dass die produzierten Produkte zur Selbstreflektion dienen können, so dass der Spieler mehr über sich selber erfahren kann. Sie wollen Zeug produzieren, dass die Grenzen ausreizt und erweitert. Transmedial bedeutet für Sjögren, viele verschiedene Produkte herzustellen und zu schauen das diese alle zusammenpassen – also konsistent sind.

Seien es Bücher, die Grand Masquerade betreffen, Computerspiele, LARP oder gar Fernsehserien oder Filme. Die Aufgabe von White Wolf Entertainment sei es, Partner für all diese Ideen und Möglichkeiten zu finden und dies alles unter einen Hut zu bringen. „Es wird nicht mehr nur dieses eine große Ding geben und dann widmet man sich dem nächsten Projekt, bevor es etwas Neues geben wird, während die Fans lange warten müssen. Das wird der größte Unterschied zu den bisherigen Besitzern der Marke sein“, so Tobias Sjögren.

Dabei ist White Wolf Entertainment nicht auf Paradox Interactive beschränkt. Viele Fans sind der Meinung gewesen, dass es jetzt nur noch World of Darkness (WOD) Strategiespiele geben würde. T. Sjögren verneint dies. Eine Kooperation sei mit jedem möglich, wer auch immer da draußen sein mag.

Doch wie möchte das junge Team das alles managen?

Eine kurze Übersicht der Partner mit denen White Wolf Entertainment  bis jetzt zusammenarbeitet:

 

25% der Besucher der Grand Masquerade sind nach Aussage von T. Sjögren nicht aus den USA, dies zeige, dass die WoD ein globales Phänomen sei.  So finden sich in Europa und sogar in Korea Partner.

 

Events, zusammen mit Partnern wie By Night Studios und Odyseé, werden eine zentrale Rolle für White Wolf Entertainment werden, da man ihre Bedeutung für die WoD erkannt hat. So war zum Beispiel das Convention of Thorns mit über 200 Leuten bereits nach nur zwei Stunden ausverkauft. Dieses Engagement, dass noch immer für Vampire-LARP besteht, wird von White Wolf Entertainment weiterhin gefördert werden.

Ausblick auf 2017

  • Ein Dokumentarfilm über White Wolf, von der Gründung bis zur heutigen Entwicklung, soll gegen Ostern veröffentlicht werden.
  • Eine neue Vampire: the Masquerade-Edition (der genaue Termin steht noch nicht fest)
  • Zwei Handygames sind in der Programmierung
  • White Wolf-Event in Berlin – 11. bis 14. Mai 2017

 

Artikelbild: By Night Studios
Fotografien: Karsten Zingsheim

 

6 Kommentare

  1. Vielen Dank erstmal an Karsten, der während der Grand Masquerade das Onlinevolk mit Infos gefüttert hat, direkt aus New Orleans!

    Zu den Ankündigungen habe ich gemischte Gefühle. Ich finde es großartig, dass man nun wieder den Staub von der Marke pusten möchte und wir erneut mit tollen Materialien zur WoD versorgt werden sollen. Ich selbst kann es bis heute nicht fassen, wieviel Geld man hat „liegen lassen“, indem man nicht weiterhin Games wie Vampire Bloodlines, dem bis heute der Geheimtipp eines der besten Rollenspiele aller Zeiten nachhängt, veröffentlicht. Davon bitte mehr, viel viel mehr.

    Doch Singleplayer Games und die bisherigen Hintergrundbücher waren vor allem eins: In ihrer Ausrichtung adressiert an einzelne Spieler und Spielgruppen. Ein Gemeinschaftsgefühl innerhalb der WoD-Fans, wie es beispielsweise bei DSA der Fall ist, kam nie so recht auf. Dies lag einerseits in der Fragmentierung der Produktreihe, die sich ja allein über zwei unabhängige Universen (nWoD & cWoD) erstreckte und zudem noch verschiedene Zugänge ermöglichte, je nachdem ob man als Werwolf, Mage oder Vampir (und, und, und) in ihr spielte. Andererseits lag es auch in der Fragmentierung der Chroniken innerhalb eines Settings. Es gab und gibt kein „Miteinander“ am Spieltisch, wie mit einer klassischen Abenteurergruppe, sondern ein „Gegeneinander“; das Intrigenspiel, wie man es aus Vampire kennt. Kurzum: Frag 10 WoD-Spieler mal konkret, was sie in ihrem WoD-Rollenspiel machen und du musst feststellen, dass sie im Grunde 10 verschiedene Spiele spielen und das selbst dann, wenn alle behaupten Vampire: Masquerade zu spielen. Das erlebst du nicht bei Pathfinder, das erlebst du nicht bei DSA, das erlebst du nicht bei Shadowrun.

    Nun wird also der unmögliche Versuch unternommen, möglichst alles unter einen Hut zu kriegen, und eine Schicksalsgemeinschaft herauf zu beschwören, wonach wir alle, die wir einmal mit der WoD zu tun hatten, im gleichen Boot sitzen. Und das ist der größte Knackpunkt: Insbesondere die LIVE-Szenen haben sich soweit untereinander entfernt und nutzen teilweise nur noch Grundbegriffe wie die Clansnamen, haben es sich aber in der jeweiligen Nische mit Hausregelwerken bequem gemacht. Wir haben weltweit allein drei Spielweisen, wie es der Artikel ja schildert: Telling, European und Nordic. Diese sind aber in sich nicht homogen, sondern fasern sich weiter auf. Die heutige de facto bespielte WoD hat keinen wirklichen gemeinsamen Kanon, wie andere Rollenspielwelten, sondern besteht aus tausenden Paralleluniversen einer Spielwelt. Und ich denke nicht, dass sich Spielrunden, die seit 10, 15, teils 20 Jahren mehr oder weniger autark ihre eigene WoD bespielen, plötzlich neue Setzungen übernehmen, nur weil die Lizenz nun aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist und die aktuellen Inhaber plötzlich mit uns an einem Strang ziehen wollen. Das hat mit der nWoD schon nicht so recht funktioniert, die von cWoD-Gruppen so lange und hartnäckig ignoriert wurde, bis es mit der V20 eine Neuauflage der cWoD gegeben hat. Ich habe den Eindruck, dass diese neue WoD, die nun auf uns zukommt, zuviele Sachen auf einmal unter einen Hut bringen möchte; so wie ich es bisher gehört habe sogar cWoD UND nWoD und das es eine „One World of Darkness“ geben soll. Damit geht abermals der „Markenkern“ flöten und das werden die Hardcore Fans nicht mittragen.

    Auf der positiven Seite hoffe ich, dass in Zukunft die Hardcore Fans nicht mehr die erste Geige spielen werden und das viele neue Spieler in die WoD finden werden. Denn die WoD hat seit Jahren ein Nachwuchsproblem, was unter anderem auf eine verfehlte Produktpolitik zurückgeht. Die Alteingesessenen hatten kein Bock auf die Youngster, die mit Requiem-Produkten wedelten und die jüngeren hatten es schwer in eine Spielwelt einzutauchen, die von der Hälfte der Community abgelehnt wurde.
    Andererseits habe ich aber auch die Befürchtung, dass das Thema Vampire mittlerweile ziemlich durch ist. In den 90ern, der Glanzzeit von Anne Rice, wo Serien wie Buffy im TV liefen, da waren Vampire der neue heiße Scheiß. Underworld, Blade, From Dusk till Dawn… Man konnte um die Jahrtausendwende keinen Schritt mehr ohne Vampire machen. Nachdem Twilight, True Blood und Vampire Diaries (sowie das sehr coole „The Originals“) teilweise bis heute den Markt übersättigt haben, sind Vampire heute, im Jahr 2016 schon wieder kalter Kaffee. Genausogut könnte man zum jetzigen Zeitpunkt ein Piraten- oder Westernspiel rausbringen. Das Genre wird nur noch von Hardcorefans oder dunkelromantischen Teenagern am Leben gehalten. Die düsteren Milleniums-Gothic-Zeiten, von denen Vampire Bloodlines noch zehrte, sind einfach vorbei.

    Ich bin daher sehr skeptisch, ob sich die Neuausrichtung (die natürlich notwendig ist) innerhalb der bestehenden Szene durchsetzen wird. Und ich bin skeptisch, ob die WoD so viele neue Fans requirieren kann, um die Ablehnung der alten Hasen zu kompensieren. Mir persönlich kann beides herzlich egal sein. Ich hab meine feste 15+ Leute Spielrunde, mein eigenes Hausregelwerk und genug Materialien, um bis ins hohe Alter Vampire: Masquerade zu spielen. Ich würde mir aber wünschen, dass die Neuausrichtung auch Impulse und frische Ideen bringt, die letztlich allen bestehenden Communitys nützen werden. Sei es in der Neugewinnung von Mitgliedern, der Verfügbarkeit von Quellenmaterial oder in der Nutzung von Nebenprodukten wie tollen Computerspielen.

    • Hi,

      nach allem was ich weiß, werden cWoD und nWoD nicht zusammengelegt. Das war einer der Gründe, warum man die nWoD (die ja schon lange nicht mehr neu war) in Chronicles of Darkness umbenannt hat. (http://theonyxpath.com/announcing-chronicles-of-darkness/) Beide Reihen hatten und haben ziemlich unterschiedliche herangehensweisen ans ihr jeweiliges Setting, was man auch erkannt hat und diesen Schritt gegangen ist. Die Entwicklung der CofD liegt weiterhin beim Verlag Onyx Path Publishing.

      Schöne Grüße

  2. Ich wäre sehr skeptisch, in eine etablierte Vampire Runde einzusteigen. Berichte, wie gnadenlos die auch gegenüber Neueinsteigern sein können finden sich überall: https://www.youtube.com/watch?v=Z3AEBnH1kAM

    Dabei habe ich großes Interesse an White Wolf. Besonders das neue Mage, das von den Amerikanern durchgehend gelobt wird, Werwolf zu dem ich vier Bücher aus einem Restbestand kaufen konnte (ohne Grundregelwerk) und Prometheus dessen Setting mich fasziniert. Leider ist durchgehend die Rede von Vampire und die Regelbände zu Werwolf Apokalypse und Mage müsste ich teuer importieren.
    Ich reche White Wolf aber gute Chancen aus, besonders, wenn Paradox ihr PC Rollenspiel veröffentlichen. Derzeit gibt es keine guten PC Rollenspiele, die PnP Unterbau haben. Sword Coast Legends ist krachend an den Erwartungen vorbeigerauscht und neue DSA PC Spiele wird es wohl auch erst mal nicht geben. Das gibt die deutsche Entwicklerszene nicht mehr her. So könnte das Vampire PC Spiel eine Schlüsselrolle dabei einnehmen, das Tabletop wieder bekannt zu machen.

    • Ja, insbesondere LIVE-Runden sind da recht ungnädig, da gebe ich dir recht. Meist überträgt sich das Inplay-Verhalten unbewusst aufs Offplay. Und LIVE-SLs sind da nochmal ein spezielleres Völkchen, da schlagen einige gerne mal über die Strenge. Ist halt ein grundsätzliches Problem, dass die (im Gegensatz zu den meisten LARP-Runden) mitspielen und nicht einfach nur Orga-Typen und „Schiedsrichter“ sind. Auch ein Grund, warum sich die LIVE-Runden gerne mal zersplittern und kaum eine Chronik wirklich ewig lange durchhält. Der Wille sich zu erneuern und/oder neue Spieler reinzuholen, die dann auch Verantwortung übertragen bekommen ist recht übersichtlich.

      Ich komme ursprünglich aus einer solchen Chronik, bei der es für alle, die nicht mindestens fünf bis sechs Jahre dabei waren eine „gläserne Decke“ gab (und gibt). Daher habe ich mit Gleichgesinnten eine eher „kuschligere“ Truppe aufgemacht, wo es de facto keine SLs gibt und basisdemokratisch Aufgaben, die offplay passieren müssen (also Orgakram) verteilt werden. Spielt sich sehr viel beständiger, stressfreier und freundlicher. Und kein Spieler hat den Eindruck, dass er das fünfte Rad am Wagen wäre. ;) Ist meiner Meinung nach auch eher ein deutschsprachiges Phänomen. Man kann über andere Länder – insbesondere über die Amis – unken wie man will, aber andernorts ist der Zusammenhalt der Community größer, als im deutschsprachigen Raum…

    • PS: Noch eine Sache zu dem sympathischen jungen Mann in dem Video, das du verlinkt hast
      Ich finde, seine Story ist kein gutes Beispiel, für furchtbare Vampire Runden (da hat man wirklich schon schlimmeres gehört). Hier war es wohl eher so, dass er von Anfang an gegenüber Requiem negativ eingestellt war (er führt das ja aus) und er einfach mal dort hin gegangen ist, ohne vorher ein Offplay-Gespräch mit der Spielrunde zu führen. Selbst aus dem, was er erzählt, wird deutlich, dass er die Typen trollen wollte und zwar mit Vorsatz:

      Ein pazifistischer Chemiker-Gangrel, der sich bei seinem ersten Abend in einer Invictus/Lancea-Domäne blicken lässt und verkündet, dass er Carthianer ist. Das ist schonmal nicht die beste Voraussetzung, um es vorsichtig auszudrücken.
      Das ist so, als würde man bei Masquerade als Ventrue auf einem Sabbattreffen ein Hochlied auf die Camarilla singen oder sich auf einer Mafiahochzeit als Agent der Drogenbehörde outen. EGAL ob LIVE oder Pen and Paper und EGAL in welcher Spielrunde man sowas abzieht, das wird in einem Vampire-Setting NIEMALS gut ausgehen! Nie! Kein Wunder also, wenn man da hinterher mehr oder weniger diskret zusammengeschlagen und gefoltert wird. Und das auch nur, wenn man Glück hat.

      Anschließend aus Rache einfach den Laden in die Luft zu jagen, ohne diese Absicht vorher wenigstens einer SL mitzuteilen (regeltechnisch hätte jeder zweite Vampir durch verschiedene übermenschliche Sinne und/oder Fähigkeiten/Disziplinen das Ansinnen vielleicht erahnen und vereiteln können), ist dann schon sehr trollig. Spieler müssen stets die Chance haben zu reagieren, ansonsten greift man in den Character anderer Spieler ein; also exakt das, was er den Mitspielern vorwirft.
      Nur, dass diese zu Beginn nichts falsch gemacht haben: Er hat durch sein Auftreten die Situation erst verursacht und hatte zwischendurch auch die Chance anders zu reagieren oder einfach mal zu LÜGEN. Wenn man merkt, dass man auf der falschen Hochzeit ist, sollte man nicht noch das Brautpaar beleidigen. Hätte er stattdessen gesagt, er hat noch keinen Bund gewählt, weil sein Erschaffer verschollen ist oder sowas wäre EXAKT die Situation eingetreten, die er sich gewünscht hätte: Lancea Sancta, Invictus und Circle of the Crone hätten sich um ihn gekloppt und jeder Bund hätte gewollt, dass er ihnen beitritt. Stattdessen hat er es schon binnen Minuten versaut. Und den anderen neuen Mitspieler, dem er hätte ein Vorbild sein können und mit dem er auch ins Gespräch kam, hat er hinterher mit in die Luft gejagt. Wie hätte dieser Spieler sich gefühlt, wenn die SL die Explosion zugelassen hätte? Aus dessen Perspektive wäre später erzählt worden: „Ich hatte meinen ersten Vampire LIVE Abend, aber in dem Moment, wo ich mit dem Fürsten sprechen konnte, hat uns so ein Idiot alle in die Luft gejagt und wir konnten uns alle neue Charaktere basteln!“ Er hätte die Chance gehabt, es selbst besser zu machen, wenn er schon die anderen kritisiert, im Umgang mit neuen Spielern. Was macht er stattdessen? Sprengt den Neuen in die Luft.

      Es lag ja schon ein kommunikatives Missverständnis von Beginn an vor. Beispielsweise, dass er von der sehr naiven Annahme ausging, dass ja alle „miteinander“ auskommen müssen, weil sie alle Vampire seien. Das ist Quatsch. Egal ob Masquerade oder Requiem: Die Grundprämisse heißt gegeneinander, nicht miteinander. So ist nunmal das Setting. Da treffen sich wilde Raubtiere, die sich einen zivilisierten Anstrich geben. Das ist kein Ministrantentreffen. Man muss Verbündete suchen und Zweckbündnisse eingehen. Und das wird halt SEHR schwer, wenn man allen Versammelten beim allerersten Treffen mitteilt, dass man erklärter Feind des Fürsten, seiner Regierung und aller Anwesenden ist. Und wenn man nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, dann weiß man das auch. ;)

      Wie gesagt, da gibt es viel schlimmere und gemeinere Aktionen, die neuen Spielern widerfahren können. Einfach, weil man sie beispielsweise als Schankghule und de facto Sklaven missbraucht oder sie psychisch so stark unter Druck setzt, dass das Spiel schon fast was sektenähnliches hat. Manchmal erst nach dem dritten, vierten Treffen, wo man sich mit vielen Mitspielern angefreundet hat und dann sozialer Druck aufgebaut wird; also der neue Freundeskreis als Druckmittel genutzt wird, indem man droht wieder rausgeschmissen zu werden, wenn man nicht so spielt, wie es erwünscht ist und die Bekanntschaften wieder zu verlieren droht. Manchmal ist man aber auch einfach nur Statist, um dem SL-Fürsten das Gefühl zu geben, wirklich einen Hofstaat und Untertanen zu haben. Man kommt aber als „kleiner Spieler“ nie aus dieser Statistenrolle raus, weil selbst in größeren Chronikverbünden alle SLs die Fürsten- und Ahnenposten unter sich aufgeteilt haben und die Inplaymacht und die Offplaymacht bei den selben Leuten liegt. Manchmal hast du es auch mit SLs zu tun, die im Reallife „gescheitert“ sind oder nix gebacken bekommen und voll und ganz für diese Fantasiewelt leben. Und die es dann geil finden, ihre Macht in einer Fantasiewelt auszuleben, mitunter sogar mit Dingen, die in einem SM-Studio besser aufgehoben wären. Alles schon erlebt.

      Insofern, ja: Wenn es irgendwo in der LARP- und PnP-Szene eine erhöhte Chance auf dermaßen Bekloppte gibt, dann sicherlich im Vampire LIVE. ;)

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