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TPK – Total Party Kill. Ein unschönes Erlebnis für viele Runden und glücklicherweise relativ selten. Aber auch nichts, was man kategorisch ausschließen sollte. Natürlich – so mancher Spielleiter dürfte schon darüber nachgedacht haben, die Gruppe vielleicht doch noch davonkommen zu lassen. Aus egoistischer Sicht steckt zu viel Arbeit in einer Kampagne, um sie einfach so mittendrin abzubrechen. Und aus altruistischer Sicht will man auch die Spieler nicht enttäuschen, ihre liebgewonnenen Charaktere vielleicht nicht alle gleichzeitig sterben lassen. Aber wenn man die Gefahr eines TPK kategorisch ausschließt, nimmt man den Kämpfen auch einen Teil ihres Schreckens und damit der Würze.

Natürlich kann man nach einem solchen Ereignis einfach die Kampagne beenden und eine völlig neue beginnen, die die Erlebnisse der gescheiterten Helden völlig ignoriert. Aber damit würde man eine Chance vertun. Denn wenn man es richtig anstellt, kann der TPK zum Beginn eines Erlebnisses werden, an das sich die Gruppe noch lange gemeinsam erinnern wird. Hierzu gibt es verschiedene Ansätze:

1. Weiter wie bisher

Der einfachste Ausweg ist vermutlich der am häufigsten gewählte; er ist auch der langweiligste und es gibt ihn in drei Varianten.

Nochmal

Wenn man Filmen wie The Gamers – Dorkness Rising glaubt, ist der beste Weg, einem TPK zu begegnen, es gleich noch einmal zu versuchen. Ein Neustart der Kampagne mit neuen Helden. Für die meisten Kampagnen muss dafür aber auch die Welt auf den ursprünglichen Zustand zurückgesetzt werden, da ansonsten die gleichen Ereignisse wohl kaum ein zweites Mal auftreten würden.

Diese Variante ist denkbar simpel, aber auch alles andere als elegant. Die Spieler haben ja einen Teil der Informationen bereits, die ihre Charaktere erst noch erarbeiten müssen. Interaktionen mit den gleichen NSC wie beim letzten Mal sind sicherlich auch weit weniger spannend, als sie es beim ersten Mal waren. Hier ist der Spielleiter gefragt und sollte sich Gedanken machen, wo er etwas soweit verändern kann, dass es nicht allen Beteiligten langweilig wird, dieselben Ereignisse noch einmal zu erleben.

Kommt zurück

Alternativ wäre es möglich, dass Verbündete der Helden diese dann doch noch retten oder den Kampf nachträglich gewinnen und die Helden dann ins Leben zurückholen. Je nach System und Macht der Helden sicherlich keine außergewöhnliche Option.

Dieser Weg hat den Vorteil, dass alles weiterlaufen kann wie bisher. Das Wissen bleibt erhalten, die Charaktere ebenso – aber leider nicht das Gefühl, wirklich etwas erreicht zu haben. Denn trotz einer totalen Niederlage erhält die Gruppe eine weitere Chance. Eine Option, die ich nur vorschlagen würde, wenn die Gruppe selbst diesen Ausweg eingeplant und vorbereitet hat. Für diesen Fall fühlt  es sich mehr wie ein Teil der Geschichte an, statt nach der Gnade des Spielleiters.

Neue Helden, neues Glück

Diese dritte Variante ist die vermutlich am weitesten verbreitete: Die selbe Kampagne wird einfach mit neuen Charakteren weitergespielt. Die neuen Charaktere können Bekannte der alten Helden sein oder auch völlig neue Figuren, die von den Taten der Helden gehört haben, ebenso von deren Untergang, und nun die Fackel aufnehmen, um welche Aufgaben auch immer zu vollenden, die ihre Idole unerledigt lassen mussten.

Bei dieser Variante ist es recht einfach, den Überblick zu verlieren, was die alten Helden wussten, die neuen aber unmöglich wissen können. Insbesondere, wenn ohne Unterbrechung direkt mit den neuen Helden weitergemacht wird, wo die alten gescheitert sind. Aber sie erfordert auch wenig Arbeit von Seiten des Spielleiters. Und die Spieler müssen sich ohnehin neue Charaktere machen.

2. Spätere Helden

Die Feinde der Helden haben triumphiert. Zumindest für den Moment. Und genau das bietet gute Ansätze, der Gruppe eine interessante Erfahrung zu bieten:

Besser spät als nie

Die Pläne der Feinde der Helden nehmen ihren Lauf. Die stärksten Widersacher sind geschlagen. Und eine Zeit lang läuft auch alles nach Plan. Währenddessen spielen die Spieler mit neuen Charakteren komplett andere Abenteuer. Bis sie nach und nach auf Hinweise stoßen, die sie in Richtung der Machenschaften der Feinde ihrer alten Inkarnationen lenken.

Idealerweise merken die Spieler eine Zeit lang gar nicht, dass es in diese Richtung geht. Je länger man mit kleinen Hinweisen vorbereiten kann, desto grandioser ist der Aha-Moment, wenn die Gruppe schlussendlich dann doch erkennt, dass sie die unerledigten Aufgaben ihrer alten Figuren vor sich hat.

Der Spielleiter ist bei dieser Variante stark gefordert. Denn es gilt, Abenteuer für die neuen Helden zu schaffen, die sie in die richtige Richtung lenken, ihnen aber nicht zu offensichtlich zeigen, worauf es hinausläuft. Außerdem sollte, um die Erkennung zu erschweren und das Sammeln von Wissen erneut interessant zu machen, ein Teil der Pläne der Feinde tatsächlich funktioniert haben, wodurch die Grundsituation eine andere wird, als die Spieler sie in Erinnerung haben. Derartiges funktioniert natürlich nur im klassischen Rollenspiel und nicht in freieren oder stark narrativen Systemen wie Fate, da dort die Spieler direkteren Einfluss auf die Geschichte haben.

Als besonderes Schmankerl könnten die Feinde ikonische Ausrüstung der alten Helden tragen. Oder, je nach Welt, die Helden selbst vielleicht sogar in irgendeiner Form recyceln und den Helden als Untote oder ähnliches entgegenschicken.

Totale Niederlage

Aber vielleicht gab es diese späteren Helden auch gar nicht und die Feinde hatten Erfolg und ihre Pläne haben die Welt nachhaltig verändert. Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte später erst besteht erneut die Chance, diese Erfolge rückgängig zu machen. Völlig neue Helden werden gebraucht, die diese Aufgabe erfüllen. Gelenkt vielleicht von Sagen um die gescheiterten Helden von einst, deren Geister sie vielleicht sogar im Traum anleiten und ihnen den Weg weisen.

Spieler und Spielleiter zugleich sind in dieser Variante gefordert, denn in den meisten Kampagnen geht es um weitreichende Dinge, die eigentlich verhindert worden sein sollten, es nun aber nicht wurden. Das sollte sich in der Spielwelt deutlich bemerkbar machen. Ist der alte Schlangengott wieder auferstanden und die Schlangen führen einen Krieg gegen die Menschen? Ist dieser Krieg vielleicht sogar schon vorbei? Welche Seite hat gewonnen? Welche Folgen hatte all das? Die Gruppe sollte sich diese Gedanken gemeinsam machen. Dazu müssen die Spieler nicht die Details der Pläne der Feinde lernen, sondern es reicht, das übergeordnete und erreichte Ziel zu kennen, um sich diese Gedanken zu machen.

Von der alten Kampagne lässt sich in dieser Variante relativ wenig wiederverwenden, aber es ist durchaus eine spannende Erfahrung für Spieler und Spielleiter zugleich, in einer Welt zu spielen, deren Niedergang man selbst mitverschuldet hat.

3. Den Spieß umdrehen

Sind die Spieler nicht daran gewöhnt, auf der Siegerseite zu stehen? Warum gibt man ihnen diese Chance nicht auch im Falle ihrer Niederlage? Statt weiter zu versuchen, die Pläne der Gegenseite aufzuhalten, übernehmen die Spieler nun eben diese ehemalige Gegenseite und müssen sich fürderhin mit allerlei lästigem Heldengesocks auseinandersetzen.

Diese Variante ist sicherlich die anspruchsvollste der hier vorgestellten Ideen. Aber sie ermöglicht es, die Ideen der Kampagne weiter zu bespielen, ohne mit neuen Helden den alten Zielen hinterherlaufen zu müssen. Stattdessen können die bisher gesammelten Informationen über die vermutlichen Pläne der Feinde nun selbst umgesetzt und so eine ganz andere Seite der Medaille kennengelernt werden. Und aus einer Niederlage wird so die Möglichkeit, mit der anderen Seite am Ende doch noch zu triumphieren. Je nach Welt besteht hierbei sogar die Möglichkeit, die alten Charaktere weiterzuspielen oder als NSCs auftreten zu lassen; beispielsweise als Vampire oder anderen intelligente Untote.

Das Beste an dieser Variante: Scheitern die Spieler erneut, ist der Plan der Feinde gestoppt worden und die Welt bleibt weitestgehend wie sie war. Ganz so, als hätten die Helden nie verloren. Gerade für konsistente Welten, die über lange Zeit bespielt werden, eine gute Sache. Und sollten die Spieler nun obsiegen, so bietet es sich vielleicht an, die oben genannte Variante „Totale Niederlage“ als Fortsetzung zu spielen.

Habt ihr in der Vergangenheit auch schon einen TPK erlebt? Als Spieler oder Spielleiter? Wie ist eure Gruppe damit umgegangen? Habt ihr eine der oben genannten Ideen verwendet oder etwas, was mir nicht in den Sinn gekommen ist?

Artikelbild: fotolia | waewkid

 

2 Kommentare

  1. Ich hatte die Variante “totale Niederlage“. Der König (SC) und seine engen Vertrauen starben bei einem eher unbedeutenden Kampf und dem Versuch eine Verschwörung von Anhängern eines Höllenwesens aufzuklären. Jetzt haben die Höllendiener einen Strohmann auf dem Thron und das Reich übernommen. Gut eine Generation später müssen neue Helden dieses Problem lösen, u.a. indem sie die alten Charaktere wieder zurückholen um eine Prophezeiung zu erfüllen. Wer will, kann seinen alten Charakter dann wiederhaben oder den neuen behalten (einer von dreien wollte).

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