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„Magst du Fantasy-Animes mit hohem Powerlevel, coolen Sprüchen und Leuchteffekten? Dann magst du es.“ So erkläre ich auf Conventions gerne das Rollenspiel. Tatsächlich hat Exalted viel mit Manga/Anime-Klassikern wie Record of Lodoss War, The Heroic Legend of Arslan oder The Vision of Escaflowne zu tun. Zumindest ließen sich diese drei Geschichten mit ein paar Anpassungen problemlos in der riesigen Spielwelt umsetzen. Doch alles der Reihe nach…

Woher kommt eigentlich Exalted?

Exalted erblickte im Jahr 2001 das Licht der Rollenspiel-Welt und stammt aus der Feder von Geoffrey C. Grabowski und White Wolf (den Erfindern von Vampire: The Masquerade und Scion). Angepriesen wurde es als „Mythic Fantasy Storytelling Game“ – damals deutlich mehr im Stil antiker Heroen als moderner Mangas. Die Spieler verkörperten auserwählte Helden eines vergessenen Sonnengottes. Eine deutsche Übersetzung als Die Hohen erschien bei Feder & Schwert und ist heute ein Sammlerstück.

Mit Erweiterungsbänden ließen sich auch die Antagonisten spielen, vor allem die schwächeren, aber zahlreichen Helden der Elementardrachen, die wilden Helden des Mondes vom Rand der Schöpfung oder die tragisch-düsteren Helden der Götter des Abgrundes. Mit jeder Erweiterung wurde die Welt bunter und komplexer. 2006 erschien Exalted 2nd Edition vor allem als Update des eigenwilligen Regelwerkes. Erweiterungen brachten unter anderem Einblicke in Parallelwelten, wie die Unterwelt, den Götterhimmel und das Maschinenreich Autochtonia. Dazu wurde der Comic-Anteil im Artwork erhöht.

2012 übernahm Onyx Path die Reihe und startete 2013 den Kickstarter für die 3. Edition, der mit 684.755 Dollar als einer der erfolgreichsten Rollenspiel-Kickstarter aller Zeiten abschloss. Nach diversen Verzögerungen (unter anderem wegen der schweren Erkrankung eines Autors) erschien Exalted 3rd Edition im Sommer 2016.

Die Götter von Creation sitzen nicht nur fern in ihrer eigenen Himmelsstadt Yu-Shan, sondern laufen teilweise auf der Welt umher und greifen in das Geschehen ein.
Die Götter von Creation sitzen nicht nur fern in ihrer eigenen Himmelsstadt Yu-Shan, sondern laufen teilweise auf der Welt umher und greifen in das Geschehen ein.

 

Spielwelt: Das ist Creation heute

Exalteds Spielwelt Creation ist ungewöhnlich, da sie sehr stark strukturiert ist. Creation ist flach, eine klassische Scheibenwelt, umgeben statt von Weltraum von ungeformten Chaos. Sie selbst besteht aus fünf Elementarpolen: Feuer, Luft, Wasser, Wald und Erde. Diese prägen die umliegenden Regionen. Hier ein kurzer Überblick:

  • Norden: Zum Luftpol hin wird Creation kälter. Eis und Schnee halten das Land im Griff und prägen die rauen Bewohner. Eine Großmacht ist etwa die Haslanti-Liga als Verbund von Stammes-Städten mit einer Flotte aus Luftschiffen.
  • Osten: Richtung Holzpol hin wird die Bevölkerung dichter. Hier liegen die interessantesten Orte von Creation in Form rivalisierender Stadtstaaten. So bereiten die Priester der Gräberstadt Sijan ihren Kunden ein angenehmes Nachleben in der Unterwelt. In der Tempelstadt Great Forks regieren drei Götter selbst als Stadtfürsten und in der Metropole von Nexus stellt die mächtige Handels-Gilde ihre Waren und Drogen her. Weiter östlich erstreckt sich dann ein Wald mit wilden Stämmen und uralten Ruinen bis zum Horizont.
  • Süden: Gen Feuerpol wird Creation zu einer unwirtlichen Wüste mit typischen Oasen und Nomadenvölkern. Hier steht auch die Glasstadt Chirascoro, deren einstiger Reichtum und Glanz langsam verblasst, seit sie von drei Reiter-Khans erobert wurde.
  • Westen: Zum Wasserpol hin öffnet sich Creation zu einem gewaltigen Meer, in dem tausend Inseln schwimmen. Jede davon hat eine eigene Geschichte und sie alle werden von der Denzik-Stadtflotte angesteuert, die aus zusammengebauten Schiffen besteht – Gargantia lässt grüßen.
  • Mitte: Um den Erdpol liegt die gebirgige Gesegnete Insel im Stil eines feudalen Japans. Hier ringen zehn mächtige Familien der Dragon Blooded um den Thron der verschwundenen Scarlet Empress. Die Kontrolle der Familien über die vier Himmelsrichtungen bröckelt derweil.

 

Auf der Karte der 3. Edition sind neue Regionen zwischen den Elementarpolen dazugekommen. Vor allem der Südosten wurde ausgebaut.
Auf der Karte der 3. Edition sind neue Regionen zwischen den Elementarpolen dazugekommen. Vor allem der Südosten wurde ausgebaut.

Die Regionen ermöglichen ganz unterschiedliche Geschichten, von Wikinger-Fahrten (Norden) über Fehden und Belagerungen (Osten), Abenteuern aus 1001er Nacht (Süden) oder Piraten-Abenteuer (Westen) bis zu Intrigen am Kaiserhof (Mitte). So weit, so Standard-Fantasy mit Steampunk- und Asia-Touch. Doch das ist nur das Setup: Richtig lebendig wird die Welt durch die Geschichte. Denn die Dragon Blooded herrschten nicht immer: Einst rangen die vergessenen Solar Exalted Creation vorzeitlichen Dämonen ab und errichteten ein goldenes, erstes Zeitalter voller magischer Wunder wie fliegender Schiffe und Mechas (hier „Warstrider“ genannt).

Die Solar Exalted herrschten, die Dragonblooded waren ihre niedersten Diener. Und dann? Die Kurzfassung: Dekadenz, Rebellion und Chaos. Die unsterblichen Seelen der Solar Exalted wurden eingesperrt und durch Propaganda zu Schreckgespenstern (Anathema) erklärt. Doch jemand hat das geheime Seelengefängnis aufgebrochen, die Solar Exalted werden wiedergeboren und mit ihnen erscheinen neue, unbekannte Exalted aus der Unterwelt. Die Welt steht am Rande eines Umbruchs und es steht nicht weniger als die gesamte Existenz auf dem Spiel.

Krieger oder Magier, Kampfkünstler oder Diplomat? Hauptsache episch und mit mächtigen göttlichen Fähigkeiten.
Krieger oder Magier, Kampfkünstler oder Diplomat? Hauptsache episch und mit mächtigen göttlichen Fähigkeiten.

Charaktere: Du bist ein Halbgott

In Exalted verkörpern Spieler Auserwählte der Götter. Welche Götter das aber sind, das entscheidet die Spielgruppe gemeinsam, oder sogar jeder Spieler für sich in Cross-Over-Gruppen. Dabei unterteilen sich die Exalted-Arten wieder in (meist 5) verschiedene Ausrichtungen; grob geordnet nach den Stereotypen Krieger, Priester, Magier, Schurke und Diplomat.

  • Solar Exalted: Die früheren Herrscher von Creation sind vom Sonnengott Unconquered Sun auserwählt, die Schöpfung zurückzuerobern. Sie sind unschlagbare Krieger, erhabene Generäle, Priester-Könige, mächtige Zauberer, meisterliche Handwerker, unfassbare Attentäter oder unwiderstehliche Diplomaten. Ihre Kräfte sind breit gestreut, mächtig und gradlinig; dazu können sie besondere Artefakte der Vorzeit erwecken. Das Problem dabei: Wenn Solar Exalted ihre Kräfte benutzen, leuchtet das Sonnenmal auf ihrer Stirn auf und gibt sie zu erkennen. Ganz schön ärgerlich, wenn man in ganz Creation als Bösewicht verschrien ist. Solar-Exalted sind eine gute Wahl für epische Helden-Geschichten.
  • Dragon Blooded: Die jetzigen Herrscher von Creation versuchen, ihr Reich aufrechtzuerhalten und jagen andere Exalted. Ihre Macht über die Elemente wird nicht von den Elementardrachen persönlich verliehen, sondern vererbt sich durch ihre Familien. Sie sind zahlreich und verfügen über große Ressourcen und Einfluss. Dumm nur, dass die Scarlet Empress verschwunden ist und nun alle Zeichen auf Bürgerkrieg stehen, den die wahren Feinde des Reiches sicher ausnutzen werden. Dragon Blooded sind perfekt geeignet für Geschichten um Intrigen und Diplomatie oder Militär-Kampagnen gegen übermächtige Feinde.
  • Lunar Exalted: Die Auserwählten des Mondes waren an die Solar Exalted gebunden, doch auch sie konnten das erste Zeitalter nicht retten. Sie flohen an den Rand von Creation – wo wilde Stämme und Tiermenschen leben und die Welt langsam ins Chaos übergeht. Dort kämpfen sie gleichzeitig gegen die Angehörigen des Fair Folk, die versuchen, Creation von außen einzunehmen und gegen das Reich der Dragon Blooded. Sie sind launische Anarchisten, fähige Formwandler und gewaltige Krieger. Lunar Exalted sind die Lieblinge vieler Exalted-Spieler und der Vergleich mit Werwölfen aus der World of Darkness liegt durchaus nahe. Sie eignen sich für kampflastige Abenteuer oder den Aufbau eines unabhängigen Reiches am Rand der Zivilisation.
  • Sideral Exalted: Pssst! Spoiler: Die Auserwählten der Sterne sind die wahren Strippenzieher im Hintergrund von Creation. Sie können das Schicksal manipulieren und folgen eigenen Prophezeiungen. So sahen sie das Ende des Ersten Zeitalters voraus, errichteten das Seelengefängnis und stachelten sie die Rebellion der Dragon Blooded an. Bis heute haben sie als Geheimgesellschaft heimlich überall großen Einfluss. Ganz nebenbei können sie in die Stadt der Götter reisen und sind auch noch Meister der Kampfkunst. Doch einig sind sie sich nicht und mit der Rückkehr der Solar Exalted und dem Verschwinden der Scarlet Empress kämpfen sie insgeheim um die Zukunft von Creation. Damit sind sie perfekt für Gruppen, die subtil vorgehen und mystische Geheimnisse und Intrigen bevorzugen.

 

Auch tragische Bösewichte sind in Exalted spielbar. Die Motivation der Abyssal Exalted die Welt zu zerstören, um ihre untoten Herren zu erlösen, ergibt sogar durchaus Sinn.
Auch tragische Bösewichte sind in Exalted spielbar. Die Motivation der Abyssal Exalted die Welt zu zerstören, um ihre untoten Herren zu erlösen, ergibt sogar durchaus Sinn.

 

  • Abyssal Exalted: Diese brandneuen Auserwählten sind quasi die Kehrseite der Solar Exalted. Sie sind die Todesritter, Nekromanten und Heerführer der Deathlords, mächtiger Geisterfürsten, die wiederum den Neverborn dienen, den Überresten der erschlagenen Dämonenfürsten der Vorzeit. Klingt komplex? Dabei war das nur die Spoiler-freie Kurzfassung. Hier das Wesentliche: Die Heimat der Abyssal Exalted ist Underworld, eine blasse Höhlenwelt unter Creation. Ihr Ziel ist es, ganz Creation zu vernichten. Dafür sammeln sie Heere aus Geistern und Untoten und versuchen Städte der Oberwelt zu verderben. Sie sind die größte Gefahr für alle anderen und die beste Gelegenheit für Gruppen, echte Bösewichte zu spielen. Dazu passen dann tragische Geschichten voller Melancholie und Horror.
  • Andere Exalted: Das war noch längst nicht alles, was Exalted als Spielmöglichkeiten zu bieten hat. Die 3rd Edition listet gleich zwei neue Typen von Exalted auf, etwa die Liminal Exalted. Diese sind selbst Konstrukte aus Leichenteilen (ein Schelm, wer an Promethean denkt). Sie sind das beste Ergebnis einer Wiederbelebung – echte Auferstehung ist in Exalted unmöglich. Sie sind deutlich zäher als andere Exalted aber es fehlt ihnen an einer Seele. Auch neu sind die Exigents, Exalted einer bestimmten, lokalen und niederen Gottheit. Diese verausgabt ihre Macht und erschafft quasi einen eigenen, einzigartigen Champion mit besonderen Kräften. Dazu kommen noch Exalted aus der 2nd Edition, die bisher noch nicht in der neuesten Version aufgetaucht sind, zum Beispiel Infernal Exalted (Auserwählte der gefangenen Dämonenfürsten) und Alchemical Exalted (auserwählte Konstrukte der Maschinenwelt Autochton).

Mit dieser Auswahl sticht Exalted nahezu alle anderen Fantasy-Welten aus. Jeder Exalted-Typ ist quasi ein Spiel im Spiel und betritt Creation mit einer ganz eigenen Agenda. Einig sind sie sich nur ungefähr im Power-Level: Einzelne Sterbliche stellen für Spielercharaktere in Exalted kaum eine Gefahr dar.

Warstrider-Mechs sind vergessene Magi-Technologie des 1. Zeitalters. Die letzten von ihnen gehören den Familien der Dragon Blooded.
Warstrider-Mechs sind vergessene Magi-Technologie des 1. Zeitalters. Die letzten von ihnen gehören den Familien der Dragon Blooded.

Das System: Storyteller in episch

Das Spielsystem von Exalted hat sich über die drei Editionen stark verändert. Zugrunde liegt ihm jedoch das hauseigene Storyteller-System von White Wolf: Für eine Probe werden Attribute und Fertigkeiten plus Boni kombiniert. Jeder Punkt ergibt einen W10. Dann wird gewürfelt und alle Ergebnisse ab 7 werden als ein Erfolg gewertet. Entweder man hasst es oder liebt es. Besonders das Kampfsystem war in der Vergangenheit vielen Spielern ein Dorn im Auge. Zu lange dauerten die Kämpfe, mit Würfelmengen, die an die schlimmsten Shadowrun-Zeiten erinnerten. Dazu war Balancing war noch nie die Stärke der Macher von Exalted. Bestimmte Sonderfähigkeiten – Charms genannt – waren einfach deutlich nützlicher als andere. So ging es in der 2nd Edition hauptsächlich darum, mächtige 1-Hit-Kombos zu bauen und auszuführen, die jeden Feind sofort ins Jenseits schickten.

Jeder Charm ist dabei durch seine Kosten limitiert. „Motes of Essence“ sind quasi das Mana des Systems. Charms sind dabei an einzelne Fertigkeiten gebunden und in Bäumen aufgeteilt. Man lernt dabei nach und nach immer stärkere Versionen, was dem Spielgefühl moderner Videospiele entspricht. Diese nehmen einen Großteil des Platzes der Grundregelwerke ein; in der 3. Edition 174 von 658 Seiten. Einsteiger sind hierbei erst einmal naturgemäß überfordert. Trotzdem haben die Designer das Spiel mit der neuesten Inkarnation vereinfacht und vereinheitlicht.

Eine Besonderheit des Exalted-Systems liegt darin, dass es „Coolness“ unterstützt. Wer eine Handlung episch beschreibt, erhält Bonuswürfel oder regeneriert Ressourcen wie Willenskraft. Auch der Kampfverlauf entspricht mechanisch der übertriebenen Action eines Anime-Konfliktes. In der 3. Edition läuft dabei alles über die Initiative. Je höher diese ist, desto höher das Potential vernichtende Schläge auszuteilen. Withering-Angriffe reduzieren die feindliche Initiative, während Decisive-Angriffe dann tatsächlich Schaden austeilen. Dazu kommen akrobatische Kampfmanöver mit epischen Namen wie „Trance of Unhesitating Speed“ oder „Blade-Rebuking Wrath“. Folgendes könnte aus einem normalen Kampf zwischen zwei Exalteds stammen:

„Finaler Schlag! Angriff mit 15 Würfeln plus drei automatischen Erfolgen.“

„Pech. Ich aktiviere Seven Shadow Evasion und weiche dem automatisch aus.“

„Auch dem Feuer-Flächenschaden meiner Daiklave-Axt?“

„Jep. Das kostet mich allerdings auch Willenskraft und geht nur einmal pro Szene.“

„Na dann. Nächste Runde.“

Regeln für sozialen Konflikt mit eigenen Charms gibt es natürlich auch, wobei der subtile Einfluss über jemanden oder eine Organisation gemeint ist und kein Rededuell. Dazu gibt es ausführliche Charms und Regeln zu Gruppenkämpfen, Schiffs-Kämpfen, der  Herstellung von Artefakten und natürlich für Magie – die ist von Charms getrennt, kostet Unmengen an Motes und hat weitreichende, teilweise weltverändernde Effekte. Durch alle diese Regeln durchzusteigen ist nicht einfach, aber auch nicht viel schwerer als bei Dungeons & Dragons.

Ist Exalted damit ein Eldorado für Powergamer? Nicht ganz. Die Designer versuchen solche Spieler mit folgenden drei Goldenen Regeln zu bändigen:

  1. Falls eine Regel im Buch dem Spaß im Weg steht, schmeißt sie raus.
  2. Falls das wortgetreue Auslegen von Regeln ein Ergebnis produziert, das keinen Sinn innerhalb der Geschichte ergibt, dann sind die Regeln falsch und die Geschichte hat Recht.
  3. Falls ein Spieler die wortgetreue Auslegung von Regeln ausnutzt, um gegen den Geist des Spiels zu verstoßen und den Spaß aus dem Spiel zu nehmen, funktioniert dieses Regel-Schlupfloch nicht.

 

Ein nobler Versuch. Spielspaß für alle ist bei Exalted König. Ob das in der Praxis klappt, hängt natürlich von der jeweiligen Gruppe ab.

Exalted lässt Spielrunden sich austoben und trotzdem als Teil ein und derselben Welt fühlen.
Exalted lässt Spielrunden sich austoben und trotzdem als Teil ein und derselben Welt fühlen.

Spielen oder nicht? Darum rockt Exalted

Auf den flüchtigen Blick wirkt Exalted wie noch eine weitere generische Fantasy-Welt mit Anime-Anstrich. Doch das stimmt nicht ganz. Tatsächlich ist die Welt riesengroß und es lassen sich mit dem System die unterschiedlichsten Geschichten erzählen. Magische Schulausbildung bei den Dragon Blooded auf der Gesegneten Insel? Check. Epische Piratenabenteuer mit Dämonen-Piraten und einer verfluchten Insel? Check. Mystische Ausflüge in die Unterwelt auf den Spuren längst vergessener Artefakte? Check, kein Problem. Exalted stellt einen stabilen Rahmen für die Kreativität einer Spielrunde dar. Dieser ordnet über die Exalted-Typen aber den einzelnen Plot unweigerlich in das größere Geschehen ein. Schließlich steht das Schicksal von Creation auf der Kippe.

Exalted ist im Herzen kein Spiel für Low-Level-Spieler, die lieber in Tavernen abhängen oder den verschwundenen Singvogel des Bürgermeisters suchen. Es ist ein Spiel für Spieler, die etwas in einer Spielwelt verändern möchten. Jeder Solar-Exalted, jeder Dragon Blooded und jeder Lunar-Exalted kann die Geschicke der Welt mitformen und ihr einen Stempel aufdrücken – oder dabei scheitern. Einen zweiten Versuch gibt es nicht, der Tod ist nicht umkehrbar. Dabei stellt die Spielwelt keinen festen Metaplot auf, sondern nur Fragen wie: Wohin ist die Scarlet Empress verschwunden? Wird das Reich im Bürgerkrieg zerbrechen? Was kann die Abyssal Exalted aufhalten? Jede davon taugt leicht als Samen für eine eigene, welterschütternde Kampagne. Auch die Feinde (von rachsüchtigen eingesperrten Dämonenfürsten bis zu den fremdartigen Fair Folk)  haben es in sich, folgen eigenen, nachvollziehbaren Motivationen und sind tief in der Mythologie der Welt verankert.

White Wolf und nun Onyx Path gelingt mit Exalted ein interessanter Spagat: Eine Spielwelt mit starker Struktur, in der man sich leicht zurecht findet, die sich aber trotzdem lebendig anfühlt und genug Platz lässt, damit Charaktere zu den Helden (oder Erzfeinden) ihres Zeitalters aufsteigen können.

Kommen wir zurück zum Anime-Anstrich. Nein, Exalted ist im Kern kein Anime-Spiel wie etwa OVA. Aber es ist ein interessanter Hybrid, der sich stark der Bildsprache und dem Stil von Mangas bedient; übertriebenen Kampfkunst-Angriffen, magische Herzsteinen, Luftschiffen und Mechas sei Dank. Exalted ist bunt, übertrieben, komplex, episch, posig und voller Klischees. Alleine das ist in der heutigen Zeit schon ein Alleinstellungsmerkmal.

Hier eine Checkliste für Unentschlossene:

  1. Du magst eine starke Mythologie mit Anime-Anleihen
  2. Du fuchst dich gerne in komplexe Systeme ein
  3. Du magst epische magische Fähigkeiten, nicht nur für Magier
  4. Du magst viele Möglichkeiten, deinen Charakter zu verbessern
  5. Du möchtest wirklich etwas in einer Spielwelt bewegen.

Dann solltest du Exalted eine Chance geben.

Dieser Überblick dient nur der Einführung in die aktuelle Version des Systems. Eine genaue Rezension der 3. Edition folgt nächsten Monat.

Artikelbilder: White Wolf, Onyx Path Publishing

 

5 Kommentare

  1. Ich bin eigentlich ein riesiger Exalted-Fan, aber ich muss zugeben, die neue Edition lässt mich kalt. Mir gefiel die Science Fantasy-Ausrichtung der 2nd Edition, mit antiker Magitech im Hintergrund, und von allem, was ich zu Ex3 gelesen habe, scheint die magitech raus zu sein. Dazu die neuen Exalted-Arten, und der Rückkehr zu den barbarischen „Garou als Exalted“ Lunars der ersten Edition statt den Psychohistorikern der 2nd… Außerdem fehlt mir die relativ einheitliche Art Direction der voherigen Editionen.

    • Magitech wurde ja auch in der 2nd-Edition vor allem über die Erweiterungsbände (Dreams of the First Age!) richtig breit gestreut. Raus ist sie sicher nicht. Das mit den neuen Exalted-Arten verstehe ich aber: Liminals lassen mich kalt. Dafür hat Onyx Path endlich das System halbwegs im Griff.

  2. Die Exigents klingen interessant. Allerdings muss ich sagen, ich bekomme von der 3ten Edition noch nicht sooo das Kribbeln wie bei der 2ten. Die fand ich einfach so richtig schön abgefahren und „Over the Top“!

    Ich will jetzt keine Werbung machen, aber wer mit den Regeln so seine Probleme hat, der kann auch auf das Cypher System (Numenera) umsteigen. Dort gibt es mit „Gods of the Fall“ ein relativ ähnliches Setting und die CS-Regeln finde ich einfach…naja…einfach halt. :D

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