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Wenn es um hochklassige, komplexe Phantastik-Spiele geht, die zudem grafisch ansprechend und atmosphärisch sein sollen, kommt man an Fantasy Flight Games kaum vorbei. Die Amerikaner schaffen es, mit beinahe jedem neuen Spiel einen Blockbuster zu schaffen, und anstelle von Lizenzschrott zu Star Wars, Game of Thrones, Warhammer und anderen Welten Qualität abzuliefern. Der Heidelberger Spieleverlag fungiert dabei hierzulande als Vertrieb und Herausgeber der deutschen Versionen, führt allerdings auch noch einige andere Spieleverlage.

Nach außen gar nicht unbedingt sichtbar, gab es dieses Jahr eine interessante Änderung: Der Bereich Fantasy Flight Games wurde nicht von den Heidelbergern, sondern von Asmodee betreut, welche vor einiger Zeit die Amerikaner aufgekauft hatten. Da Asmodee und die „Heidelbären“ so gut befreundet sind, dass sie im letzten Jahr sogar einen gemeinsamen Vertrieb aufbauten, dürfte das unproblematisch sein. Dass Asmodee mittlerweile sehr viel Präsenz zeigt und hier – gefühlt – den etablierten Heidelbergern etwas weg nimmt, wurde von den Besuchern aber teils auch kritisch aufgenommen.

Deutlicher sichtbar war eine andere Änderung. Seit Jahren der erste Fixpunkt für Schnäppchenjäger, ist das „Ramschhaus“ der Heidelberger eine Quelle an Angeboten, Einzelstücken und B-Ware zu teils absurd günstigen Preisen. Und seit jeher muss man sich in Warteschlangen stellen und durchaus längere Zeit warten, um Einlass zu finden. Dieses Jahr wagte man dann ein Experiment: den abgetrennten Bereich rund doppelt so groß zu machen und dafür den normalen Verkauf mit hinein zu legen. Ergebnis: Für normalen Einkauf, beispielsweise von Neuheiten, musste nun auch angestanden werden. Auf der Gegenseite war gerade in den späteren Stunden kein langes Anstehen mehr nötig. Wir wünschen uns trotzdem, dass dieses Experiment nicht wiederholt wird. Es sind inzwischen einfach zu viele Menschen, die morgens als erstes dorthin wollen, was in diesem Besucherrekord-Jahr am Donnerstag zu noch mehr Problemen führte: Rund 30 Minuten vor Einlass ging die Warteschlange bereits bis kurz vor die Eingangstür der Messehalle, wo die Schnäppchenjäger, die nicht dank Aussteller- oder Pressekarte bereits drinnen waren, auf den Einlass warteten. Nach diesen reihten sie sich natürlich in die Schlange ein, standen damit im Eingangsbereich, und das Chaos war vorprogrammiert.

Davon abgesehen, gab es neben den genannten Angeboten auch wieder die berühmt-berüchtigten „Deals“, bei denen zu Preisen von 50 bis 100 EUR Spiele zu gleichem oder höherem UVP, teils mit Erweiterungen als Bundles geschnürt, abgegeben wurden – inklusive Gutscheinen über 25 oder 50 EUR, die im normalen Verkauf eingelöst werden konnten. Und dann gab es natürlich auch noch Spiele abseits von Schnäppchen – zum Spielen, zum Erklären lassen und zum Anschauen.

Der Heidelberger Spieleverlag fungiert auch als Vertrieb der Brettspiele von Ulisses Spiele, welche wir im dortigen Artikel betrachteten und deshalb hier aussparen. Im Gegenzug vertreibt Ulisses die Rollenspiele der Heidelberger – was es dort Neues gab erfahrt ihr im entsprechenden Beitrag.

Die Vorstellung der Spiele basiert auf der Pressemappe und unserem Pressegespräch mit dem Verlag und stellt keine Wertung dar, da wir keines der Spiele dafür ausreichend gespielt haben. Zudem wurde die Auswahl der vorgestellten Spiele von uns gefiltert, so dass einige Familienspiele als auch „neuere“ Spiele, die bereits seit einigen Monaten erhältlich sind, keine Beachtung finden.

Diverse Fantasy-Spiele

Schwungfedern: Das Spiel in der Welt von Maus & Mystik ist kompatibel mit diesen, allerdings vor allem ein eigenständiges Spiel – und zwar ein Tabletop. Spielerisch soll es sich ähnlich zu X-Wing spielen, ohne Spielfeld und mit Schablonen für die Flugmanöver. Es entfacht durch den märchenhaften Stil allerdings eine ganz andere Atmosphäre: Ratten auf Raubvögeln und Mäuse auf Staren, garniert mit Bodentruppen, kämpfen um die Herrschaft über die Bäume des Waldes. Mit enthalten sind Einheitenkarten für weitere Modelle, welche in den ursprünglichen Brettspielen zu finden sind.

Mit Schwungfedern verlassen die märchenhaften Figuren von Maus & Mystik das Spielbrett.
Mit Schwungfedern verlassen die märchenhaften Figuren von Maus & Mystik das Spielbrett.

Heroes – Zorn der Elemente: In diesem Würfel- und Kartenspiel, welches im Januar erscheinen soll, kontrolliert jeder der bis zu vier Spieler eines der Elemente. In „Echtzeit“ würfeln die Spieler ihre Würfel, um mit diesen dann Zauber zu aktivieren oder andere Aktionen durchzuführen – die anderen Spieler können darauf mit ihren bisher gewürfelten Würfeln reagieren, oder nach der Aktion selbst weiter würfeln. Ein abstraktes Konzept, dass eindeutig auf Schnelligkeit ausgelegt ist und daher wohl nicht jedem gefallen dürfte.

Der Herr des Eisgartens: Hierbei handelt es sich um eine überarbeitete Neuauflage eines bereits 2014 erschienenen Spiels – nun allerdings erstmals in Deutsch erhältlich. Die zwei bis vier Spieler steuern ebenso viele Wissenschaftler, die gemeinsam nach Midgaard, einer erdähnlichen Welt voller Magie und Aberglauben, aufbrachen, um diese friedlich zu erforschen – nun aber besitzen und prägen wollen. Entsprechend verfolgt jeder Spieler eigene, individuelle Ziele. Zudem besitzt die Welt selbst auch ganz eigene Gefahren.

Diverse Science-Fiction-Spiele

Argo enthält neben Bodenplanteilen auch insgesamt 25 Miniaturen.
Argo enthält neben Bodenplanteilen auch insgesamt 25 Miniaturen.

Argo: In diesem Spiel steuert jeder der zwei bis vier Spieler ein Astronautenteam, mit dem Ziel, die Rettungskapseln der Raumstation zu finden und möglichst viele seiner Astronauten zu retten. Erschwert wird dies durch die feindlichen Aliens, welche ebenfalls durch die Spieler gesteuert werden, und die Raumstation auch überrennen können, was das Spielende aller Astronautenteams bedeutet. Dargestellt werden sowohl Astronauten als auch Aliens durch Miniaturen; die Raumstation besteht aus einem modularen Spielplan.

Volt – Robot Battle Arena: Zwei bis vier Spieler steuern jeweils einen Kampfroboter in einer Arena – das sollte bereits alles aussagen, wie das Spiel funktioniert. Durch diverse Zusatzmodule/-aufrüstungen für die Roboter soll dann aber auch auf längere Sicht Abwechslung eingebracht werden.

Weitere Nicht-FFG-Spiele

Justice League Hero Dice: Nach den ersten beiden Sets zur SPIEL 2015, sind nun auch die nächsten beiden erhältlich: Flash und Green Arrow. Diese bringen erneut eine Stadtkarte und diverse Schurken mit, sowie eigene Würfel mit eigenen Mechaniken. Bei Green Arrow bedeutet dies, dass er mit einem bestimmten Symbol diesen Würfel plus einen weiteren erneut würfeln darf. Dies kann er solange machen, wie er noch Würfel mit entsprechendem Symbol besitzt, oder bis der Spieler zufrieden ist. Flash dagegen überrascht zunächst damit, nur vier Würfel mitzubringen, statt sechs oder sieben wie die anderen Helden. Dafür ist seine Mechanik allerdings auch potenziell stärker: Jeder Wurf, der mindestens einmal das „Rennen“-Symbol zeigt, darf neu gewürfelt werden. Die erzielten Ergebnisse der jeweiligen Würfe werden dabei addiert.

Ein Blick auf das Spielbrett verrät gleich, dass es sich – trotz ähnlicher Grundlage – nicht um einen Klon der Werwölfe vom Düsterwald handelt.
Ein Blick auf das Spielbrett verrät gleich, dass es sich – trotz ähnlicher Grundlage – nicht um einen Klon der Werwölfe vom Düsterwald handelt.

Last Friday: In diesem Deduktionsspiel werden die bis zu sechs Spieler in das Jahr 1980 versetzt, um einen klassischen Horrorfilm der Zeit über vier Kapitel nachzuerleben. Einer der Spieler ist dabei der „Niemals Verstorbene“, der nachts Jagd macht auf die anderen Campbewohner, während diese wiederum tagsüber den Mörder suchen.

Winter der Toten – Die lange Nacht: Die große Erweiterung für das Erfolgsspiel von Plaid Hat Games führt drei neue Module ein, kann allerdings aufgrund der Menge an Material auch selbstständig ohne das Grundspiel gespielt werden.

Xibalba: Dieses Spiel setzt sich zunächst durch das Setting von der Konkurrenz ab: „Dieselpunk“ nennt es sich, spielt in den 1920er-Jahren und beinhaltet unter anderen Aliens und Mayas. Im Kern handelt es sich spielerisch um ein Worker-Placement-Spiel mit Karten und Würfeln. Mit einer ersten kleineren Erweiterung, die bereits erhältlich ist, lässt sich das Grundspiel bereits jetzt ausbauen.

Im Namen Odins enthält neben rund 150 Karten auch 90 Spielfiguren.
Im Namen Odins enthält neben rund 150 Karten auch 90 Spielfiguren.

Im Namen Odins: Wie der Name bereits vermuten lässt, entführt uns das Strategiespiel in die Welt der Wikinger. Die zwei bis fünf Spieler übernehmen dabei jeweils die Rolle eines Clan-Häuptlings und können als solche Gebäude und Schiffe bauen, Helden und Gefolgsleute rekrutieren, und natürlich auf Raubzug gehen, um Ruhmpunkte zu sammeln – am Ende des Spiels wird der Häuptling mit dem meisten Ruhm zum neuen Jarl gekürt. Durch unterschiedliche Sonderfähigkeiten von Schiffen, Gebäuden und Helden sollen sich immer wieder andere taktische Möglichkeiten ergeben.

SeaFall: Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes „Legacy“-Spiel (wie beispielsweise Risiko Evolution oder Pandemic Legacy), was bedeutet: Das Spiel verändert es sich im Laufe der Partien, was sich wiederum auf künftige Partien auswirkt. Die Spielgruppe erschafft sich so quasi eine eigene, individuelle Version des Spiels über die Zeit. So werden beispielsweise Inseln von den Spielern benannt, erfahren später einen Hintergrund und fügen sich in die Welt ein. Im Verlaufe der Partien sammeln die Berater Erfahrung, werden die Schiffe größer und es kommt mehr Material ins Spiel. Rein spielerisch soll es sich um eine Mischung aus Handelssimulation, Konfliktspiel und „unvorhergesehenen Abenteuern“ handeln.

Fantasy Flight Games

Die Karten sind optisch wieder einmal hervorragend, die Würfel zumindest ungewöhnlich.
Die Karten sind optisch wieder einmal hervorragend, die Würfel zumindest ungewöhnlich.

Star Wars Destiny: Das Spiel mit dem „Dice Duel System“ vereint Würfel und Karten zu einem Spiel. Die Charakterstarter zu Rey und Kylo Ren enthalten dabei jeweils neun Würfel und 24 Karten; weitere sind über Booster erhältlich, die je einen Würfel und fünf Karten beinhalten, um sich sein individuelles Würfel-/Karten-Deck zu erstellen. Im Vergleich zu Dice Masters soll es dabei „umfangreicher und strategischer“ zugehen – was angesichts der fast 2.000 existierenden Karten und einiger hundert Würfel von Dice Masters ziemlich forsch klingt.

Game of Thrones – Das Trivia-Spiel: Hierbei handelt es sich, wie man sich schon denken kann, um ein Quizspiel. Basieren tut dieses ausschließlich auf der Serie. Als Besonderheit erobert man durch das richtige Beantworten der Fragen verschiedene bekannte Orte der Welt für sich oder sein Team. Um Spoiler zu vermeiden, sind die Fragen zudem allesamt nach Staffeln sortiert.

Villen des Wahnsinns – Zweite Edition: Wie in der ersten Edition, steuert jeder Spieler einen Investigator durch die modulare Villa, auf der Suche nach Hinweisen, Schlüsseln und im Bestreben zu überleben. Anstelle eines Spielleiters wird in der Zweiten Edition diese Rolle jedoch von einer App übernommen, die auch angibt, wie das Spielfeld zusammen zu stellen ist und durch die komplett neuen Geschichten führt. Die Spielvorbereitung soll so nur noch rund zehn Minuten dauern. Für Besitzer der Ersten Edition dürfte zudem interessant sein, dass sich die Miniaturen und Co dieser Edition auch in der neuen Auflage verwenden lassen – ein Konvertierungskit ist direkt inbegriffen. Der App teilt man zudem mit, mit welchen Spielen und Erweiterungen man spielen kann/möchte, und die App greift dann auf dieses Material zurück – ohne dass die Spieler wissen, ob oder in welchem Umfang es vorkommen wird. Das Spiel war zur Messe begrenzt erhältlich und sollte in den nächsten Wochen regulär im Handel aufschlagen.

Stilistisch passt die Zweite Edition gut zum Vorgänger.
Stilistisch passt die Zweite Edition gut zum Vorgänger.

Android Mainframe: Die Android-Welt dürfte einigen Spielern bereits aus dem Living Card Game Netrunner bekannt sein. Im neuen Strategiespiel übernehmen die zwei bis vier Spieler die Rollen von Runnern, die den Cyberspace infiltrieren. Mittels Programmkarten sollen dabei Zonen des Spielfelds abgesteckt werden, um Mehrheiten zu erlangen – es handelt sich jedoch, im Gegensatz zu Netrunner, um ein abstraktes Spiel.

Runewars – The Miniatures Game: Dieses Spiel steht erst für den Sommer nächsten Jahres auf dem Plan, konnte aber bereits an einem Demotisch und in der Vitrine angesehen werden. Die deutsche Version soll dabei möglichst zeitnah zur englischen Fassung erscheinen. Das Spiel selbst ist ein „echtes“ Tabletop und spielt in der Terrinoth-Welt. Die Spieler stellen sich ihre Armeen aus Truppen und Einzelmodellen zusammen und treten mit diesen gegeneinander an.

Durch „Command Dial“, mit denen Aktionen geplant werden, und diverse Aufrüstungen soll einige Abwechslung und Taktik entstehen, und nach dem Erfolg von X-Wing auch das klassische Fantasy-Segment beim Tabletop erobert werden. Die auf der Messe gemachten Bilder der Modelle wollen wir euch dabei natürlich nicht vorenthalten:

 

Produktbilder: Heidelberger Spieleverlag
Fotografien: Michael Fuchs

 

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