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Vor rund einem Jahr fand die „erste Comic Con in Deutschland“ statt, in Dortmund. In diesem Jahr kam noch ein Ableger in Berlin hinzu, und nächstes Jahr reiht sich dann auch noch Frankfurt ein. Eine weitere, von einem anderen Veranstalter, gibt es zudem in Stuttgart. Die ersten drei Städte werden von der Cool Conventions GmbH organisiert, und die bisherigen zwei Events liefen dabei leider nicht so glatt, wie man es sich von einem professionellen Veranstalter wünscht und erwartet.

Im letzten Jahr in Dortmund las sich das im Fazit von Teilzeitheld Holger so: “Die Westfalenhallen in Dortmund hatten den Ansturm der Besucher zu dieser Veranstaltung offenbar unterschätzt. Überall gab es viel zu lange Schlangen, bevor man überhaupt auf der Comic Con wirklich angekommen war. Aber auch im Inneren war nicht genug Platz für die Masse an Menschen, die sich durch die Gänge drängte. (…) Was allerdings ein wenig fehlte, war ein klarerer Bezug auf Comics. Kaum einer der Stände hatte Comics im Angebot, und viele der Stars waren zwar im fantastischen Genre unterwegs, aber hatten nichts mit Comicfiguren zu tun. Und so war es mehr eine Fantastik-, Geek- und Nerd-Con mit hohem Cosplay-Anteil als eine Comic Con.“ Spaß hatte er trotzdem, dank interessanter Panels, tollen Cosplays und den vielen netten Besuchern.

In Berlin dieses Jahr – gleicher Veranstalter – hatte Teilzeitheldin Christin ebenfalls Spaß, wenngleich es auch dort weniger Comics gab, als man denken könnte. Und: „Nachdem im letzten Jahr die German Comic Con in Dortmund den Startschuss lieferte, hätte man annehmen können, man würde aus dort gemachten Fehlern lernen. Oder muss ein Event in jeder Stadt für sich die gleichen Fehler machen und daraus für sich selbst erst wachsen? Ist man in jeder neuen Stadt überrascht, wenn mehr Leute kommen als erwartet?“

Nun also wieder Dortmund. In der zweiten Auflage sollte ja dann eigentlich alles einigermaßen gut laufen, so dass man nun das Event schafft, welches man schon letztes Jahr haben wollte. Mit mehr Fläche und einem zusätzlichen Tag sah es auf den ersten Blick diesmal auch echt gut aus. Und so sind wir, trotz einiger teils sehr kurzfristiger Absagen, zuversichtlich zu den Westfalenhallen gefahren.

An- und Abfahrt

Für mich ging es alle drei Tage mit dem öffentlichen Nahverkehr zur German Comic Con. Die Hinfahrten liefen dabei problemlos (die Deutsche Bahn hat es sogar geschafft, einmal den Zug zwei Minuten zu früh (!) einfahren zu lassen), was vielleicht auch der frühen Zeit geschuldet sein könnte, da ich mit Pressekarte bereits ab 9 Uhr in die Hallen durfte. Für die Autofahrer lief es dagegen vor allem am Samstag wesentlich schlechter. Dank einer weiteren Messe und einem Heimspiel des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund gab es nicht nur kilometerlangen Stau, sondern auch Abweisungen an den Parkplätzen, obwohl es dort offensichtlich noch freie Plätze gab. Letztlich hat beispielsweise Kollege Karsten dadurch zwei Stunden verloren – andere noch mehr, und einige Karteninhaber sind am Nachmittag entnervt wieder heimgefahren, ohne die Con auch nur betreten zu haben. Nun war die Konstellation mit dem Fußballspiel natürlich äußerst ungünstig, ohne dass die Con etwas dafür könnte – die Parkplatzzuweisungen (oder -abweisungen) liefen durch die Westfalenhallen. Aber dies können gerade auswärtige Gäste ohne Fußball-Leidenschaft nicht wissen, zumal es auf der Webseite der Veranstaltung ja heißt: „Die Westfalenhallen (…) verfügen über ausreichend Parkplätze.“ Services wie Weiterleitungen zu entfernteren Parkhäusern und den Einsatz von Shuttlebussen gab es leider nicht. Übrigens auch keine Vorab-Infos dazu, dass man sich durch das Spiel auf entsprechenden Andrang einstellen sollte.

Nun gibt es einige Leute, die darauf hinweisen, dass man sich selbst informieren könnte, und vor allem doch vielleicht besser mit dem öffentlichen Nahverkehr gefahren wäre – komplett oder von Parkhäusern in der Innenstadt aus. Um dann gegebenenfalls in völlig überlasteten und überfüllten Bahnen zu fahren – und das auch zurück? Das zeitliche Ende des Contages fiel nämlich auch hervorragend mit der Rückfahrt zehntausender Fußballfans zusammen: Der Contag endete um 18 Uhr, das nahegelegene Spiel gegen 17:20 Uhr. Als ich mich gegen 17:30 Uhr auf den Heimweg machte, waren bereits jede Menge Borussen unterwegs – die natürlich zu großen Teilen ebenfalls zum Hauptbahnhof in der Innenstadt wollten. Die Fans waren allesamt erstaunlich ruhig und friedfertig – aber das kennt man ja leider zu oft ganz anders. Aber selbst wenn man beispielsweise keine zerbrechlichen Kostümteile hat, und somit auch in die überfüllten Bahnen kann, habe ich Bauchschmerzen, wenn ich nur daran denke, wie Gruppen von betrunkenen und oft aggressiven Fußballfans auf auffällig bunt verkleidete Menschen treffen. Dass die Direktlinie U45 an dem Abend gestrichen wurde, so dass man noch umsteigen und zweimal kämpfen musste, um in eine Bahn zu kommen – man musste ja schon warten, um überhaupt auf das Gleis zu kommen – hat es auch nicht viel besser gemacht.

Letztlich hat der Veranstalter die Situation nicht verschuldet – hätte aber dafür sorgen können, Alternativen wie Shuttlebusse zu schaffen. Dass diejenigen, die durch das Chaos am Samstag nicht auf die Con konnten, mit ihrer Samstags-Karte sonntags rein durften (was bezüglich vorab gebuchter Autogramm- oder Fototickets nicht unbedingt half), war vielleicht gut gemeint, hätte aber besser nicht erst gegen 12 Uhr mittags am Sonntag auf Facebook verkündet werden sollen.

Hallen und generelles Angebot

Die Con belegte den Großteil der Messehallen, namentlich die Hallen 3 bis 7 (von 8). Zu finden gab es dabei einiges, weit über Comics hinaus. Die gab es zwar auch, allerdings konnte ich nicht viele Verlage entdecken (beispielsweise PaniniTokyopop oder Plem Plem Productions). Daneben gab es diverse Händler und viele (hauptsächlich deutsche) Independent-Zeichner, bei denen man sich Zeichnungen anfertigen lassen konnte. Und natürlich Merchandise: Klamotten, Actionfiguren, Dekokram und so weiter, wobei Comics hier dem Film-Merchandise mengenmäßig unterlegen waren. Insbesondere Star Wars-Sachen habe ich zuhauf gesehen.

Was gab es sonst? Diverse Stände mit Cosplay-Artikeln, eine Filmbörse, Dekoschwerter, einen Bring&Buy (organisiert von der Dokomi), einen sehr coolen Arcade-Bereich mit Retrospielen, Austellungsstücke: beinahe alles, was sich der Phantast wünschen kann, außer mehr Comics natürlich – und Spielen. Die Flagge des analogen Spiels wurde dieses Jahr einzig von Ultima Ratio hochgehalten.

Die einzigen Vertreter des analogen Spiels: Ultima Ratio. Foto: Michael Fuchs
Die einzigen Vertreter des analogen Spiels: Ultima Ratio. Foto: Michael Fuchs

Zudem durfte man einen Weihnachtsmarkt suchen. Hiermit war wohl der Innenhof gemeint, wo es ein paar einzelne Imbiss-Stände gab – ohne Weihnachten. Positiv war dagegen die Aufteilung der Hallen: breite Gänge, zuweilen leere Flächen. Trotz 45 000 Besuchern war es nie so eng und überfüllt wie beispielsweise auf der SPIEL. Stattdessen war es, außer am Samstagnachmittag, fast überall geräumig genug, dass man sich gut bewegen konnte, und auch herumstehende Grüppchen keinen Stau auslösten. Und auch ausschweifendere Kostüme machten so keine Probleme – sehr schön!

Auch Ausstellungsstücke wie KITT oder von Fans erstellte Fotohintergründe, wie zum Beispiel zu The Walking Dead oder Fallout, waren nicht so umringt, dass man sie nicht gut sehen oder für Bilder nutzen konnte.

 

Generell bestand das meiste Angebot jedoch aus Verkaufsständen. Für Sammler und Schnäppchenjäger dürfte sich der Besuch gelohnt haben – ich hätte mir daneben aber mehr Aussteller abseits dessen gewünscht. Und auch eine größere Garderobe: Diese nahm am Samstag ab Mittag nichts mehr an.

Galerie: Generelle Eindrücke

 

Stars und Programm

Als Con im amerikanischen Stil versuchte man wieder, vor allem durch Stargäste Publikum zu ziehen, allen voran mit Schauspielern wie David Hasselhoff oder Pamela Anderson. Wie üblich konnten Autogramme und Fotos mit den Stars erworben werden. Mit einer gewöhnlichen Eintrittskarte konnte man die Stars auch bei ihren Panels auf der Bühne sehen, wo sie interviewt wurden und im Anschluss für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung standen. Zumindest dann, wenn sie anwesend waren – denn es gab nicht wenige Absagen, die teils sehr kurzfristig waren und seitens der Convention nicht weiterverbreitet wurden. Auch auf den Programmplänen an den Wänden waren Ausfälle und Programmänderungen nur sporadisch zu finden. Auch das läuft bei anderen Veranstaltern deutlich besser und professioneller.

Insgesamt gab es drei Bühnen: Comic-, Cosplay- und Main Stage. Letztere war die größte und in einer eigenen Halle untergebracht – und dennoch deutlich kleiner, als man es beispielsweise von der FedCon kennt. Die vorderen Plätze waren hier den Inhabern von VIP-Platin-Tickets vorbehalten, der Rest musste hinter dem Gang Platz nehmen, was das Anfertigen guter Bilder teils doch spürbar erschwerte. Neben Schauspieler-Panels fanden hier auch die beiden Cosplay-Wettbewerbe statt.

Da mich persönlich die Schauspieler-Interviews nicht wirklich interessierten, und auch die Panels auf der Comic Stage mich nicht so ansprachen, habe ich am meisten Programm auf der Cosplay Stage gesehen. Trotz Programmänderungen und Ausfällen fand ich das Gebotene dort sehr gut. So gab es lustige Spiele mit dem Publikum, Szenetalks und mehrere sehr schöne Gesangsauftritte, bei denen mich vor allem die Harmoonics begeistert haben, die mir nach dem Konzert sogar noch netterweise ein Lied aufs Diktiergerät eingesungen haben.

 

Insgesamt hätte ein breiteres Programmangebot der Con gut getan. Insbesondere Workshops zu Themen wie beispielsweise Cosplay-Basteln oder Zeichnen wären schön gewesen. Dennoch gab es dank der drei Bühnen eine gute Programmauswahl, und wer wollte, konnte die ganzen Tage mit nichts anderen verbringen.

Galerie: Programm

 

Cosplay

Inzwischen fester Bestandteil jeder größeren Phantastik-Con: Cosplay. Neben diversen Anbietern von Perücken, Kleidung, Accessoires und Bastelmaterial fanden sich so auch unzählige Cosplayer aus allen Bereichen: Von Animes über US-Comics, Disney und Science-Fiction, bis hin zu Videospielen. In diesem Jahr gab es besonders viele Harley Quinns (warum nur?), aber auch Poison Ivys und Deadpools sind mir recht viele begegnet. Bei der Menge an Cosplayern, verteilt über die Hallen, ist es allerdings nur schwer möglich, hier eine verlässliche Aussage zu treffen. Insgesamt schien mir das Verhältnis von jenen aus der japanischen Populärkultur gegenüber dem Rest recht ausgeglichen zu sein – was man sonst meist anders kennt.

Galerie: Cosplay

 

Fazit

Licht und Schatten – mal wieder. Die zweite German Comic Con in Dortmund, dritte ihrer Art, bot viel Platz, gute Aufteilung der Säle, und viel zu sehen. Egal ob Programm oder Aussteller – es war viel, wenngleich echte Workshops oder das Phantastik-Spiel trotz günstiger Standpreise fast komplett fehlten. Auch waren Comics selbst im Vergleich zu Schauspiel und Merchandise unterrepräsentiert. Durch die katastrophalen Zustände am Samstag durch das benachbarte Fußballspiel wird die Con jedoch vielen vor allem so in Erinnerung bleiben: Schlecht organisiert. Auch wenn die Con für die Parkplatzsituation nicht direkt etwas kann, hätte hier etwas getan werden müssen – mindestens eine Info vorab. Ebenso bezüglich der Ausfälle und Programmänderungen – es fehlten die entsprechenden Informationen. Dazu kommen die vielen kleinen Probleme und Aufreger wie überbelichtete Bilder mit den Stars, eine viel zu kleine Garderobe oder ein FSK18-Bereich ohne Kontrollen.

Auch auf Seiten der Helfer brodelte es: Einige von ihnen fanden, dass es zu wenige Helfer gab, zudem wurden wohl jeden Tag neue Helfer angelernt, oder eingearbeitete Helfer in andere Bereiche verfrachtet. Teils führten die Probleme soweit, dass engagierte Helfer hingeschmissen haben und jede weitere Zusammenarbeit mit der German Comic Con verweigern. Man sollte meinen, dass beim dritten Event der Reihe so etwas besser laufen kann. Dass man lernfähig ist, zeigt ja die Verbesserung bezüglich des Platzes, was vorbildlich war – keine engen Gassen, gute Hallenaufteilung und ruhigere, freie Stellen. So bleibt festzuhalten: Es gab Verbesserungen, aber dennoch eine Menge an Baustellen, die einem professionellen Veranstalter nicht passieren dürften. Spaß hatte ich trotzdem – was jedoch auch daran lag, dass ich durch meine ÖPNV-Anreise und meine Interessen überwiegend von den Problemen nicht tangiert wurde.

Im nächsten Jahr wird es dann gleich vier deutsche Comic Cons des Veranstalters geben – angesichts der Probleme bei den bisherigen Cons vielleicht eine zweifelhafte Entscheidung. Es wäre wünschenswert, wenn die Orga zeigen würde, dass sie auch richtig gute Conventions auf die Beine bekommt und Service bieten kann, statt jedes Jahr mehr Events zu veranstalten. Das Potential wäre jedenfalls da – wenn man sich bemühen, ein gutes Team verlässlich aufstellen und die Besucher anständig informieren würde, und an den vielen anderen Ärgernissen arbeiten würde. Wenn man weiterhin so viele Besucher verärgert, dürfte irgendwann der Punkt erreicht sein, an dem man nicht mehr wächst, sondern schrumpft.

Schon dieses Jahr gab es dazu einen sehr häufigen Satz: „Die Comic Con Germany in Stuttgart schafft das doch auch alles professionell.“ Also bitte, Cool Conventions, wachst nicht um jeden Preis, sondern nehmt euch ein Vorbild an der Konkurrenz im Süden! Vielleicht lasst ihr euch für den Anfang eine Entschädigung für die gebeutelten und gestressten Fans einfallen, die es am Samstag nicht zu euch geschafft haben, oder die unscharfe Bilder bekommen haben – und wenn es nur eine Teilerstattung ist, oder eine Gratis-Karte für nächstes Jahr. Gebt ehrlich zu, dass einiges nicht gut lief, und geht auf die Leute zu – als ersten Schritt, um die Zuversicht eurer Kunden zurückzugewinnen. Und im nächsten Jahr schauen wir dann, ob es im dritten Dortmunder Anlauf klappt mit der Traum-Convention.

Fotografien: Karsten Zingsheim und Michael Fuchs

 

13 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel, mit einer leider etwas zu blauäugigen Forderung am Ende: Es glaubt doch nicht ernsthaft jemand, dass ein zuviel an zahlenden Kunden die Veranstalter dazu bewegen wird, irgendwas zu verändern, oder?
    Die werden schön weiter ihre Moneten scheffeln, die sie ja anscheinend vor allem damit verdienen quasi alles zusammenzusammenln, was irgendwie nerdig oder geekig ist und dann damit den Reibach zu machen. Der einzige Grund, warum so etwas funktioniert, ist dass Geeks und Nerds (in Ermangelung besserer Wörter) immer noch sehr wenige Veranstaltungen haben, auf denen sie auf sie zugeschnittenes Pogramm finden. Und das lockt natürlich die Geier an, die versuchen da maximalen Profit ohne irgendeinen Herzbluteinsatz ihrerseits rauszubekommen.

    Zum Glück ist das Larpbuisness dann doch verhältnismäßig teuer und verspricht keine großen Profite, ansonsten hätten wir nämlich bald die ersten Cons, die von Firmen und nicht von engagierten Orgas organisert werden.

  2. Tja. Setzt man tag oder zwei vorhin oder und einen tag nach der con. Realvirt sich das ganze anstadt sich verkehr zusturtzen ins hotel aus schlafen. Nach shoppen gehen. Und den zug. Wo lehr. Ist da wieder arbeiten oh wunder kein chaos auf den strasse

  3. Wir haben uns dieses Jahr die Dortmunder Con gespart. Dafür ist mir das Geld echt zu schade (ich sag nur: Comic-Con ohne Comics?). Letztes Jahr waren wir gegen 13 Uhr wieder vom Gelände und sind erstmal zu unserem Comicladen gefahren. Tickets für Stuttgart haben wir nach der Heimkehr auch direkt gekauft. Ich kann nur sagen: ja, die Anfahrt ist weit, aber die Messe dieses Jahr in Stuttgart war so viel besser als die Dortmunder, dass es sich lohnt, sogar für einen Tag.

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