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Die Cosplay-Szene wächst von Jahr zu Jahr und besteht heute alleine in Deutschland aus zehntausenden begeisterten und kreativen Fans, die selbst cosplayen. Und sicher hat jeder Congänger auch schon mehr oder weniger viel Cosplay gesehen – die oftmals bunten und zuweilen ausladenden Kostüme sind ja auch gar nicht zu übersehen. Und selbst in der „normalen“ Gesellschaft ist Cosplay längst nicht mehr unbekannt. Dank Cons und Fantreffen in fast jeder größeren Stadt sieht man teils gar nicht so selten Cosplayer, wie am Bahnhof auf dem Weg zum Event. Wenig verwunderlich, dass das Thema heutzutage auch abseits des klassischen Fandoms auf Interesse stößt und in Bereiche vordringt, die früher kaum denkbar gewesen wären.

Beispielsweise in das Düsseldorfer EKO-Haus, wo man sich sonst der traditionellen japanischen Kultur widmet. Dort fand vom 9. November bis 11. Dezember 2016 die Ausstellung „Cosplay – Ein erster Blick hinter die Kulissen“ statt, inklusive eines umfassenden Vortrags von Szene-Urgestein Fritjof Eckardt, auch bekannt als Puka. Trotz der eigentlich eher traditionellen Ausrichtung des EKO-Hauses passte die Ausstellung beziehungsweise das Thema dort hervorragend hin – schließlich wird Cosplay sehr stark mit der japanischen Populärkultur verbunden und ist in Japan sehr verbreitet und akzeptiert als fester Bestandteil dieser Kultur.

Eröffnung

Auch Cosplayer waren zur Eröffnung anwesend und posierten für viele Bilder.
Auch Cosplayer waren zur Eröffnung anwesend und posierten für viele Bilder.

Zur Eröffnung der Ausstellung am 9. November war der Ausstellungsraum schon vor Beginn des einleitenden Vortrags gut gefüllt mit Besuchern und Ehrengästen. Nach der offiziellen Eröffnungsansprache von Michael Kuhl folgten zwei Grußworte: Zunächst vom Direktor des EKO-Hauses, gefolgt vom japanischen Generalkonsul Ryuta Mizuuchi. Dieser hielt eine überaus ansprechende Rede, in der es neben einem Seitenhieb auf die empfundene Dominanz der Thematik beim Japantag auch um die Tradition des Verkleidens zu Karneval oder Halloween ging. Zuletzt durfte Aussteller Fritjof Eckardt auch eine Ansprache halten, in der er sich vor allem bei den vielen Helfern bedankte.

Hiernach ging es in den Saal, wo Fritjof einen Vortrag zum Thema Cosplay halten sollte. Doch zunächst folgte eine Gesangseinlage von Désirée Richter, die innerhalb der Szene einige Bekanntheit genießt. So war sie nicht nur 2010 als deutsche Vertreterin beim World Cosplay Summit, sondern ist auch bekannt als Teil der Showgruppe Yume und aktiv als Sängerin, wie etwa beim Projekt Sailor Moon German, und inzwischen sogar bei einem japanischen Label unter Vertrag.

Cosplayerin  Désirée Richter singt nicht nur gut, sondern inzwischen auch bei einem japanischen Label.
Cosplayerin Désirée Richter singt nicht nur gut, sondern inzwischen auch bei einem japanischen Label.

Eröffnung

Der längere Vortrag war dann überaus umfassend und informativ – wie man es bei einem Szene-Kenner und -macher wie Fritjof auch erwarten darf. Nach einer Begriffsdefinition ging es über die Frage, wieso man Cosplay macht, zur Szene in Deutschland und dessen Entwicklung. Hier wurden dann auch einige Zahlen und Statistiken präsentiert. So sind alleine beim größten Online-Portal ca. 16-17.000 Cosplayer registriert, und deren Gesamtzahl in Deutschland soll bei rund 50.000 liegen, 75 bis 80 % davon weiblich, wie Auswertungen der größten Convention, der Dokomi, zeigen. Abseits von Cosplays dagegen ist die Geschlechterverteilung auf der Con nah beieinander.

Weiter ging es mit der Thematik Wettbewerbe, wobei ein besonderer Fokus auf den World Cosplay Summit gelegt wurde, an dem mittlerweile 36 Länder beteiligt sind. Das Finale in Japan zieht dabei 30-40.000 Besucher an – entsprechend handelt es sich hier auch um einen ordentlichen wirtschaftlichen Faktor, und so stehen für die Teilnehmer beispielsweise auch Besuche bei Bürgermeistern und Ministern an.

Der Generalkonsul Ryuta Mizuuchi hielt eine überaus gelungene Rede.
Der Generalkonsul Ryuta Mizuuchi hielt eine überaus gelungene Rede.

Generell wurde das Thema „Politische und wirtschaftliche Bedeutung“ ebenso behandelt. In Japan ist es schon länger üblich, dass Politiker sich für Cosplay begeistern können und Firmen Sponsoring betreiben – in Deutschland kann man diese Entwicklung in den letzten Jahren auch langsam beobachten.

Nicht nur haben sich Firmen zur Thematik gegründet, sondern haben auch große schon Marken gemerkt, dass sich hier Geld verdienen lässt, und durch das Sponsoring von Wettbewerben mitunter Aufmerksamkeit in zuvor unerreichten Bevölkerungsschichten erzielt werden kann.

Auch die Politik ist hierzulande inzwischen offen für das Thema, immerhin kann damit gezeigt werden, dass „die Jugend unterstützt“ wird. Großveranstaltungen wie die Dokomi bringen zehntausende Fans und Cosplayer in die Stadt, kein Wunder also, dass seitens der Politik auch ein Interesse vorhanden ist, dies weiter zu fokussieren und zu unterstützen.

Die Anfangszeiten der Szene, als mediale Berichterstattung Fans verdammte und ihnen Persönlichkeitsstörungen, Arbeitslosigkeit, keine Freunde und das Leben in einer Traumwelt zuschrieb, sind zu großen Teilen vorbei. Heutzutage können einzelne Cosplayer von ihrem Hobby schon leben, wenn dies bisher aber weiterhin nur sehr wenige Ausnahmen sind. Viele Cosplayer verdienen sich jedoch mit Fotodrucken, Kostümanfertigungen etc. ein Zubrot.

Fritjof zu Beginn seines Vortrags – der im Gegensatz zum Eindruck des Bildes frei gehalten wurde.
Fritjof zu Beginn seines Vortrags – der im Gegensatz zum Eindruck des Bildes frei gehalten wurde.

Insgesamt war der Vortrag sehr interessant, auch wenn für viele der szeneversierten Besucher vieles nicht neu gewesen sein dürfte. Als Einführung in die Thematik war er jedoch hervorragend und durch Videoeinlagen und Bilder auch äußerst anschaulich. Dass Fritjof zu vielen Bildern auch Details erzählen konnte und den Vortrag mit Erfahrungen aus seinem eigenen Szeneleben anreicherte trug ebenso dazu bei.

Erwähnt wurde auch die Bedeutung des Internets für die Szene, wie auch Probleme, die sich insbesondere dort gebildet haben: Missgunst, Neid, Eifersucht und „Grabenkämpfe“ sind die Stichworte, die dazu fielen, was auch durch Wettbewerbe und der Herausbildung von „Stars“ verstärkt wird.

Ausstellung

Die Ausstellung selbst fand im noch jungen Ausstellungsraum statt, welcher zwar eine überschaubare Größe besitzt, aber dennoch Platz für Schautafeln mit vielen Informationen und einigen Kostümen bot. Dass der Eintritt jederzeit zu den normalen Öffnungszeiten kostenfrei möglich war, war  insgesamt eine wirklich schöne Sache.

Zu finden gab es neben Infos und Kostümen aber auch Vitrinen, in denen sich beispielsweise Modellfiguren, Contickets und -hefte, übliche Bastelwerkzeuge, Rohfassungen von Cosplay-Rüstungen oder Fotoprints bekannter Cosplayer fanden. So wurde das Thema abseits fertiger Kostüme sehr anschaulich präsentiert, was zusammen mit den aushängenden Informationen wirklich gut geeignet war, um das Thema der Ausstellung voll zu erfüllen.

Höhepunkte waren aber natürlich die Kostüme. Hier fand sich von fertig über Ebay gekauften Kostümen bis zu aufwändig in liebevoller Hand- und Kleinarbeit erstellten Stücken ein gutes Spektrum. Mit dabei waren auch Kostüme von einigen bekannten Cosplayern, so dass man die Möglichkeit hatte, die Arbeit echter Experten in Ruhe und im Detail bewundern zu können.

 

Fazit

Trotz überschaubarer Größe hat sich der Besuch gelohnt: viele umfassende Informationen, interessante Ausstellungsstücke – und das kostenlos. Das Ziel, einen Einblick in das Thema Cosplay zu geben, wurde hervorragend erfüllt. Insbesondere der Vortrag konnte zusätzlich punkten und dürfte dem einen oder anderen viel vermittelt haben. Da kann man nur auf eine Wiederholung hoffen, sowohl von Vortrag als auch der Ausstellung selbst.

Fotografien: Michael Fuchs

 

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