Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Blicken wir auf die Beteiligten von Smash Up, dann könnten wir fast schon übersehen, dass Smash Up in einem Sci-Fi Universum spielt. Sicher, es gibt Aliens und Roboter. Aber daneben tummeln sich auch Zombies, Magier, Piraten und noch mehr. Sie alle kämpfen um die Vorherrschaft in diesem Sci-Fi Universum, und die erreicht man durch das Erobern von Basen.

Eine Basis: Offenbar gehörte sie einst den Aliens
Eine Basis: Offenbar gehörte sie einst den Aliens

Spielablauf

Das funktioniert ganz einfach: Jede Fraktion besteht zur Hälfte aus Einheitenkarten und zur Hälfte aus Aktionskarten. In seinem Zug darf ein Spieler eine Einheit an eine der offen ausliegenden Basen legen und eine Aktion spielen. Die Basen haben einen Widerstandswert, den es mit der gemeinsamen Stärke aller angelegten Einheiten aller Spieler zu überwinden gilt. Je nachdem, wie viel Stärke ein Spieler zur Eroberung beigetragen hat, erhält er Siegpunkte – wir könnten jetzt also von Teamwork sprechen.

Zugegeben, das Spielfeld macht manchmal nicht so viel her
Zugegeben, das Spielfeld macht manchmal nicht so viel her

Aber das ist natürlich Quatsch! In Wirklichkeit versuchen alle, die Mitspieler möglichst von jeder Basis fern zu halten oder doch zumindest selber die Oberhand zu behalten. Die Wege, mit denen die Spieler das schaffen, sind so unterschiedlich wie die Fraktionen: Aliens beamen Einheiten einfach woanders hin, Zombies kehren aus dem Ablagestapel schneller zurück als sie hineinwandern, Magier zaubern sich die passende Karte aus ihrem Deck auf die Hand und Saurier verlassen sich auf ihre schiere Stärke (und natürlich auf ihre Laserwaffen).

Wer solche Raketen hat, braucht keinen Text!
Wer solche Raketen hat, braucht keinen Text!

Obwohl sich die Fraktionen selbst schon sehr unterschiedlich spielen und ganz verschiedene Taktiken erfordern, suchen die Spieler zu Beginn des Spiels zwei der verfügbaren Fraktionen aus und bilden aus ihnen ihr Kartendeck. Wenn die Magier dann plötzlich sich selbst vervielfältigende Roboter aus ihrem Deck zaubern oder die sonst eher schwerfälligen Saurier dank Ninjaskills im letzten Augenblick bei der Eroberung einer Basis aus dem Schatten springen und das Ruder zu ihren Gunsten rumreißen, dann haben wir das Spiel verstanden!

Was… macht der? Ninjataktiken sind nicht immer sofort nachvollziehbar!
Was… macht der? Ninjataktiken sind nicht immer sofort nachvollziehbar!

Smash Up ist in diesem Sinne ein typisches Living Card Game (LCG): Aus einer Anzahl von häufigeren und selteneren Karten, wobei letztere meist stärker sind, gilt es die besten Kombinationen herauszufinden und sich die Karten dann um die Ohren zu hauen. Das aufwändige Zusammenstellen persönlicher Decks vor dem Spiel wird auf die zweimalige Auswahl eines Fraktionssatzes reduziert. Daher nennt sich Smash Up selbst ein Deckmix-Spiel, was den Kern auch ganz gut trifft.

Dabei müssen wir uns im Klaren sein, dass sich einige Fraktionen besser kombinieren lassen als andere. Auch ist immer ein bisschen Glück mit dabei. Manchmal ziehen wir drei Mal hintereinander die falschen Karten, manchmal haben die Mitspieler die krasse Mega-Kombo auf der Hand. Zu guter Letzt braucht es eine Weile, die allein 40 Karten des eigenen Decks kennenzulernen (davon sind etwa 25 unterschiedlich) und dann auch noch den Überblick über die Karten der Mitspieler zu behalten. In den ersten Partien verbrauchen wir noch viel Spielzeit, um Texte zu lesen und die einfachsten Kombinationsmöglichkeiten auszuknobeln und irgendwer gewinnt natürlich am Ende, aber ob da das Können wirklich das Glück überwogen hat, lass ich mal offen.

Ja, das kann auch King Rex sein, wenn er im Ablagestapel liegt
Ja, das kann auch King Rex sein, wenn er im Ablagestapel liegt

Haben wir nach ein paar Partien die Karten verinnerlicht, dann macht das Spiel dafür umso mehr Spaß. Die Schlachten um die Basen werden zügiger und heftiger und statt mit Standard-Kombos überraschen wir unsere Gegner mit ausgefallenen Möglichkeiten, halten Karten bis zum besten Zeitpunkt zurück und werden selber kreidebleich, wenn wir eine fiese Falle nicht haben kommen sehen. Dann haben wir den Punkt erreicht, an dem Smash Up seine volle Tiefe und Dynamik entfaltet.

Inzwischen hat Smash Up es auf eine stattliche Liste an Erweiterungen gebracht. Jede Erweiterung bietet vier neue Fraktionen (und ist damit zu zweit für sich alleine spielbar) und die nächste Erweiterung steht auch schon in den Startlöchern. Die meisten bringen „einfach nur“ neue Fraktionen mit neuen Eigenheiten ins Spiel, einige variieren aber auch die Grundkonzepte des Spiels leicht; so bringt die Cthulhu-Erweiterung z.B. die geistige Stabilität als neues Spielelement in das Smash Up-Universum. Spieler mit vielen Erweiterungen sollten diese aber auch nicht einfach alle zusammen mischen. Wie es immer bei solcher Vielfalt ist, verschiebt sich zum einen das Balancing einzelner Fraktionen, zum anderen auch das Spielgefühl insgesamt. Anders ausgedrückt: Nicht jeder mag alle neuen Spielelemente und sinnvollerweise einigt man sich vor Spielbeginn, aus welchen Sets man wählen soll.

Diese Roboterfabrik arbeitet offensichtlich mit hochradioaktive Strahlen
Diese Roboterfabrik arbeitet offensichtlich mit hochradioaktive Strahlen

Ausstattung

Der ist so süüüüüüüß!
Der ist so süüüüüüüß!

Smash Up ist ein Kartenspiel das überwiegend aus – welch Wunder! – Karten besteht. Ausstattung ist hier also (neben der Einhaltung von Standards) vor allem eine Frage des Designs. Den Stil der Kartenbilder würde ich im Großen und Ganzen als „nahrealistischen Comic“ bezeichnen. Die Zeichnungen sind grundsätzlich klar dem Comic zuzuordnen, der Detailgrad hat dabei aber Gemäldecharakter und Überzeichnungen finden nur statt, soweit es das Thema erfordert. Dabei ziehen die Designer auch sehr gerne moderne Themen durch den Kakao. Dazu gehören nicht nur die schon oben erwähnten Saurier, die plötzlich mit ultramodernen Waffen ausgerüstet sind oder Aliens mit riesengroßen Runzelstirnen und irre blickenden Glubschaugen, sondern auch Karten wie „permission to kill“ (statt „licence to kill“) oder seit einiger Zeit sogar der YouTube-Star Grumpy Cat.

Im Deutschen geht mancher Wortwitz leider verloren. So klingt die „Erlaubnis zum Töten“ einfach nur wie eine schlechte Übersetzung und bisweilen wirken die Texte in dem Bemühen, Definitionsklarheit zu schaffen, etwas arg gestelzt. Apropos deutsche Übersetzung: In manchen Bewertungen liest man den Vorwurf, dass die deutschen Karten mit ihrem weißen Rand viel hässlicher sind als die amerikanischen Originale (die auf diesen Rahmen verzichten). Das scheinen aber länderspezifische Eigenheiten zu sein und trifft z.B. auch auf die Karten von King of Tokyo zu. Davon abgesehen ist das auch mehr eine Geschmacks- und Gewohnheitsfrage. Sieht man darüber hinweg, dann erhält man für jede Fraktion einen typischen und durchweg gelungenen Stil. 

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Paul Petersen
  • Erscheinungsjahr: 2012
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Schachtel, 15.6 cm × 12.4 cm × 2.2 cm
  • ISBN/EAN:
  • Preis: ca. 15 EUR, Erweiterungen ca. 10 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

Bonus/Downloadcontent

Smash Up ist seinen Wurzeln ziemlich treu geblieben. Die hat es zwar dank zahlreicher Erweiterungen inzwischen weit in alle Richtungen gestreckt, aber bisher sind mir keine weiteren Boni oder Online-Umsetzungen (in deutscher Sprache) bekannt.

Evtl. wird hier Bonuscontent hinter verschlossenen Türen gehalten
Evtl. wird hier Bonuscontent hinter verschlossenen Türen gehalten

Fazit

Smash Up ist ein klasse Deckmix-Spiel. Statt sein Deck von Null aufzubauen, wählen die Spieler einfach zwei vorgefertigte Decks (= Fraktionen) und mischen aus beiden ihr Spieldeck zusammen. Dabei geht während des Spiels vom Gefühl eines echten LCG kaum etwas verloren. Noch immer ist es entscheidend, Karten und ihre Einsatzmöglichkeiten über dem Offensichtlichen hinaus zu kennen und sie gut zu kombinieren.

Die Fraktionen sind witzig und stimmig, vermitteln ein einzigartiges Gefühl gegenüber den anderen Fraktionen und sind ordentlich ausbalanciert.

Wie bei jedem Spiel mit vielen Karten, entfaltet sich die ganze Spieltiefe erst, wenn die Spieler die Karten verinnerlicht haben; nicht nur die eigenen, sondern auch die der Mitspieler. Auch alle gerade im Spiel aktiven Karten im Kopf zu behalten, gelingt nicht unbedingt nach der ersten Partie. Dafür wird man über viele Partien mit neuen Aha-Erlebnissen belohnt, wenn sich nach und nach die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten erschließen.

Hat man die Hürde überwunden, dann spielt man ein tolles, flottes Spiel, das mit einfachen Grundregeln auskommt und dennoch komplex und vielschichtig ist. Darüber hinaus ist es witzig und auch zügig zu spielen. Es macht einfach Spaß, seine Karten rauszuhauen, dadurch einen Komboeffekt auszulösen, weitere Karten auszuspielen, die Spielsituation mal eben umzukrempeln und dann zu hoffen, dass die Mitspieler nicht ahnen, dass man all seine Munition in der Eroberung der letzten Basis verballert hat…

Artikelbild: Pegasus Spiele
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein