Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Die ersten Bilder, die man zur Verfilmung von Assassin’s Creed gesehen hat, versprachen viel: Gute Kostüme, eindrucksvolle Sets, und vor allem: Freerunning in Leinwandgröße. Doch reicht das aus, um einen guten, unterhaltsamen Film zu schaffen?

Story

Spanien, 1492, zur Zeit der Inquisition. Eine Gruppe Assassinen, darunter Aguilar de Nehra, versucht, den Edenapfel, ein Artefakt, vor dem Zugriff der Templer zu schützen.

Spanien, 2016. Mithilfe eines Gerätes namens „Animus“ können Erinnerungen aus der DNA eines Menschen genetisch gespeicherte Erinnerungen der Vorfahren ausgelesen und erlebbar gemacht werden. Dies bedarf allerdings der, nicht immer ganz freiwilligen, Kooperation des Trägers besagter DNA.

Zu diesem Zweck rettet eine Firma namens Abstergo den verurteilten Kriminellen Callum Lynch vor der Hinrichtung und zwingt ihn zur Teilnahme am Animus-Projekt, um an die Erinnerungen seines Vorfahren Aguilar de Nehra zu kommen.

Doch der Kampf der Assassinen gegen die Templer findet nicht nur in der Vergangenheit statt, und je weiter Lynch mit dem Animus in seine Erinnerungen vordringt, desto mehr wird er selbst auch in den Kampf hineingezogen.

Die Story ist gradlinig erzählt, Kenner der Spielserie oder der Bücher werden es allerdings trotzdem leichter haben, ihr zu folgen. Denn der Film erzählt in 116 Minuten die Story eines kompletten Spieles, von den Anfängen im Animus bis zur Auflösung der Geschichte. Dadurch musste die Story stark komprimiert werden, und das merkt man an einigen Stellen leider auch. Dies ist einer der wenigen Filme, wo die Verfilmung als Mehrteiler Sinn ergeben hätte.

Das Ende des Filmes ist halbwegs vorhersehbar, allerdings ist der Weg dahin nicht von vornherein klar.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der Film die Kenntnis der Grundstory von Assassin’s Creed voraussetzt. Die Geschichte um den Edenapfel zieht sich durch alle Teile der Spielserie, ebenfalls die Story um Abstergo und den Animus. Diese Elemente wirken, auf die kurze Zeit komprimiert, gegebenenfalls etwas an den Haaren herbeigezogen. In den Spielen nehmen sie mit inzwischen fünf Haupttiteln und diversen Zusatzerscheinungen einen erheblich größeren Raum ein.

Darsteller

Michael Fassbender (X-Men-Reihe, 300) spielt sowohl Callum Lynch in der Gegenwart, als auch seinen Vorfahren Aguilar de Nerha in der Vergangenheit, wobei ihm Callum Lynch mehr zu liegen scheint.

Die Rolle des Verbrechers, der sich des Öfteren fragt, in was für ein Schlamassel er da geraten ist, nimmt man ihm ab. Gelegentlich bricht er die vierte Wand, indem er genau da, wo dem Zuschauer Teile der Story seltsam vorkommen, ebenfalls den passenden Gesichtsausdruck liefert. In der Vergangenheit hat er zwar das imposantere Kostüm, aber die Persönlichkeit von Aquilar kommt leider eher flach und teilweise etwas unbeholfen daher.

Marion Cotillard (Inception, The Dark Knight Rises) spielt Dr. Sofia Rickin, die Erfinderin des Animus und Leiterin des Animus-Projektes. Sophia ist einer der Hauptcharaktere des Filmes, was man leider nicht von Anfang an an den Dialogen merkt. Hat man sich im Verlaufe des Filmes daran gewöhnt, dass die Wissenschaftlerin ihr ganzes Herzblut in das Animus-Projekt steckt und hier recht gefühlvoll reagiert, wundert man sich gegen Ende etwas über ihre plötzlichen neuen Charakterzüge.

Jeremy Irons (Königreich der Himmel, The Color Of Magic) spielt Alan Rikkin, Sophias Vater, ranghohes Mitglied des Templerordens und Leiter der Abstergo-Einrichtung. Er bietet einen Dialogpartner für Sophia, um Hintergründe zu erläutern und repräsentiert den Orden und dessen Ziele. In diesen Dialogen wird leider der Unterschied zu Cotillard umso deutlicher. Er spielt seine Rolle gut, aber routiniert und ohne große Überraschungen oder herausragende Momente, und bleibt so hinter seinem Potential zurück.

Ariane Labed spielt Maria, eine der Assassinen im alten Spanien. Man nimmt ihr die Assassinin ab, zumal sie, genau wie Fassbender, in der Lage ist, viele der Action-Sequenzen selbst zu spielen. Andererseits hilft sie, in Dialogen das Credo und die Denkweise der Assassinen zu transportieren, und so wird Maria zu einem der interessanteren Charaktere im Film.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGlmcmFtZSBjbGFzcz0ieW91dHViZS1wbGF5ZXIiIHdpZHRoPSI2OTYiIGhlaWdodD0iMzkyIiBzcmM9Imh0dHBzOi8vd3d3LnlvdXR1YmUtbm9jb29raWUuY29tL2VtYmVkL0pLd2xTZXBZX29JP3ZlcnNpb249MyYjMDM4O3JlbD0xJiMwMzg7c2hvd3NlYXJjaD0wJiMwMzg7c2hvd2luZm89MSYjMDM4O2l2X2xvYWRfcG9saWN5PTEmIzAzODtmcz0xJiMwMzg7aGw9ZGUtREUmIzAzODthdXRvaGlkZT0yJiMwMzg7d21vZGU9dHJhbnNwYXJlbnQiIGFsbG93ZnVsbHNjcmVlbj0idHJ1ZSIgc3R5bGU9ImJvcmRlcjowOyIgc2FuZGJveD0iYWxsb3ctc2NyaXB0cyBhbGxvdy1zYW1lLW9yaWdpbiBhbGxvdy1wb3B1cHMgYWxsb3ctcHJlc2VudGF0aW9uIGFsbG93LXBvcHVwcy10by1lc2NhcGUtc2FuZGJveCI+PC9pZnJhbWU+

Inszenierung

Der Film macht, gerade am Anfang, viele Zeitsprünge. Wenn man sich daran einmal gewöhnt hat, kann man der Story – trotz der enormen Dichte – leicht folgen. Gelegentlich lässt der Film den Zuschauer für wenige Minuten genauso ratlos zurück wie den Hauptcharakter, nur um das gerade gesehene kurz danach sowohl Callum, als auch dem Publikum, zu erklären. Schön ist eine Szene, in der Callum eine Erklärung genauso abwegig findet wie das Publikum, und auch genau im richtigen Moment das dazu passende Gesicht aufsetzt.

Die Produzenten und der Regisseur haben Wert darauf gelegt, möglichst viele Stunts real zu drehen und nicht als CGI zu realisieren. Das merkt man den Freerunning-Szenen und Kämpfen auch an, die weniger hölzern und echter wirken. Die Kämpfe sind zwar schnell geschnitten, aber bei weitem nicht so hektisch wie in modernen Actionfilmen üblich. Die Choreographien sind gut und glaubwürdig, wenn auch streckenweise etwas zu episch.

Es wurde von vornherein nicht versucht, den Film einem breiten Publikum einfach verständlich zu gestalten. Justin Kurzel hat den Film bewusst an die Kenner des Franchise gerichtet und viele Elemente eingebaut, die Fans der Serie erwarten. Ubisoft hat den Film von vornherein nicht als eigenständige Computerspiel-Verfilmung angesehen, sondern als eine Möglichkeit, das Franchise wiederzubeleben. Das Ergebnis ist ein Film, der zwar für Nicht-Spieler der Serie verständlich ist, sein wahres Potential allerdings nur für Fans der Reihe entfaltet.

Die Sets und die Ausstattung des Filmes sind erstklassig, sowohl in der modernen Welt, als auch vor allem im alten Spanien. Die Kostüme wirken generell funktional, die Bewegungen in ihnen sind glaubwürdig.

Fans können viele im Film versteckte Gimmicks und Anspielungen auf die Spiele entdecken, beispielsweise das Aussehen von Callums Zelle oder den am Rand stehenden alten Animus.

Der fulminante Soundtrack von Jed Kurzel bewegt sich erfrischend abseits von abgetretenen Pfaden und untermalt den Film gekonnt stimmungsvoll.

Erzählstil

Der Film ist bildgewaltig und rasant. Die fürs Assassin’s-Creed-Franchise typischen Freerunning-Szenen wechseln sich ab mit schnellen Kämpfen, erklärenden Dialogen und wunderschönen Landschaftsaufnahmen statt der üblichen Totale bei Ortswechseln.

Die Zeitwechsel in die Vergangenheit werden meistens aus der Sicht des kreisenden Adlers eingeleitet, so dass man als Zuschauer einen Augenblick hat, auch gedanklich wieder das Setting zu wechseln.

Mit Damian Walters, einem britischen Stuntman und Freerunning-Experten, wurde genau das richtige Stunt-Double für Michael Fassbender gefunden.

Die harten Fakten:

  • Regie: Justin Kurzel
  • Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Ariane Labed, Jeremy Irons
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PGlmcmFtZSBjbGFzcz0ieW91dHViZS1wbGF5ZXIiIHdpZHRoPSI2OTYiIGhlaWdodD0iMzkyIiBzcmM9Imh0dHBzOi8vd3d3LnlvdXR1YmUtbm9jb29raWUuY29tL2VtYmVkL0hBcmZEWVdkVEtFP3ZlcnNpb249MyYjMDM4O3JlbD0xJiMwMzg7c2hvd3NlYXJjaD0wJiMwMzg7c2hvd2luZm89MSYjMDM4O2l2X2xvYWRfcG9saWN5PTEmIzAzODtmcz0xJiMwMzg7aGw9ZGUtREUmIzAzODthdXRvaGlkZT0yJiMwMzg7d21vZGU9dHJhbnNwYXJlbnQiIGFsbG93ZnVsbHNjcmVlbj0idHJ1ZSIgc3R5bGU9ImJvcmRlcjowOyIgc2FuZGJveD0iYWxsb3ctc2NyaXB0cyBhbGxvdy1zYW1lLW9yaWdpbiBhbGxvdy1wb3B1cHMgYWxsb3ctcHJlc2VudGF0aW9uIGFsbG93LXBvcHVwcy10by1lc2NhcGUtc2FuZGJveCI+PC9pZnJhbWU+

Bonus/Downloadcontent

Neben dem bekannten Spiel-Franchise, in das sich der Film nahtlos eingliedert, existiert auch eine auf den bisher erschienenen Spielen basierende Buchreihe, in der die Handlung der Spiele in Romanform erzählt wird.

Beim Zauberfeder-Verlag ist ein Hintergrundbuch zum Film erschienen, das in einem gesonderten Artikel rezensiert wird.

Fazit

Assassin’s Creed ist ein Film für Fans der Spielserie. Die Meta-Story wird zwar grob angerissen, aber nicht tiefgründig genug erklärt, um Sinn zu ergeben – das ist in der Kürze eines Filmes wahrscheinlich auch nicht möglich. Wenn man aber schon grob weiß, in welche Richtung die Reise geht, kann man dem Film gut folgen.

Der Film nutzt die große Leinwand mehr als aus. Gerade in 3D machen sowohl die Verfolgungsjagden, als auch die Landschaften des mittelalterlichen Spaniens richtig Spaß. Das Ganze unterlegt mit dem grandiosen Soundtrack bietet ein lohnenswertes Kinoerlebnis.

 

 

Eine zweite Meinung

von Alina Beschnidt

Ich bin zwar kein richtiges Fan-Girl, das alle Details der Welt kennt, aber ein paar der Bücher habe ich gelesen und die Spiele zumindest mal angespielt. Und dieses Grundwissen braucht man tatsächlich, damit die Handlung des Filmes von Anfang an verfolgbar ist und mehr Sinn ergibt. Zugegebenermaßen haben mich die Bilder des Adlerfluges in 3D am Anfang direkt gepackt und dazu verleitet, in diese Geschichte abzutauchen.

Ein bisschen Liebe für die Grundstory der Serie an sich gehört auch dazu. Woran es dann allerdings gelegentlich hapert, ist ein Übermaß an Inhalt. Einige Seitenhandlungen werden nur kurz angerissen, die Sprünge im Leben des Aguilar de Nehra lassen viel Raum für Spekulationen. Diese hätten den Film definitiv gesprengt (und wie von Henning angedeutet, zwei oder drei Teile von Nöten gemacht), aber diese Erzählweise regt zum Mitdenken an.

Ein wirklich wichtiger Teil hingegen ist die Handlung rund um Abstergo und den Animus. Hätte sich die Geschichte, wie von manchem Kritiker gewünscht, nur um das Leben des spanischen Assassinen gedreht, wäre das kein Assassin’s-Creed-Film gewesen. Der Animus ist das große Ganze, was alle Teile des Franchises zusammenhält, Abstergo und die Templer der ewige Feind. Die Geschichte des Films handelt eben davon, wie der Orden in unserer heutigen Zeit an den Apfel von Eden kommen will, nicht wie Aguilar in seiner Zeit gelebt hat.

Alles in allem habe ich mich gerne von diesem Film mitreißen lassen. Er ist zwar keine Offenbarung, lohnt aber auf jeden Fall den Gang ins Kino!

Mit Tendenz nach Unten

Artikelbilder: 20th Century Fox

6 Kommentare

  1. Ich muss klar sagen, dass ich den Film nicht so gut fand wie ihr. Ich bin zwar AC Spieler der ersten Stunde und kann der Story daher gut folgen, aber nüchtern und nicht durch die Assassinenbrille betrachtet ist der Film erzählerischer Mist. Uneingeweihte werden allein gelassen und nicht in die Welt eingeführt. Fast nichts macht Sinn für jemanden der total unbeleckt vom Stoff ist. Hätte ich meine Frau mit im Kino gehabt, hätte ich ihr wahrscheinlich hinterher 10 Stunden lang erklären müssen worum es eigentlich ging. Ich stimme mit euch überein, das die Darsteller ihre Rollen gut ausgefüllt haben und war auch mit den Actionsequenzen mehr als zufrieden.
    Alles in Allem hat der Film aufgrund seiner starken Kompression höchstens einen Mittel-Daumen verdient. Hier wäre eine Fernsehserie weitaus besser gewesen um eine nachvollziehbare Geschichte zu erzählen.

  2. Der Film polarisiert in der Tat extrem. Ich kenne bislang nur zwei Meinungen: Der Film ist gut und mitreißend, oder der film ist abgrundtief schlecht. Ich habe noch niemanden erlebt, der den Film im Mittelmaß einordnen würde.

    Die Story ist halt, wie auch beschrieben, sehr stark komprimiert. Das ist in etwa, als hätte man versucht, Matrix 2 und 3 in einem Film zu erzählen. Man kann der Story folgen, aber sie hat kaum Zeit, um sich langsam zu entwickeln. Die Erzählgeschwindigkeit ist ähnlich wie bei den Tomb-Raider-Filmen, und sie ziehen es schon im ersten Film bis zum Finale durch. Ich glaube, hier hätte ein Mehrteiler mit langsamerem Story-Aufbau durchaus etwas mehr aus dem Material rauskitzeln können.

    Ich konnte dem Film folgen, und deshalb habe ich ihn auch so rezensiert — aber ich habe auch auf die Reaktionen der anderen Besucher beim Verlassen des Kinos geachtet — zumindest in unserer Vorstellung ist der Film durchweg gut angekommen.

    Allerdings muss man sich halt auch darauf einlassen (können).

    • Ich war halt mit meiner Tochter drin, welche die Spiele einigermaßen kennt, und einer Freundin von ihr. Diese hat sich die Woche davor mit Let’s Plays einen Überblick verschafft (hat keine eigene Konsole), und die schaute schon ein wenig ratlos. Als ich dann nach Hause kam, saß eine Freundin auf meinem Sofa und fragte nach dem Film, da sie mit ihrem Sohn reingehen wollte. Da ist mir dann erst so richtig aufgefallen, das weder sie noch ihr Sohn den Film und die Story richtig verstehen werden, da sie beide keine AC Spieler sind… Und das finde ich recht schade, denn ich liebe die Welt und die Ideen die dahinter stehen. Vielleicht kommt da ein bisschen der prä-astronautische Verschwörungstheoretiker in mir raus :D

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein