Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Das A und O eines jeden Rollenspiels sind nicht die Regeln, es sind die Geschichten, die man in dessen Welt erleben kann. Seit Jahrzehnten sind es gerade die Abenteuer von Das Schwarze Auge, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Hier sind drei neue Abenteuer in einem Band, mit unterschiedlichsten Themen: Drachen, Liebe und ein Räubererbe.

Ganz am Anfang meiner Rollenspielerlaufbahn war es in allen meinen Runden üblich, gekaufte Abenteuer zu spielen. Dabei war es egal, ob es ein Einzelabenteuer oder Teil einer Kampagne war, wir konnten, und wollten uns auch darauf verlassen, dass diese Abenteuer gut und für uns und unsere Helden herausfordernd waren. Tatsächlich hat das meistens auch geklappt, mittlerweile bin ich allerdings ein großer Fan selbst kreierter Abenteuer und viel kritischer als noch früher. Gerade deshalb war ich froh, endlich mal wieder ein Abenteuer für Das Schwarze Auge rezensieren zu dürfen, welches nicht an einen Regionalband gebunden ist. Die Rede ist von der Abenteueranthologie Drachenwerk & Räuberpack für die 5. Edition des Rollenspiels, in die wir uns nun hineinstürzen.

Inhalt

Die Anthologie Drachenwerk & Räuberpack enthält insgesamt drei Abenteuer. Diese sind geeignet für 3-5 Helden, deren Fähigkeitswerte zwischen unerfahren und kompetent liegen können. Sonstige Anforderungen sind einigermaßen hohe Gesellschafts- und Naturtalente.

Die Abenteuer selbst sind sehr unterschiedlich, sowohl vom Inhalt her, als auch vom Arbeitsaufwand für den Spielleiter und leider auch vom Spielspaß, wobei es bei letzterem natürlich auch auf die Spieler ankommt.

Bevor jedoch das erste Abenteuer beginnt, erhalten Spieler und Spielleiter einige Karten dafür und der Spielleiter direkt im Anschluss ein paar Informationen zum allgemeinen Aufbau der Abenteuer, zur Verwendung und Weitergabe der Informationen und zum Abschluss eine etwas detailliertere Zusammenfassung der einzelnen Abenteuer.

Legen wir mit einem spoilerfreien Ausblick los, bevor die einzelnen Abenteuer detailliert mit Spoilern betrachtet werden.

In Späte Post, dem ersten Abenteuer, gehen die Helden auf Schatzjagd. Nach einem vorherigen Erfolg erreichen sie ein Dorf am Rand der Koschberge und müssen erleben, wie die Vergangenheit seiner Familie einen unbescholtenen Bürger einholt und beinahe dessen Existenz bedroht. Natürlich sind die Helden zur Stelle und helfen, wo sie nur können, und vielleicht gelingt es ihnen ja dann wirklich, den oben erwähnten Schatz zu finden.

Ein gelungenes Abenteuer mit vielen Wahlmöglichkeiten für die Spieler und einem offenen Ende. Insbesondere der Einstieg und die vielschichtigen Antagonisten und Protagonisten haben mich überzeugen können. Mit insgesamt 35 Seiten ist das Abenteuer durchaus lang und vielleicht deswegen auch so gut.

Hochzeit wider Willen führt die Helden nach Aranien. Sie werden als Begleitschutz/Babysitter eines jungen Mannes angeheuert, der auf seine Hochzeit so gar keine Lust hat, und müssen diesen von Zorgan nach Elburum bringen. Es ist klar, dass nicht nur der Weg und dessen Gefahren Schwierigkeiten machen werden, sondern auch der zukünftige Bräutigam.

Das Schwächste der drei Abenteuer. Es gibt wenige Wahlmöglichkeiten, außer am Ende, und irgendwie wirkt alles sehr konstruiert. Die Antagonisten und Protagonisten handeln zwar passend, aber viel zu vorhersehbar und auch die Grundidee des Abenteuers ist langweilig und mit 20 Seiten viel zu lang gestreckt worden. Lohnt sich vielleicht als Zwischenspiel, wenn man die Helden unbedingt mit Abenteuer nach Elburum bringen will.

Längste als auch das Beste der drei Abenteuer. Von einer Hesindegeweihten werden die Helden gebeten, ein Tuch mit historischen Darstellungen aus einem Drachenhort zu besorgen. Selbstverständlich erhalten die Helden etwas, das sie dem Drachen als Tauschobjekt anbieten können. Doch die Verhandlungen liegen noch in weiter Ferne, denn zwischen den Helden und dem Hort liegt das Khoram-Gebirge mit seinen Bergbarbaren und den Novadis.

Mir gefällt das Abenteuer so gut, weil es neben dem eigentlichen Hauptauftrag, der schon alleine sehr interessant und gut aufgebaut ist, auch noch passende Nebenschauplätze bietet, die es in sich haben. Ich hätte mir noch mehr Informationen zum Tuch gewünscht, aber da wird sicher was kommen, vielleicht sogar ein eigenständiges Abenteuer.

Zum Abschluss erhalten wir dann noch einen Anhang mit tulamidischen Namen, Informationen zur Aussprache des Tulamidya und ein Wörterbuch dieser Sprache, sowie Karten und Marker für das erste Abenteuer.

Nach diesem kurzen Überblick folgt nun die detailliertere Betrachtung der Abenteuer mit jeder Menge Spoilern, also nur für Spielleiteraugen bestimmt.

Spoiler

Späte Post spielt, wie oben bereits beschrieben, am Rande der Koschberge. Die Helden werden, nachdem sie den Großbauern Bosper Glimmerdieck, nebenbei auch noch Dorfvorsteher des Örtchens Moorsend, vor einer Entführung gerettet haben, von eben diesem zu sich nach Hause eingeladen. Zuerst einmal will er sich bedanken, zum anderen sollen die Helden seine Ehrengäste beim Ährendank sein. Die Helden nehmen diese Einladung natürlich an und verleben ein paar tolle Tage in Moorsend. Sie lernen einige Bewohner des Örtchens kennen, besuchen die einzige Taverne im Ort, einem von ihnen wird die Ehre zuteil, den Bullen zum Ährendank zu reiten, und sie erfahren nebenbei etwas über eine Räuberbande, die hier vor einhundert Jahren ihr Unwesen getrieben hat.

Mit etwas Glück können die Helden dann ein Gespräch zwischen einer Elfe, die einen mittlerweile verstorbenen Menschen sucht, und dem Nachfahren dieses Menschen belauschen. In dem Gespräch erfahren die Helden und Alrik Witniken, der Nachfahre, dass sein Ahn der Räuberhauptmann jener oben erwähnten Räuberbande war und dass die Elfe eine Botschaft inklusive Schatzkarte für ihn hat.

Das Auftauchen der Elfe und ihr Interesse an Alrik sind mehr als auffällig. Deshalb haben auch die Nachfahren der anderen Mitglieder der Räuberbande großes Interesse an der Geschichte der Elfe und an Alrik. Am nächsten Tag, dem Tag des Ährendank, beginnt das Fest mit dem Bullenreiten. Je nach Erfolg des Helden steigt oder fällt dabei dessen Ansehen im Dorf. Dem anschließenden Fest schadet dies aber nicht. Dafür sorgt der Streit zwischen Alrik und dem Wirt Jasper, der ein großes Interesse an dem Schatz hat. Alrik möchte die Karte nämlich nicht rausrücken. Um sein Ziel zu erreichen, legt der Wirt ein Feuer, um die Dorfbewohner von Alriks Laden abzulenken und in diesen einbrechen zu können. Letzteres können die Helden nicht verhindern, beim Feuer löschen können sie aber natürlich ihr Bestes geben und die Ernte retten.

Im Anschluss an das Feuerlöschen passieren mehrere Dinge, bevor die Helden die Chance haben, die Brandursache herauszufinden. Bospers Sohn ist verschwunden und Alrik wurde bestohlen. Letzteres führt dazu, dass er den Helden reinen Wein einschenkt, ersteres ist ein weiteres Problem, dessen sie sich annehmen müssen. Zum Glück hatte Bospers Sohn beinahe das gleiche Ziel wie die Helden, denn er folgte den Dieben. Zwar wurde er nicht in die Räuberhöhle mit dem Schatz gebracht, aber auch das Lager, in dem Bospers Sohn gefangen gehalten wird, ist ein lohnendes Ziel. Nachdem man Bospers Sohn befreit hat, kann man viel unbesorgter endlich die Räuberhöhle in Angriff nehmen.

Trotz einiger Gefahren und Fallen wird es für die Helden ein Leichtes sein, die drei Gauner, die Alrik bestohlen haben, zu stellen und schlussendlich den Schatz finden.

Zurück im Dorf können die Helden dann selbst entscheiden, was sie vom Schatz erzählen und wie sie mit diesem verfahren. Bosper wird für die Rettung seines Sohnes auf jeden Fall ein Fest veranstalten und die Helden ehren.

Hochzeit wider Willen ist nur einen Hauch komplizierter als oben erwähnt. Der zukünftige Bräutigam Muhalla aus Zorgan und die Braut Radajana aus Elburum sollen verheiratet werden, beide haben jedoch keinerlei Interesse an einer Hochzeit. Muhalla will seine Freiheit behalten, Radajana nur ihre große Liebe, den Gaukler Sheikan, an ihrer Seite haben.

Während Muhalla alles daran setzt, seinen Bewachern zu entkommen, ist Sheikan bereit, noch weiter zu gehen: Er heuert Söldner an, die die Reisegruppe angreifen und Muhalla entführen sollen. Was Sheikan nicht bedenkt, ist, dass einige der Söldner blutrünstig sind und noch eine Rechnung mit den Helden offen haben könnten. Das geht zurück auf ein Glücksspiel, welches einen der Söldner als schlechten Verlierer zurückgelassen hat.

Gelingt die Entführung, müssen die Helden Muhalla befreien. Dieser hat dazu aber keine Lust und er wird seine Entführer warnen, sobald sich Befreier nähern. Misslingt die Entführung, plant Sheikan eine zweite und wird dabei von den Helden erwischt. Diese müssen dann entscheiden, ob sie ihren Auftrag erfüllen, die Liebe siegen oder sich etwas ganz anderen einfallen lassen.

Ishlunars Schätze basiert auf einem Element aus Bastrabus Bann, also der Borbarad-Kampagne. In diesem Abenteuer besuchten die Gezeichneten Ishlunars Hort und sahen ein maraskanisches Tuch. Davon berichteten sie der Erzäbtissin Kerime al’Kadim des Draconiterordens. Das Tuch ist aber nicht nur ein Tuch mit geschichtlichen Informationen, es handelt sich vielmehr um eine Karte, die den Weg zu einem uralten Chimärenwesen weist. Die Helden folgen einer Einladung der Erzäbtissin und erhalten von ihr den Auftrag, diese Karte zu besorgen.

Ihre Reise führt sie dabei ins Khoram-Gebirge, wo sie nicht nur die Fauna überleben müssen, sondern auch noch dem Respekt von Ferkinas gewinnen und eine Novadi befreien müssen, um schließlich den Hort Ishlunars zu erreichen. Das klingt einfach, aber viel zu schnell kann aus der Suche nach Respekt ein tödlicher Kampf werden und auch die Befreiung der Novadi ist alles andere als simpel.

Die Unterredung mit der Höhlendrachin ist dann um einiges einfacher, denn das Tuch ist ihr nicht so wichtig, dafür aber eine Kiste mit Alchimika. Diese Kiste müssen die Helden ihr aus einer Karawanserei in Ivrinno besorgen.  Wie ihnen das gelingt, bleibt tatsächlich ihnen überlassen. Kaufen, Stehlen und andere Möglichkeiten sind gegeben. Schwieriger wird der Transport der Kiste ins Gebirge. Alchimika sind alles andere als einfach zu transportieren und feindlich gesinnte Ferkinas erleichtern die Sache nicht wirklich.

Bleibt alles heil, erhalten die Helden das Tuch und die Erzäbtissin ist mehr als dankbar. Das Geheimnis des Tuchs wird nicht enthüllt, aber ein weiterführendes Abenteuer ist natürlich möglich – wobei die Suche nach dem Chimärenwesen sicherlich Helden mit viel Erfahrung als Voraussetzung verlangt.

[Einklappen]

Erscheinungsbild

Optisch macht das PDF einen wirklich tollen Eindruck, das Deckblatt und die Bilder im Buch sind stimmig und die Karten, die mal vorne und hinten und mal mitten im Abenteuer zu finden sind, helfen dem Spielleiter sehr. Die Vorlesetexte sind ebenfalls stimmig, wobei ich davon insgesamt kein großer Fan bin, es kommen sowieso immer Nachfragen. Die Kästen mit den Daten und Werten der Protagonisten und Antagonisten passen auch und die Tipps, wie man diese anpassen kann, runden alle drei Abenteuer ab.

Was mir bei allen Abenteuern gefallen hat, waren die Informationen zur Gegend, in der das jeweilige Abenteuer spielt. Nicht zu viel, aber genau richtig, damit ein Spielleiter ohne viel Nachlesen ein Abenteuer dort leiten kann.

Layout und die Vollfarbigkeit der Anthologie überzeugen auch, nur das Korrektorat hat ausgerechnet in dem von mir am schwächsten eingeschätzte Abenteuer auch noch geschludert. Da steht in der Box zu Elburum doch tatsächlich etwas zu Zorgan und nicht zu Elburum. Kann passieren, sollte aber nicht. Da dies aber nur einmal vorkam und das Korrektorat ansonsten gute Arbeit geleistet hat, bin ich mit dem Erscheinungsbild insgesamt sehr zufrieden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ulisses Spiele
  • Autor(en): Daniel Simon Richter, Tim Niclas Scheffler und Alex Spohr
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover/PDF
  • Seitenanzahl: 102
  • ISBN: 9783957521194
  • Preis: 24,99 EUR/12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Ulisses eBooks, Sphärenmeisters Spiele

 

Fazit

Drachenwerk & Räuberpack für Das Schwarze Auge ist eine Abenteueranthologie mit zwei sehr guten und einem schwachen Abenteuer. Die Helden erleben darin in drei völlig unterschiedlichen Regionen völlig unterschiedliche Abenteuer. Das erste Abenteuer überzeugt durch einen gelungenen Hintergrund und tolle Antagonisten und Protagonisten. Das zweite Abenteuer ist schwächer, Babysitting mit lahmer Story und dazu kommt noch der Fehlerteufel. Das dritte Abenteuer ist der  krönende Abschluss. Es gibt viel zu erleben und ein offenes Ende, welches Lust auf mehr macht. Besonders überzeugend sind die Bilder, das Layout und die Informationen zu den jeweiligen Gegenden der Abenteuer.

Hier werden viele DSA-Fans zufriedengestellt sein, wobei ich den Preis für das Hardcover und auch das PDF für zwei gute und ein schlechtes Abenteuer etwas zu hoch empfinde. Das Hardcover für 20 EUR und das PDF für 10 EUR wären passender.

Artikelbilder: Ulisses Spiele
Dieses Produkt wurde kostenlos als PDF zur Verfügung gestellt

 

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein