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Zum sechsten Mal schlüpft Milla Jovovich in die Haut des Konzernalbtraums Alice. Nach einem desaströsen letzten Gefecht versucht die aufmüpfige Zombiejägerin einen direkten Angriff auf Umbrella, um dem Bösen ein Ende zu setzen. Bekommt die Reihe nun endlich einen vernünftigen Abschluss, oder presst man weiter jeden Cent aus dem Franchise?

Spieleverfilmungen waren lange ein Garant für enttäuschte Fans und lange Gesichter. Insbesondere wenn Uwe Boll die Finger nicht davon lassen konnte. Alone in the Dark verfolgt einige wohl noch heute in ihren Träumen, aber auch die Kino-Generation der 90er hat Wing Commander vermutlich noch nicht verkraftet.

Die Reihe an verhunzten Filmadaptionen von Spielen könnte man noch eine Weile fortsetzen, und als ob man beweisen wolle, dass es auch anders geht, gut geht, kommt in regelmäßiger Beständigkeit eine neues Spiel vom kleinen Schirm auf die große Leinwand. Erfreulicherweise wandelt sich die Qualität inzwischen, und einige Adaptionen sind durchaus sehenswert, so in jüngster Zeit zum Beispiel WarCraft. Kein Highlight, aber grundsolide Fantasyaction.

Den Auftakt zu durchaus sehenswerten „Spielfilmen“ machte aber 2002 Resident Evil. Zwar fragte sich schon damals der geneigte Kenner der Spiele, warum nicht die Originalhandlung verfilmt wurde, sondern eine Story aus Sicht des Gen-Experimentes Alice, aber sei es drum. Der Film war spannend, bot soliden Horror und Action, und eine akzeptable Story. Vor allem war es einfach kein Desaster als Verfilmung eines Computerspiels.

Auch der zweite Teil mochte durchaus noch gefallen, und hätte man das Ende des dritten Teiles anders gewählt, wäre die Reihe zu einem fulminanten Abschluss gekommen. Alice hätte mit ihrer Klon-Armee Umbrella besiegt, das Gegenmittel hätte sie und ihre Klone getötet, und wir hätten uns über eine tolle Trilogie gefreut. Doch wie so oft kam es anders, und der Zuschauer hangelte sich von Cliffhanger zu Cliffhanger. Aus dem grundsoliden Horror-Action-Spektakel wurde eine konfuse Storyline mit viel Gemetzel und immer weniger Handlung.

Dann wurde The Final Chapter angekündigt, und man schien dem Ende entgegenzusehen. Endlich, mag der Eine oder Andere denken. Doch weit gefehlt, Drehbuchautor und Regisseur Paul Anderson hat bewusst offen gelassen, wie viele Seiten sein letztes Kapitel haben würde. Leider.

Story – Haben Sie eigentlich die Filme davor gesehen, Mr. Anderson?

Paul Anderson ist ja nicht unbedingt für innovative und überraschende Plotlines bekannt. Wirklich bemerkenswert war wohl nur seine Inszenierung von Event Horizon. Da war er aber auch nicht für das Drehbuch verantwortlich.

Diese Einschätzung bestätigt er mit The Final Chapter einmal mehr. Ideenlos wäre wohl noch eine Untertreibung. Die Rate an recycelten Szenen, Handlungen und Plotlines würde ihm wohl ein Ökozertifikat einbringen. Das liegt aber nicht daran, dass es Alice wieder nach Raccoon City führt. Es beginnt schon mit dem Auftakt des Films, und zieht sich durch diverse Szenen.

Dies wäre noch als Faulheit zu verzeihen, wenn der Rest der Story überzeugen würde. Doch selbst das, was nicht wieder aufgewärmt wurde, ist eine Ansammlung von Lieblosigkeiten. Ja, manchmal hat man gar das Gefühl, Anderson hätte in den vier Jahren zwischen Teil 5 und Teil 6 seine Storyline vergessen. Vielleicht hat er auch nur seinen Metaplot verlegt, und in der Hoffnung, dass die Zuschauer ähnlich vergesslich sind wie er, diesen kurzerhand ganz neu geschrieben. Man erwartet bei solchen Filmen jetzt keine aristotelische Logik, aber so ein bisschen wäre ja schon schön. Von Logik in irgendeiner Form wird man hier jedoch verschont. Das beginnt bei der Meta-Geschichte, die nun eigentlich ganz anders ist, und zieht sich durch die Geschichte des Films, bis hin zu einzelnen Szenen. Hätte er doch wenigstens seine Drehbücher nochmal gelesen, oder sich durch seine eigenen Filme gequält.

Zumindest wird als Trostpflaster endlich mal der ganze Plan von Umbrella aufgedeckt. Der ist nur vollkommen anders, als bisher angedeutet, und an manchen Stellen wirklich schlecht durchdacht. Entweder hatte die Konzernspitze sich vor dem Plan über den ganzen Konferenztisch eine Koksline gezogen, oder sie waren früher Gäste im Arkham Asylum.

Darsteller – Schauspielen wird überbewertet.

Milla Jovovic gibt nun zum sechsten Mal Alice, und man merkt ihr langsam an, dass die Rolle ausgelutscht ist. Das Einzige, was sich noch verändert, ist, dass sie von Film zu Film mehr Kleidung trägt. Eigentlich untypisch, aber mehr Haut würde den Film nicht retten. Wenigstens bleibt ihre Motivation bis zum Ende verständlich. Am Ende gönnt man der Rolle endlich mal ein bisschen Menschlichkeit.

Neben Jovovic durften noch Ali Larter als Claire Redfield, Ruby Rose als Abigail, Eoin Macken als Doc und Shawn Roberts als Albert Wesker (ja, schon wieder …) versuchen, ein bisschen die Story voranzutreiben. Dabei bleibt einem keine der Rollen in Erinnerung, und manchmal sind ihre Handlungen nur schwer zu verstehen.

Als Hoffnungsfunken bleibt nur Game of Thrones-Star Iain Glen. Seine Darstellung des genialen und vollkommen wahnsinnigen Dr. Alexander Isaacs enttäuscht dann auch nicht. Isaacs wird plötzlich zum Archetypes eines Bösewichtes, und zum einzigen Darsteller, von dem man sich mehr Screentime im Film wünscht. Seine Entscheidungen sind dabei, teilweise als einzige, nachvollziehbar. Einen Knick erhält er lediglich dadurch, dass sein großer Plan wirklich sehr dämlich ist. Das mag nicht zu dem Genie passen, welches man ihm sonst abkauft. Glen bekommt auch die im Grunde besten Szenen im ganzen Film. Bereits zu Beginn darf er mit seinem Wahnsinn den Zuschauer zum ungläubigen Kopfschütteln verleiten, und im späteren Verlauf sorgt er im Hive für eine Szene, die zum Schmunzeln verführt. Leider kann auch er die vollkommen verhunzte Storyline nicht retten.

Inszenierung – Wer Trailer mag, wird den Film lieben.

Auch in der Inszenierung setzt Paul Anderson auf Recycling. Ein Satz im Trailer beschreibt es ganz gut: „Rennen und Monster töten“. Und das, wie schon in allen anderen Filmen, nur mit einer noch unsinnigeren Geschichte. Wie uninspiriert Anderson für diesen Film war, kann man in der Inszenierung erneut deutlich sehen. Der Gipfel ist jedoch sein offensichtlicher Ideenklau bei Blizzard. Für einen Moment könnte man freudig denken, man findet sich in StarCraft wieder. Leider rauscht dann wieder Alice durch das Bild.

Apropos rauschen, Doobie White muss beim Schneiden des Films wohl gedacht haben, er schneidet nur einen sehr langen Trailer. Anders kann man die hektischen Schnitte und Bildführung nicht erklären. So wirkt der Film manchmal wie ein einziger langer Trailer von sich selbst.

Der Film ist in 3D, was aber, wie in so manchen Filmen, nicht nötig gewesen wäre. Hätte man das Budget stattdessen in frische Ideen und einen vernünftigen Drehbuchautor gesteckt, wäre man wohl besser bedient gewesen.

Erzählstil

Im Stil schwankt der Film zwischen Flashbacks und der tatsächlichen Zeit hin und her, und versucht, die konfuse Geschichte zu erklären. Das gelingt mehr oder minder gut, zumindest hat man den Eindruck, zu verstehen, was der große Plan war, und warum was wie ist. Zumindest bis Anderson das nächste Mal seine Metastory vergisst.

Die harten Fakten:

  • Regie: Paul W. S. Anderson
  • Darsteller: Milla Jovovic, Iain Glen, Shawn Roberts, Ali Carter, Ruby Rose, Eoin Macken
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 3D

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Fazit

Bereits im Film möchte man lauthals rufen: „Bitte, lass es wirklich The Final Chapter sein. Bitte, bitte, bitte!“ Die Ideen- und Lieblosigkeit des Filmes überschattet jeden Ansatz von netten Gedankenspielen zur Storyline. Die Logikfehler bewegen sich in einer Dimension, dass man sich fragt, wie es den Beteiligten gelungen ist, im weltgrößten Konzern bis in den Vorstand aufzurücken.

Mit seinem Hang, sich bei alten Teilen der Serie zu bedienen, ist der Film aber auch eine Anspielung auf sich selbst. Wie ein Untoter kommt der sechste Teil daher, zusammengeflickt aus verschiedenen Leichenteilen, die besser hätten begraben bleiben sollen.

Man hätte es bei drei Teilen belassen sollen, dann wäre es wohl eine grundsolide Filmreihe geworden, die man gerne auch im Regal stehen gehabt hätte. Aber stattdessen macht man den gleichen Fehler wie Umbrella, man hört nicht auf und belebt die Toten wieder und wieder und wieder. Auch das Ende des letzten Kapitels deutet auf eine erneute Wiederbelebung hin. Vermutlich in der Hoffnung, etwas Großes zu schaffen, besiegelt man aber damit letztendlich nur seinen eignen Untergang.

 

Artikelbilder: Constantin Film International GmbH/Capcom Company

 

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