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Neun junge, doch erfahrene Skiwanderer kommen unter mysteriösen Umständen in der russischen Wildnis ums Leben. Schon in der Realität ranken sich viele Theorien um dieses tragische Unglück im Frühjahr des Jahres 1959. Projekt H.E.L.D. versucht Spielleitern Anregungen zu geben, eine spannende Geschichte rund um den Vorfall zu spinnen.

Ein bereits überraschend bekanntes Mysterium der Moderne ist das Unglück am Djatlow Pass, bei dem Ende Februar 1959 neun junge Studenten ums Leben kamen. In Gedenken der Opfer, benannt nach dem Organisator der Skiwanderung durch die unwirtliche Region, tief in den Bergen der damaligen Sowjetunion, Igor Djatlow.

Der ursprüngliche Name des Berges, in der Sprache der ansässigen Mansen, ist „Cholat Sjachl“ (Berg der Toten). Eine gewisse morbide Faszination geht von solchen Ereignissen aus, die in uns Menschen vielerlei Spekulationen auslöst. Und dieses Spekulieren macht uns ebenso Spaß, wie die Konfrontation mit dem Mysteriösen. Ich denke keine dieser Ideen, so wirr sie auch sein mag, soll den Verstorbenen gegenüber despektierlich sein, doch können wir Menschen nicht umhin Erklärungen für Dinge zu suchen, deren Aufklärung sich uns verweigert. In diesem Artikel will ich jedoch nicht aufklären, nur Ideen anbringen, um dem schaurigen Mysterium ein wenig Spaß abzuringen.

Worum geht es?

Im Frühjahr des Jahres 1959 machten sich 10 Studenten und Absolventen des Polytechnischen Instituts des Ural (Уральский Политехнический Институт, УПИ) gemeinsam auf den Weg, um in einer knapp 2 Wochen dauernden Tour die Berge des Ural zu Fuß, genauer auf Skiern, zu durchqueren. Sie alle waren erfahrene Berg- und Skiwanderer und hatten sich diese als sehr schwierig geltende Tour bewusst ausgesucht. Kurz nach dem Aufbruch aus dem letzten Dorf vor der Wildnis, am 27. Januar, musste eine der jungen Frauen sich bereits geschlagen geben, da sie sich eine Erkältung eingefangen hatte und kehrte um. Zuvor sagte ihr Djatlow selbst noch, dass die Gruppe vermutlich um den 12. Februar herum wieder im Dorf Wischai eintreffen würde, nachdem sie den Berg Otorten bestiegen hätten. Dazu kam es jedoch leider nie.

Im Camp der Gruppe gefundene Tagebücher weisen darauf hin, dass man am 31. Januar ein letztes Lager für den Rückweg mit Verpflegung und Ausrüstung angelegt hatte und sich dann entschied unweit der Baumgrenze, am Fuß des Berges, ein Basislager zu errichten. Am kommenden Tag, dem 01.Februar, wollte man die letzte Etappe zum Berg mit der Überquerung eines verschneiten Passes beginnen. Doch verschlechterte sich das Wetter zusehends und so musste man am Hang des Passes ausharren und auf Besserung hoffen. Dies war der letzte Eintrag.

In der darauf folgenden Nacht oder an einem der darauf folgenden Tage muss dann etwas passiert sein, das den Tod der gesamten Gruppe zur Folge hatte.

Leider wurde ihr Verschwinden erst ca. eine Woche nach deren eigentlich angekündigtem Ankunftstag den örtlichen Behörden gemeldet, da Verspätungen bei solchen Wanderungen und aufgrund des erwähnten schlechten Wetters nicht ungewöhnlich waren.

Die freiwilligen Suchtrupps aus Studenten und Lehrern der Akademie fanden zunächst nichts und so wurden Polizei und Militär eingeschaltet. Am 26.02.1959 schließlich entdeckte ein Suchtrupp das verlassene, zerstörte Lager der Wanderer, etwa 14 km abseits der eigentlichen Route. Was sie vorfanden gab damals wie auch heute noch vielen Menschen Rätsel auf.

Eines der zwei Zelte, in denen die Gruppe genächtigt hatte, war von innen heraus mit einem Messer aufgeschlitzt worden. Die Ausrüstung der Gruppe lag verstreut umher, wies jedoch keinerlei Beschädigungen auf.

Im Schnee, in und um das Lager herum, fanden sich ausschließlich Fußspuren der Studenten, keinerlei Tierspuren oder andere Abdrücke wurden gefunden. Die gefundenen Fußspuren stammten zum Teil von bloßen Füßen und Füßen in Socken. Sie führten den flachen Hang hinab, zurück zur Baumgrenze, wo die Suchenden unter einem Baum eine Feuerstelle entdeckten. Der Baum wies Hinweise auf, dass jemand versucht hatte ihn zu besteigen; Äste waren abgebrochen worden, vermutlich, um sie zu verbrennen. Unweit dieser Stelle fand man die ersten Leichen, zwei der jungen Männer, nur mit Unterwäsche bekleidet und barfuß. Im weiteren Umkreis der Feuerstelle, in grober Richtung des Lagers, das nur ungefähr 600 m entfernt war, fanden die Helfer drei weitere Tote, ebenfalls vollkommen unzureichend bekleidet und erfroren. Eine spätere Obduktion zeigte allerdings, dass einer der jungen Männer eine leichte Schädelfraktur aufwies, die jedoch nicht zum Tode geführt hatte. Von den vier verbliebenen Mitgliedern der Gruppe fehlte zunächst jede Spur.

Ihre sterblichen Überreste wurden nicht weit entfernt, am 4.Mai 1959, unter einem Überhang, bedeckt von 3-4 Metern Schnee, in einer Schlucht am Ufer eines kleinen Flusses gefunden. Sie alle trugen Kleidung, jedoch nicht die eigene. Zum Teil hatten sie sich zerschnittene Fetzen aus der Kleidung anderer Gruppenmitglieder um die Körper gewickelt. Auch sie waren scheinbar erfroren.

Im Gegensatz zu ihren Begleitern am Lager jedoch, so stellte sich bei der Obduktion heraus, hatten sie alle schwere Verletzungen erlitten. Zwei von ihnen wiesen Schädelbrüche auf, jeder von ihnen hatte mehrere gebrochene Rippen, der jungen Frau unter ihnen fehlte die Zunge. Das vielleicht seltsamste jedoch war, dass sich keine dieser Verletzungen äußerlich zeigte. Keiner der Körper wies äußere Anzeichen eines Kampfes oder eines Sturzes auf.

Ein Arzt verglich die Gewalt, die nötig wäre solche Verletzungen zu verursachen, mit der eines Aufpralls auf ein Auto.

Manche Quellen behaupten, dass an den Körpern und im Lager eine teilweise deutlich erhöhte, jedoch nicht tödliche Dosis Radioaktivität gemessen wurde. Niemand konnte bisher erklären woher diese kam und weshalb die Strahlung nicht im gesamten Gebiet gemessen wurde.

Eine Gemeinsamkeit wiesen die Toten jedoch auf. Alle waren 6 bis 8 Stunden nach ihrer letzten Mahlzeit verstorben.

Was war passiert?

Die wahrscheinlichste Erklärung ist vermutlich, dass die Gruppe in der Nacht, bei schlechtem Wetter, von einer Lawine überrascht wurde, die den Abhang des nahen Berges herab kam. Diese begrub die Zelte zum Teil unter sich. Die Studenten gerieten in Panik und schnitten sich zunächst aus dem ersten Zelt frei, um dann das zweite freizulegen. Da man in Schlafsäcken keine durchschwitzte und klamme Kleidung trägt, waren sie zunächst alle nur unzureichend bekleidet und fanden im Dunkeln ohne Licht und unter dem Schnee der Lawine ihre Kleidung und Ausrüstung nicht mehr. Zwei der jungen Männer machten sich auf zur Baumgrenze, um dort ein Feuer zu entfachen, während die anderen die Ausrüstung zusammensuchten. Vielleicht kletterte einer der beiden auf den Baum, um mit einem brennenden Ast Zeichen zu geben und stürzte, wobei er sich den Kopf anschlug und ohnmächtig wurde. Ohne das Leuchtfeuer verloren einige der anderen die Orientierung, stürzten und erfroren. Die vier letzten von ihnen klaubten zusammen, was sie an Kleidung finden konnten und versuchten Hilfe zu holen, verirrten sich jedoch, stürzten in die Schlucht, suchten unter dem Überhang Schutz und starben dort. Eventuell hatten sie sich ihre Verletzungen auch schon vorher zugezogen, durch die Lawine oder andere Umstände.

Die phantastischeren Spekulationen reichen aber auch in unserer Welt von Außerirdischen bis hin zum Yeti.

Und wir wollen hier ja nun einmal Plothooks für Spielleiter basteln. Also greifen wir einige dieser Spekulationen auf.

Übernatürliche Wesen

Die Theorie eines Angriffes durch den Yeti oder das indigene Volk der Region, die Mansen, führt mich in die World Of Darkness. Die ehemalige Sowjetunion wird im Zusatzwerk „Rage Across Russia“ behandelt. Hier bietet sich eine Fülle von Möglichkeiten:

Die Skiwanderer stießen entweder auf einen Caern der Garou oder kamen einem Loch der Black Spiral Dancers zu nahe.

Die Shadowlords der alten WoD sind nicht gerade bekannt für Ihre Menschenfreundlichkeit und auch Red Talons, die für Ihren Hass auf Menschen berüchtigt sind, könnten in den Weiten des Ural leben. Und auch Black Spirals brauchen keinen wirklichen Grund, um scheußliche Spiele mit verirrten Menschen zu treiben.

Werwölfen mit den entsprechenden Gaben oder schlicht in Wolfsform, ist es ein leichtes keine verwertbaren Spuren zu hinterlassen und Verletzungen zu verursachen, die keine äußeren Schäden zeigen. Auch können manche von ihnen dem Wetter gebieten und so einen schnellen, eisigen Tod bringen.

Womöglich waren die Toten ja auch nicht wirklich nur Studenten. In der WoD könnten sie durchaus einem Arm der Technokratie oder Pentex (Fomori) angehört haben.

Auch könnte der „Berg der Toten“ einen der schlafenden großen Drachen, der Zmei, beherbergen, den die Menschen versehentlich aufweckten.

Vampire – The Masquerade bietet mit der uralten Baba Yaga eine hervorragende Hintergrundfigur für die tragischen Ereignisse.

Kyrptozoologie

Vielleicht war der Ausflug eine getarnte Expedition, um Beweise für die Existenz des Yeti zu finden und hatte „Erfolg“.

Manche Quellen behaupten, dass in einem der gefundenen Tagebücher darüber berichtet wird, dass die Gruppe einen Yeti, oder im Russischen „Menk“, beobachtet habe.

Womöglich kamen sie dabei einer Gruppe dieser Wesen zu nahe, die sich dann verteidigte. Die bloßen Fußspuren im Lager müssen nicht alle von den Menschen stammen.

Außerirdische

Legenden des Bergvolkes besagen, dass in der von der Gruppe durchwanderten Gegend bereits seit mehreren Jahrhunderten immer wieder seltsame Lichter am Himmel beobachtet würden. Sie nennen sie „Geister-Lichter“, oder „Himmels-Lichter“. Angeblich soll wieder eines der Tagebücher eine solche Beobachtung schildern.

Militärexperimente

Das russische Militär führt in der entlegenen Gegend Experimente durch. Dies können chemische oder biologische Kampfstoffe sein, aber auch zum Beispiel Infraschall, der tatsächlich Halluzinationen, ganz zu schweigen von Lawinen, auslösen kann. Vielleicht arbeitet das Militär auch mit Außerirdischen zusammen oder testet neue Fluggeräte. Die Spieler können in einer X-Akte an ähnliche Situation geraten und eine riesige Verschwörung aufdecken.

Die Toten wandeln

Stichwort (un)Heiliger Grund:

Die Mansen, ein sehr naturverbundenes Volk, wahren ein grausiges Geheimnis.

Einer ihrer Schamanen hat sich vor langer Zeit mit dunklen Mächten eingelassen und konnte nur mit Mühe und mittels mächtiger Magie gebändigt werden. Nun verletzten die unwissenden Studenten auf ihrer Expedition versehentlich die magischen Siegel, welche den grausamen Schamanen und seine untoten / dämonischen Diener im Zaum hielten.

Wie kann dies im Rollenspiel benutzt werden?

Ansätze, um diese Ereignisse in eine Rollenspielrunde einzubauen gibt es so viele wie Runden selbst. Aber dennoch wollen wir hier einige aufzählen. Zeit und Ort der Ereignisse sind hierbei relativ gleich.

Es können bereits Jahrzehnte oder nur Tage / Wochen / Monate seit dem Unglück vergangen sein. Und natürlich kann man die Szenerie auch in jede andere abgelegene Region der Welt verlagern, die dazu geeignet ist die Charaktere von der Umwelt abzuschneiden und sie den Gefahren auszusetzen, die dort lauern.

Und den Versuchen der ansässigen Behörden, Stämme, etc. sie davon abzuhalten ihre Nase in Dinge zu stecken, die für sie einige Nummern zu groß sein könnten.

  1. Die Charaktere stoßen im Verlauf eines anderen Abenteurers oder Kampagne auf eines der besagten Tagebücher, oder mehrere, und gehen der Sache auf eigene Faust auf den Grund. Vielleicht suchen sie ja bereits selbst nach dem Yeti, Außerirdischen oder alten Göttern und beschließen den Hinweisen nachzugehen.
  2. Die Charaktere werden von einem Auftraggeber (private Organisation, Regierung, spleeniger Milliardär) nach Russland entsandt, um zunächst nur die mysteriösen Lichter / den Menk zu untersuchen und stoßen im Rahmen ihrer Ermittlungen auf besagtes Tagebuch und die vermisste Gruppe Studenten. Nach klassischem Horror-Muster finden sie heraus, dass sie nicht die erste Expedition (ihres Auftraggebers?) sind, die den Ereignissen nachgeht. Waren die Studenten die Ersten?
  3. Die Familie eines der Vermissten beauftragt die Runde damit den Verbleib ihres Verwandten zu erforschen. Die örtlichen Behörden haben die Suche ihrer Meinung nach viel zu schnell und unter fadenscheinigen Begründungen aufgegeben. Seither sucht man verzweifelt auf eigene Faust und benötigt dringend Hilfe. Natürlich glaubt niemand den wilden Spekulationen und Anschuldigungen, doch stellt sich bald heraus, dass mehr hinter der Sache steckt als nur ein Wanderunfall.

 

Natürlich könnte man auch die Spieler selbst in die Rolle der Skiwanderer versetzen. Doch beraubt man sich damit der Möglichkeiten, welche die vielen seltsamen Andeutungen und Umstände des Unglücks bieten. Auszüge aus Webseiten eignen sich, etwas abgewandelt, hervorragend als Handouts.

 

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Artikelbild: Wikipedia Commons, A view of the tent as the rescuers found it on Feb. 26, 1959. The tent had been cut open from inside, and most of the skiers had fled in socks or barefoot. Photo taken by soviet authorities at the camp of the Dyatlov Pass incident and anexed to the legal inquest that investigated the deaths.

 

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