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Zombie-Settings sind inzwischen ein feste Größe in der deutschsprachigen LARP-Szene. Auch Steampunk, wenngleich man es seltener findet, hat eine treue und wachsende Spielerschaft. Was passiert also wenn man beide Settings mischt? Wir haben mit Game Over LARP über das gesprochen, was die Spieler erwarten können.

Holger: Holger ist in der LARP- und Blasterszene wohl besser als Jefe oder Jefe 2.0 bekannt. Bereits in jungen Jahren kam der Wahl-Schwabe mit der Phantastik in Berührung, die ihn seitdem fesselt. Ob Shadowrun, Battletech, Cthulhu oder die Finsterlande, Holger fühlt sich überall wohl. Hauptsache, es bewegt sich jenseits der üblichen Fantasy-Welten.

Seit 15 Jahren betreibt er zudem Reenactment des 6. Jahrhunderts, auch gemeinsam mit Museen, und hat an die 6.000 Bücher in seinem Haus. Im LARP bewegt er sich seit 2010 und ist dort vor allem in Zombie- und Endzeit-Settings zu Hause. Gemeinsam mit seiner Partnerin ist er Head Orga von Game Over LARP.

Bianca: Bianca liebt seit ihren Jugendjahren phantastische Literatur und ist hier querbeet unterwegs. Durch Holger fand sie zunächst zu Pen & Paper und später dann auch zu LARP. Sie selbst würde sich eher als Gelegenheits-LARPerin bezeichnen und ist in der Orga daher eher im Hintergrund aktiv. Besonders angetan hat es ihr dabei Steampunk, wo sie ihre Bastelleidenschaft gemeinsam mit Holger ausleben kann.

Beide sind zudem aktive Mitglieder von Übermorgenwelt Ulm e.V., einem Verein für Phantastik. Mit über 23.000 Werken hat der Verein eine der größten Bibliothek für phantastische Literatur in Deutschland. Das Team an sich besteht jedoch aus weitaus mehr Mitgliedern, die in verschiedener Besetzung die Cons organisieren und leiten.

Zombies! Überall Zombies!

Teilzeithelden: Game Over LARP. Ist das eine Aussicht auf den Ablauf eurer Cons?

Holger: (lacht) Ehrlich gesagt, tatsächlich sind bei unseren actionlastigeren LARPs die Sterblichkeitsraten von Charakteren recht hoch. Bei den letzten beiden Cons überlebten nicht mal eine Handvoll der Charaktere.

Bianca: Wobei man klar sagen muss: Wer sich clever anstellt, hat auch eine deutlich höhere Überlebenschance. Wir wollen den Spielern Nervenkitzel bieten, da darf es nicht zu einfach werden.

Teilzeithelden: Warum habt ihr euch für so ein Konzept entschieden?

Bianca: Wie gesagt, es geht um den Nervenkitzel. Der ist höher, wenn die Bedrohung stimmt und ich mir zum Beispiel Waffen und auch Nahrung erst erspielen muss.

Holger: Außerdem wollten wir mal was anderes, als die Standard-Zombie-Con mit hochgerüsteten Spielern. Wir orientieren uns da eher an den Konzepten der Reiseleitung.

Teilzeithelden: Eure ersten beiden LARPs waren 2015 und 2016 im klassischen Jetztzeit-Zombie-Umfeld. Das klingt noch nicht sehr innovativ. Wo war der Unterschied?

Holger: Wir haben dem Ganzen eine leichte Prise Selbsthumor verpasst, ohne dabei ins Lächerliche abzurutschen. Das Setting der ersten Con war, dass die Spieler als Pen-&-Paper-Gruppe zu einer Con gefahren sind. Währenddessen brach die Seuche aus. Die Spieler wurden also in Echtzeit Zeuge des Ausbruchs.

Bianca: Nicht zu vergessen, dass wir den durchschnittlichen Rollenspieler als Charakter hatten, der mit Rollenspielweisheiten zu überleben versuchte. Was eher mäßig gelang. Ohne Waffen, und mit zu wenig Nahrung für die Apokalypse, wurde das sehr schnell zu einem harten Kampf ums Überleben. Das kam so gut an, dass wir eine Fortsetzung machten.

Holger: Tag 1 nach dem Ausbruch, um genau zu sein. Diesmal wussten die Spieler auch, dass man sich bei uns das Überleben verdienen muss, und gingen viel cleverer vor, damit stieg auch die Zahl der Überlebenden.

Mit Volldampf gegen die Zombie-Apoklapyse

Teilzeithelden: Von klassischen Zombie-Settings zu einem Gemisch mit Steampunk ist es aber dann noch ein Weg. Habt ihr zu oft Stolz & Vorurteil und Zombies gesehen?

Bianca: (lacht) Nein, den Film haben wir tatsächlich erst nach der Idee zur Con gesehen. Aber endlich konnte ich Stolz & Vorurteil ansehen, ohne dabei einzuschlafen. Der Grund ist viel trivialer: Ich liebe Steampunk.

Holger: Und ich liebe Zombies! Was lag also näher, als die beiden Settings zu kombinieren. Zombies in der Jetztzeit oder nahen Zukunft und Zombies im Fantasy kennt jeder. Aber in einer Steampunk-Welt als entscheidender Bestandteil, das ist mal etwas Anderes.

Teilzeithelden: Wie ist das Grundsetting eurer Con?

Bianca: Wir spielen im Jahre 2017, also tatsächlich in der Jetztzeit, nur ist diese ganz anders verlaufen, als wir es kennen. Um 1900 gab erste Sichtungen von Zombies, unter anderem in Afrika. Entsprechend der damaligen Infrastruktur breitete sich der Virus nur langsam aus. Besonders betroffen waren zunächst Hafenstädte und Siedlungen entlang von Eisenbahnlinien. 1913 zieht es die Untoten dann auch nach Europa, und die großen Mächte schaffen es erst nach 14 Jahren Krieg, der Horden Herr zu werden. Doch der Krieg forderte unzählige Leben und zerstörte große Teile der erblühenden Industriekultur.

Holger: Und hier erklärt sich auch, warum 2017 noch Dampfmaschinen der Stand der Technik sind. Diese erwiesen sich als einfach zu reparieren, leicht umzubauen, und die fortwährende Bedrohung durch den Virus sowie die Dezimierung der Menschen lähmte die Forschung weitestgehend. So wurden nur Dampfmaschinen weiterentwickelt, und man versucht, an der Heilung zu forschen. Für mehr gab es einfach keine Ressourcen.

Bianca: Auch kulturell gab es kaum Entwicklungen. Mehr noch als sonst versuchte die Menschheit an alten Traditionen festzuhalten, um nicht auch das noch zu verlieren. Einzig die Gleichberechtigung der Geschlechter und das Verbot von Kinderarbeit decken sich mit den modernen Errungenschaften westlicher Zivilisationen.

Teilzeithelden: Ihr plant aktuell drei Cons mit diesem Setting? Was könnt ihr uns darüber schon verraten?

Aller guten Dinge sind drei

Holger: Der Auftakt wird eine klassische Ambientecon. Anlässlich der 90-Jahrfeier zum Ende des großen Zombiekrieges lädt der lokale Adel von Ulm zu einer Feier in eine bedeutende Festung des Krieges ein. Die Con soll vor allem dazu dienen, die Spieler mit dem Setting vertraut zu machen. Wir hoffen, damit auch Steampunker für LARP zu begeistern, und für künftige Cons auch Zombies zu finden. Für Plot-Jäger wird es auch kleine Plots zu lösen geben, diese werden aber niemandem aufgedrängt.

Teilzeithelden: Steampunk-Ambiente-Con klingt schön, aber wo kommen die Zombies ins Spiel?

Bianca: Die Jahresfeier wird ein entsprechendes Rahmenprogramm haben, bei dem Zombies allgegenwärtig sind. Zum Beispiel wird es eine Ausstellung von Zombie-Kunst geben, eine Ausstellung, die den Krieg dokumentiert, Tontauben-Zombie-Schießen, Lesungen von Zombiegeschichten, Selbstverteidigungskurse gegen Zombies für Damen, und man munkelt, es könnte auch illegale Zombiekämpfe geben.

Wir freuen uns auch besonders darüber, Meister Eckarts Kuriosenkabinett begrüßen zu dürfen. Da dies aber eine externe Attraktion ist, und er damit seinen Unterhalt mitbestreitet, wird dies einen Extraeintritt erfordern. Damit halten wir aber den eigentlichen Conpreis niedrig, und nur wer will geht in das Kabinett. Ach, und natürlich wird die Zombies Rights Watch auch einen Stand haben.

Teilzeithelden: Die bitte was?

Holger: Die Zombies Rights Watch. Wie der Name schon andeutet, setzt diese sich für Zombierechte ein, denn in unserer Welt werden Zombies als billige Arbeitskräfte genutzt. Das macht die Situation für einfache Arbeiter schier unerträglich. Dem gegenüber steht auch eine Humans Rights Watch, die durch Aktionen immer wieder auf die missliche Lage von Arbeitern aufmerksam macht.

Teilzeithelden: Das klingt auf jeden Fall außergewöhnlich. Was plant ihr für den zweiten Teil?

Holger: Hier wird ein ganz klassisches Krimidinner geben. Am ersten Tag ermitteln die Spieler in einem vermeintlichen Todesfall durch einen Zombie. Am zweiten Abend ermitteln Zombies in einem Todesfall in den eigenen Reihen. Die Spieler können also beide Seiten bespielen – oder nur an einem Abend kommen.

Teilzeithelden: Moment. Zombies ermitteln in einem Mordfall?

 

Mordsstimmung im Hause Zombie

Bianca: Wie in vielen Settings gibt es unterschiedliche Zombietypen. Bei uns unterscheiden sie sich nach Intelligenz. Diese wird maßgeblich durch die zugeführte Nahrung bestimmt. Während ein Zombie, der nur minderwertige Fleischreste bekommt, ziemlich tumb ist und gerade mal sehr einfache Fließbandarbeit erledigen kann, können Zombies, die mit frischen Menschenfleisch gefüttert werden, auch komplexe Aufgaben, zum Beispiel die eines Dienstmädchens, erfüllen.

Holger: Wir stellen uns die Kommunikation zwischen so einfachen und langsamen Geistern sehr spannend vor. Und einen Mordfall zu lösen wird noch mehr Zusammenarbeit erfordern, als es ein Plot sonst tut. Und ganz ehrlich: Es dürfte auch sehr witzig werden.

Teilzeithelden: Zombies als SC-Konzept klingt spannend und wird schwer zu toppen sein. Was kommt also in Teil drei, ein Zombie-Schach-Turnier?

Bianca: Das wäre auch noch was. Aber nein. Toppen wollen wir das gar nicht. Ein Krimidinner ist ja keine normale Con und steht damit ein bisschen außerhalb. Der dritte Teil wird eine actionlastige Abenteuer-Con.

Holger: Hier wollen wir die Spieler, die wir an das Setting herangeführt haben, nun mit einer spannenden Abenteuer-Con fordern. Die Spieler werden dabei den Bautrupp einer Hochbahn, dem sichersten Transportmittel dieser Zeit, darstellen und zusammen mit einer kleinen Sicherheitstruppe an einer Baustelle arbeiten. Wenig überraschend werden Zombies dann eine große Rolle spielen (lacht). Mehr wird aber noch nicht verraten.

Teilzeithelden: Was dürfen Spieler von eurer neuen Con-Reihe erwarten?

Holger: Wir möchten den Spielern eine liebevoll gestaltete Welt vor einem kuriosen Setting bieten, in dem sie allerlei Abenteuer erleben können. Explizit richten wir uns auch an LARP-Neulinge oder Steampunk-Quereinsteiger, oder auch Cosplayer, die mal in LARP hineinschnuppern wollen. So groß sind die Unterschiede ja auch nicht.

Teilzeithelden: Gerade Anfänger könnten vor dem Problem stehen, nicht zu wissen, was sich für eine Steampunk-Con eignet, und Zahnräder machen ja noch kein Steampunk-Outfit.

Bianca: Da stimmt definitiv, auch wenn es gerne immer wieder anders dargestellt wird. Wer mechanische Teile an sich trägt, sollte dem zumindest irgendeine Funktion einräumen. Einfach nur ein Zahnrad auf dem Korsett ergibt wenig Sinn. Ausgenommen natürlich als Schmuck.

Holger: Cosplayer und eingefleischte Steampunker werden, auch als eventuelle LARP-Einsteiger, kein Problem haben. Wer ganz neu dabei ist, dem stehen wir mit Rat und Tat zur Seite. Wir veröffentlichen regelmäßig auf Facebook Bilder mit Ideen zur Gewandung, die auch mit kleinem Budget umzusetzen sind.

Teilzeithelden: Was passiert nach den drei Cons in eurem Setting?

Holger: Das bleibt abzuwarten. Konkrete Pläne machen wir nicht. Drei Cons und unsere anderen Projekte reichen erst mal. Sollten sich aber Spieler finden, die Spaß an dem Setting haben, und es gemeinsam mit uns weiterentwickeln und mit Leben füllen wollen, dann wird die Reihe definitiv weitergehen.

Für ein bisschen Punk mehr. Von Steam- zu Cyberpunk

Teilzeithelden: Ihr habt bereits andere Projekte erwähnt. Was plant ihr neben dem Zombies, Zahnrad und Zylinder?

Bianca: Zunächst werden wir ein phantastisches Picknick veranstalten. Dieses wird explizit allen Genres offenstehen. Der Klingone kann den Elben treffen, der Na’vi den Zwerg, der Runner den Inquisitor, und der Ritter den Steampunk-Offizier. Wie unserem Hobby sind dem Picknick keine Grenzen gesetzt. Wir wollen einfach Menschen zusammenbringen, die Spaß an Gewandung und Rollenspiel haben. Und vielleicht schaffen wir es auch, Vorurteile zwischen den Hobbys etwas abzubauen, wenn LARPer auf Cosplayer, Steampunker auf Reenacter treffen.

Holger: Ich bin der festen Meinung, dass man die Differenzen hier eigentlich überwinden und viel voneinander lernen, und sich vielleicht sogar wechselseitig begeistern kann.

Bianca: Darüber hinaus werden wir dieses Jahr auch noch ein Cyberpunk-LARP machen, welches in einer bekannten Welt spielt, deren Markenrechte wir aber nicht verletzen wollen.

Teilzeithelden: So mit Konzernen zum Beispiel?

Holger: (lacht) Ja genau. Im Fokus wird sogar genau ein Konzern stehen, der gerne in die Liga der Top-Konzerne aufsteigen will. Seine Geschichte beginnt in einer Niederlassung in Ulm im Jahre 2050. Dabei wird es zwei Faktionen geben, Konzern-Sicherheit und Runner. Letztere werden vom Konzern angeheuert, um eigene Sicherheitsleute zu trainieren.

Bianca: Das Besondere wird sein, dass beide Faktionen an unterschiedlichen Orten starten. Mehrere Kilometer entfernt. Im Grunde wird es ein Capture the flag, mit der Konzernsicherheit als Verteidiger.

Teilzeithelden: Dann muss das Gelände aber entsprechend groß sein und das Flair bieten. Ist das nicht schwer?

Holger: Wir haben das große Glück, Teile der alten Bundesfestung in Ulm nutzen zu können. Da diese ganz Ulm umgibt, können wir mit zwei Standorten spielen.

Teilzeithelden: Die Spieler müssen also auch durch die Stadt.

Holger: Sie können auch außen rum, wenn sie den Weg finden und Lust haben. Aber so ein „Run“ geht auch auf Zeit. Der beste Weg wird in den eigenen Autos durch die Stadt sein. Damit wird eine ganze Stadt zur Kulisse.

Teilzeithelden: Habt ihr da keine Sicherheitsbedenken?

Bianca: Doch natürlich, und denen begegnen wir auch umfangreich, denn die Möglichkeit, die Stadt zu nutzen, ist einfach zu verlockend. Zum einen werden wir die Spieler im Vorfeld intensiv briefen. Auch wenn wir Nerfs als Waffen einsetzen, wollen wir nicht, dass damit jemand in der Öffentlichkeit rumhantiert oder sie offen zur Schau trägt. Wir wünschen uns natürlich gemoddete Waffen, werden aber auf den farbigen Magazinen bestehen. Damit sollte die Nerf klar als Spielzeug erkennbar sein. IT lösen wir das, indem wir sie als Übungsmunition behandeln. Zusätzlich erhält jeder Spieler eine kleine Karte, auf der LARP erklärt wird und eine Telefonnummer der Orga zur Verfügung steht.

Holger: LARP ist inzwischen zwar erfreulich bekannt, aber wir wollen alles tun, um Zwischenfälle zu vermeiden. Natürlich setzen wir dabei auch stark auf die Eigenverantwortung der Spieler. Es ist ein Experiment, und es ist uns klar, dass dies in der heutigen Zeit auch schiefgehen kann. Aber die Anzahl der Spieler ist überschaubar, und wir versuchen, alle Eventualitäten abzudecken.

Teilzeithelden: Ihr habt euch einiges vorgenommen, um LARP in Baden-Württemberg wieder mehr Leben einzuhauchen. Wir wünschen euch dabei gutes Gelingen.

Holger: Ja, langweilig wird uns wahrlich nicht. Wir hoffen einfach, unseren Teil zur Community beitragen zu können, und Spieler auch für neue Settings begeistern zu können.

Bianca: Wir haben noch viele viele andere Ideen. Mal sehen, was davon alles umgesetzt wird. Aber sicher ist: Game Over LARP wird 2017 und 2018 richtig Gas geben.

Artikelbilder: © Game Over LARP

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