Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Agenten fremder Mächte, die ihre eigenen Ziele verfolgen, die Begegnung mit einer blutrünstigen Hochkultur und mittendrin der Artist Ferenc Badi, der einem machtvollen und schrecklichen Geheimnis auf der Spur ist, für welches andere töten würden. Mitreißende Steampunk-Action in der Welt von Eis & Dampf mit glaubwürdigen und überraschenden Wendungen.

Steampunk ist aus meiner Sicht ein interessantes Genre mit einer Menge Potential für fesselnde Geschichten. Bisher bin ich als Leser bei meinen gelegentlichen Ausflügen in diese Welten jedoch nicht so recht auf meine Kosten gekommen. Als der Roman Die verlorene Puppe auf dem Weg zu mir war, habe ich mir die Wartezeit mit dem Roman Die zerbrochene Puppe verkürzt und einen ersten Ausblick in eine Welt aus Eis & Dampf erhalten, welche meinen Geschmack trifft. Umso gespannter war ich auf Die verlorene Puppe und ob mich diese Geschichte tiefer in diese neue Welt hineinführen würde.

Story

In der Welt von Eis & Dampf verhindert die Eiszeit des 19. Jahrhunderts ein Vordringen auf andere Kontinente. Seefahrt findet nur im begrenzten Umfang statt. Die Menschen setzen stattdessen auf den Luftschiffhandel. Die industrielle Revolution hat eingesetzt und die Menschen hoffen auf die Wunder der Wissenschaft.

Skandinavien ist von Gletschern bedeckt und der Süden Afrikas ist nur aus Legenden bekannt. Die Existenz eines Erdteils westlich des Atlantiks ist nicht mehr als ein Gerücht.

Vor diesem Hintergrund begeistert der fliegende Zirkus Apocalástico sein Publikum in ganz Europa. Artisten zu Pferde, ein echtes Mammut, ein Magier, der mit elektrischem Strom zaubert, eine bärtige Dame und der junge Roma Akrobat Ferenc Badi mit seiner chinesischen Partnerin Yue am Trapez unterhalten das europäische Publikum – bis maskierte Männer das Zirkusluftschiff kapern, um Gefilde anzusteuern, die den Europäern bisher unbekannt waren.

Während der Überfahrt stellt der Protagonist Ferenc Badi fest, dass einiges im Zirkus Apocalástico nicht so ist, wie es zu sein scheint. Agenten verschiedener Mächte sind im Zirkus am Werk und verfolgen ihre eigenen Ziele. Zudem befindet sich ein Shellie, ein mechanisch animierter Leichnam, an Bord des Luftschiffes.

Bei seinen Versuchen das Rätsel zu lösen, was der Shellie und die Agenten vorhaben könnten, kommt Ferenc der Name eines machtvollen und schrecklichen Geheimnisses zu Ohren.

Doch zunächst landen die Artisten am Ende ihrer Atlantiküberquerung in den Fängen einer völlig fremdartigen und blutrünstigen Hochkultur. Einer Hochkultur, der Europa nicht fremd ist und deren Invasionspläne schon weit gediehen sind.

Die Flucht der Artisten zurück nach Europa verlangt diesen das Äußerste ab. Doch können sie ihren Häschern tatsächlich entkommen und kann Ferenc das Geheimnis lösen, welches sich im Zirkus verbirgt? Ein Geheimnis für das so manche Macht töten würde, um es in ihren Besitz zu bringen.

Der Protagonist kann den Leser schnell für sich einnehmen und schon ist dieser inmitten einer gut durchdachten sowie durchgängig spannenden Geschichte.

Neben der Hauptstory ist es auch die zunächst vage Vergangenheit des Protagonisten und dessen mehr als kollegialen Gefühle für seine unnahbare Partnerin, die den Leser zu fesseln vermögen. Die Nebenstränge sind überzeugend in die Hauptstory eingebettet und verleihen den Charakteren zusätzliche Tiefe.

Die Charaktere und auch das Setting wirken stimmig und glaubwürdig. Die Geschichte mag zudem mit einigen unerwarteten Wendungen aufwarten, die sich jedoch nahtlos in die Geschichte einfügen und gerade deswegen nicht wie Kunstgriffe der Autoren wirken.

Neben der spannenden und mitreißenden Geschichte in der faszinierenden Welt von Eis & Dampf, erhält der Leser zudem einen bildgewaltigen, wenn auch nur kurzen Einblick, in eine völlig fremdartige Kultur.

Schreibstil

Der Roman ist weitestgehend in der ersten Person aus der Sicht des Protagonisten Ferenc Badi geschrieben. An einigen Stellen wechselt die Erzählperspektive, dies gelingt jedoch ohne Brüche und der Leser kann dem leicht folgen.

Für Belletristik eher unüblich, verwenden die Autoren eine weniger schlichte Ausdrucksweise. Der Lesbarkeit schadet dies jedoch nicht, denn der Roman liest sich eingängig und flüssig.

Die Technik der Welt von Eis & Dampf und das gesamte Setting wirken stimmig und glaubhaft. Die Welt vermag zu überzeugen und der nun vorliegende zweite Roman fügt sich in dieses Setting nahtlos ein.

Bei dem Roman Die verlorene Puppe handelt es sich um einen eigenständigen und vollständig in sich abgeschlossenen Roman. Leser des ersten Romans Die zerbrochene Puppe aus der Welt von Eis & Dampf dürfen sich jedoch auf ein Wiedersehen mit bekannten Charakteren freuen.

Die Autoren

Die Autorin Judith C. Vogt wurde am 15.04.1981 im Kreis Düren geboren und absolvierte nach dem Abitur eine Lehre zur Buchhändlerin.

Im Jahr 2011 erschien ihr erster Roman Im Schatten der Esse in der Aventurien-Reihe. Es folgten weitere Werke im Bereich der Fantasy-Literatur, historische Romane und Jugendliteratur. Insgesamt veröffentlichte sie bereits zwölf Romane.

Der Physiker Christian Vogt wurde am 30.10.1979 geboren. Amazon listet 16 Werke an denen er als Autor mitgewirkt hat, darunter alle vier Veröffentlichungen zur Welt von Eis & Dampf sowie mehrere Titel für Das Schwarze Auge.

Vier Romane wurden von beiden gemeinschaftlich geschrieben, darunter die beiden Romane aus der Welt von Eis & Dampf, Die zerbrochene Puppe und Die verlorene Puppe sowie die historischen Romane aus der Eburonenlied-Reihe, Schwertbrüder und Verbranntes Land.

Für Die zerbrochene Puppe erhielten die Autoren 2013 in der Kategorie „Bester deutschsprachiger Roman“ den Deutschen Phantastik Preis.

Preis-/Leistungsverhältnis

Die verlorene Puppe kostet 12,99 EUR als Taschenbuch. Dies entspricht einem gehobenen Standardpreis für ein Taschenbuch dieser Länge. Der Preis für das E-Book beträgt 8,99 EUR, womit es sich ebenfalls noch um einen gehobenen Standardpreis handelt.

Die inspirierende und fesselnde Geschichte auf 440 Seiten garantiert stundenlange, spannende Unterhaltung. Auch vor dem Hintergrund eines sehr guten Korrektorats und Lektorats gehen die Preise noch in Ordnung.

Erscheinungsbild

Das Taschenbuch ist gut verarbeitet und fühlt sich wertig an. Das Papier der Seiten ist nicht zu dünn. Satz, Lektorat und Layout können überzeugen und bewegen sich auf hohem Niveau. Die Schriftgröße ist nicht zu klein gewählt und sehr gut lesbar.

Das Korrektorat ist sehr gut. Lediglich ein einziger Fehler knapp an meiner Wahrnehmungsschwelle war zu entdecken und ging sogleich im Erzählfluss unter.

Das Titelbild ist ansprechend gestaltet und zeigt einen Artisten auf einem Hochseil. Eine Artistin balanciert auf dessen nach oben gestreckten Arm. Das Bild wird von einem Ornament umrahmt und am unteren rechten Rand ist ein Luftschiff zu erkennen.

Das Cover ist für das Genre und den Roman stimmig und passt auch zur Covergestaltung des ersten Romans. Im Regal einer Buchhandlung qualifiziert sich das Cover für einen zweiten Blick.

Der Klappentext macht neugierig und kann den Leser auf den Roman einstimmen.

Zu Beginn des Romans gibt es eine zweiseitige Dramatis personae. Ich persönlich mag solche kleinen Details, es ist jedoch für das Verständnis des Romans nicht erforderlich diese unbedingt zu lesen. Der ungeduldige Leser kann diese also überblättern, ohne dass ihm etwas Wesentliches entgeht.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Feder & Schwert
  • Autor(en): Judith & Christian Vogt
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 440
  • ISBN: 978-3867622752
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Die Autoren haben mit Eis & Dampf eine einzigartige Steampunk-Welt mit fantastischen Elementen erschaffen.

Die verlorene Puppe füllt einen bisher weißen Fleck auf der Landkarte und bietet mit eindrücklichen Bildern einen faszinierenden Einblick in eine fremdartige Zivilisation. Dabei kommen weder die Charaktere noch die Story zu kurz.

Die Geschichte vermag mit einem durchgängigen Spannungsbogen und überraschenden Wendungen zu überzeugen. Die Charaktere sind erfrischend vielschichtig und glaubwürdig.

Die Abkehr der Autoren von kurzen Sätzen und schlichter Wortwahl mag gewöhnungsbedürftig erscheinen, vermag jedoch durchaus zu überzeugen.

Insgesamt ein Roman, den ich nach kurzer Zeit nicht mehr aus der Hand legen wollte und mit gutem Gewissen empfehlen kann.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbild: Feder&Schwert
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt. 

 

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein