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Aus dem Tagebuch Obi-Wan Kenobis erfährt Luke Skywalker, dass der ehemalige Jedi-Meister seiner Familie mehr als einmal schützend zur Seite stand. Andernorts setzt der imperiale Sergeant Kreel die Suche nach Skywalker selbst fort. Direkt Darth Vader unterstellt, reibt seine Spezialeinheit eine Gruppe Rebellen auf, um an weitere Informationen zu gelangen.

Der letzte Flug der Harbinger setzt geschichtlich grob am Ende des Handlungsbogens von Showdown auf dem Schmugglermond  an. Wie in diesem Dreiteiler beginnt der Comic erneut mit einem Rückblick auf das Leben Obi-Wan Kenobis. Dieser hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Sohn seines ehemaligen Schülers Anakin Skywalker auf der Wüstenwelt Tatooine zu beschützen. In ihm sieht der alternde Jedi-Meister noch immer die letzte Chance, die Sith, und damit das Galaktische Imperium, zu besiegen.

Die eigentlich namensgebende Geschichte, und damit der Beginn des neuen Handlungsbogens, startet  im Anschluss. Sergeant Kreel, dem Luke Skywalker auf Nar Shaddaa begegnet und entkommen war, führt nun die sogenannte Task Force 99 an. Auf direktem Geheiß Darth Vaders versuchen sie erneut die Spur des jungen Skywalkers zu finden, um ihn endgültig festsetzen und dem Lord der Sith übergeben zu können.

Handlung

Nachdem Luke Skywalker bereits vor einiger Zeit das Tagebuch Obi-Wan Kenobis in dessen alter Hütte auf Tatooine gefunden hatte, werden weitere Ereignisse aus der Vergangenheit des ehemaligen Jedi-Meisters offenbar. Erfuhr Luke bereits davon, dass Kenobi ihn und seine Familie während der Großen Dürre vor den Schergen Jabbas schützte, so erfährt er nun, dass dessen Handlungen Konsequenzen forderten. Ein Jahr ist seit der Großen Dürre vergangen und Jabba sucht noch immer denjenigen, der seine Handlanger aufhielt. Zu diesem Zweck engagierte der Hutte den gefürchteten Wookie-Kopfgeldjäger Black Krrsantan.

Black Krrsantan wittert eine Spur, die in Richtung der Feuchtfarm der Lars‘ zu führen scheint. Der Wookie lauert Owen Lars auf, nimmt ihn gefangen und beginnt ihn zu foltern, um auf diese Weise den geheimen Beschützer der Lars hervorzulocken. Luke Skywalker bemerkt derweil nichts von diesem Überfall auf die heimische Feuchtfarm. Nachdem sein Onkel ihm das Fliegen komplett verbot, macht sich der Junge frustriert allein in Richtung Mos Eisley auf, um Tatooine zu verlassen und vor seiner Familie davonzulaufen.

In der Gegenwart verfolgt derweil der Arc-Trupp um Sergeant Kreel eine Gruppe Rebellen. Nachdem das Schiff der Rebellen auf dem sogenannten Geistermond, einer verlassenen Welt, zum Absturz gebracht wurde, verfolgen sie die Flüchtenden. Während die Rebellen glauben, die imperialen Sturmtruppler in eine Falle locken zu können, arbeiten diese sich weiter vor, um an Informationen über den Aufenthaltsort Luke Skywalkers zu gelangen. Sergeant Kreel sieht sich dabei der Herausforderung gegenüber, nicht nur die Aufgabe Darth Vaders zu erfüllen, sondern sich auch vor seinem neuen Trupp zu beweisen.

Charaktere

Obi-Wan Kenobi erfährt im ersten Teil des Comics auf angenehme Weise eine Tiefe, die auf spätere Begegnungen mit dem ehemaligen Jedi-Meister hoffen lässt. So zeigt sich deutlich, dass er unter der langen Zeit des Exils sowohl körperlich als auch geistig leidet. Er spürt, dass er älter wird. Körperliche Anstrengungen steckt der ehemalige Meister Anakin Skywalkers nicht mehr einfach weg. In Konfliktsituationen agiert Obi-Wan nicht mehr so souverän wie er es von sich selbst gewohnt war. Emotionen wie Angst, die er einst zu kontrollieren und gelassen zu ignorieren wusste, nagen im Angesicht des muskelbepackten Wookie Krrsantan an seiner Entschlossenheit.

Kenobis geheimer Schützling Luke Skywalker präsentiert sich, ganz der Familientradition entsprechend, abermals als hervorragender Techniker und Pilot. Mehr zeigt uns der Comic vom jungen Skywalker leider nicht.

Den eigentlichen Charakterfokus in Der letzte Flug der Harbinger nimmt Sergeant Kreel ein. Dessen Gedanken und Worte über die eigene Vergangenheit begleiten die gesamte Operation der Arc-Truppe auf dem Schattenmond. Das Imperium wird hier, wie auch schon in anderen Werken wie Verlorene Welten, nicht als das stereotype Böse dargestellt. Sergeant Kreel entsprang den Kampfgruben auf Chagar IX. Bereits als Kind sah er Menschen für das bloße Vergnügen der Reichen jener Welt sterben. Nur eine Woche nachdem er seinen eigenen Vater sterben sah, musste er selbst in jenen Gruben antreten. Als das Imperium nach Chagar IX kam, spürte er das erste Mal Zeit seines Lebens Hoffnung. Imperiale Sturmtruppler brachten den Sklaven jener Welt Freiheit. Das Imperium beendete die Kämpfe in den Gruben und brachte der Welt Frieden.

Kreel bewunderte die Sturmtruppler und sah durch ihr Kommen in seinem bisher hoffnungslosen Leben einen Sinn erblühen. Voller Eifer schrieb er sich, nachdem er das richtige Alter erreicht hatte, ein und besuchte die Imperiale Akademie wo er seinen ersten und einzigen Freund kennenlernte.  Jenen Freund verlor er bei der ersten wirklichen Mission. Getötet wurde er durch Granaten der Rebellen.

Durch Sergeant Kreel wird in diesem Handlungsbogen der gesamte Galaktische Bürgerkrieg aus einem anderen Blickwinkel dargestellt. Für ihn ist das Imperium Ordnung und Recht, während die Rebellen nichts weiter als Terrorismus und Chaos verkörpern. Um Recht, Ordnung und Frieden zu erhalten, würde Sergeant Kreel alles tun und alles opfern.

Zeichenstil

Jason Aaron, der bereits als Autor für Skywalker schlägt zu! und Showdown auf dem Schmugglermond verantwortlich war, setzt hier seine gute Arbeit fort.

Die Zeichenarbeit teilen sich Mike Mayhew beim Part Aus dem Tagebuch des Obi-Wan Kenobi und Jorge Molina beim namensgebenden neuen Handlungsbogen Der letzte Flug der Harbinger.

Die Geschichte Obi-Wans wirkt angenehm hell und klar, unterstrichen vom Schmutz herumwirbelnden Sandes und damit sehr passend für einen sonnigen Tag auf der kargen Wüstenwelt Tatooine. Die Darstellung des Kampfes zwischen Black Krrsantan und Obi-Wan Kenobi ist nicht zu hektisch ohne in Langatmigkeit zu verfallen, soll doch gerade den Reaktionen und Gedankengängen des Jedi der nötige Platz eingeräumt werden.

Im krassen Kontrast zur Szenerie auf Tatooine stehen die Ereignisse auf dem Geistermond. Die Welt selbst wirkt wie ein verlassener Kriegsschauplatz, auch wenn Eruptionen und keine Schlachten die Bevölkerung einst vertrieben. Die gesamte Darstellung dieses Handlungsbogens wird durch Kampf und militärische Präzision dominiert. Der gesamte Verlauf ist eine einzige, schnelle Hetzjagd durch die Ruinen des Geistermondes. Blasterfeuer, Explosionen, Sturmangriffe und Verfolgungsjagden reihen sich aneinander, ohne dass das Tempo stören würde. Jorge Molina und Jason Aaron haben es hier geschafft, eine sehr schnelle Handlung kalt, präzise und berechnet darzustellen.

Preis-/Leistungsverhältnis

Mit 60 Seiten Inhalt für 4,99 EUR bleibt dieser Comic im gleichen Preisrahmen wie alle bisherigen Vorgängerbände. Obschon die beiden Geschichten solide wirken, ist Der letzte Flug der Harbinger nicht mehr als eine Einführung in einen neuen Handlungsbogen. Der Arc-Trupp um Sergeant Kreel wird vorgestellt. Der Comic endet leider ohne zu erklären, wer oder was die Harbinger ist. Am Ende lässt er vollkommen offen, ob das Ende nun ein offenes oder abgeschlossenes sein soll.

Während die kurze Bonusgeschichte um Obi-Wan Kenobis Vergangenheit einen wirklichen Handlungsbogen erkennen lässt, stellt sich die namensgebende Geschichte als ein bloßes Intro der Task Force 99 heraus. Das ist zwar vollkommen gelungen, doch fehlt das Gefühl, eine beginnende Geschichte erlebt zu haben.

Die Produktionsqualität ist Panini-Comicstandard und damit nicht zu beklagen.

Erscheinungsbild

Auf dem Cover sind Sturmtruppenelemente vor weißem Grund dargestellt. Das gesamte Cover könnte so auch auf einem imperialen Propagandaplakat dargestellt werden und wirkt in sich absolut stimmig. Auf der Rückseite findet sich Werbung.

Die Qualität der Verarbeitung ist, wie von Panini beinahe gewohnt, hoch. Die matten Seiten lassen sich gut durchblättern und lesen, während das glänzende Cover das Artwork unterstützt ohne zu schnell zu verknittern.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor(en): Jason Aaron
  • Zeichner(in): Mike Mayhew, Jorge Molina
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comic-Softcover
  • Seitenanzahl: 60
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini Comics

 

Bonus/Downloadcontent

Wie bei der Verarbeitungsqualität bekommt man auch hier das Panini-Standardprogramm: In der Mitte findet sich ein doppelseitiges Poster, während am Ende Hintergrundinformationen aus dem Star Wars-Universum warten.

Fazit

Seitdem ich diesen Comic gelesen habe, bin ich mir nicht sicher, ob er mir nun gefällt oder nicht. Es ist ein zwiespältiges Gefühl der nicht wirklich greifbaren Unbefriedigung.  Die zeichnerische Darstellung ist einwandfrei. Die Atmosphäre der Erzählungen trifft das, was ich als Fan des Star Wars-Universums erwarten würde, wunderbar. Die Darstellung Obi-Wan Kenobis im Gesamtkontext profitiert absolut von dieser Tagebucherzählung. Leider habe ich unter dem Strich das Gefühl, dass diese Bonusgeschichte zu Beginn des Comics spannender war als die eigentliche Geschichte um Der letzte Flug der Harbinger.

Auch hier ist die Atmosphäre gut getroffen. Es macht Spaß mitanzusehen, wie der Arc-Trupp die Rebellen über den Schattenmond jagt und aufreibt. Die Erzählung Sergeant Kreels um seine eigene Vergangenheit erinnerte mich hierbei an das Intro von Terminator 2 – Tag der Abrechnung. Mir gefällt, dass die Perspektive erneut gewechselt wird und das Imperium einen weiteren Anstrich Menschlichkeit bekam. Es wird immer stärker deutlich, dass sich im Galaktischen Imperium nicht nur Monster und Bestien befinden. Damit wird das gesamte Star Wars-Universum differenzierter dargestellt. Es gibt nicht nur die Guten und die Bösen.

Was mir jedoch elementar fehlte, war der Bezug zum Titel. Als Leser kann man lediglich vermuten, was die Harbinger nun sein solle. Es könnte sein, dass sie das abgeschossene Rebellenschiff war. Es könnte sein, dass die Harbinger erst im nächsten Band auftaucht. Ebenso könnte es sein, dass diese ganze Episode auf dem Schattenmond nichts weiter war als eine Rückblende. Der Comic unterhält gut, vermittelt aber nicht den Eindruck, einen neuen Handlungsbogen zu beginnen.  Mein Daumen bleibt daher etwas unschlüssig in der Mitte.

Artikelbilder: Panini Comics
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

 

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