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Am 20. Mai fand der 16. Japantag am Düsseldorfer Rhein statt, und im Gegensatz zu den vorherigen Tagen sogar regenfrei. Stattdessen gab es eine Mischung aus Sonne und Wolken, während Programm und Ausstellerangebot sich wie üblich allen Facetten der japanischen Kultur widmeten. Rund 650.000 Besucher wurden so zum kostenfreien Straßenfest gelockt.

Auch Japan-fremde Cosplays fanden sich
Auch Japan-fremde Cosplays fanden sich

Was sich nach einer immensen Zahl anhört – immerhin sind das mehr Besucher als die Landeshauptstadt Düsseldorf Einwohner zählt –, ist jedoch eine Verschlechterung. Im letzten Jahr wurde der 2014er-Rekord von 750.000 Besuchern erneut erreicht, und man wirbt damit, dass jedes Jahr „mehr als 700.000 Leute“ das Event besuchen. Insofern ist die diesjährige Besucherzahl wohl eher enttäuschend. Eine große Menschenmasse war es natürlich dennoch, und natürlich waren darunter auch viele Cosplayer, die das Kulturfestival mit Kreativität und ansehnlichen Highlights bereicherten.

Der Besucherrückgang dürfte dabei wohl auch auf das schlechte Wetter der Vortage zurückgehen, vielleicht aber auch durch die teils negativen Erfahrungen des letzten Jahres. Dort war es nicht nur zu voll, sondern auch gerade zum Abend fanden sich recht viele Betrunkene auf der Veranstaltung – die Altstadt mit Kneipenviertel liegt gleich nebenan. In diesem Jahr wollte man daher Verbesserungen erreichen: Die Fläche wurde um eine weitere Wiese erweitert, zudem wurden mehr Sicherheitskräfte eingesetzt. Voll, zu voll, war es teils dennoch.

 

An- und Abreise

„Zu voll“ ist es dabei regelmäßig in den Zügen. Da die Parkmöglichkeiten begrenzt sind, rät der Veranstalter natürlich: „Benutzen Sie bitte den öffentlichen Personennahverkehr!“ Und jedes Jahr führt das aufs Neue zu Stress und Ärger. Im Gegensatz zu Fußballspielen gibt es hier keine Einsatzzüge auf den wichtigsten Zugverbindungen, was die Anreise beschwerlich machen kann. Um nicht zu sagen: Die Bitte nach Nutzung des Personennahverkehrs ist zynisch, denn mitunter kommt man gar nicht in die Züge, es gibt zu bestimmten Zeiten keinerlei Bewegungsspielraum, und  die Massen können drängen, während der Zug bereits voll ist und seine Türen nicht mehr schließen kann. Auch dies ist für einige Besucher ein Grund, nicht mehr auf die Veranstaltung zu fahren. Erfahrungsgemäß ist dabei eine Anfahrt, bei der man rund eine Stunde vor Beginn ankommt, schon zu spät. Ab dem späten Nachmittag soll es zudem bei der Abfahrt ähnlich aussehen. Und jedes Jahr kann man nur froh sein, dass nichts passiert ist.

Gemütliches Beisammensein auf den Wiesen
Gemütliches Beisammensein auf den Wiesen

Dieses Jahr habe ich es daher mal anders gemacht und bin so gefahren, dass ich fast drei Stunden vor Beginn in Düsseldorf ankam. Und tatsächlich: angenehm leere Züge, entspannte Anfahrt. Musste ich mich dann stundenlang langweilen? Nein. Zwar sind viele der rund 90 Stände noch im Aufbau oder gänzlich verschlossen, und es gibt auch noch kein Programm. Dafür kann man sich wunderbar einen Eindruck verschaffen, die Rheinpromenade entlang bummeln und erste Leute treffen. Ganz gleich, ob erste vereinzelte Cosplayer, erste einsehbare Stände oder alte Freunde: Gelangweilt habe ich mich nicht. Spätestens ab 11 Uhr ist ohnehin reges Treiben vor Ort, auch wenn erst ab 12 Uhr verkauft werden darf.

Allgemeines Programm und Angebot

Das vorhandene Angebot verteilte sich grob auf drei Bereiche: traditionelle japanische Kultur und allgemeine Informationen, Sport und Populärkultur. Insgesamt drei Bühnen und rund 70 Info- und Demonstrationsstände (plus rund 20 Stände für Essen und Trinken) boten für Interessenten aller Facetten etwas. Allerdings ähneln sich jedes Jahr sowohl die Aussteller als auch das Programm. Dies trifft aber wohl auf jedes Straßen- oder Kulturfest zu, wie auch auf Conventions.

Auch traditionelles Bogenschießen war wieder Bestandteil
Auch traditionelles Bogenschießen war wieder Bestandteil

Einen besonderen Fokus erhielt dieses Jahr der Sportbereich. Neben Vorführungen japanischer Kampfkünste gab es auch frei verfügbare Tischtennisplatten und eine Videoübertragung vier japanischer Spitzensportler, darunter Olympiasieger und Weltmeister, die sich mit Grußworten an das Publikum vor der Hauptbühne richteten. Auf dieser fand, wie jedes Jahr, um 13 Uhr die Eröffnung statt. Mit fast dem gleichen Personal auf der Bühne (deutsche und japanische Moderatorin, der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, der Präsident der Japanischen Clubs, der japanische Generalkonsul und ein Staatssekretär des Landes NRW) wie im Vorjahr.

Die Eröffnung des Japantags auf der Hauptbühne
Die Eröffnung des Japantags auf der Hauptbühne

Spannender waren da wohl die anderen Programmpunkte der Hauptbühne. Darunter Aufführungen der Kindergärten, japanische Trommler, Tanzdarbietungen, Chöre und mehr. Als besonderes Highlight war dieses Jahr die „J-Trad-Rockband“ AKARA zu Gast, die klassische japanische Instrumente für Rockmusik einsetzt.

Ergänzt wurde das Programm durch die zahlreichen Ausstellerzelte. Neben japanischen Speisen gab es diverse Informationsstände zu Tourismus und japanischen Traditionen und Kultur. Inklusive Kimono-Anprobe, bei der ich mich jedes Jahr wundere, wie dort schon eine Stunde vor Beginn Schlange gestanden wird – die Anprobe ist immerhin kostenpflichtig.

Populärkultur und Cosplay

Einige Kostüme waren "echt der Hammer". In diesem Fall von Yordle Cosplay
Einige Kostüme waren „echt der Hammer“. In diesem Fall von Yordle Cosplay

Als Phantast zieht es mich natürlich eher zum Bereich der Populärkultur. Womit vor allem Mangas, Animes (bzw. Merchandise) und Cosplay gemeint sind. Dieses Jahr war der Bereich ziemlich verteilt – vermeintlich, um ihn zu entzerren. Neben einem Teil der Rheinpromenade und dem angrenzenden Mannesmannufer mit der ADAC-Bühne waren Teile auf der Wiese vor dem Landtag untergebracht sowie auf der neuen Wiesenfläche an der Reuterkaserne. Bei der Menschenmenge konnte der Fußweg von der Bühne zur Reuterkaserne dabei durchaus über 20 Minuten dauern. Was für Programminteressierte zumeist den Weg nicht erstrebenswert machte, wollte man nichts verpassen (ein Vorteil für jene, die schon früh anreisten). Neben vielen Verkaufsständen mit Merchandise gab es auch Cosplayzubehör, einen Infostand der DoKomi, Trading Cards und mehr. Für Hobbyzeichner gab es auch in diesem Jahr einen Zeichenwettbewerb, bei dem in vier Panels zu einem vorgegebenen Thema („Schneller! Weiter! Höher!“) gezeichnet werden sollte.

Auf der kleinen ADAC-Bühne gab zudem ein spezifisches Programm, welches so auch auf einer Anime- oder Cosplayconvention zu finden sein könnte. Neben dem fast schon obligatorischen Cosplay-Wettbewerb gab es auch mehrere musikalische Auftritte. Zum einen spielte Lexi, welche bereits im letzten Jahr auf dieser Bühne sang, zum anderen Ongaku no Kara und Desi, die am Abend begeistern konnten. Erstere mit Akustikinstrumenten und einer Mischung aus Anime- und Videospielliedern sowie eigenen, humorigen Texten zu bekannten Melodien.

Desi auf dem Japantag 2017
Desi auf dem Japantag 2017

Zweitere mit einem Best-Of der Animelieder, welche sie bei ihrem japanischen Label veröffentlicht hat. Zwar konnte hier nicht die vollständige, erzählerische Show ihrer aktuellen „Inochi“-Tour gezeigt werden – dennoch konnte mit kraftvollem Gesang und schönem Kostüm ein schöner Vorgeschmack auf mehr gegeben werden.

Ongaku no Kara auf dem Japantag 2017
Ongaku no Kara auf dem Japantag 2017

Höhepunkt war aber erneut der erste Programmpunkt um 14:00 Uhr: Der „Cosplay-Modenschau-Wettbewerb“. Satte 40 Teilnehmer hatten sich angemeldet, und obwohl einzelne nicht auftauchten, war der Wettbewerb mit über 30 Personen rekordverdächtig besetzt. Und das auch in qualitativer Sicht: Nahezu alle Kostüme, die selbstredend selbstgefertigt waren, überzeugten mit Details und sichtbarem Arbeitsaufwand. In der Galerie findet ihr alle Teilnehmer:

Fazit

Bei gutem Wetter und etwas weniger Enge als im Vorjahr war es wieder einmal ein sehr schöner Japantag. Viele schöne Cosplays, gute Programmpunkte und viel zu sehen: Wer an japanischer Kultur oder auch nur Populärkultur oder Cosplay interessiert ist, konnte einen tollen Tag verbringen – ohne Eintrittspreis. Als offenes Volks-/Straßenfest allerdings auch mit einigen Nachteilen und Risiken verbunden: Neben überfüllten Zügen ist auch ein breites Spektrum an Besuchern zu finden, inklusive solche mit Freude an regem Alkohol- oder auch Drogenkonsum. Pöbeleien, Sprüche oder Aufdringlichkeit kommen vor, insbesondere zu späterer Stunde. Dass viele Besucher mit Fotografen-Etikette noch weniger vertraut sind, als es viele Fotografen auf Conventions schon sind, gehört da bereits zu den kleineren Übeln.

Dass in einer engen Menschenmenge und Gedränge Kostüme Schaden nehmen können (oder von Betrunkenen sogar bewusst beschädigt werden?) ist ebenfalls schnell passiert. Auf der anderen Seite sollte man – bei entsprechender Vorsicht, Vorbereitung und gegebenenfalls im Beisein von Freunden – einen wirklich tollen Tag am Rhein verbringen können, selbst wenn man auf das aufwändige Feuerwerk um 23 Uhr verzichtet. Mir hat der Japantag wieder gut gefallen – obwohl man das eine oder andere noch verbessern könnte. Die Vergrößerung der Fläche und die Präsenz von Security waren zumindest erste, wenn auch durchaus noch ausbaufähige Verbesserungen vor Ort. Wenn nur eine Anreise mit Zug, wie empfohlen, auch wirklich empfehlenswert wäre! Aber trotzdem: Ich freue mich wieder auf das nächste Jahr, auch wenn ich wieder Stunden vor Beginn dort sein muss, um entspannt ankommen zu können.

Fotografien: Michael Fuchs

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