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Eingesperrt in ein Verlies der Inquisition des Einen Gottes, wird der Held vom zweiten Band der Destiny-Quest-Reihe von Visionen seines eigenen Todes von Dämonenhand heimgesucht. Ist das so prophezeite Ende unvermeidbar, oder findet der Recke ein anderes Schicksal, während er in den Konflikt zwischen der Eingott-Kirche und den Wiccanern gerät?

Im Jahr 2015 veröffentlichte der Mantikore-Verlag mit Die Legion der Schatten (Link) den ersten Band der Reihe Destiny Quest, die im englischen Original bereits mit drei Veröffentlichungen aufwartet. Nun führt der zweite Teil Das Feuer der Dämonen die Geschichte im Lande Valeron fort.

Handlung

Das Feuer der Dämonen knüpft auf 895 Abschnitten nur sehr lose an die Ereignisse aus Teil 1 Die Legion der Schatten an, spielt dieser Band doch in einer anderen Ecke der Welt Valeron. So findet sich der Leser in einem Verlies der Kirche des Einen Gottes wieder, in dem er schon seit geraumer Zeit wegen seiner prophetischen Gaben verhört wird. Erst ein Einbruch der Wiccaner, die ihre alten Lande zurückerobern wollen, verschafft dem Protagonisten die Freiheit.

Wie schon Band 1 ist Das Feuer der Dämonen in drei Akte aufgeteilt. Zu jedem findet sich zu Beginn des Buchs eine Übersichtskarte, auf der der Leser frei zwischen verschiedenen Quests wählen kann. Diese sind gemäß ihrer Schwierigkeit von leicht (Speer) bis sehr schwer (Schwert) gekennzeichnet. So ist der Prophet zwar frei, in welcher Reihenfolge er die Herausforderungen des Buchs bewältigen möchte, bekommt aber durch die Schwierigkeitsgrade bereits deutliche Vorgaben. Zudem verlangen gerade gegen Ende des Buches etliche Quests, dass man zuvor eine andere bereits absolviert haben muss.

Weitere Symbole runden das Bild ab: Städte und Dörfer sind gerade zu Beginn eines Aktes eine Anlaufstelle. Legendäre Monster oder Gruppenkämpfe bieten besonders herausfordernde Scharmützel, die nur wenige Abschnitte umfassen. Jeder Akt wird zudem mit einem separaten Endgegner abgeschlossen.

Oft bestehen die Kapitel aus einer Vielzahl von Kämpfen und der entsprechenden Beute, um den Propheten für das nächste Scharmützel zu wappnen. Zwar ergeben sich durch zahlreiche Sonderfertigkeiten, sowohl des Helden als auch seiner Gegner, stets spannende Gefechte, aber diese Wiederholung der Formel des Debüts Die Legion der Schatten hat in diesem zweiten Band schon spürbar an Reiz verloren.

Dafür bestechen die einzelnen Quests in Das Feuer der Dämonen wie schon in Teil 1 durch große Abwechslung. Vom Turm eines verrückten Spielzeugmachers, über versunkene Dschungelruinen bis hin zu alten Zwergenstädten, durchreist der Protagonist etliche verschiedene Umgebung mit ihrem ganz eigenen Flair. Während in einigen Abenteuern der Weg durch die Entscheidungen des Lesers immer wieder an bestimmten Punkten zusammenläuft, bestechen die besten Quests durch mehrere gänzlich unterschiedliche Handlungsbögen. So erlebt man beispielsweise eine völlig andere Geschichte, wenn sich der Prophet im Dschungel statt den Jägern den verfolgten Katzenmenschen anschließt. Hinzu kommen etliche Nebenaufträge mit kleinen Belohnungen, die man aber aufgrund dieser einander ausschließenden Handlungsstränge nicht unbedingt alle erfüllen kann. Der Wiederspielwert des Spielbuchs wird dadurch merklich gesteigert.

Im Gegensatz zu Die Legion der Schatten, das seine recht lose verbundenen Quests erst gegen Ende zu einem wirklichen Handlungsstrang verband, versucht Das Feuer der Dämonen von Anfang an eine durchgehende Geschichte zu erzählen. Leider offenbart aber genau dieser eigentlich lobenswerte Ansatz diverse Mängel.

So wird der Leser gleich im ersten Akt in den Zwist zwischen den Eroberern im Dienste des Einen Gottes und den naturgläubigen Wiccanern hineingezogen und muss sich für eine Seite entscheiden. Statt aber diesen moralischen Konflikt weiter auszubauen und die Sichtweisen der beiden Fraktionen gegeneinanderzustellen, muss sich der Prophet im Finale des ersten Akts einem übermächtigen Gegner stellen, der ihn auf fatale Weise zeichnet. Ab diesem Punkt ist der Rest der Handlung nur auf die Verfolgung dieser Nemesis reduziert, die beiden im Krieg liegenden Gruppierungen des ersten Akts spielen keinerlei Rolle mehr. Nicht nur verschenkt Autor Michael J. Ward dadurch ein ungeheures Potential für eine spannende Geschichte voller heikler moralischer Entscheidungen, die zunehmenden Offenbarungen über den Ursprung der Nemesis des Propheten und die finale Konfrontation sind auch nicht wirklich originell. So verblieb nach dem Ende der umfangreichen Lektüre bei mir ein schaler Beigeschmack, der den Gesamteindruck von Das Feuer der Dämonen merklich schmälert.

Regeln

Eine wirkliche Charaktererschaffung findet in der Destiny Quest-Reihe nicht statt: Der eigene Held verfügt über die Attribute Kraft, Magie, Flinkheit und Rüstung, die jeweils mit dem Wert 0 beginnen; dazu kommt eine Lebensenergie von 30. Boni auf die Attribute gewähren nur Gegenstände, von denen man während des eigenen Abenteuers Dutzende entdecken kann. Jeder Fund ist dabei einem von 11 Ausrüstungsfeldern zugewiesen, so etwa Haupt- und Nebenhand, Brust, Kopf, Füße, Halskette oder Ring. Dazu kommen einmalig nutzbare Dinge wie Tränke. Diese Fülle an Gegenständen reizt ständig dazu, den eigenen Abenteurer optimal auszurüsten und zu vervollkommnen, zumal jedes Feld nur genau ein Objekt fassen kann.

Die Verbesserungen steigen dabei kontinuierlich, während man in der Geschichte fortschreitet: Freut man sich zuerst über einen einfachen Bonus von +1 auf ein Attribut, so erhält man auf dem Weg zum Finale stets Zuschläge auf zwei Attribute von +2 bis zu +5. Zuletzt verleihen auch fast alle Gegenstände Spezialfertigkeiten, von denen Die Legion der Schatten unglaubliche 160 verschiedene bereithält. Diese meist nur einmal pro Kampf verwendbaren Sondereffekte erhöhen beispielsweise für kurze Zeit ein Attribut, fügen dem Gegner langfristigen Giftschaden zu oder ermöglichen das Durchschlagen der Rüstung.

Wie aber läuft der Kampf nun genau ab? Der Spieler würfelt sowohl für seinen Charakter als auch den Gegner mit je 2w6 und addiert die jeweilige Flinkheit hinzu; der Kontrahent mit der größeren Gesamtsumme hat einen Treffer gelandet. Der verursachte Schaden entspricht beim Helden wahlweise dem Attributwert in Kraft oder Magie plus 1w6 minus der Rüstung des Getroffenen; bei Gegnern ist nur einer der beiden Werte vorgegeben. Dadurch, dass der Spieler beim Schaden zwei Attribute als Basis zur Auswahl hat, gestaltet sich die optimale Wahl der gefundenen Ausrüstung für den eigenen Fokus noch einmal interessanter.

Ähnlich dem Helden verfügen aber auch die Gegner oftmals über Sonderfertigkeiten, die viel Abwechslung in die Kämpfe bringen. Neben vergleichbaren Effekten, wie zum Beispiel dem Durchschlagen der Rüstung, stehen einigen Kontrahenten auch Gefährten zur Seite, nach deren Niederlage der Hauptschurke geschwächt wird, andere Kontrahenten wiederum werden von Runde zu Runde stärker. Selbstredend werden auch die Attribute und Fertigkeiten der Gegner mit Fortschreiten der Geschichte immer mächtiger, so dass der Spieler stets gefordert wird.

Ein Kampf endet, sobald die Lebensenergie einer Seite auf 0 reduziert ist. Hat der eigene Held die Konfrontation verloren, darf der Spieler entweder eine gänzlich neue Quest beginnen, oder aber den Kampf erneut versuchen. Die Lebensenergie beider Seiten ist dann wiederhergestellt, nur die einmal einsetzbaren Gegenstände sind verloren. Auch wenn man einen Kampf erfolgreich beenden konnte, ist die eigene Lebensenergie wieder vollständig zurück. Diese Zähigkeit des Helden scheint auf den ersten Blick nur dem Spielfluss geschuldet sein. Tatsächlich aber offenbart die Geschichte im weiteren Verlauf eine gute Begründung für diese ungewöhnliche Fähigkeit, die zum Finale hin noch eine zentrale Rolle spielen wird.

Durch die Wahl, ob ein Spieler seine Widersacher eher mit Kraft oder Magie besiegen möchte, ergibt sich auch ein weiteres Element bei der Auswahl der gefundenen Ausrüstung. Zum Ende des ersten Akts hat man zudem die Wahl zwischen einem von drei Pfaden: Krieger, Magier oder Schurke. Hier hilft das Buch auch, abhängig von der bisher gewählten Vorliebe bei den Ausrüstungsboni, die passende Entscheidung zu treffen: Krieger verfügen über hohe Kraft und Rüstung, Magier über hohe Flinkheit und Magie, und Schurken über hohe Flinkheit und Kraft.

Neben einem einmaligen Bonus auf die Lebensenergie zwischen 5 und 15 findet man im weiteren Spielverlauf immer wieder Gegenstände, die nur von einem der drei Pfade benutzt werden können. Auch verstecken sich in den Quests ab Akt 2 spezielle Berufe für die jeweiligen Pfade, wie beispielsweise Gladiator oder Hexenjäger, Taschendieb oder Schwertmeister und Alchemist oder Heiler, die wiederum neue Spezialfertigkeiten verleihen.

Neu in Das Feuer der Dämonen sind die sogenannten Gruppenkämpfe, die allerdings nur zweimal im gesamten Buch zum Einsatz kommen. Hierbei kann man zusammen mit einem erfahrenen Recken gemeinsam gegen ein besonders mächtiges Monster antreten. Die Regeln empfehlen den eigenen Helden aus dem ersten Band, alternativ ist eine Doppelseite mit entsprechenden vorgefertigten Werten enthalten. Im Gruppenkampf sucht man aus, welcher Held auf das Monster einschlägt, nur dieser erhält auch Schaden. Der andere Held darf im Hintergrund mit seinen Sonderfertigkeiten unterstützend eingreifen.

Schreibstil

Das Feuer der Dämonen ist zwar gut geschrieben und liest sich sehr flüssig. Allerdings bemerkt man immer wieder ähnliche Beschreibungen bei sich wiederholenden Szenen und Situationen. Auch sind die verschiedenen Verbündeten und Begleiter, denen der Prophet im Lauf der Geschichte begegnet, nicht wirklich originell und bleiben kaum in Erinnerungen.

Zugegeben hat sich der Schreibstil im Vergleich zum ersten Band Die Legion der Schatten nicht signifikant geändert, dennoch zeigten sich bei der Lektüre des zweiten Teils gewisse Abnutzungserscheinungen. Vielleicht ist es einfach die wenig originelle Handlung, die die kleinen Makel im Stil deutlicher hervortreten lässt.

Erscheinungsbild

Die Aufmachung von Das Feuer der Dämonen ist eher zweckmäßig, punktet aber durch seine gute Strukturierung. Neben den ausführlichen Regeln finden sich vier leere Heldenbögen. Besondere Erwähnung verdient der umfassende Glossar im Anhang, der auf unglaublichen 16 Seiten die rund 160 Spezialfähigkeiten erklärt, die man durch Ausrüstung hinzugewinnen kann.

Illustrationen finden sich keine, nur vier Seiten zeigen die Übersichtskarten mit den Arealen der drei Spielakte und der ersten Stadt. Die Titelillustration von Dominic Harman ist handwerklich zwar gut, ist mit ihrer Darstellung eines kraftstrotzenden Finsterlings samt überdimensionaler Waffen aber ähnlich peinlich wie das Cover des ersten Bands. Erinnerte mich dieser frappierend an ein Manowar-Album, so hat der finstere Held von Das Feuer der Dämonen mit seinem Dreispitz eher Anleihen von Piraten-Metal. Wäre mir nur dieses Titelbild begegnet, so hätte ich wohl auch diesen Band von Destiny Quest im Regal liegen gelassen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore-Verlag
  • Autor(en): Michael J. Ward
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Broschiert
  • Seitenanzahl: 740
  • ISBN: 978-3-945493-43-4
  • Preis: 19,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Der Mantikore-Verlag bietet zu Das Feuer der Dämonen die Übersichtskarten der drei Akte und der Anfangsstadt Carvel zum Download an. Auf dieser Seite findet sich auch der Heldenbogen aus Destiny Quest 1. Alle Dateien stehen allerdings nur als .jpg-Grafiken und nicht im pdf-Format zur Verfügung.

Fazit

Das Feuer der Dämonen besticht wie schon sein Vorgängerband mit abwechslungsreichen Quests, vielfältigen Sonderfertigkeiten und einem enormen Umfang. Allerdings zeigt die Erfolgsformel von Teil 1 auch erste Abnutzungserscheinungen: So sind die einzelnen Aufgaben fast immer nur eine Abfolge von herausfordernden Kämpfen, auch im Schreibstil fallen sich wiederholende Floskeln und Formulierungen auf.

Im Gegensatz zum ersten Band versucht Das Feuer der Dämonen von Anfang an eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen, offenbart dabei aber seine größten Schwächen. Verfolgt man zu Anfang noch den spannenden Konflikt zwischen den Gläubigen des Einen Gottes und den Wiccanern, so beschränkt sich die Handlung ab dem zweiten der drei Akte nur auf die wenig originelle Verfolgung der Nemesis des Protagonisten. Gerade hier verschenkt das Spielbuch ein ungeheures Potential.

Diese Schwachpunkte machen Das Feuer der Dämonen aber keinesfalls zu einer schlechten Anschaffung. Wer die taktischen Herausforderungen und die Vielfalt des ersten Bandes mochte, kann auch hier sorglos zugreifen. Wer allerdings eine wirklich spannende Geschichte sucht, auf die der Leser auch wirklich Einfluss nehmen kann, ist vielleicht bei anderen Spielbüchern des Mantikore-Verlags besser aufgehoben.

Artikelbild: Mantikore-Verlag
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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