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Monstress ist eine Serie von Graphic-Novels, die sowohl mit ihrer Story-Tiefe, als auch mit der Qualität der Zeichnungen beworben wird. Doch nicht nur in der Geschichte werden Grenzen verwischt: Steampunk trifft Manga, Fantasy trifft auf das 20. Jahrhundert, Roman trifft Comic. Henning hat sich die außergewöhnliche Mischung genauer angesehen.

Handlung

Das Setting kann man am besten beschreiben als „alternative asiatische Welt“ des 20. Jahrhunderts. Steampunk und Art Deco beherrschen das Design. Es herrscht ein Matriarchat, und in der Bevölkerung herrscht ein Krieg zwischen Arkanen und Menschen.

Die Arkanen, oder auch Halbblüter, sind magische Kreaturen, die – mal mehr, mal weniger – menschenähnliche Gestalt haben. Die ersten Arkanen entstanden aus einer Verbindung eines Altertümlichen mit einem Menschen, doch inzwischen können sie sich auch untereinander fortpflanzen. Stirbt ein Arkaner, wird ein mystisches Gas namens Lilium freigesetzt.

Die Altertümlichen sind eine mächtige Rasse, die sich durch Weisheit, Magie und Unsterblichkeit auszeichnet. Sie haben oft tierhafte Züge, wobei nicht klar ist, ob sie diese als Maske tragen oder ob die Tiere tatsächlich ihre Kinder sind. Sie teilen sich auf in zwei Gruppen: den Hof der Dämmerung und den Hof des Morgengrauens.

Die Menschen gelten als ein bestraftes Volk, welches den Ozean aufgrund eines Frevels auf zwei Beinen verlassen musste und seither auch keinen Zugang mehr zur Magie findet. Einige Menschenfrauen zeigen aber geistige Fähigkeiten, die den Fähigkeiten der Arkanen sehr ähnlich sind.

Die Cumaea sind ein Orden von menschlichen Frauen, die diese Begabungen aufweisen. Sie halten die Blutlinien innerhalb des Ordens frei von Arkanen, welche sie nicht nur bekämpfen, sondern auch erforschen. Sie nutzen das Lilium, um damit ihre Fähigkeiten zu erweitern, und suchen nach neuen Anwendungsmöglichkeiten. Der Orden bildet die vorderste Verteidigungslinie der Menschen im Krieg gegen die Arkanen.

Der Serienauftakt führt den Leser in die Welt und die Charaktere ein. Der Spannungsbogen folgt dabei der jungen Arkanen Maika Halbwolf, die über einen Sklavenmarkt den Weg in den Orden der Cumaea findet. Die Haupthandlung wird dabei durch Rückblenden unterbrochen, die ein wenig den Hintergrund der Handlung beleuchten und ihre Motive klarer machen. Etwas nachteilig für den Lesefluss ist, dass man zwar deutlich merkt, wann die Rückblenden beginnen, jedoch nicht jedes Mal sofort sieht, wann sie enden. Vor allem, wenn die Haupterzählung nach einer Rückblende an einem anderen Ort oder mit anderen Charakteren fortgeführt wird, ist dies stellenweise verwirrend.

Monstress ist eine Graphic Novel, und das merkt man am deutlichsten bei der Charakterentwicklung. Die Autorin lässt sich viel Zeit, um die Charaktere einzuführen und aufzubauen. Dementsprechend wenig „passiert“ im ersten Buch – allerdings passiert genug, um die Erzählung nicht langweilig werden zu lassen.

Ich hatte allerdings gehofft, im ersten Buch noch mehr über die Welt selbst zu erfahren.

Charaktere

Die Geschichte verfolgt den Weg von Maika Halbwolf.  Die junge Arkane weiß anfangs wenig über ihre Vergangenheit. Was sie noch weiß, beginnt mit einem Verrat, der ihre Mutter tot und sie allein in der Wüste zurückließ. Sie trägt ein Monster in sich, mit dessen Hilfe sie sich und einige andere Arkane aus der Sklaverei befreien kann. Dabei schließt sich ihr das Fuchsjunge Kippa, ebenfalls Arkane, an, welche in der Lage ist, das in Maika wohnende Monster wahrzunehmen. Maika begibt sich zurück, um mehr zum Tod Ihrer Mutter herauszufinden und diesen zu rächen. Dadurch wird sie mitten hineingeworfen in den Krieg zwischen den Arkanen und den Menschen.

Kippa

Kippa ist ängstlich und zurückhaltend, man erfährt nicht allzu viel über sie und ihren Hintergrund. Sie wird im Verlauf der Geschichte aber zum Sidekick von Maika und versucht das eine oder andere Mal, ihr ins Gewissen zu reden, wodurch Maikas Motive klarer werden.

Die Gegenspieler

Um nicht zu viel der Handlung vorwegzunehmen, behandle ich die Gegenspieler in einem Absatz. Auch die Gegenspieler sind mit eigenen Motiven und Zielen ausgestattet und wirken glaubwürdig. Man merkt, dass ihre Existenz in der Geschichte einen tieferen Sinn hat, als nur als Gegenspieler für Maika zu dienen.

Beide Seiten des Krieges, sowohl die Arkanen, als auch die Menschen, sind nicht schwarz oder weiß gezeichnet, sondern zeigen deutliche Graustufen. Da die Handlung um die Hauptfigur Maika zudem außerhalb des Krieges steht und nur vor diesem als Hintergrund stattfindet, kann der Leser sich hier (noch?) nicht deutlich mit einer Seite identifizieren – was auch gut so ist. Das gleiche gilt für Maika selbst: Obschon sie auf ihrer eigenen Seite steht, kann der Leser sie nicht klar als gut oder böse, schwarz oder weiß einordnen. Dies folgt dem Prinzip des Buches, da hier alles „in der Mitte“ gehalten ist.

Zeichenstil

Der Zeichenstil ist schwer einzuordnen. Einerseits sind die Steampunk-Einflüsse nicht zu übersehen, auf der anderen Seite gibt es, passend zum Thema, auch eine Anlehnung an den klassischen Manga-Stil. Weder der westliche, noch der Manga-Stil dominieren, sondern die Einflüsse werden geschickt zu ausdrucksstarken Bildern vermischt. Insgesamt sind die Panels detailreich und stellenweise richtige Kunstwerke, die man sich am liebsten sofort als Poster an die Wand hängen möchte.

Die Zeichnungen sind eher düster gehalten und wirken bedrückend, was die Handlung gut unterstreicht. Allerdings fehlt an einigen Stellen die „optische Führung“. So wird, gerade bei Rückblenden, wie bereits erwähnt auch an den Zeichnungen nicht immer sofort nicht klar, wann die Handlung in der Gegenwart fortgeführt wird.

Erscheinungsbild

Monstress ist schwer, schwerer als mancher Paperback-Roman. Dies ist bedingt durch die knapp 200 durchgängig farbigen Hochglanz-Seiten der Graphic Novel. Das Buch ist etwas größer als DIN A5 und gute zwei Zentimeter dick. Der erste Eindruck ist sehr hochwertig, und schon beim ersten Durchblättern zeigt sich die durchgängig hohe Qualität der Zeichnungen.

Das Lettering ist durchgehend gut lesbar. An einigen Stellen sind zusätzliche Zeichen im Lettering, die wie Varianten französischer Anführungszeichen wirken – hier stellt sich die Frage, ob das Absicht ist oder ob es sich um vergessene Markierungen für den Setzer oder Fehler bei der Übertragung ins Deutsche handelt. Die Zeichen stören aber den Lesefluss nicht, man wundert sich nur, warum sie da sind.

Es gibt eine limitierte Auflage von 333 Büchern im Goldfolien-Umschlag, die nicht mit einer ISBN versehen wurde. Die Rezension bezieht sich auf die reguläre Ausgabe.

Die Autoren

Texterin Marjorie Liu ist eine amerikanische Autorin von Fantasy-Romanen und -Comics. In ihren Geschichten stehen oft übernatürlich begabte Frauen im Mittelpunkt. Sie schrieb für Marvel über 20 Bände der Astonishing X-Men.

Zeichnerin Sana Takeda lebt in Japan und arbeitete bislang hauptsächlich für Aspen, Image und Marvel, wobei sie auch Marjorie Liu kennenlernte.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult (Englisch: Image)
  • Autor(en): Marjorie Liu
  • Zeichner(in): Sana Takeda
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Graphic Novel; Taschenbuch, Kindle
  • Seitenanzahl: 192
  • Preis: 16,80 EUR (Taschenbuch), 7,99 EUR (Kindle)
  • ISBN: 978-3959810579
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Monstress bietet eine komplexe Geschichte abseits der üblichen Clichées. Die stückchenweise Einführung überlädt den Leser nicht, ist aber stellenweise verwirrend. Dies sorgt auch dafür, dass ein erneutes Lesen mit mehr Hintergrundwissen einige Szenen in anderem Licht erscheinen lässt – ein sehr interessanter und geschickt gemachter Aspekt.

Die Geschichte wird präsentiert in gelungenen Zeichnungen im steampunkig angehauchten Fantasy-Stil und mit viel Liebe für Details. Monstress I ist nicht abgeschlossen und macht auf jeden Fall Lust auf die Fortsetzung.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbild: Cross Cult
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

1 Kommentar

  1. Die „französischen“ Anführungszeichen stehen soweit ich weiß dafür, dass sich ein Charakter in einer anderen Sprache ausdrückt, was dem Leser aber trotzdem auf Deutsch präsentiert wird. Das wird oft so in Comics gehandhabt.

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